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Feenfeuer - Fantasy Blog
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Fantasyleser und -blogger auf: http://feenfeuer.wordpress.com/

Bewertungen

Insgesamt 120 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2011
Du stirbst zuerst
Wells, Dan

Du stirbst zuerst


ausgezeichnet

Michael Shipman erwacht in einem Krankenhaus, Schürfwunden an Armen und Beinen. Eine nicht ungewöhnliche Situation, nach zahlreichen Aufenthalten in Kliniken, Krankenhäusern und Psychiatrien. Depressionen, Angstzustände, Panikattacken, Verfolgungswahn, Schizophrenie – der psychische Dauerzustand im Leben des Michael Shipman.

Michael wird verfolgt. Sie orten ihn mit elektronischen Geräten, die Gesichtslosen. Er stört ihre Pläne, ist vielleicht selbst Teil ihres Plans. Michael muss ihnen entkommen…

Mit Du stirbst zuerst legt Dan Wells einen ungewöhnlichen Mystery Thriller vor, der ein Verwirrspiel um Schein und Sein der realen Welt spielt. Nach den Erfolgen mit seinen John Cleaver Romanen, hat sich der Autor einer neuen Hauptfigur zugewendet und taucht noch tiefer in das Mysterium der menschlichen Psyche und ihrer absonderlichen Eigenschaften vor. Michaels Flucht vor den Gesichtslosen hat ihn zu einem Wrack gemacht. Von dem Vater verstossen, obdachlos und von Wahnvorstellungen umgeben, wird Michael in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, auf die geschlossene Station. Doch obwohl die medikamentöse Einstellung Besserung für sein psychotisches Krankheitsbild verspricht geschehen Dinge, die Michaels Kampf um sein Überleben aufs neue entfachen…

Während Dan Wells in seinen grandiosen John Cleaver Romanen (Ich bin kein Serienkiller, Mr. Monster, Ich will dich nicht töten) ein deutlich erkennbares dämonisches Wesen als Antagonisten verortet hat, tritt dieses böse Gegenüber in Du stirbst zuerst nicht in derselben Klarheit auf. Die Gesichtslosen, düstere Einflüsterungen durch Stimmen aus der Wand, monströse Maden,… erscheinen Michael, doch für den Leser bleibt es lange unklar wie real diese Ereignisse tatsächlich sind. Hierfür hat der Autor ein brillantes Spiel, mit den bizarren Auswüchsen einer Schizophrenie, entworfen und lockt gekonnt in ein unübersichtliches Netz aus Halbwahrheiten, Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten, kurzum, Michaels verworrenen Verstand. Somit liegt hier eine mehr als ungewöhnliche Geschichte vor, verweigert sie sich doch herkömmlichen Abenteuermustern und fokussiert sich unglaublich stark auf das Moment einer psychotische Erkrankung.
Du stirbst zuerst ist ein phantastischer Roman, auf den man sich einlassen muss. Tut man dies, ist die Geschichte eine atmosphärisch sehr dichte, spannende Reise in die absonderlichen Tiefen von Michaels Gedanken und eine skurrilen Welt, welche sein Hirn erschaffen hat.

Ein dramatischer Mystery und Verschwörungsthriller und eine mutige Veröffentlichung, die mit dem Konventionellen bricht, zu überraschen weiss und skurrile Phantastik zu bieten hat. Ein Charakterspiel, mit dunkle Tiefen und einer spannenden, turbulenten und actionreichen Schauergeschichte, die an bizarren Abgründen tänzelt.

Dan Wells: Du stirbst zuerst – Ein phantastischer All Age Thriller der Extraklasse. Unvergleichlich, tief gehend, bizarr und sehr durchdacht. Ein packendes Spiel um Wahn, Wirklichkeit und die beängstigenden Grautöne dazwischen.

Bewertung vom 16.10.2011
Der letzte Schattenschnitzer
Aster, Christian von

Der letzte Schattenschnitzer


ausgezeichnet

Es heisst, dass den siebten Söhnen der siebten Söhne eine kosmische Kraft innewohnt. Ihre Geburten sind von merklichen Phänomenen begleitet, wenn die Magischen unter uns Menschen auf die Welt treten.
Doch in der beengten Welt des Jonas Mandelbrodt gab es keinen Zauber. Sie offenbarte sich als schmutzig und armselig, wie die kurzen trunkenen Liebschaften seiner Mutter. Kurz nachdem in Jonas jungen Augen so etwas wie Verstehen aufflackerte, stiess er einen markerschütternden Schrei aus.
Er hatte auf seinen Schatten geblickt und erkannt, was den meisten Menschen auf ewig verborgen blieb…

Jonas ist ein einsamer Junge, der nicht spricht und häufig über Stunden abwesend wirkt. Wenn er im Garten sitzt und die kleinen Schatten von Pflanzen biegt, oder die seiner Stofftiere vertauscht und zum Leben erweckt, sorgt sich seine Mutter, während Jonas Lehrmeister dem Jungen Geheimnisse lüftet und in die Schattenschnitzerei einführt. Dem dunklen Rat der Schattensprecher ist dieses verbotenen Treiben nicht entgangen, doch andere Sorgen haben Vorrang. Der Schatten des letzten Schattenschnitzers, George Ripley, wurde entfesselt und eine Unterwerfung der Menschheit droht ein düsteres Zeitalter einzuläuten…

Mit Der letzte Schattenschnitzer hat Christian von Aster einen ungewöhnlichen phantastischen Roman erschaffen, der durch seine Eigenständigkeit und zwielichtige Atmosphäre zu bestechen weiss. Mystisch und auf düstere Weise beinahe märchenhaft entspinnt der Autor eine Geschichte dunkler Scherenschnitte, die wie ein psaligraphisches Theaterstück vor den Augen des Lesers zum Leben erwacht. Obwohl der Protagonist Jonas Mandelbrodt eine kindliche Figur ist, liegt hier kein ausgewiesenes Jugendbuch vor. Vielmehr gelingt es Christian von Aster hervorragend die naive Note einer kindlichen Verständiswelt in seine schattige Geschichte einfliessen zu lassen und den Leser so auf ungewohnte Pfaden zu treiben. Jonas Begleiter, sein eigener Schatten, bildet in diesem Zweiergespann den weisen Gegenpol, der die Erinnerung der Menschheitsgeschichte in sich trägt und doch behutsam mit dem Wunderkind Jonas Mandelbrodt umgeht.
Der Autor hat hier eine wundervolle und geheimnisvolle Symbiose geschaffen, die authentisch wirkt und zugleich durch befremdliche Andersartigkeit zu faszinieren weiss.

So liegt mit Der letzte Schattenschnitzer ein Fantasy Roman vor, der leichte Erinnerungen an die Geschichten und Bilder eines Tim Burton beschwört und aus seinem interessanten Weltenbau eine spannende Story entstehen lässt, die zwar nicht unbedingt den Geschmack jedes Lesers zu treffen vermag, die moderne Fantasy Literatur aber um eine schattige Nuance bereichert.
Gespickt mit grandiosen Nebenfiguren, einer eindrucksvollen und dunklen Hintergrundgeschichte und verfasst in einem sehr gekonnten Schreibstil ist Der letzte Schattenschnitzer ein atmosphärisch dichter, schauriger und phantastischer Lesegenuss und einer der aussergewöhnlichsten Fantasy Romane in 2011.

Christian von Aster: Der letzte Schattenschnitzer – Ein schaurig-schöner Fantasy Roman, der sich traut eigene Wege zu gehen und eine faszinierende, zwielichtige Welt der Schattenmagie offenbart und sie mit einer spannenden, mysteriösen und ungewöhnlichen Geschichte füllt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.10.2011
Das Labyrinth der Träumenden Bücher / Zamonien Bd.6
Moers, Walter

Das Labyrinth der Träumenden Bücher / Zamonien Bd.6


ausgezeichnet

Mit Das Labyrinth der Träumenden Bücher kehrt Kultautor Walter Moers zurück in seinen sagenhaften Kontinent Zamonien und spinnt die Abenteuer der genialen Figur Hildegunst von Mythenmetz weiter. Den rotgeschuppten Lindwurm verschlägt es erneut nach Buchhaim. Nach den turbulent Ereignissen vor 200 Jahren, welche der Schriftsteller in seinem Bestseller Die Stadt der träumenden Bücher niedergeschrieben hat, ist die Literaturmetropole zu neuem Leben erwacht. Grösser, prächtiger, eindrucksvoller und verrückter als je zuvor erstreckt sich Buchhaim über den labyrinthischen Bücherkatakomben, aus denen einst der Schattenkönig entstiegen ist...

Neben einem Wiedersehen alter Bekannter, wie der Schreckse Inazea Anazazi und dem eydeetischen Nachtigallerforscher Hachmed Ben Kibitzer verhält es sich mit der Hauptfigur des Romans ähnlich wie in Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär. Die Hauptfigur splittet sich in den Protagonisten und die Welt. So ist Buchhaim nicht nur kulissengleicher Handlungsort, sondern erfährt das Hauptaugenmerk von Walter Moers. In diese brodelnde Stadt, mit all ihren Widersprüchen, Absurditäten und fasziniereden Elementen taumelt Hildegunst von Mythenmetz, der als verehrter zamonischer Schritsteller natürlich inkognito reist.
Der Leser erlebt den Lindwurm und eine spannende Entwicklung seiner exzentrischen Figur, begleitet ihn in rauchige Qualmoirs und in den halluzinatorischen Rausch von Buchwein, tappt in antiquarische Touristenfallen, erlebt eine Theateraufführung der Superlative, wälzt sich aus fremden Betten, randaliert in einem Bücherladen, flieht vor krähenden Lebenden Zeitungen,…

Walter Moers offenbart in Das Labyrinth der träumenden Bücher eine farbenfrohe, einmalige, lustige und schlichtweg phantastische Reise nach Buchhaim und seine spannenden Facetten. Dieser Roman ist die Geschichte des Hildegunst von Mythemmetz und seiner Suche zu sich selbst, seinen grössten Ängsten und Träumen. Gleichzeitig ist Das Labyrinth der träumenden Bücher der Prolog zu einem Folgeroman, welcher erst das wahre, grosse Abenteuer des Hildegunst von Mythenmetz verspricht. Dieser Umstand dürfte von einigen Leser zwiespältig aufgefasst werden, denn in der Handlung der Geschichte ereignet sich, je nach Betrachtung, recht wenig. Hildegunst von Mythenmetz in Buchhaim. Diese Aussage fasst das Geschehen des Romans zusammen und vermag es doch nicht der phantastisch ersponnenen Geschichte gerecht zu werden.

Der neue Zamonien Roman und die Fortführung der Queste von Hildegunst von Mythenmetz ist ein fesselnder Page Turner, eine Achterbahnfahrt skurriler Phantasterein, in einer lebendig wirkenden, brodelnden Stadt, mit eindrucksvollen Ereignissen, spektakulären Bildern, dem unvergleichlichen Weltenbau des Walter Moers und einer Hauptfigur, die restlos zu begeistern weiss. Ein Prolog in Romanform – für die autobiographische Erzählung eines Hildegunst von Mythenmetz nichts wirklich überraschendes, dafür aber ein aussergewöhnlicher Lesegenuss der Extraklasse.

Die Stadt der träumenden Bücher sollte zuvor gelesen werden.

Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher - Eindrucksvolle, kreative, skurrile und gewitzte Fantasy, aus der Feder eines begnadeten Autoren. Ein faszinierender Zamonien Roman, der begeistert und spektakuläre Unterhaltung zu bieten hat.

10 von 16 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2011
David und Juna / Das verbotene Eden Bd.1
Thiemeyer, Thomas

David und Juna / Das verbotene Eden Bd.1


gut

Mit Das verbotene Eden – David und Juna hat Thomas Thiemeyer eine romantische Dystopie erschaffen, die jugendliche LeserInnen in ihren Bann ziehen dürfte. Romeo und Julia in einer gespaltenen postmodernen Gesellschaft, die durch eine tiefgreifende Verfeindung der Geschlechter geprägt ist, präsentiert Thomas Thiemeyer, der für seine phantastischen Jugend Abenteuer und packenden Wissenschaftsthriller bekannt ist. Durch diese Trennung der Geschlechter, welche durch die Mutation eines Grippeimpfstoffes aus skrupellosen Konzernlaboren herbeigeführt wurde, enthüllen sich zwei interessante, dezimierte Kulturen, in denen sich eigene Glaubens- und Sozialsysteme entwickelt haben. Während die Frauen in Waldsiedlungen leben und dort einem eher ursprünglichen Glauben folgen, haben sich die Männer in Ruinen niedergelassen, sich dem Christentum verschrieben und die Inquisition wieder ins Leben gerufen.

Thomas Thiemeyer hat sehr genau darauf geachtet beide Lebensräume mit gleicher Sorgfalt zu beschreiben und sie nicht zu bewerten. So existiert in der Mann – Frau Konfrontation kein Gut – Böse Schema, sondern beide Gesellschaften haben sich nachvollziehbar aufgebaut, tragen in sich Widersprüche und spannende Konflikte. Wo sich die Ältesten der Frauen schmerzvoll an Gewalt durch Männer erinnern, gilt gleiches bei den männlichen Ältesten, die Freunde und Angehörige an die vermeintlichen Hexen verloren haben. Zwei Gesellschaften, deren älteste Generationen tief verwurzelten Hass in sich tragen und die Rufe nach Krieg lauter denn je schallen. Unter den Fuchteln der Alten ist jedoch eine neue Generation, durch die kurzzeitigen, stark reglementierten rituellen Vereinigungen von Mann und Frau, Menschen herangewachsen, die sich zwischen kriegerischem Zorn und der kleinen Chance auf eine friedliche Koexistenz entscheiden muss.
Alteingesessene Dystopie Fans werden sich von Das verbotene Eden – David und Juna nicht unbedingt angesprochen fühlen, da sich dieses doch eindeutig an ein jugendliches Publikum richtet und Thomas Thiemeyers gespaltener Gesellschaftsbau doch relativ harmlos wirkt. Würde es in beiden Kulturen nicht kriegshungrige Propagandisten geben, könnten Männer und Frauen relativ zufrieden nebeneinander leben.

Ohne grosse Schnörkel in der Sprache entwickelt Thomas Thiemeyer sein romanisches Abenteuer, das auf eine temporeiche Geschichte setzt und als durchaus spannendes Jugendbuch zu lesen ist. Die Liebesgeschichte von Juna und David baut sich als verbotene, quasi blasphemische, Zuneigung auf, die jedoch im Rausch des Abenteuers wenig Raum bekommt und sich der Hastigkeit turbulenter äusserer Umstände unterwerfen muss. Als besonders interessante Figur entpuppt sich der antagonistische Inquisitor, mit seinem entstellten Antlitz. Hier liegt ein besessener, sadistischer Charakter vor, der Freunden von düsteren Gegenspielern eine wahre Wonne ist und sehr gekonnt das dystopische Moment des Romans verkörpert.
Für jugendliche LeserInnen ein abenteuerlicher Lesegenuss, der ein interessantes endzeitliches Szenario birgt.

Thomas Thiemeyer: Das verbotene Eden – David und Juna – Eine romantische und abenteuerliche Jugend Dystopie, mit einer temporeichen Geschichten, einer interessanten Idee und turbulenten Entwicklungen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.09.2011
Asylon
Elbel, Thomas

Asylon


ausgezeichnet

Asylon, bizarre Metropole und letzte menschliche Zuflucht zugleich. Eine Stadt, die einem wuchernden Gewächs aus Gebäuden gleicht, in der sich eine schmierige Zahnarztpraxis zwischen eine Drogenhöhle und ein Asia-Restaurant quetscht, in der Mietkasernen, mit hauchdünnen Wänden, in den Himmel spriessen und seitdem Benzin Mangelware geworden ist, sogar improvisierte Bauten auf Autobahnbrücken entstehen. Eine Stadt, deren Grund in lichtloser Schwärze versinkt, die einem planlos errichteten Bauklötzekosmos gleicht, aus über- und ineinander greifenden Gebäuden. Asylon, eine Metropole im Zerfall, um deren Grenzen Hungerflüchtlinge streifen sollen, um der lebensfeindlichen Weite einer erbarmungslosen Wüstenwelt zu entrinnen…

Thomas Elbel präsentiert mit Asylon eine packende Dystopie, die ein spannendes Abenteuer vor einer eindrucksvollen, bizarren Kulisse erzählt. Etwas Verschwörungsthriller, eine gute Portion postapokalyptischer Überlebenskampf, leichter Horror, garniert mit einer gelungenen Actionnote, einer leichten Dosis Intrige, Verschwörung und geheimer Machtgeflechte und einer sympathische Hauptfigur, mit Hang zum Antihelden – fertig ist der elbelsche Erfolgsroman.

Torn ist Leveller in Asylon. Eine herausragende Stellung in einer chaotischen und unübersichtlichen Stadt, in der es seine Pflicht ist für ein Gleichgewicht der Mächte zu sorgen. Diese Mächte bestehen nicht etwas aus Polizei- und Militäreinheiten, es sind die grossen Clans, welche Asylon regieren. Professionelle und hochgerüstete Verbrechersyndikate, mit mafiösen Zügen. Obwohl es nicht zu Torns eigentlichen Aufgaben gehört, macht er sich mit seinem Partner Scooter zur Grenzanlage auf, um dort den Tod einer jungen Frau zu untersuchen. Grenzangelegenheiten fallen eigentlich in Rygors Zuständigkeitsbereich, aber alleine um den Menschenschinder eins auszuwischen nehmen sich Torn und Scooter der Leiche an. Minen, Selbstschussanlagen und ein unüberwindlicher Wall machen aus der Stadtgrenzen einen Todesstreifen und doch scheint es dieser Frau gelungen zu sein beinahe in Asylon einzudringen. Nach einer kurzen Untersuchung muss sich Torn korrigieren. Es wäre ihr beinahe gelungen aus der Stadt auszubrechen…

Mit dem abgeschotteten Moloch Asylon hat Thomas Elbel eine eindrucksvolle, beängstigende und faszinierende Welt für seine Dystopie erschaffen, die den Leser zugleich neugierig macht, wie auch abstösst. Dieser chaotische Ameisenhaufen aus Stahl, Beton, Blech und Bretterverschlägen erzeugt eine Atmosphäre bedrückender Spannung und einen endzeitlichen Flair, der vollends zu fesseln weiss. Frei von verschnörkelten Formulierungen erzählt Thomas Elbel eine Geschichte, die durch Tempo und sehr gelungene Cliffhanger zu einem Page Turner wird, ohne an Tiefgang oder Kreativität zu verlieren. Die Figuren haben Ecken und Kanten, sind nah am Leser und verweigern sich einem typischen Heldenbild. So lernt die Leserschaft Charaktere kennen, in deren Leben nur wenig richtig läuft, die mit Mühe und Not über Runden kommen, moralisch fragwürdig handeln, kurzum, Bewohner Asylons.
Der Überbau zu dem Roman, der sog. Surge, eine weltweite Klimakatastrophe, ist von der Idee her nicht ganz neu, bildet jedoch eine sehr harmonische Eisbergspitze in Asylon, deren Fundament sich erst nach und nach erschliesst. Unter dieser tobt der kreative und sehr durchdachte Output eines Autoren, der seine Figuren durch Leichenhallen, Minenfelder, Paläste, skurrile Rotlichtszenerien, künstliche Wälder und verdreckte Gossen hetzt.
Dies ist düsteres, endzeitliches Abenteuer pur, mit bizarren Momenten, grossen Bilder, überraschenden Wendungen und facettenreichen Charakteren. Obwohl Asylon Thomas Elbels Debütroman ist, kann dieser Umstand kaum geglaubt werden.

Thomas Elbel: Asylon – So muss eine Dystopie geschrieben sein. Düster, dramatisch, tragisch und hochspannend bis zur letzten Seite.

Bewertung vom 25.08.2011
Mr. Shivers
Bennett, Robert Jackson

Mr. Shivers


ausgezeichnet

Er reist allein, durch dürres Land und verfallene Orte. Er ist ein Mythos, ein geflüsterter Fluch, ein Mörder mit verworrenen Motiven. Marcus Connelly folgt ihm, seit dem Schrecken in Memphis, Tennessee. Niemand nennt den Wanderer bei seinem Namen und doch weiss jeder von wem die Rede ist, wenn Connelly nach dem Narbenmann fragt...

Mit Mr. Shivers hat Robert Jackson Bennett einen eindrucksvollen und modernen Horror Roman erschaffen, der Gänsehaut verspricht. Statt klischeehaftem Hollywood-Horror skizziert der Autor eine Welt am Abgrund, die durch ihr präapokalyptisches Erscheinungsbild eine unglaublich dichte und spannende Atmosphäre für die mysteriöse Geschichte um Mr. Shivers schafft. So setzt der Autor auch weniger auf blutige Schockmomente, sondern erzeugt in einer einfachen Sprache eindringliche Stimmungen und einen durchgehend schaurigen Flair, der begeistert und fesselt. Mr. Shivers bleibt über weite Teile des Romans ein sehr gut aufgebautes, dunkles Rätsel, das sich durch Mythen, Lagerfeuergeschichten und verstörenden Erinnerungen Stück für Stück enthüllt. So wandelt sich das Bild von einem verrückten Serienmörder auf bedrohliche Weise in das einer Gestalt, deren Menschlichkeit nach und nach immer stärker in Frage gestellt wird. Hier hat der Autor einen starken Antagonisten aufgebaut, der besonders dann beeindruckt, wenn Robert Jackson Bennett einen direkten Einblick in dessen entrückte Gedankenwelt öffnet und etwas präsentiert, das zum Erschauern bringt.
Doch Mr. Shivers ist nicht nur mysteriöser, mörderischer und faszinierender Gegenspieler von Connelly und seinen Gefährten. Er bietet den Männern einen Halt in ihrem Leben, ein Ziel, in einer Zeit der Ziellosigkeit. Hier ist dem Autor ein brillantes Verhältnis zwischen Jäger und Gejagtem gelungen, beinahe schon ein hasserfülltes Abhängigkeitsverhältnis, das den Überlebenswillen antreibt. Connelly und seiner Männer brauchen Mr. Shivers, den Mörder ihrer Geliebten, um nicht selbst zu kapitulieren, vor dem Schmerz des Verlorenen und der Aussichtslosigkeit in Zeiten des Niedergangs.

Die leicht archaisch anmutende Welt, in die Robert Jackson Bennett die Leserschaft führt, stellt sich als so unpopulär wie ideal für seine Geschichte heraus. Mr. Shivers wird zu einer Hyäne, die über das kraftlose Leben einer untergehenden Zivilisation her fällt und so eine absolut harmonische und düstere Symbiose mit ihr herstellt. Der Weg der Verfolgung von Mr. Shivers entwickelt sich für die Männer zwar als durchaus geradlinig, doch das Opfer ihrer wagen Mordpläne hat vorgesorgt. Und so entwickelt sich eine spannende Jagd, in Road Movie Manier, die zu einem unbarmherzigen Überlebenskampf wird. Die Stationen der Rachereise von Connelly und seinen Weggefährten entpuppen sich in Teilen als wahre Höllen.
Hier ist es dem Autoren wunderbar gelungen eindringliche Momente zu erschaffen und seine Figuren in erschütternde Tiefen einer gesetzlosen Gesellschaft fallen zu lassen. Sei es ein Sheriff, der seine Gefängniszellen zu Folterkammern umgebaut hat, oder eine friedlich anmutende religiöse Gemeinschaft – das Grauen hat in diesem Roman viele Gesichter und nur eines davon gehört Mr. Shivers.

Robert Jackson Bennett: Mr. Shivers – Ein hochspannender, phantastischer Horror Roman, der durch seine dichte, düstere Atmosphäre, überraschende und schockierende Ereignisse, sowie den Mythos Mr. Shivers fesselnde Lesestunden garantiert. Genial geschrieben, abgründig, schaurig, mit Tiefgang und der feinfühlig inszenierten Faszination des Bösen.