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bokmoose

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 17.12.2023
Niemandsschmerz
Friedrichs, Ella

Niemandsschmerz


ausgezeichnet

In einem Internat im kleinen Ort Kuchelmiß wird die 17jährige Hanne Weidner tot in der Badewanne aufgefunden. “FREI” steht in blutroten Buchstaben an den Fliesen. Während eine Lehrerin versucht, das Mädchen aus dem Wasser zu ziehen, macht eine Mitschülerin Fotos und teilt sie in den sozialen Medien.
Kommissar Milan Bukovic findet das Tagebuch des Mädchens und muss mit Entsetzen feststellen, dass Hanne von Mitschülerinnen auf die schlimmste Weise gemobbt und gequält wurde. Hat das Mädchen ihrem Leid selbst ein Ende bereitet oder war es am Ende doch Mord?
Am nächsten Tag sind zwei Mädchen aus der Clique verschwunden, die Hanne so gedemütigt haben. Kurz darauf werden ihre Leichen entdeckt; die verunstalteten Gesichter erinnern an einem Mordfall vor vielen Jahren.

Im Laufe der Ermittlungen tauchen verschiedene Tatverdächtige auf und Bukovic gerät immer tiefer in einen Sumpf aus Hass, Manipulation, Gewalt und Verzweiflung.

Ella Friedrichs hat hier nicht bloß einen Krimi geschrieben, sondern Themen aufgegriffen, die in der heutigen Gesellschaft leider zum Alltag gehören: Mobbing, Gewalt, Hass und vor allem Macht. Hier geht es nicht nur um schnöde Hänseleien unter Jugendlichen, sondern um Vorurteile, psychischen Missbrauch und Ausgrenzung, vor denen auch Erwachsene nicht Halt machen.
Wer hört die Opfer, wo bekommen sie Hilfe und wie können sie mit dieser Erfahrung leben?
Hannes Tagebucheinträge, die immer wieder in den Verlauf der Handlung eingespielt werden, sind hier nur ein Beispiel. Aber sie ist nicht das einzige Opfer.

Der Schreibstil ist klar und flüssig und ich habe das Buch regelrecht verschlungen. Die Spannung war hoch bis zum Schluss und es geht teilweise wirklich Schlag auf Schlag. Die Figur des Ermittlers ist sehr symphatisch, manchmal jedoch, nicht ohne Grund, sehr emotional dargestellt. Aber auch die Beschreibung der anderen Charaktere fand ich hier wirklich sehr gut gelungen in ihrer Überheblichkeit, Wut, Betroffenheit oder Verzweiflung.

Von mir eine klare Leseempfehlung!

“Je mehr Leute aufstehen und gegen Mobbing kämpfen, desto mehr können wir denen helfen, die zu schwach sind, um sich gegen andere zu wehren.” S.386

Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch das Vorwort von Carsten Stahl, dem Gründer von “ Bündnis KinderSchutz” und “Stoppt Mobbing”, der sich unermüdlich für Prävention und Aufklärung einsetzt.

Bewertung vom 12.12.2023
Die Unbestechliche
Welser, Maria von;Horbas, Waltraud

Die Unbestechliche


sehr gut

Die 21 jährige Alice beginnt in ihrem Heimatort ein Volontariat bei der Lokalzeitung. Es war schon immer ihr Traum, Reporterin zu werden, seit sie als kleines Mädchen mit ihrem Vater die Zeitung “gelesen” hat und so in eine ganz andere und aufregende Welt eintauchte. Von ihrem Ausbilder lernt sie von der Pike auf, was eine gute Redakteurin ausmacht, nicht nur das technische Handwerk, sondern vor allem auch, ein Gespür für Stimmungen zu entwickeln. Als alleinerziehende Mutter versucht sie den Spagat zwischen Beruf und Kind und muss sich immer wieder, sowohl während des Volontariats, als auch im Berufsleben später in München, Herausforderungen in einer von Männern dominierten Branche stellen und abwägen, ob es besser ist, aufzubegehren oder auszuharren.

Wir begleiten Alice auf ihrem Weg von der jungen ehrgeizigen Volontärin zu einer Vollblutredakteurin, die sich nicht alles gefallen lässt und mutig Missstände aufdeckt.
Alice liebt ihren Beruf und ihre Unabhängigkeit, dennoch hat sie auch immer wieder das Gefühl, ihrer Mutterrolle nicht gerecht zu werden- damals wie heute ein Thema für Frauen, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen.

Besonders erschreckend finde ich, dass andere Themen, die im Buch vorkommen, auch heute wieder oder immer noch hochaktuell sind: Gleichberechtigung von Frauen, Energiekrise, Kriege & Terror, hohe Inflation...

Das Buch besteht aus drei Teilen, die jeweils mehrere Jahre umfassen und immer mit historischen Schlagzeilen beginnen, was mir persönlich sehr gut gefallen hat.
Der Schreibstil ist sehr klar und angenehm.
Interessant auch am Ende des Buches die Anmerkungen von Maria von Welser, auf deren beruflichem Weg dieser Roman basiert.

Fazit:
Eine interessante Geschichte, angelehnt an autobiographische Vorlagen von Maria Welser. Manche Szenen waren mir etwas zu kurz abgehandelt, andere hatten ein paar Längen, insgesamt kann ich das Buch aber empfehlen.

Bewertung vom 04.12.2023
Der flüsternde Abgrund
Lando, Veronica

Der flüsternde Abgrund


sehr gut

Vor gut 30 Jahren verlor Callum Haffenden bei einem tragischen Unfall einen Unterschenkel und ist seitdem auf eine Prothese angewiesen. Nach diesem Ereignis kehrte er seiner Heimatstadt Granite Creek den Rücken und wollte nie mehr zurückkehren.
Doch nun wird der 30jährige Lachie, den er für seinen Sohn hält, im Regenwald vermisst und kurze Zeit später tot aufgefunden. Die Polizei vor Ort geht zunächst von einem Unfall oder möglichen Selbstmord aus, doch Callum vermutet ein Verbrechen. Schließlich sind in der Vergangenheit immer wieder Personen im Regenwald verschwunden. Man munkelt, dass sie von einem mysteriösen Flüstern angelockt und irregeführt wurden. Er beginnt Nachforschungen anzustellen und lässt die Fassade der Bewohner der kleinen verschworenen Gemeinde ordentlich bröckeln.

Ich war sehr gespannt auf diesen Thriller. Das Cover ist großartig und spiegelt die düstere und mystische Stimmung im Buch wider. Es regnet eigentlich die ganze Zeit und auch das passt atmosphärisch ganz großartig zum Setting. Die Figur des Callum Haffenden war mir sympathisch, zunehmend holen ihn jedoch die eigenen Dämonen ein, denn seine privaten Ermittlungen bringen auch einige Geheimnisse aus der Vergangenheit zutage, mit denen ich so nicht unbedingt gerechnet hätte.
Der Schreibstil der Autorin hat mir gefallen, war sehr umgangssprachlich, in kurzen Sätzen und doch fesselnd. Vor allem der innere Kampf Callums mit seinem eigenen Schicksal und seiner Vergangenheit ist gut dargestellt.
Der Spannungsbogen bleibt erhalten, auch wenn es sich manchmal etwas zog. Das Ende war stimmig und für mich doch noch etwas überraschend.

Fazit:
Ein spannender und atmosphärischer Krimi. Für meinen Geschmack etwas zu wenig “Thriller”, da hätte ich mir in Bezug auf das Flüstern doch etwas mehr Gänsehaut gewünscht.