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Frau M. aus M.
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Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2025
Collin, Philippe

Der Barmann des Ritz


ausgezeichnet

Eine sehr spannende Perspektive;
Der Titel und das Cover des Buches haben mich direkt angesprochen und zum Lesen eingeladen. Ort und Zeit der Handlung sind sehr besonders. Der Roman beginnt mit der Besetzung von Paris durch die Deutschen im Juni 1940. Er endet mit dem Eintreffen der alliierten Truppen dort im August 1944. Da sich die Ereignisse haupsächlich in der Bar des Pariser Nobelhotels Ritz abspielen, kann man fast von einem Kabinettstück sprechen. Den Barmann Frank Meier, ein katholisch getaufter Jude, hat es tatsächlich gegeben. Und unter den anderen handelnden Personen wird der Leser mit Geschichtskenntnissen den einen oder anderen prominenten Namen wiedererkennen. Im Anhang finden sich auch einige Steckbriefe mit Foto.
Frank Meier ist in einer Situation, die Sicherheit und Gefahr zugleich bedeutet. Während er jede Nacht Cocktails und andere Getränke serviert und den Nazi-Größen um den Bart geht, muss er auch ständig Angst haben, aufzufliegen. Zumal er mehr oder weniger freiwillig auch noch andere Geschäfte macht. Dann würde er die Menschen, die ihm besonders am Herzen liegen, auch nicht mehr beschützen können. Es ist ein Spagat zwischen scheinbarer Kollaboration und Widerstand. Die Wahrnehmung des Kriegsgeschehens aus der Perspektive des besetzten Paris ist sehr spannend. Interessant ist es auch, zu beobachten, wie sich die Stimmung in der Bar mit dem weiteren Kriegsverlauf verändert.
Ich hatte sehr viel Freude beim Lesen. Das Buch hat meine Sichtweise auf den 2. Weltkrieg um eine interessante Facette ergänzt.
Es ist eine tolle Lektüre!. Ich wünsche dieser Geschichte ganz viele Leser.

Bewertung vom 14.08.2025
Kornmüller, Jacqueline

6 aus 49


gut

Großmutter Linas Geschichte
Die Autorin erzählt hier die Geschichte ihrer im Jahr 1911 geborenen Oma Lina, zu der sie eine sehr innige Beziehung hat. Lina kommt aus sehr kargen Verhältnissen, aus einer Armut, die "verboten gehört". Im Lottospiel kann sie sich in Phantasien von einem leichteren Leben vergessen. Nebenher entwickelt sich ihr Leben aber auch durch glückliche Fügungen in eine gute Richtung. Das Leben führt sie ins Hotelleben, wo sie sich ihr bietende Gelegenheiten ergreift, sich weiter zu entwickeln. Sie führt schließlich zwei Hotels, die ihr das ganze Leben bedeuten.
Leider konnte ich mich mit diesem Buch bis zum Schluss nicht anfreunden. Die Geschichte selbst finde ich nicht besonders spektakulär. Die Lotto-Leidenschaft von Lina kommt auch nicht wirklich zum Tragen. Es wird gerade mal am Rande erwähnt, dass sie nach vielen Jahren Spiel einmal einen Sechser hatte. Dabei sollte es doch in all den Jahren bestimmt dauernd irgendwelche kleinen Gewinne gegeben haben, besonders seitdem Lina System-Lotto spielte. Der Sprachstil ist ziemlich speziell und hat mich sehr auf Abstand gehalten. Wichtige Personen werden nicht beim Namen genannt. Der "Zufallsgast", "Linas Tochter" oder "Du" führen dazu, dass diese Figuren anonym und blass bleiben. Es gibt viele Brüche und Zeitsprünge. Verschiedene Sätze werden zweimal oder auch dreimal in verschiedenen Varianten wiederholt, was auf mich einfach nur verschroben wirkt.
Ich gebe dennoch drei Sterne, weil der historische Hintergrund interessant und informativ gestaltet ist.

Bewertung vom 28.06.2025
Rossell, Judith

Midwatch - Schule der unerwünschten Mädchen


ausgezeichnet

Eine Schule für starke Mädchen
Die Geschichte spielt in einer imaginären englische Stadt im frühen 20. Jahrhundert. Midwatch ist ein Waisenhaus speziell für "unerwünschte Mädchen". Das sind Mädchen, die nicht in die gängigen gesellschaftlichen Schemata passen, die sich nicht verbiegen lassen und eigenwillig sind. Von außen ist das Institut ein schreckliches Haus, in das man immer wieder Mädchen hineingehen, niemals aber wieder herauskommen sieht. Hinter den Kulissen spielen sich dann aber ganz andere Sachen ab. Miss Mandelay, die Chefin des Hauses hat einen Ort geschaffen, in dem die Mädchen sich ohne Angst entwickeln, vielerlei lernen und spannende Abenteuer erleben können. Es ist ein Zuhause, wie es keines der Kinder vorher kannte. Die LeserInnen finden sich in einer mystischen Detektivgeschichte wieder, die mit einigen überraschenden Wendungen viel Spaß, Spannung und beste Unterhaltung liefert. Auch die LeserInnen können einiges lernen. Die im Buch enthaltenen Auszüge aus dem Buch "Nützliche Dinge, die jedes Mädchen wissen sollte" von Miss Mandelay aus dem Jahre 1911 sind ein wahrer Schatz. Man kann erfahren, wie man einen falschen Diamanten erkennt, wie das Morsealphabet funktioniert, wie man Charleston tanzt und vieles mehr. Besonders vor dem ernsten Hintergrund einer immernoch mädchen- bzw. frauenfeinlichen Gesellschaft ist die Geschichte sehr originell und ermutigend.
Der Text ist durchsetzt mit sehr vielen kleinen und großen wunderschönen Illustrationen, die die Geschichte noch besser veranschaulichen und ein wahrer Augenschmaus sind. Auch die Schrift in blau lässt sich sehr schön lessen.
"Midwatch" ist ein ganz wunderbares Kinderbuch, an dem ganz sicher auch mancher Erwachsene seine Freude haben wird.

Bewertung vom 06.06.2025
Kempton, Beth

Kokoro


ausgezeichnet

Ruhe und Schönheit finden im Chaos
Die britische Autorin Beth Kempton war in eine Lebenskrise geraten, für die ihr die Gesellschaft, in der sie lebt keine gute Unterstützung geben kann. Sie erinnert sich an die Jahre, die sie während ihres Japanologie-Studiums in Japan verbracht hat. Dort ist sie dem Kokoro begegnet, was die Weisheit des Herzens meint, aber auch weitergreifende, sehr individuelle Bedeutungen haben kann. Sie begibt sich auf eine Pilgerreise durch den Norden Japans. Sehr spannend finde ich, wie sich der Ton im Buch ändert. Wir starten mit ziemlich kühler, rationaler Sprache westlicher Denke. Im Verlauf ihres Weges und nach der Absolvierung verschiedener spiritueller Rituale wird die Sprache weicher, entspannter und wärmer. Wunderbar wird auch die japanische Sprache inklusive der Schriftzeichen betrachtet, in der sich sehr vielfältigen Denkweisen abbilden. So kann man die Reise als Leser auch ein bisschen miterleben. In der von unserer Kultur so verschiedenen Lebensart hat die Nährung der Seele einen sehr viel höheren Stellenwert als wir es kennen. Sehr interessant ist auch die vielschichtige Betrachtung des Lebens an sich. Ergänzend zum Erlebnisbericht gibt es nach jedem Kapitel eine kleine Zusammenfassung von Kokoro-Weisheiten.
Die gesamte Aufmachung des Buches ist wunderbar und dem Inhalt sehr gut angepasst. Meinem Blick auf das Leben haben sich viele neue Facetten hinzugefügt. Ich hatte große Freude beim Lesen.

Bewertung vom 28.05.2025
Weigert, Evelyn

Peace, Moms


gut

Bericht über einen Babyhurrican
"Peace, moms" ist ein Erfahrungsbericht. Die Aurorin wurde mit 31 Jahren ungeplant, plötzlich und unerwartet schwanger. Sie unterschätzte die Situation und wohl auch die Veränderungen, die das für sie und ihren Partner mit sich bringen würde. Und so wurde sie von allem, was da kam, ziemlich überfahren. Spätestens mit Ankunft des zweiten KIndes zwei Jahre später, wurde es ziemlich wild bei Weigerts zuhause. Sehr impulsiv und mit der Methode "Durchwurschteln" arbeitete sich Evelyn durch diese Zeit. Sie schildert sehr genau, wie sie das alles erlebt hat. Dabei wird tatsächlich kein Thema ausgelassen, nichts ist zu privat. Natürlich betrachtet sie die Situation durch ihre persönliche "Brille". Auch wenn es eine Menge textlich herausgehobene Tipps und Wünsche gibt, kann dieses Buch kein Ratgeber sein. Wiederholt bittet die Autorin darum, nicht be- bzw. verurteilt zu werden und dies auch nicht bei anderen Eltern zu tun. Das ist sicher wichtig und richtig, heißt aber nicht, dass ich mit allen Thesen konform sein muss. Manche Sachen finde ich echt haarsträubend.
Ich hoffe sehr, dass es Evelyn gut getan hat, alles einmal richtig rauszulassen. Es ist ein Erfahrungsbericht, nicht mehr und nicht weniger.

Bewertung vom 16.05.2025
Oertel, Friederike

Urlaub vom Patriarchat


ausgezeichnet

Matriarchat theoretisch und praktisch
Friederike Oertel setzt sich ergebnisoffen mit den Themen Patriarchat und Matriarchat auseinander. Die Autorin folgt dabei sehr spannenden Überlegungen. Sie fasst sehr gut zusammen, wie oft diese Themen schon vereinnahmt, überhöht und für bestimmte Interessen zurechtgebogen wurden. Sie hat herausgefunden, dass es in einigen sehr weit abgelegenen Gegenden der Welt Gesellschaften gibt, die matriarchalisch leben sollen. Aber was bedeutet das denn eigentlich? Es ist eine kluge Idee, buchstäblich hinter den eigenen Horizont zu reisen und sich in Juchitan (Mexiko) mitten hinein in einen völlig anderen gesellschaftlichen Rahmen zu begeben. In Juchitan, so heißt es, leben die Menschen matriarchal. Es ist sehr spannend mitzuerleben, zu welchen Schlüssen Friederike Oertel findet. Matriarchat ist eben nicht einfach das Gegenteil von Patriarchat. Es geht um völlig andere und sehr verschiedene Arten des Zusammenlebens der Menschen. Die Autorin geht weit in die Geschichte zurück und betrachtet unterschiedeliche Zeiten und auch Orte. Was können wir eigentlich wirklich wissen? Und was ist Interpretation bzw. kann nur Interpretation sein? Es ist sehr genau herausgearbeitet, was das Patriarchat ausmacht, warum es auch für Männer problematisch ist, warum es so stabil ist und auf welche Weise auch Frauen an dessen Erhaltung mitwirken.
Friederike Oertel erlebt auch viele interessante Begegnungen mit Menschen und deren Traditionen.
Das Buch gefällt mir sehr. Es hat meine Sichtweise sehr stark erweitert und auch zu Erkenntnisse über mich und mein Verhalten beigetragen. Ich habe mich außerdem bestens unterhalten gefühlt. Ich wünsche dem Buch sehr viele Leserinnen und Leser.

Bewertung vom 28.04.2025
Blum, Susann

Mystery Eye


sehr gut

Sehr mysteriös
Tammy, Isaac, Bendix und Kim sind keine durchschnittlichen Jugendlichen. Vielmehr leben sie alle in schwierigen Verhältnissen, wenn auch sehr verschiedener Art. Sie kennen einander nicht, sind aber telepathisch miteinander verbunden. Und dann ist da dieses mysteriöse blaue Auge, das sie sehen können, wenn ihr Blick sich begegnet. Nur alle 99 Jahre gibt es dieses Phänomen, dass sich die Betroffenen aber erst selbst erschließen müssen. Durch Zufall begegnen sich Tammy und Isaac, wodurch die Geschichte buchstäblich Fahrt aufnimmt. Mit Unterstützung ihrer Freunde Sahara und Lucas schaffen sie es, quer durch Europa zu reisen und Bendix und Kim ausfindig zu machen. Nur gemeinsam haben die Vier Zugang zu einer ganz besonderen Kraft. Am Ende der Geschichte stehen die sechs Jugendlichen am Beginn eines neuen Abenteuers auf dem nächsten Level.
Die Story ist sehr spannend und voller Action. Es geht um Freundschaft, um Vertrauen, Ehrlichkeit und Wagemut. Ich hatte viel Freude beim Lesen.

Bewertung vom 22.04.2025
Mommsen, Janne

Das Licht in den Wellen


weniger gut

Und wenn sie nicht gestorben sind...
An dieses Buch bin ich wohl mit falschen Vorstellungen herangegegangen. Inge Martensen haut kurz vor ihrem 100. Geburtstag mit ihrer Urenkelin Swantje ab. Die beiden besteigen ein Schiff nach New York. Diese Szenerie bot in meiner Phantasie einen tollen Hintergrund für eine turbulente Geschichte. Aber nach den ersten hundert Seiten, die ich noch sehr spannend fand, driftete die Handlung ab ins Seichte, Kleinkarierte und Engstirnige. Inge ist mit 25 Jahren nach New York ausgewandert und dort mit ihrem Kartoffelsalatrezept! groß rausgekommen. Ihr gelingt einfach alles. Sie ist überall willkommen. Sie findet die große Liebe. Auch ihr Sohn ist natürlich ein schöner und erfolgreicher Junge. Und wenn doch mal etwas nicht so gut läuft, gibt es sehr schnell Satisfaktion. Es wird stets alles ganz genau beschrieben, wichtig scheint auch zu sein, dass die Personen immer gut gekleidet und gegebenenfalls geschminkt sind und wonach es gerade riecht. Der Roman hat mit der Realität wenig zu tun. Das Ende des Romans ist abrupt. Inge und Swantje sind zwar losgefahren, kommen aber nicht an. Und wenn sie nicht gestorben sind, sitzen sie wohl noch heute dem Balkon ihrer Luxuskabine an Bord der "Caribbean Sea".

Bewertung vom 15.04.2025
Hope, Anna

Wo wir uns treffen


ausgezeichnet

Ein wunderbar starker Roman
Von diesem Roman bin ich von der ersten bis zur letzten Seite sehr fasziniert. Kulisse für die Handlung ist ein 400 Hektar großes Anwesen in Sussex, das der Familie Brooke seit sieben Generationen gehört. Die Familie und einige nahestehende Personen sind zusammengekommen, um das derzeitige Familienoberhaupt Phillip Brooke zu beerdigen, der ein ziemlich schwieriger Charakter war. Fünf Tage lang werden die Ereignisse abwechselnd aus der Sicht der verschiedenen liebevoll und detailreich gestalteteten Figuren erzählt. Es ist ein wahrer Genuss, die Schilderungen der wunderschönen Natur rundherum zu lesen und mitfühlen zu können. Die Betrachtungen und Empfindungen der einzelnen Personen kommen einer Darstellung ihrer inneren Landschaften gleich. Jede von ihnen hat starke Seiten, Talente, Verletzungen und auch Abgründe.
Anna Hope spricht auf leise und doch eindringliche Weise verschiedene aktuelle Themen an. Die Familie befindet sich an einem historischen Wendepunkt. Erstmalig gibt es eine weibliche Haupterbin. Viele neue Sichtweisen kommen zur Sprache. Woher stammt der ganze Reichtum? Welche Verantwortung ergibt sich aus dem Handeln der Ahnen? Können die bestehenden Strukturen auch in Zukunft noch tragen? Ist es möglich, Frieden mit einer schmerzvollen Vergangheit zu schließen? Wie können die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander besser werden? Dabei wird ganz klar, dass es auf alle diese Themen sehr vielschichtige und teilweise widersprüchliche Antworten gibt.
"Wo wir uns treffen" ist ein wunderschön komponierter Familienroman, der bis zum Schluss spannend und unterhaltsam ist.
Ich gebe gern eine klare Leseempfehlung und alle Sterne, die ich vergeben darf.

Bewertung vom 12.03.2025
Dalton, Chloe

Hase und ich


ausgezeichnet

Eine ganz besondere Begegnung
Während des Corona-Lockdowns zog sich die Autorin in ihr Haus auf dem Lande zurück. Eine ungewöhnliche Begegnung mit einem winzigen Feldhasenbaby veränderte ihr Leben von Grund auf. Der kleine Hase schleicht sich in ihr Herz, obwohl ihr ihre Freiheit und Unabhängigkeit von jeglicher Art Beziehung sehr wichtig sind. Da es kein Zurück mehr gibt, nachdem sie das Hasenbaby mit nach Hause genommen hat, versucht sie das scheinbar Unmögliche. Feldhasen gelten als nicht domestizierbar und es scheint ein aussichtsloses Unterfangen zu sein, das Hasenbaby überhaupt aufzuziehen. Aber Chloe und Hase scheinen sich in ihrem Temperament sehr zu ähneln und sich blind und stumm zu verstehen. Die Autorin schafft es, die Bedürfnisse ihres Pfleglings immer besser zu erkennen und akzeptiert sämtliche Umstände, die sich daraus ergeben. Es wächst eine ganz besondere Verbindung zwischen den Beiden. Chloe profitiert enorm von diesem Kontakt. Hase ist Teil der wilden Natur. Sie weiß ganz genau, was sie braucht. Und Chloe lernt, die Schönheit und unendliche Vielfalt der Natur um sie herum zu sehen und findet dadurch auch einen völlig neuen Zugang zu sich selbst. Gerade auch die Schilderungen der Natur finde ich wunderschön und sehr beruhigend. Wunderbar sind auch die vielen zarten Illustrationen. Der Bericht über die Freundschaft zu einem Tier entwickelt sich zur Einsicht, was wir Menschen uns nicht zuletzt selbst antun, wenn wir unsere Bequemlichkeiten gedankenlos auf Kosten der Natur leben. Ich bin sehr begeistert von diesem Buch und gebe gern eine absolute Leseempfehlung.