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Belles Leseinsel
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Mainz

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Insgesamt 24 Bewertungen
Bewertung vom 10.12.2013
Gorki Park / Arkadi Renko Bd.1
Smith, Martin Cruz

Gorki Park / Arkadi Renko Bd.1


ausgezeichnet

Spannender Thriller in Zeiten des Kalten Kriegs

Moskau im Jahr 1980: Im verschneiten Gorki Park werden drei Leichen gefunden. Chefinspektor Arkadi Renko ist mit der Aufklärung beauftragt, welche sich von Beginn als äußerst schwierig erweist. Allen drei Leichen wurden die Gesichter zerstört und die Fingerkuppen entfernt, sodass sich eine Identifizierung ziemlich aufwendig gestaltet. Zwar ist der KGB auch zeitgleich am Tatort, scheint jedoch kein großes Interesse an der Aufklärung zu haben. Im Verlauf der Ermittlungen stellt sich heraus, dass einer der Toten amerikanischer Staatsbürger war und ein amerikanischer Millionär im Hintergrund seine Fäden zieht. Und je länger Arkadi Renko in dem Fall ermittelt, je tiefer wird er in ein Netz aus Intrigen und Korruption verstrickt.

Martin Cruz Smith steigt sofort mit den Fund der drei Leichen in seinen Politthriller ein und schon fühlt man sich in der Zeit um 30 Jahre zurückversetzt. Problemlos gelingt es dem Autor seinen Lesern die Sowjetunion in den frühen 1980er Jahren vor Augen zu führen. Korruption, Bespitzelung und linientreue Genossen wohin man schaut, ohne Parteibuch geht gar nichts. Der KGB scheint überall seine Fäden zu ziehen, niemanden kann man trauen, jeder scheint käuflich, alles nur eine Frage des Preises. In diesem Sumpf wirkt der melancholische Arkadi Renko fast wie ein Fremdkörper. Unbeirrt und vor allem unbestechlich leitet er seine Ermittlungen, während die Intrigen und Verbrechen um ihn herum immer mehr zunehmen. Und je näher Renko der Wahrheit kommt, die ihn auch nach Leningrad und in die USA führen, umso mehr setzt er dabei sein eigenes Leben aufs Spiel.

Zwar ebbt die Spannung nach dem Fund im Gorki Park zeitweise etwas ab, aber Martin Cruz Smith gelingt es mühelos, seinen Politthriller absolut packend und äußerst wendungsreich zu erzählen. Geschickt und hervorragend recherchiert lässt der Autor die politische Lage der Sowjetunion, wie auch das Alltagsleben und die russische Kultur in seine Geschichte mit einfließen. Und auch das Motiv für die Morde, in die zu einem späteren Zeitpunkt auch noch das FBI mit involviert sein wird, befasst sich ebenfalls mit einem typisch russischen Thema. In einem mitreißenden Schreibstil voller Tiefgang, der oft auch sehr nachdenklich daherkommt und atmosphärisch dicht die Geschichte vermittelt, erzählt Martin Cruz Smith einen Politthriller, bei dem man keinem der handelnden Personen trauen kann.

Anders sieht es da nur bei Arkadi Renko aus. Dieser ist tief mit seinem Land verwurzelt, nicht aber unbedingt mit dem Kommunismus. So hat er natürlich auch ein Parteibuch, doch an Parteitreffen nimmt er nicht teil, was nicht gerade seiner Karriere dienlich ist. Als Sohn eines ranghohen Generals hat er es nur zu einem einfachen Ermittler bei der Polizei geschafft, der Weg zum KGB ist ihm verwehrt und somit ist Renko eine Schande für seinen Vater. Seine Ehe zur ehrgeizigen Sonja ist nicht nur an seinem politischen Desinteresse gescheitert, diese war von Anfang an eher eine Zweckgemeinschaft. Doch auch Irina, welche Arkadi im Verlauf der Ermittlungen kennenlernt und in die sich der Polizist verliebt, scheint ihn nur für ihre Ziele zu benutzen.

Fazit: Ein Klassiker unter den Politthrillern, absolut empfehlenswert

Bewertung vom 05.12.2013
Hotel Van Gogh
Bechtle, J. R.

Hotel Van Gogh


sehr gut

Sarahs Paris

J.R. Bechtle baut seinen Roman sehr geschickt auf. Ist man auf den ersten Seiten des Romans noch bei den Geschehnissen um Vincent van Goghs Tod dabei, findet man sich kurze Zeit danach ein Jahrhundert später wieder, als Sabine vom Tod ihres Onkels erfährt. Fortan verfolgt man in wechselnden Kapiteln die Geschehnisse um die van Goghs wie auch den Recherchen von Sabine bezüglich des Todes von Arthur Heller. Die engagierte Rechtsanwältin taucht ungewollt immer mehr in das Leben ihres Onkels ein und interessiert sich bald intensiv dafür. Und als man als Leser selbst das Gefühl bekommt, ein wenig mehr über den Onkel erfahren zu wollen, lässt der Autor ein längeres Kapitel einfließen, in dem man die letzten Tagebucheintragungen von Arthur Heller verfolgt. Hier lernt man einem Mann Mitte Fünfzig kennen, der seinen Traum vom Schreiben endlich wahr gemacht hat, aber auch zwischenzeitlich ob der vielen Absagen von Verlagen an den Misserfolgen zu verzweifeln droht. Und doch glaubt Arthur Heller an seine Romane, gibt die Hoffnung nicht auf.

Den Roman würde ich jetzt nicht unbedingt durchweg als Kriminalroman bezeichnen, obwohl er in der Gegenwart viele kriminalistische Züge aufweist, damit werden möglicherweise falsche Erwartungen geweckt. Vielmehr ist es ein Roman über van Gogh, dessen Leben und das seiner Angehörigen, welches J.R. Bechtle sehr gut recherchiert hat und dieses Wissen unterhaltsam und interessant widergibt. Die Stimmung dieses Teils des Romans ist auch eher bedrückend, traurig und melancholisch dargestellt. Aber es ist auch ein Buch über Schriftsteller, die fest an ihr Werk glauben und doch immer wieder nur Absagen von Verlagen erhalten und damit zurechtkommen müssen. Und natürlich ist es auch ein Roman über einen rätselhaften Todesfall.

Im Gegensatz zum historischen Teil strotzt der Part der Gegenwart vor Energie und Emotionen. Sabine ist eine resolute, selbstsichere Rechtsanwältin, die ihr Leben scheinbar bestens im Griff hat. Bis ihr Onkel stirbt und sie anfängt, unbewusst ihre Gewohnheiten und Einstellungen zu ändern. Plötzlich verschieben sich ihre Prioritäten und andere Dinge rücken in den Fokus. Forsch tritt Sabine der eher träge agierenden französischen Polizei gegenüber auf, nimmt die Ermittlungen teilweise selbst in die Hand, in dem sie die Presse über den Tod ihres Onkel informiert und pocht auf die restlose Aufklärung des Falls. Ihr zur Seite steht Gelegenheitslover Peter, der sich bald als treuer und verlässlicher Freund erweist.

J.R. Bechtle versteht es sehr gut, dies alles in eine unterhaltsame, wendungsreiche wie auch fesselnde Geschichte zu verpacken, welche viele Rätsel aufgibt, die Neugier reizt, sehr spannende Momente hat und die Fantasie anregt. Bis auf ein paar winzige Längen ist der Roman packend in einem einnehmenden, lebendigen Schreibstil verfasst, der einem fast durchweg in seinen Bann zieht. Und die rätselhaften Vorkommnisse um Vincent van Goghs Tod wie auch der nicht minder mysteriöse Tod von Arthur Heller, der so viel Ähnlichkeit mit dem des Künstlers aufweist, reizen zudem durchweg die Neugier. Dass hierbei auch noch die Charaktere Tiefe haben, sich weiterentwickeln, hierdurch schwer einschätzbar bleiben und somit in ihren Handlungen überraschen, ist noch das i-Tüpfelchen zu dem sehr guten Erstlingswerk von J.R. Bechtle.

Fazit: Ein gelungenes Debüt, welches van Goghs Tod geschickt mit einem Kriminalfall rund ein Jahrhundert später verknüpft.

Bewertung vom 03.12.2013
Die Liebesnachricht
Ernestam, Maria

Die Liebesnachricht


gut

Drei Schwestern und ein geheimnisvoller Fremder

In einer kleinen schwedischen Stadt lebt Mariana mit ihren zwei jüngeren Schwestern. Als die Geschwister noch klein waren, wurde deren Vater tot auf dem eigenen Karussell gefunden, doch die Schwestern sprechen bis heute nicht darüber. Dies ändert sich jedoch, als der Schriftsteller Amnon Goldstein in das kleine Städtchen zieht, um ein Buch zu schreiben. Angeregt durch die Fragen von Amnon beschäftigt sich Mariana immer mehr mit dem rätselhaften Tod ihres Vaters und freundet sich dabei mit dem Schriftsteller an. Doch mit seinen Recherchen für sein Buch macht sich Amnon nicht bei allen in der Kleinstadt beliebt.

Es ist ein geruhsames, beschauliches Leben, welches Mariana mit ihren beiden Schwestern führt. Mariana selbst, aus deren Perspektive man die Geschichte verfolgt, hat den Spielzeugladen ihrer Eltern geerbt. Sie veranstaltet regelmäßig Lesestunden für die Kinder der Grundschule und reist gern durch die Welt, um seltenes Spielzeug aufzustöbern. Auf einer dieser Reisen hat sie auch Ivo kennengelernt, der in München lebt. Von ihrem Mann Victor getrennt, der zusammen mit Tochter Teresa in den USA lebt, pflegt Mariana nun ihre Beziehung mit Ivo per Telefon und Mails.

Schwester Elena ist mehr der mütterliche Typ und als Konditorin liebt sie es, ihre Schwestern wie auch den Rest der Dorfgemeinschaft mit süßen Leckereien zu verwöhnen. Ihre Bäckerei ist die Schaltzentrale des Ortes, hier laufen alle Neuigkeiten zusammen. Und so bleibt es Elena auch nicht lange verborgen, dass ein Fremder in den Ort gezogen ist. Amnon Goldstein hat sich eine Auszeit genommen und möchte über die schwedische Kleinstadt und deren Bewohner ein Buch schreiben. Doch seit der Schriftsteller angekommen ist und Fragen stellt, ereignen sich merkwürdige Dinge: Marianas Fenster im Geschäft wird eingeschlagen, jemand schickt ihr Schweineaugen und der Reitgutbesitzer Jan findet ein Tierherz in seinem Briefkasten. Natürlich liegt es nahe, dass der Verdacht auf den Neuankömmling fällt. Hiervon lässt sich aber Karolina, die jüngste Schwester, nicht irritieren. Die unbeschwerte junge Frau, die beruflich Särge bemalt, ist ganz hingerissen von Amnon.

So gemächlich und gleichförmig das Leben von Mariana und ihren Schwestern abläuft, so ruhig und einfühlsam erzählt Maria Ernestam ihren Roman. Stellenweise ist dies recht interessant und rätselhaft, vor allem, als die ganzen Merkwürdigkeiten sich häufen und sich einige der Einwohner gegen Amnon verschwören. Hier treten alte Konflikte zutage und lang Unterdrücktes dringt an die Oberfläche. Dies gestaltet sich zwischenzeitlich recht emotional und wird von Maria Ernestam durchaus fesselnd erzählt, oftmals verliert sich die Autorin aber auch zu sehr in Nebensächlichkeiten. So plätschern die Erlebnisse von Mariana und ihren Schwestern stellenweise eher bedachtsam dahin, was einem schon etwas Geduld abverlangt.

Gleich zu Beginn fordert Maria Ernestam zudem die volle Aufmerksamkeit ihrer Leser, da die Autorin alle Mitwirkenden des Romans schnell hintereinander die Lesebühne betreten lässt. Man benötigt zwar etwas Zeit, um die vielen Personen wie auch deren familiären Hintergrund zuzuordnen, dies legt sich jedoch recht schnell. Maria Ernestam versteht es wieder einmal sehr gut, ihre Charaktere facettenreich wie authentisch zu beschreiben. Gerade die Schwestern agieren sehr sympathisch, sind jede auf ihre Art sehr eigenwillige, selbständige Persönlichkeiten und pflegen ein sehr inniges, liebevolles Verhältnis zueinander.

Fazit: Eine interessante, stellenweise aber auch leider etwas langatmig erzählte Familiengeschichte, in der durch einen Fremden lang Unterdrücktes an die Oberfläche drängt.

Bewertung vom 01.12.2013
Der Tod fährt Riesenrad
Kneifl, Edith

Der Tod fährt Riesenrad


sehr gut

Mord im Wurstelprater

Juli 1897 in Wien. Der Lebemann und Privatdetektiv Gustav von Karoly wird von Magarete von Leiden beauftragt, ihre fünfzehnjährige Tochter Leonie zu suchen. Zwar ist die Jugendliche vor zwei Jahren schon einmal ausgerissen, doch nun vermutet Frau von Leiden, dass Leonie entführt wurde. Während Gustav beginnt, im Umkreis des Wurstelpraters zu ermitteln, taucht in einer Gondel des Riesenrads eine Leiche auf. Genau an dem Tag, als das Riesenrad seine Premierenfahrt im Vergnügungspark startet. Gustavs Freund, Oberkommissär Kasper bearbeitet den Mord und der Detektiv vermutet bald in dem Verbrechen einen Zusammenhang mit dem Verschwinden von Leonie.

Nach einem rätselhaften Prolog, den man schnell mit dem 1. Fall von Gustav von Karoly in Verbindung bringen kann, beginnt Edith Kneifl gleich mit dem Treffen des Privatdetektivs mit Margarete von Leiden in einem Kaffeehaus, welches Gustav als „Büro“ dient. Während Leonies Mutter voller Sorge ist und Gustav dringend um Hilfe bittet, ist deren Vater hiervon weniger begeistert. Noch nicht einmal die Polizei wurde von ihm eingeschaltet, um sich mit der Suche nach Leonie zu befassen. Der herrschsüchtige Baron ist der Überzeugung, mithilfe seiner Handlanger das Verschwinden seiner Enkelin selbst klären zu können. Und so dauert es auch nicht lange, bis Gustav den Fall wieder entzogen bekommt. Doch hiervon lässt sich der Wiener nicht stören und ermittelt auf eigene Faust weiter. Diese führen ihn immer mehr in das Treiben rund um den Wurstelprater. Er trifft auf Zigeuner, Wahrsagerinnen, Artisten und Jockeys und kommt dabei noch einem wohlgehüteten Geheimnis um die Familie von Leiden auf die Spur.

Mit sehr viel Lokalkolorit versehen, entführt Edith Kneifl ihre Leser in das Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Kaiser ist allgegenwärtig, Kaffeehäuser gut besucht, die Fiaker bevölkern die Straßen, der Wiener Schmäh‘ ist allseits präsent und die feine Gesellschaft lässt es sich bei Tanzveranstaltungen gut gehen. Anschaulich beschreibt Edith Kneifl das Privatleben von Gustav wie auch das gesellschaftliche Treiben des Adels, die Bevölkerung rund um den Vergnügungspark kommt zu Wort wie auch die sozialen und politischen Probleme Wiens. Und diese Bündelung von Informationen, Anekdoten und Geschehnissen überlagen mit der Zeit immer mehr die Krimihandlung. Dies wirkt oftmals alles ein wenig zu viel des Guten, allerdings verliert die Autorin bei der Fülle von Informationen rund um Wien aber nicht den Entführungsfall wie auch die Aufklärung des Mordes aus den Augen. Allerdings treten diese oft über weite Strecken der Geschichte sehr in den Hintergrund.

So kann man den ersten Fall von Gustav von Karoly nicht unbedingt als spannend bezeichnen, aber zumeist doch recht kurzweilig und vor allem unterhaltsam. Der Sprachstil der Autorin ist dem des ausgehenden 19. Jahrhunderts angepasst und immer wieder durchsetzt mit Wiener Begrifflichkeiten. Dies, wie auch der bildhafte, einnehmende Erzählstil von Edith Kneifl sorgen für eine atmosphärische Dichte, wodurch man die mangelnde Spannung zumeist verzeiht. Ihre Charaktere wirken ausgereift, haben Ecken und Kanten und gerade Gustavs rebellische Tante Vera wirkt bei der blasierten, herablassenden Lebensart, welche die österreichische Aristokratie verströmt, herrlich erfrischend anders. Und auch Gustav, der dem rückständigen Denken des Monarchen nichts abgewinnen kann und jeglichem Modernen aufgeschlossen gegenübertritt, wirkt sehr sympathisch und ist facettenreich beschrieben.

Fazit: Ein Wien-Krimi mit sehr viel Lokalkolorit, was zwar zumeist unterhaltsam ist, die Krimihandlung bleibt dabei aber ein wenig auf der Strecke.

Bewertung vom 29.11.2013
Und dann kam das Wasser
Schmidbauer, Dagmar Isabell

Und dann kam das Wasser


sehr gut

Passau im Ausnahmezustand

Zwei Frauen werden gefangen gehalten. An Heizungsrohren gekettet und von ihren Peinigern anscheinend vergessen, ringen sie mit dem Tod. Nach diesem eindringlichen Dialog, dessen Zusammenhang mit dem Fall man erst nach einiger Zeit versteht, steigt Dagmar I. Schmidbauer in ihrem Krimi ein und man erlebt mal wieder eine Kommissarin in Bestform. Sandra ist leicht gefrustet. Hatte sie sich doch erhofft, mit ihrem Bühnenkünstler Walter einige schöne wie sonnige Tage in Sizilien zu verbringen, nun muss sie in gleich zwei neuen Fällen ermitteln. Und diese entwickeln sich äußerst kompliziert. Da die Identität des Toten nicht feststellbar ist und der Tatort überflutet wurde, ergeben sich kaum ermittlungsrelevante Spuren. Hinzu kommt dann noch der rätselhafte Sturz der unbekannten Frau aus dem Hochhaus. Doch von all diesen Widrigkeiten lässt sich die couragierte Kommissarin nicht abschrecken und stürzt sich wieder voller Ermittlungseifer in die beiden Fälle.

Anfangs benötigt man ein wenig Geduld, um die unterschiedlichen Handlungsstränge, welche die Autorin gleich zu Beginn des Krimis in ihre Geschichte einfügt, zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Doch so nach und nach erhält man einen Überblick, weiß stellenweise ein wenig mehr als die Kommissare, was einem jedoch bei der Auflösung des Falls nicht wirklich weiterhilft. Hierdurch erhält man aber zumindest nach und nach eine Vorstellung davon, welches Thema Dagmar I. Schmidbauer dieses Mal in ihrem Krimi behandelt. Und dieses ist immer noch leider so brisant wie menschenverachtend.

Aber auch das Hochwasser in Passau ist immer präsent. Sehr anschaulich und bildhaft beschreibt die Autorin die Probleme, welche sich die Bürger von Passau durch das Hochwasser ausgesetzt sehen. Und spätestens als dann auch noch die Wasserversorgung eingestellt werden muss, wird jedem Leser klar, wie machtlos wir Menschen den Naturgewalten ausgesetzt sind. Mit ihrem einnehmenden, fesselnden Schreibstil erzählt Dagmar I. Schmidbauer fortan die äußerst schwierigen, oftmals auch ziemlich frustrierenden Ermittlungen von Sandra und Hannes. Die Spannung ist zumeist mehr hintergründig vorhanden und die vielen Fragen, welche sich im Verlauf der Ermittlungen auftun, reizen die Neugier beim Lesen ununterbrochen an. Zumal sich die Story völlig unvorhersehbar entwickelt und im Verlauf einige neue Richtungen annimmt. So wirkt die komplette Geschichte sehr gut durchdacht und ist zudem vielschichtig angelegt.

Ein Plus der Autorin ist auch die Ausarbeitung ihrer Charaktere. Diese sind bis in die kleinste Nebenrolle facettenreich angelegt, nicht immer gleich durchschaubar und agieren absolut authentisch. Und gerade weil Dagmar I. Schmidbauer ihre Mitwirkenden auch bereits in den letzten beiden Bänden so detailreich zu beschreiben versteht, hat mich das Privatleben von Sandra dieses Mal ein wenig enttäuscht. Die junge Kommissarin ist schwer verliebt in ihren Bühnenkünstler und agiert manchmal wie ein verliebter Teenager. Es sei ihr gegönnt. Aber die Szenen, welche sich auf ihr Privatleben beziehen, werden fast ausschließlich nur auf das Liebesspiel mit Walter bzw. auf Sandras erotische Fantasien reduziert. Das fand ich etwas zu einseitig dargestellt, da gerade Sandra mit ihrem aufbrausenden, selbstischeren Charakter viel Potential bietet.

Fazit: Ein spannender, vielschichtiger Krimi, der ein nach wie vor leider sehr brisantes Thema gut recherchiert behandelt und vor dem Hintergrund des Jahrhunderthochwassers in Passau spielt.

Bewertung vom 28.11.2013
Herzgrab
Gruber, Andreas

Herzgrab


ausgezeichnet

Sein letztes Gemälde

Mit einem sehr eindringlichen Prolog steigt Andreas Gruber in seinen neuesten Thriller ein, um dann schnell zur eigentlichen Story zu wechseln. Peter Gerink gilt beim BKA als Entführungsspezialist und so ist es für seine Chefin klar, nur er kann nach Florenz reisen und die vermisste Teresa aufspüren. Mit von der Partie ist sein ehemaliger Partner Dino, der als Übersetzer fungieren soll. Dumm nur, dass Elena ihn gerade mit Dino betrogen hat. Entsprechend aufgeladen ist die Stimmung zwischen den beiden Ermittlern.

Währenddessen wendet sich Monica auf Anraten des Ermittlers an Elena, in der Hoffnung, dass die Detektivin ihren Vater finden kann. Dieser ist nach dem Tod seiner Frau in der Toskana verschwunden. Seitdem hat Salvatore jedoch ein Bild geschaffen, Isabellas Antlitz, welches nun in Wien versteigert wird. Elena sieht in diesem Bild einen Hinweis, der sie möglicherweise zu dem exzentrischen Maler führen könnte. Dieser führt die beiden Frauen ebenfalls nach Florenz, doch ein perfider Mörder verfolgt genau dieselben Spuren und hinterlässt auf seinem Weg eine blutige Spur.

Aber nicht nur der Mörder bereitet den beiden Frauen Probleme, fortan sehen sich Elena und Monica wie auch Peter und Dino zudem einem korrupten Polizeiapparat ausgesetzt, der gerade den BKA-Ermittlern bei dem Entführungsfall massiv behindert und jegliche Unterstützung verweigert. Dem nicht genug, ist die Familie Del Vecchio äußerst verschwiegen und die Patriarchin Zenobia verweigert jegliche Zusammenarbeit mit den Ermittlern. Doch davon lassen sich Peter und Dino nicht abschrecken und greifen zu recht unkonventionellen und nicht ganz legalen Mitteln, um Teresa zu finden.

In wechselnden Handlungssträngen verfolgt man die Arbeit von Dino und Peter wie auch von Elena und Monica bis deren Ermittlungen sie zum Ende hin zusammenführen. Andreas Gruber versteht es hierbei hervorragend, die Story extrem temporeich voranzutreiben und so wendungsreich zu erzählen, dass man anfangs absolut nicht ahnen kann, in welche Richtung diese sich entwickeln wird.

Neben den äußerst fesselnden und hochspannenden Ermittlungen kommt aber auch das Privatleben der Ermittler nicht zu kurz. Der Seitensprung von Dino und Elena liegt nur kurze Zeit zurück, Peter ist entsprechend schlecht auf Dino zu sprechen und Elena plagt das schlechte Gewissen. Doch alle Drei sind Profis und versuchen, die Gefühle während der Ermittlungen außen vor zu lassen, was jedoch auch nicht immer gelingt.

Der Schreibstil von Andreas Gruber kann man nur als mitreißend bezeichnen. Gebannt verfolgt man die Suche nach Teresa und Salvatore und immer mehr kristallisiert sich heraus, dass der Grund für das Verschwinden der Geschwister in deren Familie zu finden ist. Doch wie die Fälle letztendlich zusammenhängen und was genau dahinter steckt, verrät Andreas Gruber einem erst ganz zum Schluss, den man in der Form nicht erwartet hätte.

Fazit: „Herzgrab“ hat alles, was ein Thriller braucht: eine hochspannende, komplexe, rasante Story, absolut glaubwürdig agierende Charaktere und das Ganze verpackt in einem fesselnden, mitreißenden Schreibstil.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.11.2013
Und dein Lohn ist der Tod
Herold, Erasmus

Und dein Lohn ist der Tod


sehr gut

Geburtstagsfeier außer Kontrolle

Nachts im winterlichen Gütersloh. Die junge Victoria Lirot wird durch ein Geräusch geweckt. Im Schlafanzug, nur mit einem Mantel bekleidet, verlässt die junge Frau überstürzt das Haus und ist kurz darauf tot. Am nächsten Tag ereignet sich ein schwerer Verkehrsunfall auf einer Landstraße zwischen Gütersloh und Wiedenbrück. Die Unfallursache ist ungeklärt und so ermitteln Kommissarin Sarah Berger und ihr neuer Partner Ahmet Yilmaz nicht nur in dem rätselhaften Tod von Victoria Lirot, sondern auch in dem Verkehrsunfall, bei dem drei Menschen sterben mussten. Schnell ist ersichtlich, dass diese beiden Fälle in enger Verbindung zueinander stehen. Erste ausgewertete Spuren führen die Kommissare zu einem Start-up-Unternehmen und zu den undurchsichtigen Machenschaften der Gesellschafter von Teuto-Solar.

Nach einer kurzen Nacht, der ein folgenreicher Polizeieinsatz für Ahmet voranging, werden seine neue Partnerin und der Kommissar zu einem Tatort gerufen. Auf dem Hof einer Reinigungsfirma wurde die Leiche einer jungen Frau gefunden. Rätselhaft ist nicht nur, dass die junge Frau unter dem Mantel noch einen Schlafanzug trägt, auch die Umstände des Tatorts werfen Fragen auf. Während die Ermittler noch mit der Spurensuche beschäftigt sind, ereignet sich ein schwerer Verkehrsunfall, welcher schnell in Verbindung mit dem Mord an Victoria Lirot gebracht werden kann. Wäre dies nicht schon genug Zündstoff für einen guten Krimi, kommt noch die mysteriöse Entführung von einem der Teuto-Solar Gesellschafter hinzu. Erasmus Herold gibt seinen Lesern gleich zu Beginn bereits einige Rätsel auf und es dauert ein klein wenig, bis man die losen Fäden verbinden kann.

Fortan gestaltet sich der Krimi rätselhaft und zumeist fesselnd. Nicht den kleinsten Hinweis hinterlässt der Autor im Verlauf der Story in Bezug auf den Täter oder dessen Motiv, sodass wirklich bis ganz zum Schluss Rätselraten angesagt ist, was natürlich die Neugier entsprechend schürt. Und die Auflösung ist dann so genial wie einfach, dass man sich wundert, nicht viel früher dahintergekommen zu sein. Einzig, wer für die Entführung eines der Gesellschafter von Teuto-Solar verantwortlich ist, präsentiert Erasmus Herold bereits früh. Allerdings läuft diese Entführung vollkommen anders ab als von den Tätern geplant.

Die häufig wechselnden Handlungsstränge sind zumeist kurz gehalten und man verfolgt einerseits die Ermittlungen von Sarah und Ahmet und nimmt ein klein wenig an deren Privatleben teil, wobei aber die Krimihandlung klar im Fokus steht. Anderseits ist man aber auch über die Aktivitäten der weiteren Mitwirkenden involviert, was einem manchmal ein wenig mehr Wissen gestattet als den Ermittlern. Zur Lösung des Falls reicht dies aber bei weitem nicht. Die Story entwickelt sich nachvollziehbar weiter, überrascht mit interessanten Wendungen und Erasmus Herold versteht es hierbei gut, die Spannung kontinuierlich voranzutreiben. Das Ganze ist zudem gewürzt mit einem guten Schuss Lokalkolorit.

Sein junges Ermittlerteam beschreibt Erasmus Herold facettenreich und authentisch. Sarah hat mit dem etwas ungestümen Ahmet nicht nur einen neuen Partner bekommen, sondern kommt im wahrsten Sinne des Wortes auch auf den Hund und der kleine quirlige Mischling hat zudem durchaus das Zeug zum Polizeihund. Die Chemie zwischen Sarah und Ahmet stimmt und die Zusammenarbeit mit den weiteren Kollegen ist ebenfalls herzlich und sehr kollegial. Beide Kommissare haben zwar so ihre kleinen Macken, aber keiner schleppt jetzt ein riesen Problempaket aus der Vergangenheit mit sich herum, was durchaus sympathisch wirkt.

Fazit: Spannender und komplex erzählter Krimi aus Gütersloh mit einem sympathisch agierenden Ermittlerpaar.

Bewertung vom 25.11.2013
Herzversagen / Alice Allevi Bd.2
Gazzola, Alessia

Herzversagen / Alice Allevi Bd.2


sehr gut

Eine Familienangelegenheit

Der bekannte Schriftsteller Konrad Azais soll auf Wunsch seiner Söhne entmündigt werden. Zusammen mit dem Psychologen Niccoló Laurenti soll die junge Rechtsmedizinerin Alice Allevi den Fall behandeln. Doch im Gegensatz zum Psychologen ist Alice von dem einwandfreien Geisteszustand des exzentrischen Schriftstellers überzeugt. Kurze Zeit darauf ist Azais tot und hinterlässt einen mysteriösen Abschiedsbrief. Obwohl gesundheitlich angeschlagen, kann bei dem älteren Herrn keine genaue Todesursache festgestellt werden, somit ist auch Mord nicht ausgeschlossen. Alice lässt der rätselhafte Tod des Schriftstellers keine Ruhe und fortan beschäftigt sich die Rechtsmedizinerin intensiv mit den Werken von Azais wie auch mit dessen Familie. Schnell stellt Alice dabei fest, dass die junge Enkelin des Toten etwas verbirgt. Aber auch privat läuft es nicht rund für die chaotische Assistenzärztin. Kollege Claudio macht ihr schöne Augen, die Beziehung mit Arthur steckt in einer Krise und dann will auch noch ihre Mitbewohnerin Yukino zurück nach Japan.

Alessia Gazzola lässt ihre liebenswerte und herrlich chaotische wie charmante Protagonistin selbst ihren nunmehr 2. Fall erzählen und so findet man sich wieder unversehens mitten in dem Gefühlschaos von Alice wieder. Schwer enttäuscht ist die junge Römerin, hatte sie doch für eine interne Prüfung gebüffelt, um als Beste abzuschneiden, was ihr sogar gelungen ist. Doch anstelle den Platz zur Forensik-Weiterbildung in Paris zu erhalten, bekommt diesen ihre Erzrivalin Ambra. Geplatzt sind die Träume von einem romantischen Wochenende mit Freund Arthur in Paris. Entsprechend gefrustet wendet sich Alicia nun dem Entmündigungsverfahren zu, welches sie mit dem unsympathischen Niccoló durchführen soll. Zumal ihr der egozentrische Schriftsteller gleich ziemlich sympathisch und sie von seinem spitzfindigen Äußerungen erstaunt ist. Von Demenz, wie dessen Söhne behaupten, kann Alice nichts feststellen. Doch bevor es zu einem endgültigen Ergebnis in dieser Frage kommt, stirbt der Autor und die Rechtsmedizinerin befindet sich mal wieder mitten in einem Fall und unterstützt mit ihrer Neugier und Extrovertiertheit Ispettore Calligaris unermüdlich bei der Lösung des Falls.

Locker, leicht, humorvoll ist der Schreibstil von Alessia Gazzola und so erzählt die Autorin sehr unterhaltsam und kurzweilig die Geschichte der jungen Rechtsmedizinerin Alice Allevi, die wiederholt mit großen Schritten mitten in einen verzwickten Fall stapft. Hautnah ist man dabei, wie Alice versucht, Beruf und Privatleben in den Griff zu bekommen und so ganz neben auch noch den Fall zu lösen. Dabei nimmt Alice wirklich jedes Fettnäpfchen mit und führt ihre Ermittlungen in gewohnt unkonventioneller Art und Weise durch. Privatleben und Kriminalfall halten sich hierbei gut die Waage und gerade bei den Szenen im rechtsmedizinischen Institut merkt man, dass Alessia Gazzola vom Fach ist.

Die Autorin präsentiert ihren Lesern im Verlauf der Story einige Verdächtige, doch dabei versteht Alessia Gazzola es gut, die Charaktere etwas undurchsichtig zu zeichnen, sodass man sich lange Zeit ob der Identität des Täters nicht festlegen mag bzw. seine Meinung öfter revidiert. Neben der interessanten, äußerst unterhaltsamen und meist fesselnden Story überzeugt aber in erster Linie wieder einmal Alice Allevi selbst. Alice ist wirklich eine Süße, die man einfach ins Herz schließen muss. Irgendwie lebt Alice immer ein wenig außerhalb der Realität, ist hoffnungslos chaotisch, herrlich offen, ehrlich, clever und äußerst hartnäckig, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Und auch wenn es ihr äußerst schwer fällt, gibt sie ihre Fehler zu und stellt sich zähneknirschend den Konsequenzen.

Fazit: Ein wunderbar leichter, lockerer, unterhaltsamer Krimi, der gleich viel Wert auf das Privatleben seiner chaotischen Protagonistin und dem eigentlichen Kriminalfall legt.

Bewertung vom 17.11.2013
Verbiss / Franza & Flipper Bd.3
Seul, Michaela

Verbiss / Franza & Flipper Bd.3


ausgezeichnet

Das Reh muss weg

Die Fitnesstrainerin Franza hat einen neuen Job, allerdings mehr aus der Not heraus. Wegen einer Knieentzündung nimmt sie den Auftrag eines hohen Beamten beim Ministerium für Landwirtschaft und Forsten an, um dessen 14-jährige Tochter Celina zum Abnehmen zu bewegen. Die Jugendliche stopft alles in sich hinein, was sie an Essbarem in die Finger bekommen kann. Als Celinas Vater Clemens von Lübtow plötzlich spurlos verschwindet, gerät Franza zwischen alle Fronten und steht bald schon unter Mordverdacht. Selbst ihr Freund, Hauptkommissar Felix Tixel wendet sich von ihr ab.

Um ihrem Freund Felix nicht das Gefühl zu geben, nicht so unabhängig und sportlich zu sein, wie der Hauptkommissar sie kennengelernt hat, verschweigt die Fitnesstrainerin Felix ihre Knieentzündung. Dumm nur, dass Franza sich dadurch immer mehr zu Notlügen hinreißen lässt und Felix wäre kein Polizist, wenn ihm dies nicht mit der Zeit auffallen würde. So kommt es zu einem Missverständnis nach dem anderen und ehe es sich Franza versieht, wendet sich Felix von ihr ab. Wäre das nicht schlimm genug, steckt die resolute und nicht minder dickköpfige Hobbyermittlerin auch noch in einem äußerst verzwickten Fall. Ihr Arbeitgeber ist spurlos verschwunden, seine pubertierende Tochter stürzt von einem Gefühlschaos ins Nächste und dann gerät Franza auch noch ins Visier der Polizei und nach ihr und Flipper wird bald schon gefahndet.

Doch bevor es soweit kommt, steigt Michaela Seul mit einem rätselhaften Prolog in ihren Krimi ein und man erfährt, dass ein Mann in einem Erdbunker gefangen gehalten wird. Wie er dahin gekommen ist, geschweige denn, wer ihn in dieses Erdloch verfrachtet hat, ist ihm absolut unklar. Für einen als Leser ist aber schnell klar, um wen es sich bei dem Gefangenen handelt, doch wer der Täter und was sein Motiv ist, verrät einem die Autorin erst am Ende des Krimis. Allerdings kehrt Michaela Seul regelmäßig zu dem Eingesperrten zurück und schnell stellt man fest, dass dieser von einem äußerst perfiden, gnadenlosen Entführer gefangen gehalten wird. Zumeist verfolgt man jedoch die eigenwilligen wie unkonventionellen Ermittlungen von Franza und Flipper, immer wieder durchsetzt mit den polizeilichen Ermittlungen von Felix und seinem Team.

Und der Fall ist recht kompliziert. Eine Jugendgang, die den Vampirkult pflegt, könnte ein Interesse am Verschwinden von Clemens von Lübtow haben, seine Tochter ist auch nicht gerade unglücklich über die Abwesenheit des Vaters, aber auch einige Jäger hat der aalglatte, machthungrige höhere Beamte in der Vergangenheit gegen sich aufgebracht. Somit mangelt es im Verlauf des Krimis nicht gerade an Verdächtigen und Michaela Seul gelingt es gut, einem beim Lesen immer mal wieder auf eine falsche Fährte zu locken bzw. seine Meinung in Bezug auf den Täter öfter einmal zu revidieren.

Locker, frech, äußerst unterhaltsam und die Spannung kontinuierlich steigernd erzählt Michaela Seul den nunmehr dritten Fall von Franza, Flipper und Felix und präsentiert hier abermals einen Krimi, der von der ersten Seite an bestens unterhält. Im Fokus steht natürlich ihre starrköpfige, eigenwillige Protagonistin, die wieder einmal ungewollt mitten in einen Kriminalfall hineingeraten ist und es nicht lassen kann, eigene Ermittlungen anzustellen. Tatkräftige Hilfe erhält Franza dabei natürlich von ihrem Hund Flipper, einem schwarzen Riesen, in dem nur das Beste verschiedener Hunderassen vereint ist.

Fazit: Beste Krimiunterhaltung von Ammersee: spritzig, witzig, unterhaltsam und spannend erzählt, mit einer unvorhersehbaren Story und einer äußerst sympathischen Ermittlerin wider Willen.

Bewertung vom 14.11.2013
Mord im Tiergarten
Pieper, Tim

Mord im Tiergarten


ausgezeichnet

"Odin ist mein Heil"

Sommer 1896 in Berlin: Im Zoologischen Garten wird ein jüdischer Zeitungsunternehmer tot aufgefunden, alles deutet auf einen Ritualmord hin. Schnell hat Commissarius Funke einen Verdächtigen ermittelt, doch bei dessen Vernehmung benötigt er die Hilfe des Kriminologen Dr. Otto Sanftleben. Nach der Befragung ist es jedoch offensichtlich, dass der junge Herero-Prinz aus Deutsch-Südwestafrika nicht der Täter sein kann. Somit geht die Suche nach dem Mörder weiter und dieser sieht seinen "Auftrag" noch lange nicht als erfüllt an. Während Otto sich privat auf eine anstehende Segelregatta vorbereitet, unterstützt er weiterhin Commissarius Funke bei dessen Ermittlungen und gerät dabei immer tiefer in einen Sumpf aus Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus.

Der Prolog führt einen sieben Jahre zurück in die Kolonie Neu-Germanien in Paraguay. Ein Anhänger des radikalen Antisemiten Bernhard Förster wird nach dessen Tod von Mitgliedern der Kolonie vertrieben und sinnt fortan auf Rache. Somit hat man zwar ab der ersten Seite an den Mörder bereits kennengelernt und verfolgt im Verlauf der Krimis dessen Handlungen und Gedanken, seine Identität gibt Tim Pieper jedoch noch nicht preis.

Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus sind die Hauptthemen im zweiten Fall des Kriminologen Dr. Otto Sanftleben. Tim Pieper gelingt es hervorragend, einem die zur damaligen Zeit herrschende Intoleranz gegenüber Juden und auch farbigen Mitmenschen überzeugend und äußerst interessant zu vermitteln. Das Denken der Menschen ist geprägt von jahrhundertealten Vorurteilen, welche sich nationalsozialistisch denkende Personen zunutze machen und hierdurch den Hass auf Juden unter der Bevölkerung immer mehr schüren. Germanenthum wie auch die arische Abstammung werden zunehmend bedeutender.

Ottos Leibdiener und Ziehsohn Moses muss den vorherrschenden Rassismus am eigenen Leib erfahren. Zwar ist der junge Mann aufgrund seiner dunklen Hautfarbe Ausgrenzungen gewohnt, doch die öffentliche Demütigung durch Professor von Trittin während einer Vorlesung an der Universität trifft ihn schwer und Otto ebenfalls. Wutentbrannt fordert der Kriminologe vom Professor eine Entschuldigung, dies endet mit der Teilnahme an einem Wettsegeln, welches Otto und Moses eigentlich nicht gewinnen können.

Auch im zweiten Fall von Dr. Otto Sanftleben legt Tim Pieper viel Wert darauf, einem das Leben in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts näher zu bringen und so hat man schnell die kaiserliche Reichshauptstadt mit ihren Landauern, Gaslaternen, den eleganten Damen und den fein gekleideten Herrn vor Augen. Durch einen fundiert recherchierten Einblick in die politisch angespannte Lage des Kaiserreichs und der bildhaften, lebendigen und ab und an auch mit Wortwitz und Berliner Dialekt versehenen Erzählweise, die der damaligen Zeit angepasst ist, taucht man problemlos in die Geschichte ein und findet sich bald in einem äußerst spannenden und komplexen Kriminalfall wieder.

Kontinuierlich steigert der Autor die Spannung und nimmt sie nur gelegentlich etwas heraus, um einem am Privatleben von Otto teilhaben zu lassen, welches sich nicht minder interessant gestaltet. Die Story entwickelt sich äußerst komplex und obwohl man zwar über die Handlungen des Täters informiert ist und dessen Motiv früh kennt, liefert einem der Autor eine Vielzahl von Verdächtigen, die durchaus dem Charakter des Mörders entsprechen. So gestaltet sich der Historische Kriminalfall nicht nur fesselnd und im Laufe der Story immer packender, man rätselt zudem noch bis zum fulminanten Ende gebannt ob der Identität des Mörders mit.

Fazit: Ein fesselnder Krimi mit geschichtlichem Hintergrund, der mit einer komplex angelegten und fundiert recherchierten Story sowie Charakteren, die ausgefeilt und authentisch beschrieben sind, absolut überzeugt