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Benutzername: 
Lainybelle
Wohnort: 
Marburg

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 13.10.2019
Worüber wir schweigen
Kastel, Michaela

Worüber wir schweigen


ausgezeichnet

Worum geht's?

Nach zwölf Jahren kehrt Nina in den Ort ihrer Kindheit zurück, im Gepäck einen düsteren Plan. Seit damals hat sie Mel nicht mehr gesehen, die damals ihre beste Freundin war, und auch nicht Tobi aus der Nachbarschaft. Seit damals haben sie kein Wort darüber verloren, was mit Domi geschehen ist. Und genau das will Nina jetzt wissen: Was genau ist eigentlich geschehen? Denn sie hat einen schlimmen Verdacht ...

Was mich neugierig gemacht hat:

Ich mag Spannungsgeschichten, die sich mit menschlichen Abgründen und vor allem auch den Konflikten innerhalb von (ehemaligen) Freundeskreisen beschäftigen. Und natürlich verleitet der Titel zur Neugier: Worüber haben sie geschwiegen?

Wie es mir gefallen hat:

Schon das Cover kommt sehr geheimnisvoll daher. Schrift und Dornen schimmern je nach Lichteinfall in einem Blaugrün. Es wirkt düster, irgendwie auch ein bisschen steril.

Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven und auf mehreren Zeitebenen erzählt. Man muss also am Ball bleiben und sich ein wenig konzentrieren, um die einzelnen Szenen einordnen zu können. Zu Wort kommen Nina, Tobias und Ninas Vater Gregor, jeweils in der Ich-Perspektive.
Es gibt in diesem Buch keine „Wohlfühlcharaktere", alle haben ihre Geheimnisse, ihre Erinnerungen und ihre Probleme.
Von der ersten Seite an kann man miträtseln: Was glaubt Nina zu wissen? Warum ist sie gerade jetzt zurückgekehrt? Was hat sich in ihrer Familie abgespielt? Wie stehen Tobi und Mel zu ihr und zu dem Thema Domi?
Ich habe es sehr genossen, nach und nach immer mehr zu erfahren, bis sich am Ende ein Gesamtbild gezeigt hat.
Besonders spannend ist, wie die Charaktere umeinander herumtänzeln. Man spürt, wie viel zwischen ihnen schwelt und jederzeit zu einem katastrophalen Brand angefacht werden könnte.

Über einige Konflikte und Handlungsstränge, die im Buch eine Rolle spielen, hätte ich gern noch das eine oder andere Detail mehr erfahren. Einiges wird im Dunkeln gelassen.
Das Ende ist eindeutig ein Abschluss, gleichzeitig bleibt die Zukunft aber offen. Um sie hoffnungsvoll zu sehen, braucht man viel guten Willen - alles in allem gibt es viel Tragik und fast keine Hoffnung.

Das Buch konnte mich fesseln und ich möchte auf jeden Fall mehr von der Autorin lesen.

(Für wen) Lohnt es sich?

Fans von Büchern, in denen die Thriller-Anteile sich auf das Innenleben der Figuren und die Spannungen zwischen ihnen konzentrieren, können hier einen absoluten Glücksgriff machen. Dafür ist es wenig actionlastig oder brutal.
Man könnte sagen, dass das Buch insgesamt eine ziemlich deprimierende Geschichte erzählt und wenig Raum für Lichtblicke lässt. Daher: Wer einen glücklichen Ausgang braucht, wird hier enttäuscht werden.
Übrigens durchaus auch interessant für ein jugendliches Publikum, da die Geschichte in die Teenie-Zeit von Nina und ihren Mitschülern/-innen zurückgeht.

In einem Satz:

„Worüber wir schweigen" ist ein geschickt konzipierter Psychothriller, in dem sich die Spannung zwischen den alles andere als unkomplizierten Charakteren ballt und die Wahrheit sich Puzzleteil für Puzzleteil zusammensetzt.

Bewertung vom 29.09.2019
Grausame Spiele / Die Arena Bd.1
Barker, Hayley

Grausame Spiele / Die Arena Bd.1


sehr gut

Worum geht's?

„Wir leiden mit jedem Tod. Es wir niemals leichter, das sollte es auch nicht. Wir werden niemals, niemals gleichgültig werden. Wir werden niemals zulassen, dass sie uns unsere Menschlichkeit nehmen, weil ihre bereits vor langer Zeit gestorben ist." (S. 177)

Ben ist ein Pure, privilegiert aufgewachsen, der Mustersohn von Vivian Baines, die sich der Vernichtung der Dregs verschrieben hat, dem Abschaum aus den Slums, der es nicht wert ist, am Leben gelassen zu werden.
Als der berühmte Zirkus von Silvio Sabatini in die Stadt kommt, überredet Ben seine Familie, dorthin zu gehen. Und dieser Besuch soll sein ganzes Leben verändern ...

Hoshiko ist Die Katze, die beste Hochseilartistin des Zirkus'. Jeden Abend setzt sie ihr Leben in der Arena aufs Spiel, denn die Dregs, die hier auftreten werden in keiner Weise gesichert. Im Gegenteil: Das Publikum feiert nichts mehr als den Tod der Darsteller.
An diesem Abend will Silvio sie stürzen sehen. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass jemand sie auffangen würde ...

Was mich neugierig gemacht hat:

Teils ist das klassische Panem-Dystopien-Muster ja schon etwas ausgelaugt, aber dieses Buch bringt mit dem Zirkus-Setting noch mal neuen Wind ins Genre. Da ich die Atmosphäre der Artisten-Welt immer gern mag - auch wenn es sich in diesem Fall um einen sehr grausamen Zirkus handelt - wollte ich es gern lesen.

Wie es mir gefallen hat:

Dieses Buch lässt sich sehr schnell lesen und hat mich insgesamt sehr gut unterhalten. Und am Abend des „Spuktakels", der großen Halloween-Vorstellung, ist doch tatsächlich eine echte Spinne quer über die Seite gekrabbelt!
Es ist ein finsterer Weltentwurf, den Hayley Barker hier vorlegt, der Zirkus wirft noch einen zusätzlich düsteren Glanz darauf. Manches ist sehr brutal, vergleichbar mit der Panem-Trilogie. Man muss wirklich um jedes Leben bangen.

Ben und Hoshiko kommen abwechselnd in der Ich-Perspektive zu Wort. Hoshiko ist ein vielschichtiger Charakter, sie trägt viel Wut, aber auch Verzweiflung in sich und tut alles für die Menschen, die sie liebt. Ben erscheint dagegen etwas blass. Sein Widerstand gegen die Normen seiner Kindheit kommt sehr plötzlich (auch wenn es gute Auslöser dafür gibt), verläuft etwas zu glatt und scheint zu einem großen Teil an Hoshikos Person zu hängen. Ben wirkt jünger, als er sein soll, was zum Teil aber auch der Tatsache geschuldet sein mag, dass er überbehütet wurde.

Ich hätte es schöner gefunden, wenn die Liebesgeschichte sich erst in der Fortsetzung entwickelt hätte. Dass Ben und Hoshiko sofort eine besondere Verbindung zueinander spüren, kann man ja noch gelten lassen, aber diese unendliche Liebe nach wenigen Begegnungen und Hoshikos anfänglicher Abneigung ist etwas zu viel. Allerdings befinden die beiden sich natürlich auch in einer Ausnahmesituation und könnten einander sofort wieder verlieren.

Im letzten Teil des Buches fand ich ein paar Dinge nicht ganz glaubwürdig (zum Beispiel, wie auf der Flucht auf Leben und Tod noch genug Zeit ist, um herumzualbern, oder wie Vorkehrungen getroffen werden, um wertvolle Minuten zu gewinnen, die selbst aber viel länger dauern).
Am Ende bin ich ein bisschen unsicher, ob es wohl spannend oder klischeehaft weitergehen wird. Ich brauche den zweiten Band vielleicht nicht jetzt sofort, bin aber grundsätzlich neugierig darauf.

(Für wen) Lohnt es sich?

Alle Fans für Dystopien, die Schreckensszenarien abbilden, was Menschen einander antun können, gleichzeitig aber auch die unauslöschliche Präsenz der Liebe zeigen, sollten sich diesen Auftakt nicht entgehen lassen.
Es besteht allerdings ein recht starker Kontrast zwischen den eher kindlichen Protagonisten und der Brutalität in der Geschichte. Daher würde ich die Reihe erst ab 14 Jahren empfehlen.

In einem Satz:

„Die Arena - Gefährliche Spiele" ist ein temporeicher Auftakt mit einem detailliert erdachten grausamen Zirkus als Hauptschauplatz; nur die Liebesgeschichte vermag nicht ganz zu überzeuge

Bewertung vom 29.09.2019
Der Zufall, das Schicksal und ich
McStay, Moriah

Der Zufall, das Schicksal und ich


sehr gut

Was mich neugierig gemacht hat:

Mir hat die Idee, die Geschichte desselben Mädchens in zwei unterschiedlichen Varianten zu erzählen, sofort sehr gut gefallen. Ich war gespannt, in welchen Punkten sich die beiden Lebensläufe unterscheiden und ob die Autorin in irgendeiner Weise werten würde, in welcher der Versionen Fiona alias Fi glücklicher ist.

Wie es mir gefallen hat:

Die Geschichte ist ein wenig anders aufgebaut, als ich erwartet hatte. Zum einen gibt es sehr viele Zeitsprünge, sodass man die beiden Versionen der Protagonistin von der Schul- bis in die Collegezeit hinein begleitet. Das ist geschickt gemacht, da so längerfristige Entwicklungen dargestellt werden können. Zum anderen war ich irgendwie davon ausgegangen, Fiona würde sich am Ende für eines der beiden Leben entscheiden müssen. In Wahrheit laufen die beiden Stränge jedoch einfach parallel und erhalten auch jeweils ihr eigenes Ende. Dass die Autorin sie nebeneinanderstehen lässt und somit weder Fiona noch Fi den Vorzug gibt, hat mich positiv überrascht.

Die Abschnitte über Fiona und Fi wechseln sich ab (in 3. Person geschrieben). Die meiste Zeit über konnte ich sie gut voneinander trennen; es gab aber auch Passagen, in denen ich ein wenig durcheinandergekommen bin, weil die Nebencharaktere in beiden Strängen dieselben sind (oder besser gesagt: die gleichen, denn auch ihr Leben ist natürlich mit Fiona oder Fi darin jeweils anders verlaufen). Zu sehen, wie die Rollen von Trent, den King-Brüdern Marcus und Jackson sowie auch Fionas/Fis restlichem Familien- und Freundeskreis durch die unterschiedlichen Ereignisse verschoben wurden, ist faszinierend.

Eine Schwäche des Buches ist, dass leider kaum Emotionen vermittelt werden, obwohl einige der Themen dafür wirklich sehr viel Raum geboten hätten. Zudem gibt es einige Szenen, die einfach sehr banal sind, ausführliche Smalltalk-Dialoge und Ähnliches.
Dass man so viel Alltag von Fiona und Fi mitbekommt, in dem nichts Großartiges passiert, kann zwischenzeitlich für Langeweile sorgen; im Nachhinein finde ich es aber gar nicht so schlecht, weil es auch für eine starke Authenzität sorgt. Zum Konzept des Buches passt das sehr gut, denn es zeigt, dass sowohl Fiona als auch Fi ein ganz gewöhnlicher Mensch ist, wie jede/r der Leser*innen.

Gestört hat mich inhaltlich ein Punkt, den ich zumindest kurz erwähnen möchte, weil ich das für ein Jugendbuch sehr schade finde: Fiona führt eine Zeit lang eine Beziehung, die ihr vollkommen gleichgültig ist, praktisch nur dem Jungen zuliebe. Sie sitzt das einfach aus, verletzt ihn und erklärt sich ihm bis zum Schluss nie. Dieser Konflikt hätte Potenzial gehabt, aber so verhält sie sich einfach unreflektiert.

Die Übersetzung hapert leider stellenweise ein wenig. So ist zum Beispiel einmal von „Dates" die Rede, als im Original die Wortbedeutung „Datum" gemeint gewesen sein muss, oder ein Moment, der besonders romantisch wirken sollte, irritiert eher, weil ein „heißer Sommerhimmel" erwähnt wird.
Die Songtexte von Fiona hätten lieber gar nicht übersetzt werden sollen, da hätte man das Englische der Zielgruppe mit Sicherheit zutrauen können und es hätte einfach besser gepasst.

(Für wen) Lohnt es sich?

Wer Bücher auch dann gern liest, wenn das Erzähltempo eher langsam ist und keine weltbewegenden, dafür aber realistische und alltägliche Dinge passieren, sollte dem Buch eine Chance geben. Die Thematik hat es nämlich in sich.
Allerdings finde ich den Ladenpreis etwas zu hoch angesetzt, 10 € oder maximal 12 € wären angemessener gewesen.

In einem Satz:

Trotz der leider eher zähen Umsetzung, in der die emotionalen Themen ihr Potenzial nicht voll entfalten können, ist „Der Zufall, das Schicksal und ich" ein Buch mit einer großartigen Grundidee, die einen während und nach dem Lesen weiterdenken lässt.

Bewertung vom 01.09.2019
Romane schreiben
Ernst, Gustav;Fleischanderl, Karin

Romane schreiben


gut

Wie es mir gefallen hat:

Mein Ziel war es, mit diesem Ratgeber noch mal das eine oder andere aufzufrischen beziehungsweise in Bezug auf meine eigenen Texte zu reflektieren. Diese Erwartung hat sich zumindest teilweise erfüllt: Gerade das Kapitel zur Dramaturgie fand ich zu diesem Zweck hilfreich (auch wenn der Ratschlag, die entsprechenden Regeln beim Schreiben selbst nicht zu sehr präsent zu haben, auf jeden Fall wichtig ist).
Davon abgesehen habe ich aber festgestellt, dass es wirklich um absolute Grundkenntnisse geht, die teilweise dennoch überflüssig erscheinen. Einiges müsste längst selbstverständlich sein, wenn man sich auch nur ein bisschen für das Schreiben interessiert (z. B. die Passagen über schlechtes Deutsch oder die korrekten Zeitformen). Wer dieses Handwerk nicht mal ansatzweise beherrscht, wird noch einen weiten Weg vor sich haben bis zu einem auch nur halbwegs gut lesbaren Roman.

Das Wissen wird in sehr gebündelter und zudem nüchterner Form präsentiert; zudem entsteht an vielen Stellen der Eindruck, dass sich das Buch vordergründig an Verfasser*innen anspruchsvoller Literatur richtet.
Leider muss ich auch sagen, dass ich als Autorin mit inzwischen immerhin vier Verlagsveröffentlichungen einige der getroffenen Aussagen nicht bestätigen kann. Man muss dem Autorenduo allerdings zugutehalten, dass sie selbst feststellen, dass sich fast für jeden geschilderten Fall ein Gegenbeispiel finden lassen kann. Doch auch einige der allgemeinen Dinge sehe ich persönlich ganz anders.
Aufgefallen ist mir auch, dass bei dem Abschnitt zur Erzählperspektive nicht auf die Ansätze/Begrifflichkeiten der aktuellen Narratologie, sondern das alte Schulmuster personal/auktorial/Ich-Erzähler/verschwundener Erzähler zurückgegriffen wird.

Schade ist, dass die Informationen zum Buchmarkt, zu Literaturagenturen und der Verlagssuche so knapp und ausschnitthaft gehalten sind. Auch zum Zeitmanagement beim Schreiben wird leider kaum etwas gesagt.
Für österreichische Autoren/*innen könnte interessant sein, dass die Besonderheiten ihres nationalen Marktes Erwähnung finden.

Angesichts der inhaltlichen Lücken und der teils nicht ganz optimalen Umsetzung halte ich den Preis des Buches für zu hoch angesetzt.

(Für wen) Lohnt es sich?

Schreibanfänger*innen oder Leser*innen, die sich gezielt mit bestimmten Aspekten wie Dramaturgischem oder Dialoggestaltung auseinandersetzen wollen, gibt das Buch ein paar solide Grundkenntnisse an die Hand. Für Fortgeschrittene erscheint vieles eher banal oder zu einschränkend.

In einem Satz:

Wer sich überhaupt nicht mit dem Schreiben und der Buchbranche auskennt, kann hier ein paar erste sachlich vermittelte Eindrücke gewinnen und kleinere Wissenslücken schließen; insgesamt erscheint vieles jedoch sehr einseitig und heruntergebrochen sowie wenig motivierend.

Bewertung vom 03.08.2019
wild und frei
Connolly, Jess;Morgan, Hayley

wild und frei


ausgezeichnet

Wie es mir gefallen hat:

Dieses Buch ist nicht nur wunderschön gestaltet, sondern hat es auch inhaltlich in sich.
Im Wechsel schreiben die Autorinnen Jess und Hayley über Wild- und Freiheit, wobei Ersteres mit dem Gefühl, zu viel zu sein, Letzteres mit dem, nicht gut genug zu sein, in Bezug gesetzt wird.
Am Ende jeden Kapitels gibt es noch ein passendes Gebet und die Anmerkungen der jeweils anderen Autorin zum Gesagten.

Die Gedanken werden sehr abwechslungsreich präsentiert: Sowohl persönliche Erlebnisse (hier hätte ich es hilfreich gefunden, wenn der Name der Autorin mit auf jeder Seite gestanden hätte, da ich manchmal vergessen habe, wer gerade „dran" ist) und Aufzählungen verschiedener Typen/Verhaltensmuster als auch Bibeltexte, Befragungen anderer Frauen, anschauliche Vergleiche, (Lied-)Zitate und Definitionsversuche sperriger Begriffe (z. B. Ehre, Sanftmütigkeit, Toleranz) unterfüttern die Kernaussage des Buches:
Wir Frauen dürfen wild und frei sein, ohne uns dabei Limitierungen von der Welt aufdrücken zu lassen.

Es geht um Gottes Wesen, um die eigene Identität in ihm, um das Zwischenmenschliche und dabei das Miteinander mit anderen Frauen im Speziellen, um Erwartungsdruck, um die Gefahren eines defensiven Lebens und die Gründe, warum so viele es dennoch vorziehen, und um vieles mehr.
In ein paar kleineren Punkten mag ich anderer Meinung sein als Jess und/oder Hayley oder mir noch einen Aspekte mehr gewünscht haben, doch im Großen und Ganzen hat mich das Buch sehr begeistert.

(Für wen) Lohnt es sich?

Sehr! Es ist ein wertvoller Ratgeber und Blickwinkeleröffner für Frauen jeden Alters und in jeder Lebenssituation.

In einem Satz:

Lebensnah, authentisch, überaus inspirierend und Energie versprühend - so habe ich dieses wunderbare Buch empfunden und hoffe, dass es noch viele weitere Frauen berühren und bewegen wird.

Bewertung vom 21.07.2019
Fitz Fups muss weg
Evans, Lissa

Fitz Fups muss weg


ausgezeichnet

Worum geht's?

Auf mysteriöse Weise landet Phine im Land der mülltonnenförmigen, reimenden Wimblis, das sie nur zu gut aus dem Lieblingsbuch ihrer kleinen Schwester Minnie kennt. Und auch ihren überängstlichen und -behüteten Cousin Graham hat es dorthin verschlagen! Wie sollen sie nur wieder nach Hause kommen? Mit Hilfe einer sprechenden Plastikkarotte auf Rädern und einer beschwingten Elefantendame machen sie sich daran, eine Prophezeiung zu enträtseln. Eins wird dabei schnell klar: Fitz Fups, der fiese Herrscher, der sich den Thron der Wimblis geschnappt hat und Minnies Lieblingskuscheltier auffällig ähnlich sieht, muss weg, besser früher als später.

Was mich neugierig gemacht hat:

Obwohl ich mich für jedes Frühjahr- und Herbstprogramm durch so viele Vorschauen und Neuerscheinungslisten wühle, kommt es immer mal wieder vor, dass ich ganz spontan auf ein Buch stoße, das ich noch nicht entdeckt habe und das absolut großartig klingt. So ging es mir auch mit „Fitz Fups muss weg". Ich habe es durch eine vom Verlag gestartete Leserunde entdeckt und dank der Gestaltung, des Titels und dem Vergleich mit „Alice im Wunderland" sofort angebissen.

Wie es mir gefallen hat:

Ein Farbenspektakel in jedem Sinne – so könnte man diese Geschichte zusammenfassen. Sie ist bunt, voller pfiffiger Ideen und sowohl kind- als auch erwachsenengerecht. Mit einem Augenzwinkern werden manche „erwachsene" Verhaltensweisen aufs Korn genommen und eine Welt aus den Augen eines Kindes lebendig ausgemalt.

Wichtige Themen wie Freundschaft, Zusammenhalt, Konfliktlösung und sogar sehr ernste Aspekte wie krankhafte Angst oder Trauerbewältigung finden Eingang ins Buch, ohne dass es zu viel wird oder künstlich eingebracht wirkt. Im Gegenteil, es herrscht ein sehr lebensbejahender und beschwingter Grundton, das Erzähltempo ist genau richtig, und der Spannungsbogen mit allen Nebensträngen ist sehr gut aufgebaut.

Die Charaktere sind allesamt sehr liebenswert, größtenteils liebenswert-verrückt, um genau zu sein.
Besonders angetan hat es mir Ella, die Elefantendame, die mit so viel Schwung und Elan mitmischt. Aber auch die Wimblis (einige, wie der weiseste von ihnen, ein ganz bestimmter Pinker oder ihr ehemaliger König, ganz besonders), Dr. Karotte und Fitz Fups selbst geben zusammen mit Phine und Graham ein tolles und vielseitiges Ensemble ab.

Obwohl Teile der Auflösung so naheliegen, bin ich selbst im Dunkeln getappt und wurde von den Wendungen überrascht.
Das Finale ist großartig und mündet in einem rundum gelungenen Ende, das keine Wünsche offenlässt.

Lissa Evans hat hier wirklich alle wichtigen Zutaten für eine gute Geschichte perfekt aufeinander abgestimmt, die hoffentlich vielen anderen genauso schöne Schmöker- und/oder Vorlesestunden bescheren wird wie mir.

(Für wen) Lohnt es sich?

„Fitz Fups muss weg" ist sowohl zum Vorlesen als auch dem ersten Selberlesen sehr gut geeignet. Da es recht umfangreich und von der Handlung schon relativ komplex ist, passt die Altersempfehlung des Verlags ab 9 Jahren. Es wird jedoch an keiner Stelle düster, gruselig und/oder brutal, so dass das nur ein ungefährer Richtwert ist. Außerdem gibt es hinter diesen Buchdeckeln auch für Jugendliche und Erwachsene jeden Alters, die tiefgründige Geschichten in fantasievoller, etwas schrulliger Manier mögen, viel zu entdecken.

In einem Satz:

„Fitz Fups muss weg" ist eines dieser Kinderbücher, die eigentlich All-Age-Literatur sind und mit ihrer farbenfrohen, etwas abgedrehten und gleichzeitig so lebensnahen Art direkt ins Herz treffen.

Bewertung vom 14.07.2019
Show me the Stars / Leuchtturm-Trilogie Bd.1
Mohn, Kira

Show me the Stars / Leuchtturm-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Was mich neugierig gemacht hat:

Auf den Auftakt zur neuen Trilogie von Kira Minttu (alias Kira Mohn) habe ich mich lange gefreut.
Ich habe auch schon „Keep On Dreaming", „Me, Without Words" sowie „Tanz, meine Seele" von ihr gelesen und liebe ihre Charaktere und ihren Humor einfach.

Wie es mir gefallen hat:

Bei Romance-Literatur zu den richtigen Büchern zu greifen, ist, wie ich finde, manchmal gar nicht so einfach. Oft sind die Angebote auf dem Markt sehr austauschbar; irgendwelche beliebig ersetzbaren amerikanischen Twens „verlieben" sich in einer WG, auf einem Roadtrip etc. unsterblich, aller Widerstände und tragischer Geheimnisse zwischen ihnen zum Trotz, und bleiben dabei farblos. Oft fehlt mir das Besondere, eine echte Chemie zwischen den Figuren, statt nur immer wieder aufgewärmte Konflikte und eingestreute Liebesszenen, die nur Worte auf Papier sind.
Umso glücklicher bin ich über diese Buchreihe.

Liv und Kjer (und auch sämtliche Nebencharaktere) sind nicht von irgendeiner Genre-Vorlage abgepaust. Sie haben Ecken und Kanten, Hoffnungen und Zweifel und eine Vergangenheit, die nicht nur aus irgendeinem konstruierten Problem besteht, sondern voller Details ist.
Sie reagieren so auf die Dinge, wie es ihrem Charakter entspricht, und lassen die Leser daran teilhaben, wie sie wachsen, teils weit über sich hinaus.
Eine besondere Stärke liegt außerdem in den Beziehungen zwischen den Figuren. Sympathie wie Antipathie, Zuneigung und Freundschaft werden spürbar, ohne dass es vieler Kommentare seitens Liv bedarf. Sehr mitgenommen hat mich dabei das Verhältnis zu ihrer Mutter, das sehr überzeugend umgesetzt, aber leider sehr schwierig ist.

Die Protagonistinnen der beiden Folgebände (Seanna und Airin) sind bereits Teil dieses Buches. Ich mag diese Art, Figuren, die man schon mehr oder weniger am Rande kennengelernt hat, auf diesem Weg wiederzutreffen, sehr.

Die Liebesgeschichte bekommt genug Zeit, um sich zu entwickeln, und ist weder überzogen noch zu dezent. Ich meine, klar, wenn ich eine Auszeit in einem Leuchtturm im Nirgendwo, wäre die Person, die in der Zeit für mich zuständig ist, unter Garantie ein kauziger alter Seebär, der ein bisschen unheimlich ist, und kein Kjer – aber so ist das Leben.

Gut gefallen hat mir auch Livs Blog, der einen schönen Ausgleich zu den stillen Momenten auf der Insel bildet.
Außerdem sind die Ausflüge in die Umgebung wirklich tolle Highlights, nicht nur für Irlandfans.

Insgesamt war der Start in die Leuchtturm-Trilogie für mich genauso schön wie erhofft.
Ein Buch wie eine heiße Schokolade mit Sahne, wenn es draußen stürmt ❤

(Für wen) Lohnt es sich?

Absolut! Jedem, der wunderbar leichte und doch tiefgründige, lebensnahe und doch träumerische Liebesgeschichten mag, in denen auch ernste Themen wie Ängste und Verlusterfahrungen feinfühlig verarbeitet werden, sei dieser Reihenauftakt und (mit einem sehr wahrscheinlich berechtigten Vertrauensvorschuss) auch gleich Band 2 und 3 wärmstens empfohlen!

In einem Satz:

„Show me the Stars" hat alles, was die Bücher dieser Autorin ausmacht: liebevoll gestaltete Charaktere, die stark und verletzlich zugleich sind und nach ihrem Platz suchen, Momente zum Mitlachen und -weinen, Realitätsnähe und trotzdem Aus-dem-Alltag-Weglese-Garantie – und das alles vor der wunderschönen, wildromantischen Kulisse Irlands.

Bewertung vom 07.07.2019
In der Tiefe meines Herzens
Weeks, Stacey

In der Tiefe meines Herzens


sehr gut

Worum geht's?

Grace steht kurz davor, endlich mit ihrem Nicht-Schwimmer-Sicherheitstraining durchzustarten, in dem Camp, das ihr Onkel leitet. Nach einem tragischen Unglück in ihrer Kindheit liegt ihr das Konzept besonders am Herzen. Doch ihr Onkel ist kurzfristig ersetzt worden und unerwartet kommt ihr Kye in die Quere, der Interimsleiter, der das Camp neu aufziehen soll, damit wieder schwarze Zahlen geschrieben werden. Er ist ein Abenteurer durch und durch und will den Kids Action bieten, auch wenn das das eine oder andere Risiko bedeutet.
Doch im Camp scheint jemand sein Unwesen zu treiben, der alles daransetzt, dessen Schließung zu erreichen. Und Grace und Kye bleibt nichts anderes übrig, als gemeinsam für Camp Moshe zu kämpfen ...

Was mich neugierig gemacht hat:

Mich haben vor allem das Cover und Kanada als Schauplatz gelockt. Der Konflikt zwischen den Protagonisten klang ein bisschen simpel - aber es muss ja auch nicht immer gleich eine weltbewegende Hintergrundstory hinter allem stecken. Ich habe mich auf ein paar kurzweilige Lesestunden mit der richtigen Dosis Tiefgründigkeit gefreut.

Wie es mir gefallen hat:

Auch wenn das Buch auf den „Krimi-Aspekt" mit den Vorkommnissen im Camp setzt, ist es nicht unbedingt ein Pageturner. Das muss es aber auch nicht sein, denn es ist trotzdem schön zu lesen: Die Liebesgeschichte ist süß und man kann Theorien aufstellen, wer denn nun hinter den Drohbotschaften und Sabotagen steckt.

Es gibt ein paar kleinere Schwachpunkte, z. B. minimale Längen in dem Hin und Her zwischen Grace und Kye, zwei oder drei etwas konstruierte Momente auf dem Weg zur Auflösung und ein paar nicht ganz glatt geschliffene Stellen in der Übersetzung. Auch der schöne Schauplatz hätte teils noch etwas mehr Beachtung verdient. Aber darüber kann man insgesamt hinwegsehen.
Das Buch ist nicht wahnsinnig komplex, hält aber genau, was es verspricht: gute Unterhaltung, Emotionen, Dramatik und gerade so viel Tiefgang, dass es seinem Titel gerecht wird.

Die Protagonisten sind Christen, was vor allem in der Form eingebracht wird, dass sie sich Verse aus der Bibel in Erinnerung rufen oder in Gedanken kleine (Stoß-)Gebete sprechen. Es wird aber auf keinen Fall der Versuch unternommen, die Leser*innen zu bekehren o. Ä. Es fließt einfach ganz natürlich und passend in die Handlung mit ein.

(Für wen) Lohnt es sich?

Wer gern Liebesgeschichten liest, die von einer nicht aufdringlichen, aber dennoch eindeutigen christlichen Wertebasis begleitet werden und auch Stoff zum Miträtseln liefern, ist mit diesem Buch gut beraten.

In einem Satz:

„In der Tiefe meines Herzens" handelt davon, wie man sich trotz oder gerade wegen Unterschieden zusammentun kann, wie Schuldgefühle einen begrenzen und wie heilsam es ist, sie loszulassen – das Ganze verpackt in eine Camp-Spannungs-Liebesgeschichte.

Bewertung vom 23.06.2019
Wenn der Mond erzählen könnte
Müller-Enßlin, Guntrun

Wenn der Mond erzählen könnte


ausgezeichnet

Worum geht's?

Im Sommer 1989 reist Vicky mit ihrer Familie nach Wünschnofen und findet in dem verschlafenen Nest unerwartet die große Liebe. Doch das Leben schlägt zu und setzt der wunderbaren Zeit ein abruptes Ende.
26 Jahre später ist Vicky zurück in Südtirol, diesmal allein. Ihr Ziel: einiges aufarbeiten. Wie kann sie damit umgehen, was damals passiert ist? Wie kann sie die Vergangenheit hinter sich lassen, wenn sie doch immer ein Teil ihrer Gegenwart und ihrer selbst sein wird?

Was mich neugierig gemacht hat:

Bei diesem Buch kamen ein paar Faktoren zusammen, die mich beim Durchblättern der Vorschau sofort haben aufmerken lassen: der Buchtitel, das nostalgische Flair eines lange vergangenen Sommerurlaubs, dass es um Familiengeheimnisse und -geschichten geht und die beiden Handlungsstränge auf verschiedenen Zeitebenen. Ich habe es sofort als Must-Read notiert!

Wie es mir gefallen hat:

„Wenn der Mond erzählen könnte" hat mich alles andere als enttäuscht. Für mich hat es sich zu einem richtigen Pageturner entwickelt, obwohl (oder gerade weil?!) die Spannung eigentlich hauptsächlich aus der Figurenentwicklung und aus den Familienverwicklungen heraus entsteht.

Der stetige Wechsel zwischen 1989 und 2015 ist wirklich gut gelungen. Durch ihn kann vieles Stück für Stück enthüllt werden und Konflikte und ihre Auswirkungen auf Vickys Familie zeigen sich in ihrem ganzen Ausmaß über die Jahre hinweg. Man hat das Gefühl, ein richtiges Familienporträt zu betrachten.
Einzig die Verwendung der Tempora kam mir teils nicht ganz korrekt oder zumindest verwirrend vor (in der Vergangenheitsebene springt der Text manchmal zwischen den Zeitformen hin und her).

Mit Vicky als Hauptfigur habe ich ein ums andere Mal gehadert, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass es ein positives Hadern ist. Vickys Verhalten, ihre Sicht auf andere, ihre Entscheidungen und Einstellungen haben mich nicht nur einmal wütend gemacht und mit Unverständnis erfüllt, aber man kann nachvollziehen, welche Erfahrungen und persönlichen Hintergründe dazu geführt haben. Sie erfüllt keine Vorbildfunktion, aber diesem Anspruch soll sie, denke ich, auch gar nicht genügen. Dafür bringt sie einen dazu, sich mit einigen Dingen auseinanderzusetzen und selbst Stellung zu beziehen – und das ist natürlich etwas, das ich mir von literarischen Figuren wünsche.

Die Geschichte ist sehr lebensnah und weist einen beeindruckenden Detailreichtum auf, der einem Zeile für Zeile das Gefühl gibt, wirklich mit den Charakteren und ihrer Lebenswelt vertraut zu sein.
Die Zeitreise in die 90er, die Jahre meiner Kindheit, hatte etwas von Heimkommen und nostalgischem Erinnern, was mir viel Freude bereitet hat. Die Autorin hat das Lebensgefühl der verschiedenen Jahrzehnte gut eingefangen, genau wie die Atmosphäre der Schauplätze. Auch wenn ich eher ein Meer- als ein Berge-Mensch bin, fand ich die Kulisse traumhaft und habe auch das gedankliche Bergsteigen sehr genossen.

Es gibt ein paar plottechnische Dinge, die ich mir zusätzlich oder anders gewünscht hätte bzw. Fragen, über die ich mich gern mit der Autorin austauschen würde, aber im Großen und Ganzen hatte ich ein rundes und bereicherndes Leseerlebnis. Es ist eines dieser Bücher, die ich mir mit etwas zeitlichem Abstand noch ein weiteres Mal zu lesen vorstellen kann, und auf jeden Fall eines, das im Regal bleibt.

(Für wen) Lohnt es sich?

Für alle Fans von Sommerromanen, für die es nicht nur leichte Frauenlektüre, sondern auch mal etwas Traurigschönes sein darf, ist dieses Buch genau das Richtige. Es gibt Stoff zum Nachdenken und immer wieder Wendungen, die einen mitnehmen.

In einem Satz:

„Wenn der Mond erzählen könnte" ist ein bittersüßer und atmosphärischer Sommer- und Familienroman, der gleichzeitig sehr unterhaltsam und tiefgründig ist.