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Benutzername: 
heidi59
Wohnort: 
Recklinghausen

Bewertungen

Insgesamt 92 Bewertungen
Bewertung vom 05.04.2022
Für immer und noch ein bisschen länger
Leciejewski, Barbara

Für immer und noch ein bisschen länger


ausgezeichnet

Barbara Leciejewski hat einen wunderschönen Roman geschrieben , der mich vom ersten Moment an verzaubert und berührt hat . Gänsehaut feeling auf der ersten Seite an.

Es geht um die Konzertpianistin Anna Trost . Eine jungen Frau ,die schon so viel in ihrem Leben verloren hat . Zuerst ihre Mutter bei der Geburt , später der Mann mit dem sie eigentlich alt werden wollte. Jedes Mal wenn sie glücklich im Leben angekommen war , wurde ihr das Liebste genommen .

Jeremias war ihr Seelenverwandter , ihre große Liebe . Er starb an einem Montag bei einem Verkehrsunfall. Ohne ihn ist Annas Welt leer. Montage wurden von da an ausradiert, sind für Anna quasi nicht mehr relevant oder vorhanden. Seit sechs Jahren gibt es Jeremias nicht mehr in ihrem Leben und trotzdem ist er für Anna noch immer präsent . Wenn auch nur in ihrem Kopf , ihren Gedanken und ihren täglichen , stummen Zwiegesprächen .Sechs Jahre , die Anna weiter an Jeremias festhält, an ihre gemeinsame Wohnung , die eigentlich für eine Person viel zu groß ist . Aber hier, waren sie und Jeremias so unendlich glücklich .

Bis zu diesem Montag, vor sechs Jahren .

Leise und doch eindrucksvoll beschreibt sie Anna und lässt mich ganz tief in ihr selbst gewähltes, leeres Leben eintauchen .

Als Anna von ihrem Vermieter die Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt wird ,

sucht sie lange und intensiv nach einer neuen Bleibe , für sich und Jeremias.

Altbau , wäre schön , ist aber in der Großstadt unbezahlbar . Durch einen Zufall findet sie ein Zimmer in der WG von Gunilla und ihren Sohn Michel . Zwei weitere Zimmer sind an Rose und an Kurt vermietet . Alle Mitbewohner sind im fortgeschrittenen Alter und leben sehr zurückgezogen.

Jeder hat seine Aufgaben, lebt sein Leben und stört die anderen nicht. Nur zum Essen trifft sich die WG in der Küche .

Liebevoll gezeichnete Protagonisten mit all ihren Gewohnheiten leben in den Zimmern der Altbauwohnung und ziehen ganz schnell und fast unbemerkt in Annas Herz ein .

Schnell merkt sie ,das die WG Bewohner sich sofort in ihr Schneckenhaus zurückziehen , sobald die Mahlzeiten vorbei sind . Gunilla hat seit Jahren nicht mehr ihre Wohnung verlassen , Rose häkelt lieber als zu sprechen und Kurt repariert und kümmert sich um alles, nur nicht um sein seit Ewigkeiten gebrochenes Herz.

Anna beschließt , dass es so nicht weitergehen darf . Das Leben ist zu schade dafür .

Wozu soll eine WG gut sein wenn es keine gemeinsamen Kino oder Spieleabende gibt . Gemeinsam geht schließlich alles besser und leichter im Leben.

Dann gibt es da auch noch Anders Fröhlich, der Nachbar mit dem dreibeinigen Blindenhund , mit dem sich Anna gerne unterhält .

Sehr schnell bin ich ganz unbemerkt mit eingezogen und fühle mich mehr als wohl in der WG . Dabei hätte ich schwören können, nicht WG tauglich zu sein . Es kommt halt wie immer auf die Protagonisten an und diese hier , haben mein Herz im Handumdrehen erobert .

Diese Geschichte ist eine wunderschöne Liebeserklärung an das Leben , mit all seinen Facetten und emotionalen Lebensabschnitten. Nach einem Tiefpunkt geht es auch wieder bergauf . Du musst nur lernen weiter zu laufen, nicht stehen zu bleiben , auch wenn's schwer fällt .

Barbara Leciejewski hat einen wunderschönen Wohlfühl - Roman geschrieben der mich mit seinem Tiefgang eingenommen und sehr berührt hat .

Ich freue mich eine neue Autorin für mich entdeckt zu haben .

Sehr gerne vergebe ich



5 Sterne

und eine unbedingte Leseempfehlung

Bewertung vom 31.03.2022
Vier Frauen am Meer
Lubenow, Svea

Vier Frauen am Meer


gut

1925 Bad Nauheim/Ahrenshoop





Die junge Handarbeitslehrerin Gitta Mahrenholz hat die neue Reformbewegung für sich entdeckt. Heimlich fährt sie jede Woche mit Freundin Adelheid zu den Veranstaltungen. Sie ist begeistert von den Schönheitsabenden der Bewegung. Natürlich dürfen die Eltern nichts davon wissen . Das ist ihr streng gehütetes Geheimnis und der einzige Glamour ihres behüteten Lebens.


Im Juli fährt Gitta ohne Zustimmung ihrer Eltern , alleine in die Sommerfrische an die Ostsee nach Ahrenshoop. Die 26 jährige junge Frau aus gutem wohlbehüteten Haus kommt sich schon etwas verwegen vor, genießt aber zögerlich ihre ersten Schritt in die Unabhängigkeit . Aufgeregt , was sie in Ahrenshoop erwartet , steigt sie in Althäger Hafen vom Dampfschiff und ich darf sie begleiten .


Gitta kann es kaum erwarten in das kleines Hotel , in ihr Zimmer mit Seeblick , am Hochufer anzukommen. Die Tage in Ahrenshoop sind gefüllt mit langen Spaziergängen und vielen neuen Bekanntschaften. Die Künstlerkolonie erfreut sich regen Zulaufs von Filmstars und Sternchen, die in den Sommermonaten zusätzlich zu den Badegästen, den kleinen Ort fluten. Gitta gefällt das Leben in der Künstlerkolonie an der Ostsee so gut, dass sie zusammen mit ihren neuen Freundinnen das Regenbogenhaus für Kunsthandwerk gründet. Sehr zum Missmut der Einheimischen , denen es so gar nicht passt, das die unangepassten Menschen aus der Kommune, sich unerlaubt in ihre ordentliche Dorfidylle drängen.





Svea Lubenow hat einen unterhaltsamen Roman geschrieben der sich leicht und gut liest . Wer allerdings eine tiefgründige Erzählung mit historischen Zeitgeschichte erwartet , der wird eventuell enttäuscht. Die Geschichte der Reformbewegung der 20er Jahre spielt zum großen Teil nur eine Nebenrolle in „Vier Frauen am Meer“ . Der Unterhaltungswert ist aber deswegen nicht weniger vorhanden . Mir persönlich fehlte ab und zu etwas der Tiefgang in der Geschichte . Die Protagonisten sind leicht unbeschwert gezeichnet, passend zur Geschichte .


Für mich teilweise zu oberflächlich abgehandelt für die vielfältige Gesellschaft der damaligen „goldenen Zwanziger“. Ein leichter (Liebes) - Roman, wie ein Kurztrip ans Meer oder ein luftiger Sommerabend , leicht und unbeschwert zu genießen .





Der Ausflug mit Gitta und ihren Freundinnen , war für mich ein kurzweiliges Lesevergnügen , für das ich


3 ½ Sterne

Bewertung vom 23.01.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


sehr gut

„Welche Spuren wir hinterlassen, liegt an dem Weg den wir gehen“

Mainheim 1972

Den zwei Protagonisten Caro , die Tochter des Schokoladenherstellers und ihre Freundin Minka , die Tochter des Bürgermeisters, geht es sehr gut . Sie kommen beide aus gut situierten , privilegierten Familien. Das Schicksal hat den Mädchen bis jetzt nur die guten Seiten gezeigt . Bis auf die Schulpflicht gibt es nichts was sie hindert die Zeit zu genießen. Das ändert sich allerdings im Sommer, als Schulfreund Guy vor den Augen der zwei Freundinnen im Schwimmbad schwer verunglückt. Von einer Sekunde auf die Andere ist für die Freundinnen nichts mehr so selbstverständlich wie es gerade eben noch war . Fast scheint es als ob der Unfall sie wachgerüttelt hat . Die Mädchen sehen einiges mit anderen Augen und reagieren sensibilisiert auf ihre Umwelt . Ihre Sicht auf und für den Umwelt - und Tierschutz ändert sich und wird für Minka immer mehr zum Lebensinhalt. Sie schließt sich einer Gruppe junger Menschen an , die den Bau der B8 quer durch den Taunus verhindern und somit den Wald vor der sinnlosen Zerstörung für eine Autobahn schützt. Caros Leben wendet sich als die kleine Vietnamesin Claire das Herz ihrer Mutter erobert und schnell eben adoptiert wird . Claire, gehört zu den Kindern , deren Familien im Mekong Delta bis zum Vietnamkrieg lebten . Claire lebte einige Zeit in Mainheimer Kinderheim, wo sie und einige andere der Vietnamesischen Waisenkinder in aller Stille von der Heimärztin für Medikamententest missbraucht wurden . Jahre später kommt der Missbrauch ans Licht, ohne Konsequenz für die Ärzte oder Pharmaindustrie.

Als angehende Journalistin hat Caro es sich zur Aufgabe gemacht das Sprachrohr der im Heim missbrauchten Kinder zu sein.Sie will die Gesellschaft wachrütteln und auf das geschehene Unrecht aufmerksam machen.





Katharina Fuchs beschreibt in ihrem neuen Roman „Unser kostbares Leben“ viele Eindrücke aus ihrer Kindheit und Jugend . Mit der eindrucksvollen Erzählung holt sie die Zeit der 70er und 80er Jahre zurück auf die Bühne des Lebens und lässt das damalige Geschehen für ihre Leser*innen wieder lebendig werden .

Ich selbst hatte in der Zeit meine ersten Jahre als junge Erwachsene mit eigener Wohnung und Verantwortung. So intensiv wie die Protagonisten des Romans, habe ich diese Zeit nicht erlebt .

Ein weitreichender Rückblick , der so einiges erzählt was sich in mehr als zwei Jahrzehnten ereignet hat . Selbst die Politik hat immer wieder ihre großen und kleinen Vorkommen . Drei Kanzler und ihre politischen Geschichten , die mehr als eine Generation geprägt haben , begleiten die Reise von Claire, Minka und Caro, die tragenden Protagonisten der voluminösen Familiengeschichte.

Der Roman hat mich auf 648 Seiten eine interessante Zeitreise machen lassen und durch den ausdrucksstarken und bildhaften Erzählstil einen guten Einblick in die Jugendzeit der Autorin und ihrem Umfeld gewährt . Ein unterhaltsamer Roman , der im letzten Drittel ganz überraschend nochmal richtig Fahrt aufnimmt und sehr spannend ist .



Dafür vergebe ich

4 Sterne *****

und eine Leseempfehlung

Bewertung vom 16.12.2021
Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
Rygiert, Beate

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher


ausgezeichnet

„Niemals“ ist ein großes Wort

Es gibt nicht viele Autoren, denen es gelungen ist mich von der ersten Seite an für ihre Geschichte zu begeistern. Mir das Gefühl zu geben, hier bin ich literarisch Zuhause.

Beate Rygiert hat dies auf Anhieb mit ihrem Roman „Die Ullstein Frauen und das Haus der Bücher“ geschafft . Ein frischer , einnehmender Schreibstil gibt mir sofort das Gefühl mitten in der Geschichte von Rosalie und ihren Freundinnen zu sein . Der mitreißende Erzählstil malt Bilder aus Worten , lässt die authentisch skizzierten Protagonisten lebendig werden , fesselt mit einer spannenden Historie.

Fast unbemerkt schleichen sich die Akteure des Romans in meine Gedanken und beschäftigen mich , auch wenn ich nicht lese.

Sehr geschickt wurde die Geschichte von vor fast hundert Jahren mit einigen künstlerischen Freiheiten garniert und absolut gelungen zu einem wunderbaren Roman verarbeitet . Ein gut in Szene gesetzter Hintergrund , eine spannend sowie auch authentische Geschichte , dekoriert mit starken Protagonisten und ihren Schicksalen .

Ein Stück prägende Zeitgeschichte und ein kleiner Einblick in die historische Verlagsgs- und Familiengeschichte des Hauses Ullstein , gekonnt eingefangen und wunderbar porträtiert . Dieser Roman hat für mich alles , was ,ich mir von guter Lektüre wünsche .



Sehr gerne vergebe ich gute

5 Sterne

sowie eine absolute Leseempfehlung

Bewertung vom 26.10.2021
Das Leben, ein großer Rausch / Die Polizeiärztin Bd.2
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein großer Rausch / Die Polizeiärztin Bd.2


ausgezeichnet

„Für immer und ewig“

Berlin 1922

Nahtlos knüpft die Fortsetzung der „Polizeiärztin Magda Fuchs“ an das Ende des ersten Teils an und es geht genauso spannend weiter ,wie es aufgehört hat .

Nachdem zum Glück missglückten Mordanschlag auf der Silvesterparty, findet man kurze Zeit darauf eine weitere junge Frau ,mit fast identischen Verletzungen. Der Verdacht das ein Serientäter für die brutalen Angriffe auf junge Frauen, die in der Not ihre Gunst verkaufen verantwortlich ist , kommt schnell auf . Dieser Mordfall setzt Magda allerdings sehr zu . Die Tote konnte wohl sich mit letzter Kraft zu ihrem Säugling schleppen und ist kurz darauf ihren schweren Verletzungen erlegen . Wieder einmal hat das Schicksal bei den ohnehin Schwächsten der Gesellschaft brutal zugeschlagen ,ohne das es zu verhindern gewesen wäre. Die Zeiten sind schwer , das Geld verliert schneller seinen Wert als das es den Besitzer wechseln kann . Was früher dazu reichte um ein Haus zu kaufen , verlangt jetzt der Bäcker für ein einziges Brot . Die Not ist groß und die rasend schnelle Inflation frisst nicht nur den Wert des Geldes auf. Auch Magda und ihr Kommissar Kuno Mehring müssen sparsam sein. Doch zum Glück nicht mit ihren Gefühlen und so heiraten sie endlich zur Freude aller . Frisch verheiratet stellt sich Magda die große Frage was die Zukunft für sie und Kuno bereit hält . Ob sie den Wunsch nach einem Kind nachgeben , oder lieber auf bessere Zeiten warten sollten. Medizinstudentin Celia liebt ihren Edgar, der sie auf Händen trägt und am liebsten sofort zu seiner Frau machen würde . Aber will sie für ihn ihre Freiheit und ihr Medizinstudium aufgeben um das sie so hart gekämpft hat ? Doris ist mittlerweile fast berühmt geworden und hat es beim Film schon zu etwas Glanz gebracht . Sie genießt ihr Leben an der Seite berühmter Persönlichkeiten wie im Rausch . Aber ist sie auch glücklich ? Fürsorgerin Ina , die treue Seele an der Seite der Ärmsten , scheint endlich auch privat ein kleines bisschen von dem zurück zu bekommen was sie verdient hat . Währenddessen ermittelt die Polizei mit ganz neuen Methoden und kommt dem vermeintlichen Serientäter Stück für Stück immer näher .



Ein gewohnt lebendiger Schreibstil , erzählt mir eine spannungsgeladene Geschichte , in der die emotionalen Momente genauso schön sind , wie die Morde schaurig - gruselig.
Wie schon im ersten Teil prägen auch diesmal toll skizzierte , starke sympathische und weniger freundliche Persönlichkeiten die authentische Story und ihren facettenreichen Hintergrund . Wieder einmal ist es dem Autoren Duo perfekt gelungen den Flair der 20er Jahre in Berlin einzufangen und mit einem spannungsgeladenem Kriminalfall zu verknüpfen . Detailreich und wunderbar bebildert , lässt mich die Erzählung schon nach den ersten gelesenen Sätzen wieder abtauchen ins Berlin der 20er Jahre . Mich erwarten viele bekannte Gesichter aus Teil Eins , doch von Langeweile kann hier keine Rede sein. Im Gegenteil ! Nie geahnte Dramatik, die so manches Mal den Atem raubt , sowie hochemotionale Momente, füllen die Seiten der spannenden historischen Kriminal-Geschichte . Magda Fuchs und ihr Kommissar Kuno Mehringer sind einem gefährlichen Mörder auf der Spur, der ohne Rücksicht Frauen, die ihren Körper verkaufen müssen um zu überleben, brutal ermordet .
Eine gefährliche Jagd beginnt . Wer ist die Katze und wer die Maus ?

Auch der zweite Teil um die Polizeiärztin Magda Fuchs hat mich wieder begeistert. Mittlerweile bin ich ein großer Fan der Serie und würde am liebsten sofort den nächsten Band weiterlesen . Leider , leider erscheint dieser aber wahrscheinlich erst im März 2022 . :))

Sehr gerne vergebe ich wohlverdiente 5 Sterne

und eine ganz klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 14.10.2021
Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1


ausgezeichnet

„Begegnungen und Neuanfang“

Berlin 1920
Die dunklen Kriegsjahre sind vorbei, doch in Berlin geht es nach wie vor drunter und drüber . Magda Fuchs ist erst seit kurzem als Polizeiärztin im Dienst und doch hat sie schon mehr von den Schattenseiten der nach außen hin glitzernden Metropole kennengelernt , als viele andere . Ihre Arbeit zeigt ihr immer mehr wie wichtig es als Frau ist , sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und von den Männern unabhängig zu sein.

Beruflich wie privat begegnen ihr Frauen, die den Kampf gegen die alten festgefahrenen Traditionen aufgenommen haben und sich nicht um die Konventionen scheren , so wie die Rechtsanwältin Ruth oder Celia , die sich aus einer von ihrer Mutter erzwungenen Ehe, zu befreien versucht . Die blutjunge Doris träumt davon „ein Glanz“ zu sein und tut fast alles, um den reichen Herren zu gefallen .

Magda dagegen, muss sich nach einem persönlichen Schicksalsschlag in der kaltherzigen Millionenstadt zurechtzufinden und als alleinstehende Frau behaupten .

Durch einen Zufall begegnen sich die Frauen immer wieder , lernen sich kennen und helfen einander .



Die Geschichte der Polizeiärztin Magda Fuchs ist toll geschrieben . Sie liest sich sehr gut und ist mit vielen spannungsreichen Momenten angereichert . Es macht Spaß mit den gut skizzierten Protagonisten von denen nicht unbedingt jeder sympathisch ist, samt ihren ganz persönlichen Schicksalen im Berlin der 20er Jahre abzutauchen . Sehr berührend für mich , die traurigen Kinderschicksale dieser Zeit , die es so in der Nachkriegszeit wohl zu Hauf gab . Die Entwicklung der Frauenrechte kommt natürlich auch nicht zu kurz . Dieses machte sich zu der Zeit aber überwiegend in der wohlhabenden Bevölkerung bemerkbar , deren Töchter sich wehrten und nicht einfach nur wegen des Geldes verheiratet werden wollten. Die Frauen der Arbeiterklasse dagegen , waren weiterhin froh, wenn sie überhaupt einen Mann hatten . Wobei ich mir nicht sicher bin, ob so manche Frau ohne ihren gewalttätigen Mann nicht doch besser dran gewesen wäre ….

Dem erfolgreichen Autoren-Duo Helene Sommerfeld ist es auch diesmal gelungen, ein breit gefächertes atmosphärisches Szenario für das Geschehen zu verarbeiten , welches die 20er Jahre in Berlin wunderbar porträtiert und somit für einen tollen Hintergrund sorgt . Charakterstarke Protagonisten mit jeder Menge Berliner Lokalkolorit geben der Geschichte ein Gesicht , machen sie lebendig und auch sehr persönlich . Hier trifft der Leser nicht unbedingt nur auf die sprichwörtlichen „goldenen Zwanziger“ , die natürlich auch eine Rolle spielen . Der Fokus liegt mehr bei den Problemen, die sich im dunklen Hinterhof der Gesellschaft abspielen und doch so eng mit den der „Beletage“ verbunden sind . Die Polizeiärztin Magda Fuchs lernt bei ihrer vielfältigen Arbeit beide Seiten kennen und versucht wo es möglich ist zu helfen und zu unterstützen. Das macht sie für mich sehr sympathisch . Im realen Leben wäre ich gerne mit ihr befreundet .

Der erste Teil der Trilogie „Polizeiärztin Magda Fuchs“ hat mich absolut begeistert und sehr gut unterhalten . Ein rundum gelungener Auftakt , in dem sich die harmonische Zusammenarbeit des Autoren - Duos , das gleichzeitig ein Ehepaar ist , positiv bemerkbar macht und im lebendigen Schreibstil widerspiegelt . Ich bin begeistert und freue mich mit Helene Sommerfeld neue Autoren und ihre Geschichten für mich entdeckt zu haben.

Am liebsten würde ich sofort den 2. Teil weiter lesen , aber leider dauert es noch ein wenig bis zum Erscheinen. Da Vorfreude bekanntlich die schönste ist , freue mich auf die Fortsetzung der „Polizeiärztin Magda Fuchs“ .



Sehr gerne vergebe ich für den tollen Auftakt

5 Sterne

sowie eine absolute Leseempfehlung

Bewertung vom 13.10.2021
Berlin Friedrichstraße: Novembersturm / Friedrichstraßensaga Bd.1
Schweikert, Ulrike

Berlin Friedrichstraße: Novembersturm / Friedrichstraßensaga Bd.1


sehr gut

Das Elend der „Goldenen Zwanziger Jahre“

Ein Jahrhundertbauwerk auf das die Welt schaut wenn es fertig errichtet ist. Der Am Neubau des Bahnhof Friedrichstraße und an der Planung der ersten U-Bahnlinie in Berlin mitzuarbeiten , ist für den jungen Architekten Robert, ein großes Privileg. Überglücklich geht er zu seiner großen Liebe Luise und macht ihr einen Heiratsantrag. Endlich so hofft er ,wird wieder alles gut . Der Krieg ist vorbei , seine äußerlichen Wunden verheilt und das Leben nimmt endlich wieder Fahrt auf . Wenn da nur nicht diese schlimmen Träume wären ,die ihn Nacht für Nacht zurück in die blutgetränkten Schützengräben schicken.
Robert hat im Krieg zusammen mit Johannes, seinem besten Freund aus Kindertagen an der Front gekämpft .
Zurückgekommen ist aber nur er.
Nicht Robert, Johannes war einst Luises erste Liebe . Als sie nach einiger Zeit nicht mehr an seine Rückkehr glaubt , lässt sie sich von Robert trösten und sagt „Ja“ zu seinen Heiratsantrag.
Johannes gilt offiziell noch immer als vermisst.
Wie das Schicksal so spielt , taucht er ausgerechnet am Hochzeitstag von Luise und Robert wieder auf . Kriegsversehrt , ohne Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft und ein bisschen Glück, mit Luise.





Eine große Liebe und ihre Dramatik , in den 20er Jahren in Berlin.

Ulrike Schweikert hat für ihre neue Roman Trilogie tief in der deutschen Historie recherchiert und ein immenses Repertoire an Fakten , Daten und Persönlichkeiten, im ersten Teil „Novembersturm“ verarbeitet. Der Schreibstil ist wie immer angenehm leicht zu lesen. Man gleitet förmlich durch die Geschichte und erfährt sehr viel von dem was sich zwischen dem ersten Weltkrieg und den aufstrebenden 20er Jahre in Deutschland ereignet hat . Ein ganzes Füllhorn an berühmten Persönlichkeiten der Zwanziger Jahre, wird quasi über die Geschichte ausgeschüttet . So einigen der damaligen Stars , wie zum Beispiel Asta Nielsen oder Marlene Dietrich, die heutigen Legenden aus Film , Theater und Musik , wurde in dem Roman ein glamouröser Auftritt gewährt. Gekonnt von der Autorin in Szene gesetzt und im Geschehen des Romans eingearbeitet .
Wieder einmal zeigt uns die Geschichte , das die „Goldenen 20er“ bei weitem nicht so golden waren , wie es scheint. Zwischen all dem Flitter und Amüsement in einschlägigen Lokalen , blickte einem an fast jeder Stelle das Elend und der Hunger der Nachkriegszeit an . Die billigen und viel zu kurzen Kleidchen der notleidenden Frauen, die jede Nacht für ein paar Groschen ihre Körper zur Schau stellen und anbieten, damit ihre Kinder die nächsten Tage überleben. Die Kriegsversehrten, für die ein normales Leben mit Arbeit , ohne fremde Hilfe und Unterstützung nicht mehr möglich ist . Wer von ihnen den Krieg überlebt hat, stirbt wahrscheinlich irgendwo unentdeckt und alleine oder bleibt lieber unerkannt, vor lauter Scham über fehlende Gliedmaßen oder schlimmste Entstellungen.

Der Hintergrund der Geschichte ist der Autorin gut gelungen . Der Leser erhält einen aussagekräftigen und vielschichtigen Eindruck der Epoche .

Für mich hätte die persönliche Geschichte von Robert , Luise und Johannes, etwas mehr ausgearbeitet in den Vordergrund gekonnt . Vor dem raumeinnehmenden Hintergrund mit vielen großen Persönlichkeiten und Geschehnissen , droht die eigentliche Geschichte zeitweilig etwas zu verblassen.

Nichtsdestotrotz habe ich den Roman gerne gelesen und bin auf die Fortsetzung gespannt .





Für den Auftakt der Trilogie

vergebe ich 4 **** Sterne

Bewertung vom 09.09.2021
Wellenflug
Neumann, Constanze

Wellenflug


ausgezeichnet

„Ein ständiges Auf und Ab im Leben„


Constanze Neumann hat mit ihrem Roman „Wellenflug“ ein beeindruckendes , sowie opulentes Porträt ihrer Familie aufgezeichnet.

Auf der Suche nach ihrer Geschichte begegneten ihr viele Bilder und Chroniken, die sie Peux a peux zu ihrer eigenen, berührenden Familiengeschichte führen.

Feinfühlig erzählt sie im ersten Teil das Schicksal von Anna Reichenheim ,

die von 1864 - 1905 mit straffen Zügeln das Schicksal der Familie lenkt .

Von 1905 - 1957 führen die Erzählungen zu Marie Reichenheim, einer eindrucksvollen jungen Frau , die trotz aller Anstrengungen und Stärke die sie zeigte, um die Familie zu schützen,nie die Anerkennung bekommen hat , die ihr eigentlich zugestanden hätte . Mit Marie habe ich so einige Male gelitten . Sie war für mich diejenige, welche die Familiengeschichte durch die Zeit getragen und geprägt hat . Eine großartige Persönlichkeit.

Die Autorin brauchte für diese Geschichte nicht nach den passenden Protagonisten oder ihren Charakteren zu suchen . Dies hatte das reale Leben schon vorab für sie erledigt . Constanze Neumann hat der Geschichte ihrer Familie mit den Protagonisten von Anna und Marie einen wunderbaren, bildlichen Rahmen gegeben . Einfühlsam, leise und doch sehr eindrucksvoll führt sie ihre Leser mitten rein in das Leben ihrer sehr bildlichen dargestellten Protagonisten , die sich schnell in mein Leserherz eingeschlichen und deren Geschichten mich begeistert haben .

Zwei starke Frauen , zwei verschiedene Leben reich an Liebe und auch an Verlust, verbunden in einer Familie , in einem Jahrhundert voller Extreme .

Wenn es noch einen bildlich dargestellten Stammbaum zu der Familie gegeben hätte , wäre die Erzählung für mich perfekt verarbeitet , zu einem wunderbaren, außergewöhnlich schönen Roman .



Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung und gute



5 Sterne *****

Bewertung vom 23.08.2021
Heimatsterben
Höflich, Sarah

Heimatsterben


ausgezeichnet

„Was wir sind“

Sarah Höflich ist eine tolle Erzählerin .
Sie hat mich mit ihrem Roman-Debüt „Heimatsterben“ sofort eingefangen , gefesselt und bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen. Ich bin absolut begeistert von ihrem bildreichen Schreibstil. Die Geschichte wirkt so realitätsnah , dass man glauben könnte die Autorin hat eine Kristallkugel genommen und in die Zukunft geschaut , bevor sie angefangen hat die ersten Kapitel zu schreiben. Die Pandemie , das politische Geschehen , die anstehenden Wahlen. Erschreckend ! ....
Man könnte fast glauben diese Geschichte erzählt vom Hier und Jetzt .
Zum Glück für uns alle handelt es sich nur eine fiktive Geschichte .
Wir sollten uns aber ganz schnell daran erinnern und uns dessen bewusst sein, dass wir es selbst in der Hand haben, wie sich unsere Geschichte und die unseres Landes in einigen Jahren liest .

Lassen wir es zu ,dass aus einer weltweiten Krise heraus, wie die Autorin es in der Geschichte von „Heimatsterben“ erzählt, das „vierte Reich“ entsteht oder bleiben wir die Menschen, für die Menschlichkeit und Solidarität keine Fremdwörter sind ?Sind wir eine starke Gemeinschaft ,die zusammen so viel mehr bewegen kann, als nach Rechts zu rücken ?
Ich hoffe es sehr , dass Sarah Höflich mit ihrer eindrucksvollen Erzählung den Lesern einen Denkanstoß gibt und nachdenklich macht .

Die Familienmitglieder aus „Heimatsterben“ mit ihren berührenden, persönlichen Schicksalen , sowie viele der fiktiven Parteimitglieder sind in der Gestaltung ganz besonders genial gelungenen und sehr authentische Protagonisten geworden die mehr als glaubhaft dargestellt werden . Der Eine oder andere kam mir schon sehr bekannt vor, ich hatte beim Lesen so einige Bilder vor Augen .
„Heimatsterben“ ist für mich eine gelungene Mischung aus berührender Familiengeschichte und politischen Geschehen, dessen Auswirkungen zwar fiktiv sind aber in der Realität schon fast erschreckend aktuell .

Die Autorin hat mich mit ihrem Roman bestens unterhalten und nachdenklich gemacht . Für mich ein toller Roman mit viel Tiefgang der unbedingt gelesen werden muss.

Sehr gerne vergebe ich dafür
5 Sterne
und eine unbedingte Leseempfehlung

Bewertung vom 06.08.2021
Julius oder die Schönheit des Spiels
Saller, Tom

Julius oder die Schönheit des Spiels


sehr gut

Wimbledon, 1937

„ Das legendäre Daviscup-Match zwischen Deutschland und den USA. Nicht nur die Sportwelt hält den Atem an, als Julius von Berg den Ball vor tausenden von Zuschauern in den blauen Himmel wirft. Gebannt verfolgt Julie, seine Ehefrau, das Geschehen auf dem Rasen - ebenso wie die NS-Größen in der Nachbarloge, denn es steht so viel mehr auf dem Spiel als der greifbare Sieg.“

Tom Saller erzählt in seinem neuesten Roman die Geschichte von Julius von Berg . Schon als Kind wusste er , das er einmal ein ganz großer Tennisstar werden will. Gut behütet aufgewachsen auf einer Burg über dem Rhein, hat er sein Tennistalent im Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre zur Reife gebracht. Schon bald spielt der Name Julius von Berg auf den großen Tennisplätzen eine Rolle und es gilt als Herausforderung mit dem „Tennisbaron“ zu spielen , ihn nach Möglichkeit zu besiegen . Schnell entwickelt sich Julius zum internationalen Star, auf dem alle Blicke ruhen. Doch egal wie perfekt sein Spiel auch ist , er vergisst niemals die nötige Portion Höflichkeit und Anstand seinen Match Partnern gegenüber. Für ihn hat ein Spiel ohne Fairness , immer zwei Verlierer .

„Julius oder die Schönheit des Spiels“ erzählt davon, was uns Menschen ausmacht . Der Roman erinnert seine Leser leise daran, dass Begriffe wie Anstand, Haltung und Menschlichkeit , gestern, heute , wie morgen , zeitlos und wichtig sind.

Ein erfolgreiches und erfülltes Leben besteht aus viel mehr als

„Spiel , Satz und Sieg“ .

Die Rolle des Julius ist eng an das Leben des berühmten Tennisstar Gottfried von Cramm angelehnt . Tom Saller hat die Biografie des Sportlers sehr gut recherchiert und nimmt sich nur die künstlerischen Freiheiten , die es braucht , um seinen Protagonisten ein eigenes Leben einzuhauchen. Der Name Gottfried von Cramm ist nicht nur seit Jahrzehnten für erstklassigen Tennissport bekannt , sondern auch für die eindrucksvolle Persönlichkeit von Cramms . Seine enorme Menschenfreundlichkeit , Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit , ist sein Markenzeichen und lässt ihn zur Lichtgestalt des Sports werden .

„Julius oder die Schönheit des Spiels“ ist ein schöner Roman der dem Tennissport und dem Werdegang eines seiner besten Spieler gewidmet ist . Und doch gelingt es dem Autor ganz wunderbar nicht nur den Blick auf den weißen Sport zu lenken . Zwischen den Zeilen steht so viel zu lesen von Mut und Anstand in einer Zeit , in der es gefährlich sein konnte gegen den Strom zu schwimmen und Menschlichkeit zu zeigen .

Tom Saller hat nach seinem Bestseller „Ein neues Blau“ , der mich mehr als begeistert hat , einen weiteren , sehr interessanten Roman geschrieben , der viel mehr erzählt , als die Geschichte auf den ersten Blick zu sein scheint .



Der Ausflug in die Welt des weißen Sports hat mir gut gefallen .

Gerne empfehle ich den Roman und vergebe

4 Sterne