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easymarkt3
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Insgesamt 891 Bewertungen
Bewertung vom 29.12.2025
Mercier, Pascal

Der Fluss der Zeit


sehr gut

Fünf stilvolle Erzählungen zum Reflektieren
Es geht in diesen fünf Erzählungen um fein gezeichnete Emotionen und Gedanken von Menschen in vermeintlich stressiger Lebenssituation. Die hier vorgestellten Helden sind entweder voller Selbstzweifel, unterziehen sich einer angedeuteten Lebensbilanz voller Rückerinnerungen oder eine vermeintliche Katastrophe entpuppt sich als Wendepunkt. Diese fein gezeichneten Einsichten in diverse menschliche, nicht ganz alltägliche Lebensabschnitte berühren, führen mitunter auch zu Selbstreflektion. In ruhigem, melancholischem Schreibstil erfährt man von der Vergänglichkeit von einst tiefen Empfindungen, von nicht mehr greifbaren wichtigen Zeitspannen mit wohl prägenden Ereignissen und einschneidenden Entscheidungen.

Bewertung vom 28.12.2025
Fforde, Jasper

Wie die Karnickel


gut

Viel Fantasie um humanoide Tiere, umgeben von rassistischen Menschen
Das Cover auf rotem Untergrund zeigt eher einen langohrigen Hasen. An vier Pistoleneinschlägen lässt sich schon das aggressive Ambiente erahnen. Eine vermenschlichte Tierwelt, hier vor allem Kaninchen Füchse und Wiesel, agiert ähnlich wie in Fabeln. Im britischen Dörfchen Much Hemlock, nah an der walisischen Grenze, fühlen sich die dortigen Menschen bedroht durch zu große Zuwanderung dieser intelligenten, sprechenden Tierspezies. Verfolgt, bedroht und ausgebeutet werden sie von rassistischen Menschen. Trotz des humorvollen, originellen Schreibstils erkennt man die tiefgehende Satire und eklatante Gesellschaftskritik an der derzeitigen Zuwanderungspolitik nicht nur in Großbritannien. Da wo Angst in der Bevölkerung entsteht, blüht auch Rassismus bzw. Ausländerfeindlichkeit. Diese Botschaft zum Versuch einer schrittweisen gesellschaftlichen Veränderung durch schrittweises Handeln mag vielleicht ankommen, wenn dafür genügend engagierte Leute dieses Problem ehrlich angehen wollen.
Ein kreatives, originelles Buch mit aktueller Gesellschaftskritik! 3,5*

Bewertung vom 26.12.2025
Ware, Ruth

The Woman in Suite 11


sehr gut

Spannung in reizvollem Ambiente
Das Cover verrät bildlich nicht direkt den Thriller, erinnert eher an luxuriöses, sommerliches Luxusambiente und Liebesgeflüster in maritimer Farbgebung. Den 1. Krimi dieser Autorin mit den traumatischen Erlebnissen der Hauptfigur Laura (Lo) Blacklock auf dem Kreuzfahrtschiff kenne ich nicht. Die Beschreibungen des Settings im Schweizer Nobelhotel am Genfer See und auch im Old Manor, England gefallen. In manchen Passagen in diesen fünf Teilen wirkt die Hauptfigur Lo zu leichtgläubig, zu naiv und nimmt ihren Handlungsweisen leider die Glaubwürdigkeit. Sich selbst in solch lebensgefährliche, kriminelle Situationen unter Abgabe des Reisepasses zu bringen, macht rational wenig Sinn. Eigentlich würde man aufgrund ihrer lebensbedrohlichen Vorerfahrungen auf dem Kreuzfahrtschiff mehr Vorsicht und Skepsis von ihr erwarten. Natürlich machen die Beschreibungen ihrer Alpträume und Panikattacken sie sehr menschlich. Während Lo‘s Charakter für Wahrheitsliebe und Selbstlosigkeit steht, sorgt der unstete, nicht vertrauenswürdige Charakter von Carrie als gefährdeter Gegenpol für viele interessante Überraschungen. Die Nebenfiguren Ben, Los Ex-Mann, und der Fotograf Cole – zunächst auch im Hotel am Genfer See - tauchen unerwartet auch in England erneut auf und besorgen Lo den Anwalt Dan, nicht ganz schlüssig und durchschaubar konstruiert. Ansonsten ist der Krimi logisch nachvollziehbar, besteht die Plausibilitätsprüfung.
Insgesamt eine spannende Geschichte voller Überraschungen mit interessanten Protagonisten.

Bewertung vom 21.12.2025
Alvarenga, Daniel

Ruf der Leere


weniger gut

Nicht ganz überzeugender Roman
Das Cover verrät aufgrund der Farbgebung – kein blutrot auf finsterem oder sogar schwarzem Grund – nicht direkt auffällig, dass es sich um einen Thriller handelt. Der Prolog springt sofort in die seltsame Szenerie: eine dramatisch verlaufende Party mit sieben problematischen Personen an einem Wochenende in einer Waldhütte ohne Handyempfang. Die Beziehung der drei Hauptfiguren zueinander - Felix, Ben und Laura – wird in unregelmäßig eingeschobenen Rückblicken beleuchtet. Der Text des Prologs mit Felix Riedhof um 20:34 Uhr wiederholt sich auf S. 180 unten. Inhaltlich geht es um DIE GOLDENE REGEL, diskutiert im Rahmen eines universitären Seminars zu Medizinethik. Die Grenzen zu dieser ältesten ethischen Grundregel des respektvollen Miteinanders werden von Felix eindeutig überschritten, lassen ihn zu einem Psychopathen mutieren. Sein Experiment während des Sommersemesters rund um Laura entgleitet ihm, schadet nicht nur ihr. Seine Überzeugung, dass Moral nur ein Privileg derer ist, die sonst keine Sorgen haben, wird betont durch das mysteriöse Auftreten des abgewrackten, alten Mannes, stellvertretend für den Tod. Dessen wenig glaubhafte Botschaft, dass nach Mitternacht nur einer überleben wird und diesen sieben jungen Leuten die Selektion überlassen ist, sorgt zwar für nicht so recht greifbare Spannung, verwirrt zum offenen Ende hin eher. Das Geschehen rund um den Vater, Prof. Thomas Riedhof, passt sich nicht harmonisch in das Hauptgeschehen ein, wirkt zu konstruiert. Auf das Gefühl des L‘appel du vide, der Leere der Seele wird auf S. 158 hingewiesen. Dieses tiefe Gefühl der Unerfülltheit, Einsamkeit, Sinnlosigkeit und Entfremdung, oft z.B. ausgelöst durch Verlust oder Überforderung oder dem Gefühl, nicht verbunden zu sein, trifft auf diese Protagonisten in verschiedener Weise zu. Ihr Weg zur Selbstfindung, wieder Sinn und Verbindung zu finden, endet abrupt. Die emotionale Distanz, das Gefühl der Abgeschnittenheit von sich selbst und anderen trifft besonders auf Felix zu. Seine mangelnden emotionalen Regungen verdrängt er durch leere sexuelle Beziehungen, diese verstärken hier eher sein Problem.
Die eingewobenen Rückblicke und der Hauptstrang der Hüttenparty ergänzen sich nicht harmonisch, wodurch der chronologische Vorgang leider nur erschwert zu packen ist. 2,5*

Bewertung vom 18.12.2025
Kiefer, Lena

Royal Heist Bd.1


sehr gut

Royals im Scheinwerferlicht
Das Cover mit einer filigranen, königlichen Krone wirkt im ersten Moment langweilig, doch durch den partiellen Auflösungseffekt dieses goldenen Statussymbols kommt es dem Romaninhalt sehr nahe. Ein intelligent aufgezogener Plot voller mutiger, nach Gerechtigkeit schreiender Raubzüge im Sinne von Robin Hood, aber auch Liebesszenen, kreative Dialoge oder Gedankenspiele voller Gewissensbisse, Rückbesinnungen mit unverarbeiteten Traumata wechseln sich ab im atmosphärischen Ambiente zwischen royalen Szenen und der Crew von Betrügern um Darcy und ihrem Bruder Linus. Besonders ihre Doppelrolle als verarmte, adelige Schottin namens Davina LeKlerc , Kellnerin im 34 Mayfair, Stammlokal des Kronprinzen Spencer, wirkt sehr konstruiert und eigentlich unrealistisch hinsichtlich ihres Fauxpas beim Servieren und der anschließenden gemeinsamen Heimfahrt in royaler Begleitung – ohne Bodyguards. Das Ambiente der britischen Upper Class rund um ihre Traditionen wie Afternoon Teatime mit Battenberg Cake und Sandwiches, oder ihre konservativen Einstellungen, Kleidercodes und Etiketten – all das ist gut beschrieben. Die Motive zur persönlichen Rache gegenüber der Queen entwickeln sich für Darcy/Davina mit zunehmender Dramatik zu einem Gewissenskonflikt, der überzeugend herausgestellt wird. Die zwei charakterlich verschiedenen Gruppierungen – hier die Queen und Spencer als beinharte Figuren, dort clevere, emotional agierende Protagonisten wie Tristan, Darcy und Linus – verursachen teils explosive Dynamik. Interessante Nebenfiguren beleben ebenso das Geschehen rund um Parties, Ausritten, Bällen, Dinner und Einbrüchen. Der finale Cliffhanger schreit nach einem Folgeroman. Ein angenehmer Schreibstil.

Bewertung vom 10.12.2025
Céspedes, Alba de

Was vor uns liegt


sehr gut

Das Leben von acht Frauen in Rom ab 1934 – ein interessantes Gruppenporträt
Verschiedenen sozialen Schichten entwachsen folgen 8 junge Frauen einem Studium an der Universität in Rom oder Ähnlichem über vier Jahre, in einem katholischen Konvikt mit strengen Regeln lebend. Trotz vieler gemeinsamen Hoffnungen und Träumen von Selbstbestimmung in Freiheit, befreit von Traditionen, geltenden Moralvorstellungen und patriarchischen Entscheidungen, hegen sie auch ihre Geheimnisse, verfallen in Lügen. Die althergebrachte Rolle der Frau neben Ehemann und Kindern wird von ihnen in der Stadt Rom in Frage gestellt, so weit weg von Eltern, dem Dorf, dem gewohnten Freundeskreis. Neben der gemeinsamen Bildungserfahrung teilen sie auch ihre Ängste und ihre Sehnsüchte rund um das Thema Liebe. Welche Bedeutung das Thema Geld auf das Leben von Frauen besonders in prekären Verhältnissen haben kann, wird breit dargestellt. Das Erwachsenwerden und die Unabhängigkeit der unverheirateten Frau, auch mit Kind, wird geistreich neben die Frau im häuslichen Kontext gestellt. Durch die Einbeziehung des Spanischen Bürgerkriegs ab 1936 wird auch Politisches und Historisches im Roman verarbeitet. Der Schreibstil überzeugt besonders in den realistischen Dialogen um Freundschaft und moralische Werte.
Ein interessanter Gesellschaftsroman über Zeitgenossinnen der Autorin.

Bewertung vom 06.12.2025
Herron, Mick

Down Cemetery Road


gut

Hausfrau im Geheimdienst-Thriller – etwas unrealistisch
In sieben Kapiteln entwickelt sich aus einer ungewöhnlichen Dinner-Szene mit nachbarlicher Explosion im verstaubten Oxford ein Geheimdienst-Plot mit ungemütlichen und für tot erklärten Kandidaten auf einer unbenannten Insel vor Schottland. Die zunächst unscheinbare Hauptfigur Sarah Tucker, gelangweilte Hausfrau, kommt auf ihrer Suche nach dem 4-jährigen Mädchen Dinah recht unglaubwürdig daher. Ihr Agieren mit dem Privatdetektiv Joseph Silvermann erscheint unrealistisch, durchsetzt von Nebensächlichkeiten. Sarahs langsame Verwandlung in eine rationale, unerschrockene Person an der Seite des Soldaten Michael Downey wirkt glaubwürdiger. Der ruhige Vorort von Oxford versprüht leider nicht das besonders geheimnisvolle Ambiente einer altehrwürdigen Universitätsstadt, sorgt aber bis zu den stürmischen Vorkommnissen an der schottischen Küste am Ende des Plots für einen spannenderen Handlungsverlauf mit zunehmender Vehemenz. Zoë Boehm als Ermittlerin der Detektei Oxford Investigations JOSEPH SILVERMANN BA. taucht erst spät und wenig überzeugend in der Handlung an der Seite von Sarah auf. Das Netz der kaltblütigen Söldner, die im Auftrag der britischen Regierung aufräumen, wird teilweise zu langatmig beschrieben. Der Schreibstil gefällt in seiner humorigen bis sarkastischen Art.

Bewertung vom 01.12.2025
Stern, Anne

Die weiße Nacht


sehr gut

Überzeugende Motive – Morde schlüssig enträtselt.
Das Cover zeigt eine historische Schwarz-Weiß- Aufnahme des beschädigten Reichtaggebäudes in Berlin mit Erwachsenen auf einem fahrenden Kettenkarussell davor, festgehalten durch ein Objektiv. Der fehlende Schnee und die leichte Bekleidung der Personen lassen eher auf eine sommerliche Periode schließen. Der Buchtitel verrät jedoch schon den Schneezauber und die Kälte im Hungerwinter 1946/47. Mit Kriminalkommissar Alfred König und der Fotografin Lou Faber als Hauptfiguren werden nicht nur Mordfälle aufgeklärt, sondern auch deren tragische Vergangenheit mit ihren kaum zu verschleiernden Geheimnissen. Die bedrückende Atmosphäre voller Kälte, Hunger, Mangelwirtschaft und Improvisation in der 4-Sektorenstadt steht lebendig und überzeugend neben der glaubwürdigen Figurenzeichnung zwischen beklemmenden Nachkriegsruinen. Thematisiert werden Widerstandsbewegungen wie z.B. der Kreisauer Kreis, das Zuchthaus und die Sicherungsanstalt Brandenburg-Görden oder auch die Städtische Nervenklinik für Kinder und Jugendliche Wiesengrund. Dass viele führende Repräsentanten des NS-Staates schuldfrei aus den Nürnberger Prozessen davonkamen, fand verständlicherweise wenig positives Echo in der Bevölkerung, auch nicht bei dieser Mordkommission.

Eine gelungene Verknüpfung deutscher Geschichte mit einem atmosphärisch bedrückenden Nachkriegskrimi.

Bewertung vom 01.12.2025
Beyer, Martin

Elf ist eine gerade Zahl


weniger gut

Ein hartes Krankheits-Schicksal in Mutter-Tochter-Beziehung
Auf zwei Erzählebenen verlaufen zeitlich parallel im Wechsel sehr verschiedene Abläufe: Zunächst geht es um eine spezielle Mutter-Tochter-Beziehung in nicht alltäglicher Situation rund um eine erneute, schwerwiegend belastende Krankheit mit erneuter OP. Im Verlauf des kritischen Krankenhausaufenthalts der Tochter setzt die Erzählung der Mutter Katja Altenberg ein, um ihre kranke, angstvolle Tochter Paula zu beruhigen. Diese fantasievolle Geschichte, betitelt Der Fuchs und das Mädchen, nimmt zu viel Raum ein. Besonders die körperlichen und seelischen Belastungen der überfürsorglichen Mutter werden betont. Auch der normalerweise schon schwierige Umgang mit Teenagern wie Paula im Alter um 14 Jahre wird gut beschrieben. Die Belastung im Finden der richtigen Worte bis zum Aushalten von Schweigen bei allen Beteiligten rund um den einschneidenden Lungeneingriff bei Paula ist zwar spürbar, erfasst jedoch im Schreibstil emotional nicht tiefgehend.

Ein wichtiges Thema, doch ist der Roman insgesamt keine stimmige Einheit. 2,5 *

Bewertung vom 30.11.2025
Lillegraven, Ruth

Düsteres Tal


gut

Eine Serienmörderin in einem politischen Ambiente
Der 1.v on drei Teilen dieses Thrillers spielt in Nairobi und endet mit einem Terroranschlag auf den norwegischen Entwicklungsminister. Die unerschrockene Hauptfigur Clara Lofthus wird in ihrem Heimatland als Heldin nach diesem Attentat gefeiert. Zurück in Olso, erneut in machtvoller politischer Position, holen diese Ich-Erzählerin ihre skrupellosen Taten aus 2 Vorgängern dieser Trilogie ein, während ihr Gesetzentwurf zum Kinderschutzgesetz nur relativ kurz Erwähnung finden. Ihr Partner Axel und Erik Heier, investigativer Journalist, sorgen aus ihrer Perspektive abwechselnd für weitere spannungsvolle Momente. Wird der Charakter von Axel als naiv, schwach und gelangweilt gezeichnet, erscheint Erik Heier mit seinen Potcasts engagiert und zielstrebig zu sein. Im 2. Teil zeigt sich Clara weiterhin als emotionslose Karrierefrau, die erneut mit mörderischem Kalkül vorgeht. Schließlich konzentriert sich der Plot im 3. Teil auf Clara Lofthus als furchtlose Psychopathin, deren Spuren sich in Westnorwegen schließlich verlieren. Dieses Mysterium um sie wird nicht entschlüsselt. Das offene Ende mag nicht jedem Leser gefallen, einige Fragen zur Widersprüchlichkeit von Claras Charakter – hier soziales Engagement für Kinderschutz und zu Frauenrechten, dort manipulative, emotionslose Racheakte - mögen keine klare Antworten finden.
Insgesamt ein Thriller mit moderatem Spannungsbogen.