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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2074 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2025
Der alte Mann vom Main
Meining, Alexander

Der alte Mann vom Main


ausgezeichnet

Die Schlacht um Würzburg

Das Buch zeigt die Zeit zu Kriegsende in Würzburg.
Im Mittelpunkt ein 75jähriger Mann namens Walter Gänslein, der durch die zerstörte Stadt irrt. Durch Zufall lernte er die 69jährige Henrietta kennen. Eine späte Liebe.
Es gibt aber auch noch viel Fanatismus selbst im Anblick der Niederlage. Daher ist Gänslein sogar froh, in Kriegsgefangenschaft zu kommen. Interessant hier die Gespräche zwischen ihm und den deutschstämmingen US-Sergeant Roseman sowie Colonel Schmidt, mit dem es eine große Überraschung gibt. Diesen Handlungsverlauf habe ich nicht unbedingt erwartet, finde es aber originell.

Im letzten Romandrittel kommen noch detaillierte Beschreibungen der letzten Kämpfe in den Ruinen der Stadt. Das wirkt sehr glaubwürdig.

Alexander Meining schafft es, einen Eindruck von dieser Zeit zu vermitteln. Wie von Gmeiner Büchern gewohnt, ist ein gutes Niveau vorhanden. Zu loben ist außerdem die dichte Atmosphäre, die das Buch zu etwas Besonderen macht.

Bewertung vom 28.04.2025
Und dann springen wir
Lange, Gianna

Und dann springen wir


ausgezeichnet

Das Leuchten der Mandarinen

Ein leiser, melancholischer Roman

Nach dem Tod ihrer Mutter reist die Studentin Rosa nach Bosnien und Herzegowina, wo sie als Kind auch mit ihrer Mutter war. Erinnerungen der früheren Reise wechseln mit der aktuellen. Außerdem wird die Familiengeschichte bis zur Großmutter thematisiert. Es zieht sich das Fehlen der Väter durch.

Eine weitere wichtige Person im Roman ist Rosas Freundin Emma, die als Kind Waise in Bosnien wurde und nach Deutschland adoptiert wurde. Jetzt als Erwachsene denkt sie daran, sich auf die Suche nach überlebender Familie zu machen.

Beide junge Frauen hoffen auf ihren Reisen auf Heilung von Trauer und Verlust.

Die Autorin schafft es, eine Stimmung zu transportieren. Das ist sehr gekonnt.

Bewertung vom 25.04.2025
Haus Waldesruh
Krems, David

Haus Waldesruh


weniger gut

Das Treffen

Eine Gruppe von Freunden trifft sich nach langer Zeit in einem Jagdhaus. Lange hatten sie keinen Kontakt mehr. Einer nach dem anderen trifft ein. Anna, Marco, Ferdinand und Lea. Nur einer fehlt. Max, der Selbstmord begangen hat.

Das Buch ist anfangs nicht gerade irre spannend, aber man liest doch interessiert. Die Figuren sind weder besonders sympathisch noch habe ich Probleme mit ihnen. Eigentlich wirken sie ganz realistisch.

Schließlich stellt sich heraus, dass es für das Treffen noch einen bestimmten Grund gibt. Jemand aus der Gruppe will Gerechtigkeit für Max.

Das Buch entwickelt Atmosphäre, nicht ganz so düster wie erwartet, aber ernst.
Der Autor David Krems schafft es, das Buch kurz zu halten. So wird die Handlung prägnant erzählt. Es bleibt aber das Gefühl, man hätte auch mehr daraus machen können.
Die Spannung war nur so Mittel wie auch der Roman Durchschnitt bleibt.

Bewertung vom 25.04.2025
Ein unvorhersehbares Ereignis
Hardegger, Urs

Ein unvorhersehbares Ereignis


ausgezeichnet

Buch mit Niveau

Ein unvorhersehbares Ereignis des Schweizer Schriftstellers Urs Hardenegger ist ein Buch mit Niveau. Geschickt wählt der Autor zwei Erzählsträge, wobei sich der eine auf den anderen betieht.
Der Lektor Steiger liest ein Manuskript des Ingenieurs Hilfinger, der 1965 beteiligt war, als ein herabrutschender Gletscher ein Bergdorf unter sich begrub. 88 Tote, darunter auch sein guter Freund Mario.
Hilfinger ist nicht direkt verantwortlich, dennoch lässt ihn dieses Ereignis sein Leben lang nicht los.

Bevor das Unglück geschieht erfährt man einiges vom Leben Mitte der sechziger Jahre in den Bergen. Neben seinem Job ist Hilfinger auch die Beziehung zu Seraina. Das ist intensiv, aber auch schwierig.
Immer wieder auch sind Sätze im Dialekt eingestreut, deren Bedeutung am Ende in einem Glossar erläutert werden.

Insgesamt vermittelt sich mir hier ein Lebensgefühl in einer bestimmten Zeit.

Bewertung vom 24.04.2025
'... ich will Euch niemals verlassen'
Hoffmeister, Barbara

'... ich will Euch niemals verlassen'


sehr gut

Thomas Mann und sein Verlag

Dieses Buch ist bei Fischer erschienen. Kein Wunder, ist dies doch der Verlag, der Thomas Mann stets herausgegeben hatte. Von den Buddenbrooks ab alle Bücher des Autors bis zu dessen Tod und darüber hinaus. Das war beiderseitige Treue, aber auch von Vorteil für beide Seiten. Es gibt viele interessante Details, aber manchmal wirkt das Buch zu gerafft. Es ist auch ziemlich kurz.

Barbara Hoffmeister hat schon eine Biografie über Samuel Fischer geschrieben und arbeitet auch in diesem Werk gut heraus, wie wichtig dieser Verleger für Thomas Mann war.

Es ist ein interessantes Buch, das viel über die Verlagswelt und Verhältnis zwischen Autor und Verlag erzählt und es macht Lust, mehr über Samuel Fischer zu lesen.

Bewertung vom 24.04.2025
Great Big Beautiful Life
Henry, Emily

Great Big Beautiful Life


sehr gut

Weder Top noch Flop

Das Buch hat mich streckenweise gelangweilt. Aber daran bin ich zum Teil selbst schuld, denn dieses Buch ist eine Romantic Comedy. Ein Genre, das ich normalerweise meide, doch mich lockte die Grundidee. Alice und Hayden, zwei Journalisten, die beide die Biografie von Marvaret Ives, einer ehemaligen Promi, schreiben wollen. Margaret erzählt beiden getrennt voneinander ihre komplizierte Lebens- und Familiengeschichte. Und es gibt die Version der anderen und ihre Version. Warum die alte Dame das so umständlich macht, erschien mir lange Zeit nicht ganz plausibel.
Dann sind die Dialoge zwischen Alice und Hayden nicht originell oder schlagfertig genug.
Und warum wird nur aus Alice Perspektive erzählt? Das schwächt Hayden als Figur.
Das Ende ist aber gelungen und das versöhnt mit dem Buch.

Great big beautiful life ist kein Flop, da Margarets Geschichte interessant genug ist.

Bewertung vom 24.04.2025
Wut und Liebe
Suter, Martin

Wut und Liebe


sehr gut

Noah und Camilla
Martin Suter hat schon viele Bücher geschrieben und er hält ein gewissen Niveau, welches er auch nicht überschreiten kann oder will.
Doch immer erzählt er eine interessante Story.
Noah ist Künstler, jedoch ohne monetären Erfolg bisher. Seine Freundin Camilla leidet darunter und will sich trennen. Für Noah sehr schmerzhaft. Er will etwas ändern und als er durch Zufall mit Betty eine Frau kennenlernt, die ihm etwas vorschlägt, überlegt er zum Mörder zu werden.
Hier geht es um eine schwierige Beziehung. Hinzu kommt ein Thrillerplot, der an Alfred Hitchcock erinnert, ohne dass das Buch dadurch zu einem Krimi wird. Es bleibt Suter pur.
Insgesamt halte ich Wut und Liebe aber für schwächer als Martin Suter Roman aus dem letzte Jahr, Melody. Hauptgrund ist ein zu verhaltenes Tempo und auch dem Plot ist leicht enttäuschend.
Gert Heidenreich ist der Sprecher des Hörbuchs und er liest ruhig und passend, für meinen Geschmack aber zu langsam.
Ich gebe dem Buch 3,5 Sterne aufgerundet zu vier.

Bewertung vom 24.04.2025
'Ich will lieber schweigen'
Quadflieg, Will;Quadflieg, Roswitha

'Ich will lieber schweigen'


sehr gut

Tagebuch mit Kommentaren

Will Quadflieg war ein bedeutender Theater- und Filmschauspieler, dessen erste Erfolge in die Kriegszeit fielen.

Roswitha Quadflieg hat ihr Buch aufgrund gefundener Briefe und einem Tagebuch aus den Jahren 1945/46 ihres Vaters geschrieben. Die Abschnitte des Tagebuches werden von Roswitha Quadflieg unmittelbar kommentiert und diskutiert.
Durch diese Form hat man als Leser wenig den Eindruck eines kompletten Tagebuchs, das ich eigentlich auch gerne am Stück gelesen hätte. Aber es ist verständlich, dass Roswitha Quadflieg so vorgeht, denn sie will ihren überwiegend fremden Vater dadurch ein Stück verstehen. Es ist der Versuch eines Gesprächs.
Wills stimmungsvollen Tagebuchtext sind Roswitha eher nüchterne Bemerkungen entgegengesetzt. Auch eine Spur Bitterkeit ist zu spüren.
Es ist ein nachdenkliches Buch, dass ich mit Interesse gelesen habe.

Bewertung vom 18.04.2025
Prinzip Ungefähr
Russo, Caspar-Maria

Prinzip Ungefähr


sehr gut

Prinzip ungefähr ist ein kleiner, lustiger Roman über ein leicht ausgeflipptes Paar. Die Icherzählerin Masha und Iggy lernen sich im ICE kennen und mögen sich auf Anhieb. Sie sind unterschiedlich, haben aber auch Gemeinsamkeiten.
Das Buch ist stark geprägt von der Selbstironie der Ich-Erzählerin, der sich überwiegend durch ihre Gedanken mitteilt, aber auch durch die witzigen, pointierten Dialoge. Dennoch, so ganz nahe fühlte ich mich den beiden nicht. Der Handlungsverlauf war mir manchmal zu übertrieben, die Gags auch zu platt, anderes zu oberflächlich. Nicht jeder Einfall trifft ins Schwarze. Auffällig das Ausmaß an Namedropping mit Referenzen auf Filme und Literatur.
Aber eigentlich schon ein beachtlicher Debütroman. Mal sehen, was von Caspar-Maria Russo noch folgen wird.

Bewertung vom 17.04.2025
Wir spielen Alltag
Doron, Lizzie

Wir spielen Alltag


ausgezeichnet

Ein Text voller Empathie

Leben in Israel seit dem 7.Oktober.
Der 7.Oktober 2023 mit dem heimtückischen Anschlag der Hamas auf Israel veränderte die Welt. Nach dem Massaker: Luftangriffe, Luftschutzkeller, Krieg im Gaza bestimmen das Leben und die Menschen Israel können nur versuchen, eine Alltag aufrechtzuerhalten. Doch es bleibt das Gefühl, diesen Alltag nur zu spielen, denn der Krieg ist allbeherrschend.

Lizzie Doron, die in Tel Aviv lebt, schildert in diesem Bericht ihre Beobachtungen und Emotionen unmittelbar nach diesem Ereignis. Es ist eine düstere Zeit. Viele sind traumatisiert. Und die Verhärtungen nehmen zu. Wer noch nach Toleranz und Verständnis strebte, sieht sich getäuscht. Lizzie Doron war immer eine Frau und Autorin, die für Ausgleich kämpfe.
Mit Schrecken nimmt sie die Veränderungen wahr.
Das Buch ist trotz des harten Themas nicht verkrampft, es lässt sich flüssig lesen und als Leser nimmt man Anteil.
Es erinnert mich an Dror Mishanis Buch Fenster ohne Aussicht. Beides sind sehr gute Bücher. Unbedingt lesenswert.