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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2096 Bewertungen
Bewertung vom 25.06.2025
Hermanson, Marie

Im Finsterwald


gut

Nicht besonders spannend, aber gut geschrieben

Bücher von der schwedischen Schriftstellerin Marie Herrmanson habe ich schon vor vielen Jahren gelesen. Ich erinnere nur an Die Schmetterlingsfrau. Danach hatte ich sie etwas aus den Augen verloren. Da konnte man es sich nicht entgehen lassen, diese Autorin mit Im Finsterwald wieder neu für sich zu entdecken.
Der Roman hat einen Krimiplot und einen historischen Kontext.
Interessanterweise spielt ein Naturkundemuseum eine große Rolle. Dort ist ein Kind, die kleine Alice, rätselhafterweise verschwunden.
Mit Hauptwachtmeister Nils und der Journalistin Ellen hat man gute Ermittler. Es sind ruhige Menschen und nicht selten plätschert auch das Buch vor sich hin. In der Mitte kann man Langeweile verspüren. Aber die Autorin hat einne guten Stil, daslässt einen bei der Stange bleiben. Es ist ein ruhiges Buch und es profitiert von der schriftstellerischen Routine. Zudem entwickelt sich eine starke Atmosphäre.

Bewertung vom 25.06.2025
Carvalho, Maria Judite de

Leere Schränke


sehr gut

Mit Leere Schränke ist erstmals eine portugiesische Schriftstellerin des zwanzigsten Jahrhunderts auf Deutsch zu entdecken: Maria Judite de Carvalho
Es wird ruhig erzählt, ohne viel Handlung. Aber es gibt eine Diskrepanz zwischen dem kontemplativen auf der Oberfläche und dem, was in den Figuren brodelt.
Dora Rosário trauert schon 10 Jahre um ihren verstorbenen Mann. Als ihre Schwiegermutter ihr erzählt, das er sie kurz vor der Erkrankung wegen einer anderen Frau verlassen woltte, trifft das Dora stark.
Die Beziehungen zwischen den verbliebenen werden deutlich.
Rosa und ihre Schwiegermutter, die sich kaum mögen, aber durch den Verstorbenen aneinander gekettet bleiben. Dann noch Doras Tochter Lisa, die glaubt, mehr nach ihrer Großmutter als nach ihrer Mutter zu kommen.
Das ganze lässt einen trotz der kühlen Erzählhaltung als Leser nicht kalt.
Ein bemerkenswertes Buch. Man darf gespannt sein, ob weitere Übersetzungen dieser Autorin folgen werden.

Bewertung vom 23.06.2025
Myers, Benjamin

Strandgut


sehr gut

Der Roman lebt ein Stück weit vom Schauplatz Scarborough in England und natürlich von seinem Protagonisten Bucky, der aus Chicago kommt. In seiner Jugend war er Soulsänger und in England ist sein Song immer noch ein Hit. Er wird eingeladen, auf einem Festival zu singen. Ein Comeback nach fünfzig Jahren. Kann er das schaffen?
Der körperlich wie seelisch angeschlagene Bucky muss sich erst in die neue Situation hineinfinden.
Doch die toughe Dinah, die seine Betreuerin beim Festival ist, kümmert sich um ihn.
Die Dialoge zwischen den beiden haben Wortwitz.

Von Benjamin Myers habe ich schon mehrere Bücher gelesen und Strandgut finde nach Offene See am besten.
Es ist aber kein spektakulärer oder besonders spannender Roman. Doch Benjamin Myers kann schreiben und er hat seinen Stil, der funktioniert und einprägsam ist. Die Musikalität, die Thema des Romans ist, findet man auch sprachlich wieder. Daher ist das Lesen ein Genuss.

Bewertung vom 19.06.2025
Mati¿, Boris

Deans Reise


ausgezeichnet

Zurück in Bosnien und Herzegowina

Deans Reise ist ein Buch über einen jungen Mann, der in Berlin lebt, aber in Bosnien und Herzegowina geboren ist. Hierhin reist er zusammen mit seinem Onkel. Dort kommen ihm auch Erinnerungen und er erlebt das Land in seinem gegenwärtigen Zustand, aber durch Erzählungen seiner Bekannten auch, wie es mal war und wie es durch den Krieg verändert wurde. Das zeigt sich auch, als er Sarajewo erreicht, die Stadt, die einst belagert wurde.

Außerdem ist Dean auch im Land, um seine Geburtsurkunde zu holen, da er die deutsche Staatsbürgerschaft anstrebt. Dabei ergeben sich in Bosnien aber bürokratische Hindernisse.

Boris Matic gelingt es, Deans Eindrücke und Empfindungen darzustellen.
Der Autor kann erzählen und er kann Beschreibungen.
Ein überzeugender Roman.

Bewertung vom 19.06.2025
Kingsolver, Barbara

Die Unbehausten


sehr gut

Seit Demon Copperhead ist die US-Amerikanische Autorin Barbara Kingsolver ein Literaturstar und so erschien von ihr jetzt auch ein älterer Roman aus dem Jahr 2018.

Es ist ein Familienleben in 2 Zeitebenen, die Gegenwart und Vergangenheit der USA miteinander verbinden.

Willa Knox und ihre Familie sind finanziell in Schwierigkeiten, vor allen auch ist ihr Haus nicht mehr in einem gute Zustand. Zudem muss Willa sich nach dem Tod ihrer Schwiegertochter um deren Baby kümmern und der pflegebedürftige Schwiegervater macht es auch nicht leichter.
Barbara Kingsolver zeigt mit ihren sozialkritischen Ansatz den schwierigen amerikanischen Alltag, der für viele gilt.

Der historische Part 150 Jahre zuvor zeigt mit Mary Treat eine reale Person. Sie war Biologin und stand in Kontakt mit Charles Darwin.

Wie so oft, empfinde ich in Büchern mit mehreren zeitlich versetzten Handlungssträngen einen stärker als den anderen. Bei mir war es hier so, dass ich den zeitgenössischen Part interessanter fand. Aber ich verstehe, warum auch die Vergangenheit eine große Rolle für die Gegenwart spielt.

Es gibt viele brillante Passagen, manchmal auch ein wenig Leerlauf. Man kann aber sagen, dass Demon Copperhead mehr Energie hatte. Dennoch ist auch Die Unbehausten unbedingt lesenswert, da die Autorin es schafft, dass man dieser Familie des Romans nahekommt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.06.2025
Gundar-Goshen, Ayelet

Ungebetene Gäste


ausgezeichnet

Psychologisch ausgefeilt

Neben Zeruya Shalev und Lizzie Doron gibt es noch eine weitere bedeutende Autorin aus Israel, die man auf keinen Fall unterschätzen darf: Ayelet Gundar-Goshen, die mit ihren Büchern ohne Furcht Löwen weckt.
Ungebetene Gäste ist ein dichter, psychologisch ausgefeilter Roman über ein Paar mit Kind, deren Leben durch einen tragischen Vorfall aus dem Gleichgewicht kommt.
Sie ziehen schließlich nach Afrika, ohne dem Druck aus dem Vorfall gänzlich entfliehen zu können. So wird man eine israelische Perspektive von außen wie von innen betrachten können.
Obwohl „Wo der Wolf lauert“ lauert für mich das überzeugendste Buch der Autorin bleibt, ist auch Ungebetene Gäste ein wirklich starkes Buch.

Bewertung vom 07.06.2025
Lara, Emily Marie

Nowhere Heart Land


sehr gut

Rosas Gedanken
Nowhere Heart Land ist ein schön gestaltetes Buch, zum Beispiel das gemalte Cover strahlt Atmosphäre aus. Das hat auch der Text.
Rosa Konert lebte ein paar Jahre in London, doch sie ist in einer Krise. Ihre Mutter war jung gestorben, jetzt ist ihre Großmutter zuhause dement und im Sterben.
Durch eine Unbeherrschtheit verliert Rosa ihren Job. Sie reist zurück in ihre Heimat und hier kommen ihre viele Erinnerungen an ihre Kindheit, die Zeit im Internat und dem Tod ihrer Mutter.
Der Text wechselt zwischen diesen Erinnerungen und den Passagen in der Gegenwart, in denen man überwiegend mit in Rosa Kopf ist und ihre Gedanken und Emotionen spürt.
Teilweise wirkt sie auch mit fast 30 Jahren noch unreif und gegen Ende des Buches muss sie selbst zustimmen, als sie zu hören bekommt:
Diese zwei Jahrzehnte umfassende Pubertät muss jetzt mal vorbei sein.
Kein schlechter Roman, obwohl ich ein wenig Probleme mit dem Verhalten der Protagonistin hatte. Doch einen weiteren Roman der Autorin Emily Marie Lara würde ich bestimmt lesen.

Bewertung vom 03.06.2025
Haffner, Sebastian

Abschied


sehr gut

Teddy in Paris
Abschied von Sebastian Haffner ist ein unerwarteter Fund aus dem Nachlaß. Es entstand 1932. Die Handlung ist 1930 angelegt. Der Erzähler ist ein junger deutscher Jurist, der sich in Paris im Kreis einer Clique rund um die viel bewunderte Teddy. Nach Deutschland kommen will sie nicht, da sie dort keine Zukunft für sich sieht. So wird das Buch auch eine Geschichte um einen Abschied, wie der Titel ja schon nahelegt.
Vorher gibt es aber viel amüsantes Geplauder und Vergnügen in Paris. Manche Szenen erinnerten mich wegen der Konstellation an Patrick Modiano. Auch ein Hauch von F.Scott Fitzgerald ausklingenden Roaring Twenties ist zu spüren.
Es ist ein wunderbarer leichter, kleiner Roman mit viel Atmosphäre!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.06.2025
Evaristo, Bernardine

Blondes Herz


sehr gut

Das graue Herz der Finsternis

Bernadine Evaristo hatte mit ihrem Bookerpreis-Buch Frau, Mädchen etc. einen solchen Erfolg, dass auch ihre älteren Bücher nach und nach in Deutsch herausgebracht werden.
Blonde roots gehört jetzt auch dazu. Es ist ein Ideenroman. Was wäre wenn umgekehrt die Weissen Europäer von den Schwarzen versklavt wurden?
Die junge Doris ist auf den Plantagen einer Insel gelandet.
Trotz des leicht satirischen Ansatzes und der Täter-Opfer-Umkehr liest sich das Buch wie andere Bücher über die Sklaverei auch.
Man erfährt, wie Doris als Kind in England entführt und verkauft wurde und ihre Zeit auf einem Sklavenschiff und auf der Plantage.
Der Erzählton wirkt modern.
Im zweiten Teil übernimmt ein Sklavenhalter den Erzählerpart und seine Ideologie wird deutlich.

Blondes Herz ist nicht so poetisch wie der zuletzt erschienene Roman und erzählerisch noch nicht so ausgereift wie ihre neuen, aber es ist ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 30.05.2025
Reid, Taylor Jenkins

Atmosphere


sehr gut

Die Sterne sind unverrückbar

Bei Taylor Jenkins Reid hatte mich Carrie Soto is back beeindruckt. Der neue Roman Atmosphere hat ein wenig davon, wobei die Leidenschaft für Sport hier für den Weltraum einnimmt.
Zwei Frauen (Joan und Vanessa) und ihre Beziehung stehen im Mittelpunkt. Sie verbindet einiges und beide wollen Astronautinnen sein.
Die Autorin arbeitet die Unterschiedlichen Charakteren der beiden gut heraus. Hinzu kommt die rührende Beziehung von Joan zu ihrer Nichte. Das wird vielleicht ein wenig zu idealistisch geschildert, auch ist die Liebesgeschichte und ihr Verlauf zu pathetisch gehalten.
Die Autorin legt die Handlung in die frühen Achtziger Jahre, was gut funktioniert. Geschickt baut sie zwei Handlungsstränge auf, so bleibt eine gewisse Spannung kontinuierlich aufrechterhalten.
Das Buch liest sich und flott wie es nur gute Unterhaltungsromane schaffen. Ich würde das Buch in die Nähe von Eine Frage der Chemie rücken, obwohl es nicht ganz darankommt.