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Benutzername: 
Jule
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 20.09.2024
Bei Licht ist alles zerbrechlich
Solla, Gianni

Bei Licht ist alles zerbrechlich


ausgezeichnet

Dieses Buch hat mich sehr bewegt. Aus der Perspektive des Schweinehirten Davide erfährt der Leser die Geschichte von drei jungen, sehr unterschiedlichen Menschen, die in schwierigen Zeiten des Krieges zu Freunden werden und sich dann verlieren. Davide, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt und nicht lesen und schreiben kann. Teresa, bürgerliche Tochter eines Seilmachers, die selbstbewusst und klug ist. Und Nicolas, ein gebildeter Jude aus Neapel, der unfreiwillig mit seinem Vater in das kleine Dorf kommt. Davide lernt bei ihnen Lesen und den Mut, aus seinem vorgezeichneten Leben auszubrechen. Zwischen ihnen entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, die durch die erste Liebe zwischen Teresa und Nicolas jäh unterbrochen wird. Davide, der in Teresa verliebt ist, aber auch eine große Bewunderung für Nicolas empfindet, fühlt sich verraten. Dennoch hilft er Nicolas, sich vor den Deutschen zu verstecken. Als dieser entdeckt wird und flieht, verschwindet auch Davide. Viele Jahre verbringt er in Neapel. Er wird Schauspieler und ist dennoch nicht glücklich. Eines Tages gelingt es ihm, Teresa wiederzufinden. Doch auch sie ist ihm fremd geworden. Als er in das Dorf seiner Heimat zurückkehrt, begegnet er Nicolas. Die Rollen sind vertauscht und dennoch ist die Nähe wieder da. Doch die gemeinsame Zeit ist nur kurz. Ein bewegend geschriebener Roman, bei dem jeder Satz und jedes Wort auf den Punkt gebracht ist. So werden aus kleinen, alltäglichen Begebenheiten, besondere Momente. Ich glaube mich als Leser beinahe als stiller Beobachter, der den Figuren sehr nahe kommt. Insbesondere Davide beeindruckt mich, mit seiner Stärke und dem Willen, sein Leben eigenmächtig zu verändern. Ein Buch, das noch lange nachwirken wird.

Bewertung vom 27.08.2024
Das Geheimnis der Glasmacherin
Chevalier, Tracy

Das Geheimnis der Glasmacherin


sehr gut

Dieses Buch ist wirklich bezaubernd, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe noch keinen Roman der Autorin gelesen, bin aber vom Schreibstil sehr angetan. Die Kulisse Venedigs erscheint sofort vor meinem Auge, ich kann mich gut in die Familie Rosso, allen voran Orsola, einfühlen. Aber auch die anderen Figuren sind sehr facettenreich, haben Ecken und Kanten. Anfangs fremdelte ich etwas mit der Idee, die Geschichte der Familie über mehrere Jahrhunderte zu erzählen und dem Phänomen, dass die Figuren kaum altern. Ab dem zweiten Zeitsprung fand ich es aber sehr charmant und originell. Ich fühle mich als Leser fast als Teil der Familie Rosso. Jedes Mal wenn jemand gehen muss, war ich traurig. Das Leben der Glasmacher ist wunderbar eingebettet in die Entwicklung der Stadt von der Handelsmetropole über viele Höhen und Tiefen bis zur Touristenhochburg. Dennoch packt die Serenissima mich immer wieder, wie es Orsola so gut beschreibt: das Echte, an einigen Stellen Verfallene, überbordend Schöne wird überdauern und seinen Reiz nicht verlieren. Auch die Rolle der Frau im Wandel der Zeit ist gut eingefangen. Einzig das Ende hatte ich mir etwas anders erhofft, aber so passt es auch sehr gut zur Geschichte. Ein wirklich berührender Roman, der Lust auf Venedig macht. Beim nächsten Besuch werde ich auf jeden Fall mehr Zeit für Murano einplanen und in die Geheimnisse der Glasbläserei eintauchen. Eine Sache gefällt mir nicht so gut, das überfrachtete Cover und der extrem gestaltete Farbschnitt. Ich verstehe, dass die psychedelischen Muster das flüssige Glas darstellen sollen. Soweit so gut, aber das Buch hätte mir mit weißen Seiten besser gefallen. Dennoch kein Grund einen Punkt abzuziehen, da es mir vor allem auf den wundervollen Inhalt ankommt.

Bewertung vom 26.08.2024
Vaterländer
Tambrea, Sabin

Vaterländer


sehr gut

Das neue Buch von Sabin Tambrea ist ganz anders als der erste Roman „Nachtleben“. Der Autor erzählt die sehr bewegende Geschichte seiner Familie. Der Titel „Vaterländer“ ist sehr passend und unterstreicht die Bedeutung von Deutschland und Rumänien als wichtige Länder im Leben der Familie. Die Geschichte beginnt Mitte der 80er Jahre als die Familie aus Rumänien dem schon zwei Jahre zuvor geflohenen Vater nach Deutschland folgt. Neben dem kindlichen Entdeckungsdrang des kleinen Sabin erfährt der Leser von den Schwierigkeiten des Zurechtfindens in der neuen Heimat, dem Heimweh nach Rumänien, dem Kampf, sich und der Familie wieder ein neues Leben aufzubauen. Die Musik ist eine sehr wichtige Konstante im Leben, beide Eltern sind Musiker, die Schwester ein Ausnahmetalent. Sabin gelingt es allerdings nicht, die Liebe zur Geige so zu erleben wie die Liebe zur Schauspielerei. Als es endlich wieder möglich ist nach Rumänien zu reisen, verbringt die Familie einen langen Sommerurlaub dort. Ich habe anfangs etwas Schwierigkeiten, die vielen Namen und Personen ein- und zuzuordnen. Doch die Stimmung dieser euphorischen Sommertage ist wundervoll eingefangen. Die Familie wächst mir sehr ans Herz, insbesondere Oma und Opa mütterlicherseits. Dann kommt mit dem zweiten Teil ein Perspektiv- und Zeitenwechsel. Nach dem Tod des Opas steht seine Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg als Tagebuchaufzeichnung im Mittelpunkt. Erschreckend wie Verfolgung, Folter und Willkür an der Tagesordnung waren. Die Geschichte geht mir sehr ans Herz. Doch auch das Schicksal von Bela und seiner Frau Rodica ist sehr berührend. Der Mut Belas, allein in ein neues Leben in Freiheit auf- und auszubrechen ist bemerkenswert. Eine starke Familie, deren Liebe auf jeder Seite spürbar ist. Eine meiner Lieblingsfiguren ist Sabins Schwester Alina, die sehr stark und mutig ist, für die Familie und ihren Bruder einsteht und dennoch ihren Weg geht. Was mir bei diesem Buch wieder besonders gut gefällt, ist die wunderbare Sprache, der Schreibstil und die Stimmung, die der Autor transportiert. Das Cover unterstreicht das Gelesene und findet sich im Text wieder. Ein bewegendes und wichtiges Buch und nichts, was man mal schnell weg liest. Ich hoffe, Sabin Tambrea schreibt noch viele Bücher. Ich bin Fan.

Bewertung vom 20.08.2024
Vielleicht können wir glücklich sein
Hennig von Lange, Alexa

Vielleicht können wir glücklich sein


sehr gut

Der dritte Teil der Reihe um Klara, das Mädcheninternat und ihre Familie ist wirklich sehr bewegend und ein gebührender Abschluss. Die Handlung knüpft nahtlos an Teil 2 an. Die Figuren sind mir ans Herz gewachsen und ich muss zugeben, dass Klara mir in diesem letzten Teil am nahbarsten erscheint. Der Perspektivenwechsel zwischen der Zeit der letzten Kriegsjahre und heute ist sehr gut gewählt und sorgt für Abwechslung. Der Handlung um Klara und ihrer Familie in den harten und entbehrungsreichen Jahren zwischen 1943 und 1945 kommt aber deutlich mehr Raum zu. Viele Begebenheiten werden sehr detailliert geschildert. Das Wetter, die Landschaft und auch kurze Gespräche sind sehr bildhaft wiedergegeben, was die Atmosphäre unterstreicht und den Leser in die Handlung hineinzieht. Oft passiert auf vielen Seiten gar nicht so viel. Stimmung und Lebensgefühl sind sehr treffend beschrieben und für den Leser spürbar. Zum Schluss geht es dann allerdings ruckzuck. Die kurze „Besatzung“ des Hauses durch die Russen ist auf wenigen Seiten abgehandelt und insbesondere das Schicksal einer meiner kleinen Lieblingscharaktere ist sehr schnell, für meinen Geschmack beinahe nebensächlich abgetan. Das finde ich schade, da in weiten Teil sehr ausschweifend und detailliert erzählt wurde. Auch das Wiedersehen mit Gustav hätte meiner Meinung nach noch einen Auftritt verdient. Nichtsdestotrotz finde ich diesen Teil sehr gelungen. Insbesondere das Ringen Klaras um die richtigen Entscheidungen ist sehr gut eingefangen, ebenso das Hadern der Familie zwei Generationen später. Ein fesselnder Roman über Schuld, Familie, Liebe in sehr schwierigen Zeiten.

Bewertung vom 19.08.2024
Der längste Schlaf
Raabe, Melanie

Der längste Schlaf


sehr gut

Das neue Buch von Melanie Raabe ist ganz anders als ich es erwartet habe. Eine junge Wissenschaftlerin, die nicht oder kaum schlafen kann. Ein altes Herrenhaus, in dem sich seltsame Dinge ereignen. Das Genre des Romans kann ich gar nicht wirklich benennen. Kein Thriller, kein Krimi, eher eine Spannungsgeschichte mit mysteriösen Elementen. Man braucht schon etwas Phantasie, um sich auf die Geschichte einzulassen. Ich bin eigentlich kein Fan von Fantasy-Romanen. Doch hier ist das Unwirkliche sehr eindringlich eingefangen. So entwickeln die Kapitel nach und nach eine Sogwirkung, der ich mich nicht entziehen kann. Wie in Trance begleite ich Mara durch ihr geschenktes Haus, erkunde die Küche, in der sich Tiere des Waldes tummeln, die Bibliothek, aus deren Wänden Bücher fallen und den geheimnisvollen Raum der Freude und des Glücks, der mich sehr berührt. Ich ertappe mich dabei, wie ich nach einer rationalen Erklärung der Geschehnisse suche. Es fällt mir nicht leicht, mich auf das Gelesene einzulassen. Doch was ist real, was Traum oder Intuition? Wie hängen vergangene Leben zusammen oder fließen in reale Ereignisse? Gibt es Geister oder müssen wir alles sachlich erklären können? Fragen über Fragen nach dem Lesen dieses besonderen Buches, das einen Film wie im Traum im Kopf entstehen lässt. Ganz anders und sehr besonders.

Bewertung vom 11.08.2024
Das Dickicht
Kuhl, Nikolas;Sandrock, Stefan

Das Dickicht


gut

An diesem Krimi gefallen mir vor allem die Ermittler. Juha, erfahren, nicht besonders ehrgeizig, intuitiv. Lux, elegant, planvoll und sehr facettenreich. Insbesondere seine Figur hat es mir angetan. Er ist ein sehr guter Polizist, hat aber psychische Probleme. Diese nehmen aber nicht zu viel Raum ein und überlagern den eigentlichen Fall nicht. Der Schreibstil ist packend, der Fall selbst bleibt aber etwas hinter meinen Erwartungen zurück. Ein entführter und getöteter Junge, ein Mörder, der keiner ist und ein Dickicht aus Lügen, Betrug und tragischen Verkettungen. Der aktuelle Entführungsfall wirkt da etwas konstruiert, als brauchte man etwas, um zu dem nicht aufgeklärten Fall aus der Vergangenheit hinzuleiten. Er ist schnell erzählt und spielt auch im weiteren Verlauf keine Rolle mehr. Die Auflösung zum Schluss enthält einige Wendungen, ist aber nicht wirklich überraschend. Dennoch hoffe ich, dass es für das interessante Ermittler Team noch eine weitere Runde gibt. Ich würde gern mehr über Lux erfahren und auch Selma hat sicher noch viel Potential. Ich bin gespannt.

Bewertung vom 05.08.2024
Luna
Giuliano, Serena

Luna


sehr gut

Das kleine Büchlein überrascht mich sehr positiv. Die Geschichte um Luna, die nach einer schweren Krankheit ihres Vaters, zurück nach Neapel kommt, ist kurzweilig erzählt. Sie findet die Liebe zur Stadt, die sehr enge Beziehung zu ihrer Cousine Gina und die auch das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater wieder. Die Vergangenheit des Vaters wird für mich etwas zu schnell abgetan, aber alles andere ist sehr schön eingefangen. Die Frauenfiguren wie Gina und Filomena begeistern mich. Insbesondere die lustige und schlagfertige Gina, die bei allen Sorgen eine große Liebe zum Leben ausstrahlt. Beim Lesen bekomme ich richtig Lust auf eine Reise nach Neapel und die kulinarischen Leckerbissen der Region. Der Schreibstil ist knackig, die Kapitel kurz, so fliegt man durch die Seiten. Durch Wechsel der Zeitebenen erhält der Leser einen guten Einblick in Lunas Kindheit. Das Cover wirkt erst etwas blass, passt aber durch die Illustration wunderbar zum Inhalt und unterstreicht das sommerliche Gefühl von Dolce Vita. Besonders schön finde ich auch die Sprichwörter, die so viel Wahrheit beinhalten. Ein schöner, kleiner Roman über Neapel und Familie.

Bewertung vom 30.07.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


sehr gut

Ich weiß nicht, was ich von diesem Buch erwartet habe, aber nicht, dass ich so oft herzlich lachen muss. Moni und Oscar begegnen sich an der Uni. Sie, eine ältere Frau, die schon viel erlebt hat und deren Familie in schwierigen Verhältnissen lebt. Er, ein Wunderkind, der keine Freunde hat und durch sein Verhalten immer wieder aneckt. Moni platzt in die Vorlesung wie eine Bombe und beide freunden sich wider Erwarten an. Moni kümmert sich um Oscar, als er krank ist. Oscar fängt Moni auf, als sie Liebeskummer hat. Die Geschichte ist aus Oscars Perspektive erzählt, dem jegliches Verhalten, das sich nicht nachvollziehen lässt, suspekt ist. Das führt immer wieder zu komischen Situationen. Die Figuren sind mit sehr viel Liebe gezeichnet. Selbst Monis anfangs recht plump wirkende Familie offenbart nach und nach andere Facetten. Die Geschichte ist spannend und bei aller darunter liegenden Tragik auch immer wieder sehr komisch. Absolut lesenswert, auch für Nicht-Mathematiker.

Bewertung vom 25.07.2024
Wenn sie lügt
Geschke, Linus

Wenn sie lügt


sehr gut

Mir hat der neue Thriller von Linus Geschke sehr gut gefallen. Knackig geschrieben, spannend bis zum Schluss und eine düstere Kulisse. Ich komme aus der Nähe des Thüringer Waldes, kann mir die Ortschaften, das Dunkel der Wälder und die teils beklemmende Stimmung gut vorstellen. Die Figuren gefallen mir. Der Plot ist auch packend und der Schreibstil kurzweilig. Die Zeitsprünge zwischen heute und 2004 erhöhen die Spannung. Diese besondere Stimmung der Jugendjahre der Clique um Norah und Goran ist sehr gut eingefangen. Die Spannung und Freiheit, die in der Luft lag, die Freundschaft und erste Liebe zwischen Kindheit und Erwachsenwerden. Die Sprache ist stellenweise sehr hart, das müsste nicht unbedingt so sein und die Spannung wäre trotzdem gegeben. Das Cover gefällt mir sehr und tatsächlich auch der Farbschnitt, obwohl ich da kein Riesenfan bin. Lediglich der Titel des Buches stört mich etwas, er wirkt etwas zu konstruiert. Aber der Inhalt, der ist klasse.

Bewertung vom 20.07.2024
Die Unvollkommenheit des Glücks
Bagus, Clara Maria

Die Unvollkommenheit des Glücks


weniger gut

Ich hatte mich wirklich sehr auf diesen Roman gefreut und wollte ihn unbedingt mögen, aber leider ist der Funke nicht übergesprungen. Der Schreibstil ist sehr bildhaft und gefällt mir. Die Kapitel sind kurz, was mir eigentlich sehr entgegen kommt. Auch die Perspektivwechsel aus der Sicht von Ana und Lew sprechen mich an und sorgen für Abwechslung im Lesefluss. Allerdings schaffen es die Figuren einfach nicht, mich zu packen. Die Beziehungsgeschichte von Ana interessiert mich nicht wirklich. Lews Erfahrungen im Krieg sind sehr bewegend beschrieben, aber darüber hinaus hat die Figur wenig Kontur. Die Geschichte packt mich leider nicht. Das ist schade, da ich die Sprache und Wortwahl sehr schön finde und einige Sätze definitiv im Kopf bleiben. Das tolle Cover gefällt mir ebenso. Dennoch kann ich zudem Personen keine Beziehung und Sympathie aufbauen. Daher leider nicht das richtige Buch für mich, aber sprachlich dennoch top.