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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2155 Bewertungen
Bewertung vom 17.09.2025
Minoui, Delphine

Badjens. Roman


ausgezeichnet

Badjens ist ein Buch, dass von der Kindheit und Jugend eines Mädchens im Iran erzählt und wie sie die vielen Beschränkungen im Land gegen Frauen wahrnimmt.
Badjens ist 2006 geboren. Es wird konsequent aus ihrer Perspektive erzählt.
Es zeigt sich ein Stimmung der Jugend gegen Kopftuch und Einschränkung der Rechte von Frauen, die zu Widerstand führt. Nach dem Tod von Mahsa Amini 2022 kommt es zu deutlichen Protesten und Badjens schließt sich an.
Delphine Minoui wählt eine moderne Sprache, um ihre Hauptfigur lebendig werden zu lassen und es gelingt ihr.

Bewertung vom 17.09.2025
Adler, Sabine

Israel (eBook, ePUB)


sehr gut

Sabine Adler, die schon sehr klug über Russland geschrieben hat, weiß auch über Israel Bescheid. Sie hat fundiertes Wissen sowohl über die aktuell Lage als auch über die Geschichte Israels. Sie war vor Ort und hat mit vielen gesprochen.
Entscheidend für die heutige dramatische Lage war der 7. Oktober 2023 mit dem Massaker durch die Hamas. Dann die radikalen Reaktion Israels. Es stellen sich viele Fragen, wie es weitergehen wird. Adlers Buch führt zu den richtigen Fragen. Erschöpfende Antworten kann es nicht geben.

Sabine Adler schreibt detailreich.
Das ergibt ein nahezu spannendes Sachbuch. Eine lohnende Lektüre.

Bewertung vom 16.09.2025
Connelly, Michael

Der Inselcop von L. A. / Detective Stilwell Bd.1


sehr gut

Catalina Island

Michael Connelly legt mit Der Inselcop von L. A. Den Anfang einer neuen Reihe vor. Der erste Fall für Detective Stilwell.
Der Originaltitel ist Nightshade. Übersetzt von Sepp Leeb
Michael Connelly schreibt routiniert. Er erfindet das Genre nicht neu, aber für eine spannende neue Krimireihe reicht es.
Hauptfigur Detective Stilwell ist ein geradliniger Typ, der sich nicht schnell einschüchtern lässt.
Interessant ist der Schauplatz: Catalina Island
Für Fans des Genres geeignetes Lesefutter.

Bewertung vom 16.09.2025
Hadley, Tessa

Die Party


sehr gut

Evelyn und Moira

Es ist ein kurzes Buch, eine echte und elegant gemachte Novelle.
Tessa Hadley siedelt die Handlung im Nachkriegs-Bristol der fünfziger Jahre an. Da gibt es noch vom Krieg zerstörte Häuser.
Evelyn und ihre Schwester Mira sind Schwestern und Studentinnen. Sie wollen etwas erleben und gehen zu einer Party in eine verrufenen Gegend und lernen da Männer kennen.
Die Beschreibungen sind stilistisch brillant und treffsicher.
Tessa Hadley schafft es, eine Sprache zu finden, die ganz in diese Zeit passt. Man glaubt beim Lesen, das Buch wäre in dieser Zeit geschrieben.

Bewertung vom 16.09.2025
Fay, Kim

Mit Liebe und Safran


sehr gut

Briefe und Freundschaft

Mit Liebe und Safran ist ein Briefroman, der in den frühen sechziger Jahren handelt.
Die Briefe schreiben sich zwei Frauen:
Mrs.Imogen Frontier, 57, Camano Island und Miss Joan Bergstrom, 27, LA.
Es dauert eine ganze Weile, bis sie sich mal begegnen. Eigentlich bin ich kein besonderer Fan von Romanen, die in Briefform verfasst sind. Doch hier ziehen die starken Persönlichkeiten der Protagonistinnen es wieder raus. Ihre tiefe Freundschaft hilft ihnen bei Problemen.
Eine große Rolle spielt für sie auch das Essen und das Kochen. Das Thema durchzieht das Buch. Zuletzt muss man noch die Atmosphäre erwähnen, die Kim Fay mit ihren Stil erzeugt.

Bewertung vom 13.09.2025
Lewis, Caryl

Wilder Honig


ausgezeichnet

Schwestern
Ein ruhiger, aber intensiver Roman, angesiedelt in Wales, der die Beziehung von drei Frauen zeigt. Hannah, deren Mann John gerade gestorben ist, ihre Schwester Sadie und die junge Megan. Megan ist die geheime Tochter Johns, von der die Schwestern erst nach seinem Tod erfahren.
Megan sucht sie auf, um sie kennen zu lernen und bleibt eine ganze Weile.
Es geht sehr um die Figurenkonstellation, wie sich diese drei sehr unterschiedlichen Schwestern besser kennen- und verstehen lernen. Megan ist natürlich als Fremde Schwester in einer besonderen Situation und die Autorin versteht es, diese Lage gut und nachvollziehbar zu schildern.
Die walisische Umgebung sorgt für viel Atmosphäre.
Zwischen den Kapiteln gibt es Briefe von John, bei denen es hauptsächlich um Bienen geht. Er war leidenschaftlicher Imker. Und so prägen die Bienen auch das Leben der Frauen. Es ist ein sensibel geschriebenes Buch.

Bewertung vom 10.09.2025
Leiss-Huber, Anton

Der große UFA-Bluff


sehr gut

Nach einer wahren Begebenheit

Mit diesem Roman von Anton Leiss-Huber begibt man sich auf eine Zeitreise in eine schreckliche Zeit, aus filmhistorischer Sicht aber auch eine interessante. Es vermischte sich Kunst mit Politik, wurde oft zu Propaganda.
Der Krieg ging 1944/1945 in eine finale Phase. Viele Filmschaffende hatten Angst eingezogen und verheizt zu werden.
Der Roman zeigt die waghalsige Idee einer Gruppe von Filmschaffenden, vorzugeben in Südtirol einen Film zu drehen, um sich entziehen zu können.
Der Autor hat meines Eindruck nach gut recherchiert und schafft einen Ton der Zeit. Das zeigt sich zum Beispiel auch in den Sprechweisen der Figuren. Ein paar prominente wirken auch mit, wie Erich Kästner und Marika Rökk.
Den fiktiven Figuren fehlt es ein wenig an Tiefe, aber der Gesamteindruck stimmt. Die Handlung geht mit Tempo voran und alle hoffen auf das Kriegsende.
Ein interessanter und niveauvoller Roman, den man schnell durchlesen kann.

Bewertung vom 09.09.2025
Ebrahimi, Nava

Und Federn überall (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Geflügelschlachthof

Der neue Roman der Bachmannpreisträgerin Nava Ebrahimi hat einen gediegenen Schauplatz. Ein Geflügelschlachthof in der norddeutschen Provinz. Es geht um mehrere Menschen, die damit in irgendeiner Weise verbunden sind, z.B. Sonia und ihre Tochter, die junge Ingenieurin Anna, der Manager Merkhausen und der der geflüchtete halbblinde Afghane Nassim und seine Freundin Juystina sowie Rosha. Das sind alles ganz unterschiedliche Typen.
Die Perspektiven dieser ganzen Leute wechseln.
Das Leben in dieser Schlachterei führt sie zusammen. Jeder von ihnen spielt eine andere Rolle.
Das gibt zum Teil ein ganz schönes Porträt zwischenmenschlicher Beziehungen.
Nava Ebrahimi ist eine Autorin, die weiß, wie man schreibt.

Bewertung vom 09.09.2025
Pauty, Michèle Yves

Familienkörper


sehr gut

Familienkörper von Michèle Yves Pauty ist ein Familienroman mit Schwerpunkt Krankheitsgeschichte, die sich durch die Familie zieht. Auch bei der Mutter, der Erzählerin, die zu Beginn des Romans noch ein kleines Kind war. Es wird über viele Jahre erzählt, bis sie Teenager und Erwachsene ist.
Es beginnt Anfang der Achtziger Jahre. Der Unfall bei Tschernobyl erschüttert alle. Weitere geschichtliche Ereignisse werden immer mal wieder eingeflochten.
Die Krankheiten bestimmen das Leben in der Familie mit, auch die junge Protagonistin wird nicht verschont. Sie berichtet vom Medical Gaslightning, wenn die Ärzte nicht an die Krankheiten ihrer Patienten glauben, nur weil sie nicht auf Anhieb eine Diagnose haben.
Das Krankheitsthema ist interessant, aber vielleicht ein wenig zu viel. Manche Leser könnten sich davon getriggert fühlen. Dem Gegenüber steht die große Sensibilität der Autorin.

Bewertung vom 09.09.2025
Sarid, Yishai

Chamäleon


ausgezeichnet

Der Weg zum Mitläufer

Yishai Sarid ist ein Autor, der in seinen Büchern über gesellschaftspolitische Themen in Israel schreibt. So auch hier in seinem neuen Roman über einen durchschnittlichen Mann, der sich zur falschen Seite hin verführen lässt.
Shai ist ein Journalist, der nach kurzen Erfolg in die Mittelmäßigkeit versank. Durch einen Zufall bekommt er Kontakt in politische Kreise und ist von der Aufmerksamkeit begeistert. Er ist bereit sich dem rechtsgerichteten Premierminister anzudienen und in dessen Sinne zu agieren. Er wird ein Mitläufer.

Der Autor zeigt diesen Prozess langsam, Schritt für Schritt und daher gründlich und nachvollziehbar. Da man als Leser dicht bei der Figur ist, lernt man, dessen Handeln zu verstehen, ohne es akzeptieren zu müssen.
Das ist meisterhaft gemacht. Ein intensives Buch eines klugen Autors!