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Orest
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Aachen

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 14.02.2017
Das Buch der Spiegel
Chirovici, Eugene O.

Das Buch der Spiegel


ausgezeichnet

Raffinierte Suche nach der wahren Erinnerung
Chirovici konstruiert hier sehr geschickt einen ausgezeichneten Roman. Was ist wahr, was ist falsch und was ist gelogen? Das sind die Fragen mit denen sich die Protagonisten auseinandersetzten müssen.
Ein Literaturagent erhält einen spannenden Auszug aus einem autobiographischen Manuskript und möchte das Buch verlegen. Es gestaltet sich jedoch als schwierig an das ganze Manuskript heranzukommen, also löst er eine Lawine von Suchaktionen aus. Dabei geht es nicht mehr nur noch um das vollständige Manuskript, sondern vor allem um seinen Wahrheitsgehalt.
In mehreren Abschnitten wird die Suche aus der Sicht verschiedener Figuren dargestellt. Sie alle versuchen an die Protagonisten aus dem Manuskript und deren Erinnerungen heranzukommen. Doch im Verlauf der Geschichte stellt sich immer wieder die Frage wessen Erinnerungen man trauen kann. Wer lässt sich von seinen eigenen Erinnerungen täuschen und wer täuscht bewusst falsche Erinnerungen vor?
Das klingt alles etwas vage und ungenau, aber ich möchte nicht weiter auf den Inhalt eingehen, um der Geschichte ihre Spannung nicht zu rauben. Denn nicht nur die Aussage des Buches zur Natur unserer Erinnerungen ist gelungen, sondern auch die Geschichte, die Chirovici entwirft. Nach dem Lesen des Auszuges aus dem Manuskript, möchte der Leser selbst natürlich auch unbedingt seinen Ausgang erfahren. Daher fesselt einen die Suche nach der Wahrheit mindestens genauso wie Chirovicis Protagonisten.
Ich muss allerdings warnen: Der Roman ist eindeutig keine Strandlektüre, man muss sich auf die verworrene Handlung konzentrieren und bekommt keinen gewöhnlichen Kriminalroman zu lesen. Die Konstruktion der Geschichte und ihre Aussage stehen für den Autor im Mittelpunkt, aber die Unterhaltung des Lesers kommt in meinen Augen auch nicht zu kurz.
Allen die etwas für anspruchsvollere, gut geschriebene Bücher übrig haben kann ich den Roman unbedingt empfehlen.

Bewertung vom 04.02.2017
Die Krone der Sterne Bd.1
Meyer, Kai

Die Krone der Sterne Bd.1


ausgezeichnet

Neues Meisterwerk von Meyer
Kai Meyer übertrifft sich mal wieder selbst. In seinem neusten Werk schafft er ein faszinierendes Paralleluniversum, in dem er fantastische Elemente mit Science-Fiction kombiniert.
Die Hauptrollen besetzt eine kleine Zweckgemeinschaft, die zu Beginn des Romans eher unfreiwillig zusammenfindet: Iniza, die eigentlich zur Herrscherin des Universums geführt werden sollte, um deren Zwecken zu dienen, Kranit der letzte Waffenmeister eines zerstörten Planeten, der eigentlich ein Kopfgeld für Iniza kassieren wollte, Glanis, der Geliebte von Iniza und Shara eine glatzköpfige Alleshändlerin, die das Raumschiff beisteuert.
Kai Meyer füllt jede dieser Figuren mit einer Menge Lebendigkeit aus. Jede hat ihren eigenen starken Charakter, entwickelt sich durch die Geschehnisse weiter und wächst dem Leser ans Herz. Diese Charakterentwicklung geschieht während einer atemberaubenden, pausenlosen Verfolgungsjagd über verschieden Planeten und durch das All. Langeweile kommt bei diesem Buch garantiert keine auf.
In seiner, für ihn typischen, Art, lässt Meyer dieses neue Universum, mit seinen ganzen Bewohnern und eigener Historie in der Fantasie seiner Leser entstehen. Dabei kommen keine trockenen Erklärungen vor, stattdessen wird der Leser mitten in die Geschichte hineigeworfen und findet zusammen mit den Protagonisten heraus, was in diesem Universum so vor sich geht.
Dabei gibt es ständig neue überraschende Wendungen, so wie ein nicht vorhersehbares Ende.
Als besonderen Bonus gibt es noch ein paar wirklich gelungen Zeichnungen auf den ersten Seiten, die direkt Lust auf die Lektüre machen.
Wer sich also ein bisschen für die Gattung Fantasy und den Weltraum begeistern kann, der wird die „Krone der Sterne“ nicht mehr aus der Hand legen.
Bleibt zu hoffen, dass bald eine Fortsetzung erscheint.

Bewertung vom 22.12.2016
Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town / Baxter Bd.1
Human, Charlie

Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town / Baxter Bd.1


sehr gut

Total abgedreht
Nach unzählbar vielen Herr der Ringe Plagiaten, einigen gelungenen Romanen, die in der Zaubererschule spielen und vielen Büchern über pubertierende Vampire, hat Charlie Human endlich eine neue Idee, die die Fantasyabteilung wieder attraktiv macht. Wir werden in die mystische Welt von Südafrika entführt, wo es von neuen skurrilen Wesen nur so zu wimmeln scheint.
Baxter ist ein mäßig sympathischer Antiheld, der trotz seiner 16 Jahre mit seinem Pornobusiness, das er betreibt, dafür sorgt, dass das Buch nicht zum Jugendroman verkommt. Kalt und berechnend baut er sich in der Schule sein Imperium auf, wobei ihm dann die Entführung seiner Freundin in die Quere kommt. Daraufhin spaltet sich seine Persönlichkeit, wobei die „metrosexuelle“ (also mitfühlendere) Hälfte die Führung übernimmt, so dass er beschließt sie zu retten. Bei der Rettungsaktion offenbart sich ihm dann die düstere Welt von Kapstadt mit all ihren Fabelwesen und irgendwie scheint auch Baxters Familie mit der magischen Seite verbunden zu sein.
Ein sehr interessanter Aspekt ist, dass Baxter selber, sein Großvater und sein Bruder einen leichten bis mittelschweren Dachschaden haben, so dass man nicht so ganz weiß ob die mystischen Elemente real sind oder auf den Psychosender Protagonisten beruhen.
Charlie Human brennt ein Feuerwerk kreativer, völlig abgefahrener Ideen ab, an dessen Ende epische Schlachten in verschiedenen Dimensionen stehen.
Aufwendig ausgearbeitete Charakterstudien sind nicht so das Ding von Human, so bleiben leider einige der Fabelwesen charakterlich recht blass, was auch der Tatsache geschuldet sein mag, dass er an einigen Stellen über das Ziel hinausschießt und seinen recht kurzen Roman leicht übervölkert. Andererseits ist es sein Debüt-Roman und ein bisschen Steigerungspotential muss bei einer Fantasyreihe ja drin sein.
Jedenfalls bietet der Roman temporeiche, wunderbar fantasievolle, chaotische Unterhaltung. Genau das Richtige für Fans von abgedrehter, neuer Fantasyliteratur.

Bewertung vom 05.09.2016
Am Ende aller Zeiten
Walker, Adrian J.

Am Ende aller Zeiten


sehr gut

Ein Lauf durch eine postapokalyptische Welt

Eine einzige Katastrophe trennt uns von unseren eigenen körperlichen und psychischen Abgründen.
Ed, die Hauptperson, repräsentiert den knapp unterdurchschnittlichen, modernen Mann unserer Gesellschaft. Nicht wirklich zufrieden mit sich und der Gesellschaft, aber statt irgendwas zu ändern zieht er sich in sich zurück und bekämpft den Frust notfalls mit Alkohol.
In Walkers Geschichte kommt nun aber die Katastrophe, in Form einer Reihe von Asteroideneinschlägen, über Ed und er wird ziemlich unvermittelt aus seinem tiefen Selbstmitleid gerissen und landet in einer Postapokalyptischen Welt.
Kaum löst sich die Zivilisation auf kommt das animalische im Menschen zum Vorschein, dem Leser wird die ganze Bandbreite der menschlichen Abgründe vor Auge geführt. An dieser Stelle sei gesagt, dass der Roman stellenweise nichts für zartbesaitete Leser ist, da der Autor meiner Meinung nach etwas dick aufträgt mit den menschlichen Abgründen, aber wer will das schon beurteilen können.
Ed wird zu allem Überfluss auch noch von seiner Familie getrennt und die eigentliche Handlung beginnt, nämlich wie Ed sich zu seiner Familie durchschlägt, durch eine vollkommen vernichtete, postapokalyptische Landschaft.
Hier muss ich sagen, dass die Aufmachung des Buches, mich und einige andere Leser, etwas getäuscht hat. Die Haupthandlung ist zwar, wie beschrieben, Eds Reise durch eine zerstörte Welt, aber der Autor legt viel Wert auf die meditative Wirkung des Laufens, die Ed dabei erfährt und die Wichtigkeit von Werten, wie Freundschaft und Familie. So gibt es immer wieder kleine Abschweifungen in diese Richtung.
Auch wenn der Autor meiner Meinung nach an seinen Philosophischen Fähigkeiten noch arbeiten kann, kann ich das Buch durchaus empfehlen. Dem Autor fehlt es nicht an Kreativität, es kommen skurrile, vielfältige Charaktere vor und die ein oder andere starke Beschreibung der zerstörten Landschaft und bedrückenden Atmosphäre ist auch zu finden.
Man kann also durchaus ein paar unterhaltsame, teils auch nachdenklich stimmende Stunden damit verbringen, wenn man wissen will ob Ed es zu seiner Familie schafft. Besonders vorteilhaft ist es bei der Lektüre, wenn man selbst leidenschaftlicher Läufer ist.

Bewertung vom 10.04.2015
Der Untergang Barcelonas
Sánchez Piñol, Albert

Der Untergang Barcelonas


sehr gut

In diesem umfangreichen historischen Roman, lässt der Autor seine Hauptperson Zuvi, ein junger Barcelonese, die Wirren des spanischen Erbfolgekrieges durchleben.
Geschildert werden seine Erlebnisse aus seiner eigenen Sicht, wie er sie im hohen Alter seiner vermutlichen Pflegerin, unter einigen Diskussionen und Seitenhieben bezüglich ihrer Intelligenz, diktiert.
Zuvi erhält eher per Zufall eine Lehrstelle als Kriegsingenieur, bei dem damals berühmten Lehrmeister Vauban und wird bei ihm in Frankreich ausführlich geschult.
Danach irrt er durch das Spanien des Erbfolgekriegs und landet letztlich in Barcelona, wo die Geschichte ihr dramatisches Ende nimmt.
Die Geschichte handelt, wie auch das Cover und der Titel nahelegen, besonders von Schlachten und auch Zuvis sexuellen Erlebnisse kommen nicht zu knapp.

Der Roman ist ein Epos über die katalanisch-spanische Geschichte. Wobei er im Mittelteil einige Längen für den Leser aufweist. Um die historischen Details zu schildern und ein Gefühl für die damalige Zeit zu vermitteln, gibt es recht zähe und lange Erläuterungen, die nicht wirklich die Handlung vorantreiben. Insgesamt legt der Autor weniger Wert auf seine fiktive Handlung, als auf die historischen Details. So ist Zuvi beispielsweise eher ein Antiheld, wodurch er dem Leser nicht immer sympathisch erscheinen mag, aber durchaus viel menschlicher erscheint.
Trotzdem lohnt es sich die Geschichte zuende zulesen, da auf den Leser ein fulminantes, vielleicht auch zum Nachdenken anregendes Ende wartet.
Natürlich haben die historischen Details auch ihr Gutes, man erhält einen wirklich interessanten Einblick in den spanischen Erbfolgekrieg und in die damaligen Belagerungsstrategien. Veranschaulicht werden die Belagerungen mit zahlreichen historischen Bildern.
Unbedingt empfehlen kann ich den Roman Leuten, die sich der Region Katalonien verbunden fühlen, da in dem Roman ein sehr wichtiger Teil katalanischer Geschichte erzält wird und gleichzeitig das Lebensgefühl der Katalenen wunderbar ausgedrückt wird. So werden auch heutige Zusammenhänge verständlich.

Letztlich kann ich den Roman nicht zum kurzweiligen Lesevergnügen empfehlen, aber wenn man sich für historische Zusammenhänge und insbesondere Schlachten oder die Region Katalonien interessiert, ist dieses Buch sehr lesenswert.