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Blümchen
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Dresden

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Insgesamt 193 Bewertungen
Bewertung vom 26.08.2025
Collins, Tessa

Die Nelkentochter / Die Blumentöchter Bd.3


ausgezeichnet

Spurensuche auf der exotischen Insel Sri Lanka

Die „Blumentöchter“-Serie von Tessa Collins (dies ist das Pseudonym einer deutschen Autorin) ist von der Konzeption her angelehnt an die 7-Sisters-Reihe von Lucinda Riley, die ja ein Riesenerfolg war. Und auch Tessa Collins lässt junge Frauen ihre familiären Wurzeln auf der ganzen Welt ergründen. Dieser dritte Band führt die Leser nach Sri Lanka auf eine Teeplantage und hält wieder viele Geheimnisse, aber auch viel Fernwehpotential bereit.

Wir begleiten diesmal Lali, die im heimischen Cornwall orientierungslos von einem Job zum nächsten trudelt, aber bei keiner der Tätigkeiten wirklich Freude verspürt. Sie lebt mit ihrem Vater zusammen, ihre asiatisch-stämmige Mutter hat die Familie verlassen, als Lali noch ein kleines Kind war. Als die junge Frau nun ein Notizbuch entdeckt, in dem ihre Mutter Gedichte hinterlassen hat, spürt sie in sich den Drang, ihre Wurzeln zu ergründen und selbst nach Sri Lanka zu reisen.

Es wird eine Reise zu ihrer Familiengeschichte, aber auch zu sich selbst und natürlich findet Lali auf Sri Lanka auch ihre große Liebe (das ist, glaube ich, bei solchen Büchern kein Spoiler) ;-)

Auch wenn die groben Züge der Story natürlich absolut vorhersehbar sind, wie es in diesen Familiengeschichten eben üblich ist, hat mich das Buch wunderbar unterhalten. Denn es bringt einem auch die sehr wechselvolle und leider auch gewaltträchtige Geschichte Ceylons / Sri Lankas näher und weckt andererseits Fernweh mit vielen intensiven Beschreibungen der Landschaften dieser exotischen Insel.

Lalis Weg zur „Selbstfindung“ ist sehr nachvollziehbar beschrieben und ich konnte die junge Frau an vielen Stellen verstehen bzw. ihre Entscheidungen nachvollziehen. Natürlich ist das eine oder andere „Drama“ ein wenig zugespitzt und Lali agiert auch mal ein wenig gekünstelt naiv - aber das ist einfach der Dramaturgie solcher Romane geschuldet und fiel hier nicht allzu sehr ins Gewicht.

Mich persönlich haben leider die Gedichte von Lalis Mutter überhaupt nicht angesprochen. Sie waren oft nach dem Muster „reim dich oder ich schlag dich“ gestrickt und wirkten auf mich einfach gekünstelt und nicht wirklich echt. Zumal ich im Hinterkopf hatte, dass die Geschichte dem Grunde nach in Cornwall spielt und sie dadurch eigentlich in Englisch verfasst wären - hier aber auf deutsch und dann auch noch in klassischer Reimform im Buch enthalten waren. Das passte für mich irgendwie überhaupt nicht.

Ansonsten hat mich das Buch absolut in seinen Bann ziehen können, von der Stimmung her, vom exotischen Setting her, aber auch mit den zwischengeschobenen Kapiteln, die die tragische Geschichte von Lalis Großmutter Saliya erzählen - das war super spannend und ich habe oft gedacht „wie konnten Menschen so etwas nur aushalten“??? Tatsache ist, dass Saliyas Geschichte wohl leider exemplarisch für einige Schicksale steht. Und ich finde es gut, dass die Autorin versucht, diese tragischen Begebenheiten aufzuarbeiten und den Lesern näherzubringen, welch gewaltvolle Geschichte die Insel in der jüngeren Vergangenheit hatte.

Nachdem mich Band 1 (Mexiko) der Blumentöchter absolut begeistert hatte und ich von Band 2 (Island) leider ein wenig enttäuscht war, konnte mich Tessa Collins mit diesem 3. Teil wieder von der Reihe überzeugen. Es ist wunderbare Entspannungslektüre, die einen immer wieder in ferne Länder entführt und mit der man eine Auszeit auf Terrassien oder Balkonien mit richtig viel Urlaubsstimmung füllen kann! Ich freu mich auf den nächsten Teil, der im Januar erscheinen und uns Leser ins ferne Neuseeland führen wird.

Bewertung vom 20.08.2025
Bailey, Anna

Unsere letzten wilden Tage


sehr gut

So wild und unberechenbar wie die Natur der Sümpfe

 

Zart besaitet sollte man nicht sein, wenn man diesen Roman liest, der in den Sümpfen Louisianas spielt. Denn so wild, unberechenbar und zuweilen auch grausam wie die Natur der Sümpfe ist auch dieser Roman.

 

Während flirrende Hitze über der Landschaft liegt und die Luftfeuchtigkeit einem den Atem nimmt, rückt die Polizei von Jacknife aus, um eine Tote aus den Sümpfen zu bergen. Loyal ist als Vertreterin der Lokalpresse vor Ort, allerdings ist sie selbst gerade erst in ihren Heimatort zurückgekehrt. Und als sie sieht, wer die Tote ist, dreht sich ihr der Magen um. Ihre ehemals beste Freundin Marianne „Cutter“ Labasque liegt dort. Doch Loyal gibt sich nicht mit den vermeintlich einfachen Antworten zufrieden, die die Polizei findet. Sie gräbt weiter und tiefer - und stößt in ein Wespennest, was eine Spirale von Gewalt auslöst.

 

Die Autorin schafft es in diesem Roman unheimlich gut, die Sümpfe Louisianas zum Leben zu erwecken und die Stimmung in einem ländlichen Teil der USA, der geprägt ist von fast schon fanatischer Religion und einem mitunter fragwürdigen Werteverständnis, wiederzugeben. Der Ton ist rauh, genau so wie die Natur hier unerbittlich ist. Menschen leben von der Alligatorjagd - ein Knochenjob, und ein gefährlicher dazu. Menschen leben hier und Menschen sterben hier - und wer hier lebt, hat das Sterben akzeptiert. Deshalb sollte man als Leser hier auf keinen Fall eine Südstaatenromantik erwarten, denn die wird man nicht bekommen. Statt dessen spitzt sich die Geschichte immer mehr zu und die Hinweise verdichten sich, dass auch Personen, die vermeintlich eine weiße Weste haben sollten, das ganze Gegenteil von dem sind, was sie scheinen.

 

Hauptfigur Loyal war für mich aber leider kein Charakter, der mir dauerhaft in Erinnerung bleiben wird - denn ihr Sidekick, der junge Journalist Sasha, war dafür als Figur einfach zu überragend und zu schillernd. Er hat Loyal im wahrsten Sinne des Wortes überstrahlt, mit seinen pinken Haaren und den Strass-Steinen auf der Jeans. Die Szene mit den wieder angeklipsten Haaren nach einem schief gegangenen Versuch, sich selbst die Haare zu schneiden, wird mir definitiv in Erinnerung bleiben!

 

Ich denke, die Story und die Zusammenhänge werden bei mir nicht soooo lange nachhallen - aber die Stimmung und die Bilder der Landschaft schon. Und dieses Gefühl von flirrender Hitze, Schwüle, Moskitos und der permanent latenten Gefahr von Alligatorangriffen. Diese Bilder im Kopf werden bleiben, und zwar lange.

 

Wenn ihr vor Spannungsromanen nicht zurückschreckt, die an der einen oder anderen Stelle ein wenig explizter in der Gewaltdarstellung sind und wenn ihr Bücher mögt, die unheimlich stimmungsvoll das Lebensgefühl einer Gegend vermitteln - hier des ländlichen Louisiana - dann könnt ihr mit diesem Roman nichts falsch machen! Und wer schon immer mal mal auf Alligatorjagd gehen wollte - ganz ohne die Gefahr, als Snack zu enden - der sollte diesem Roman ebenfalls eine Chance geben!

Bewertung vom 16.08.2025
Lagerlöf, Ulrika

Wo die Moltebeeren leuchten (Die Norrland-Saga, Bd. 1)


sehr gut

In den tiefen Wäldern Nordschwedens…solange es sie noch gibt

 

In diesem stimmungsvollen Roman werden wir auf zwei Zeit-ebenen nach Nordschweden entführt:

 

Zum einen erleben wir, wie die junge Siv im Jahr 1938 als 17jährige in einem Waldarbeitercamp als Köchin zu arbeiten beginnt. Mitten im tiefsten Winter, für drei ewig lang erscheinende Monate. Zum anderen begleiten wir Eva, die bei einem Forstunternehmen arbeitet, in ihre alte Heimat nach Nordschweden, wo sie in einem Konflikt zwischen ihrem Arbeitgeber und Umweltschützern vermitteln soll.

 

Wie sich schnell herausstellt (und ich denke das ist kein Spoiler), ist Siv die Großmutter von Eva und anhand dieser beiden Frauen erleben wir die Gegend mit ihren Menschen und Problemen in zwei verschiedenen Jahrhunderten.

 

Während Eva sich heute mit radikalen Umweltschützern auseinandersetzen muss, die auch nicht vor Gewalt zurückzuschrecken scheinen, kämpft Siv mit den Widrigkeiten der Natur bei strengem Frost und muss sich unter 10 Waldarbeitern behaupten.

 

Die Geschichten beider Frauen spiegeln die Geschichte des Landes, die auch von Ausgrenzung und fehlender Chancengerechtigkeit zeugt. Außerdem zeigt sie auf wie schwierig es ist, zwischen den Bedürfnissen von Mensch und Natur zu gewichten. In Sivs zögerndem Kennenlernen eines jungen Sami wird auch wiedergespiegelt, wie schwierig die Bedingungen für die Ursprungsvölker im 20. Jahrhundert wurden und wie ihnen immer mehr ihrer natürlichen Lebensform abgerungen wurde, bis sie kaum mehr eine andere Chance hatten, als sich den Schweden anzupassen und ihre Kultur teilweise aufzugeben. Dieser Part der Geschichte ist mir besonders nahe gegangen.

 

Mit Evas Geschichte bin ich leider nicht so ganz warm geworden, obwohl die sogar einige Spannungselemente vorweisen konnte. Während Evas Aufenthalt in der nordschwedischen Kleinstadt will offenbar jemand, dass sie schnellstmöglich wieder verschwindet und versucht sie aus dem Hinterhalt einzuschüchtern. Dies treibt die Geschichte voran, da man wissen möchte, wer hier seine Finger im Spiel hat und aus welchen konkreten Gründen.

 

Insgesamt konnte mich der historische Teil des Buches deutlich mehr packen als der Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt. Ich hätte mir daher Sivs Geschichte als (durchgehend) historischen Roman gewünscht. Lesenswert fand ich beide, aber faszinierter war ich einfach von Sivs Geschichte. Aber es gibt ja sehr viele Leser, die Romane auf zwei Zeitebenen lieben - und die werden mit diesem Buch definitiv einen guten Griff tun!

Bewertung vom 22.07.2025
Kornberger, Ruth

Die Spur der Bambusbären


sehr gut

Von Fluch und Segen

 

Ja, sie sind putzig. Mit ihrem schwarz-weißen Fell, den schwarzen Ringen um die Augen und dem dicken, vollen Teddy-Gesicht sind Pandas trotz ihrer Größe der Inbegriff von Niedlichkeit. Und deshalb setzten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts so einige darauf, sie zur Attraktion in Zoos zu machen. Andere fanden, dass sie auch ausgestopft beeindruckend seien und schossen sie ab. Ein Abenteurer wollte sie aber auf jeden Fall lebend in die USA bringen: Bill Harkness. Als er auf einer Expeditionsreise starb, setzte sich seine Witwe in den Kopf, sein Vermächtnis zu erfüllen und selbst einen der Bären aufzuspüren und in die USA zu bringen. Die „Panda-Lady“ war geboren.

Inwieweit Ruth Harkness‘ Motive wirklich Artenschutz war, mag dahinstehen – auf jeden Fall brachte es ihr ein riesiges Presse-Echo ein, als sie tatsächlich mit einem Baby-Panda namens Su Lin in Amerika eintraf. Während sie sich einerseits in dem Ruhm sonnte, das begehrteste Tier der Welt an die Öffentlichkeit gebracht zu haben, regte sich in ihr gleichzeitig der Beschützerinstinkt. Sie war keine Wissenschaftlerin, sondern „nur“ jemand, der gute Kontakte nach Asien und einen starken Willen hatte. Ob sie mir sympathisch gewesen wäre, wenn ich sie kennengelernt hätte? Ich weiß es nicht...
 

Ruth Kornberger erzählt in diesem Roman ihre Geschichte und damit gleichzeitig die der Pandabären. Lange Zeit galten sie als Mysterium (ähnlich dem Yeti) und als dann tatsächlich lebende Pandas in die USA gebracht wurden, verursachte das einen regelrechten Panda-Hype. Doch die nach Übersee verbrachten Tiere konnten außerhalb ihres natürlichen Lebensraums selten lange überleben und so war der Aufbau einer Zucht im Zoo ein utopisches Unterfangen. Und wie man so schön sagt: die Dosis macht das Gift. Je begehrter die Tiere waren, desto mehr setzte man ihnen nach. Und das hatte verheerende Folgen. Heute kennen wir das Ausfuhrverbot von Pandas – nur selten und nur an ausgewählte Staaten werden Tiere von China verschenkt. Dies alles nahm seinen Anfang in den 1930er Jahren und das ist der Plot, den Ruth Kornberger hier aufbereitet.

 

Ich habe den Roman gern gelesen und konnte mir die Expeditionen und Ruth als Person sehr gut vorstellen. Allerdings war sie mir in ihren Ansichten und ihrem Handeln nicht immer sympathisch. Dafür kann natürlich die Autorin nichts – sie hat Ruth so dargestellt, wie sie sie in ihrer Recherche kennengelernt hat. Sie war ein exzentrischer Mensch, der gern im Mittelpunkt stand und sicherlich auch manipulativ vorgehen konnte um zum Ziel zu kommen. Ihre Liebe zum Pandababy Su Lin hatte etwas Verzweifeltes und Vermenschlichendes, das dem Tier wohl nicht immer gut tat. Andererseits machte sie eine Entwicklung durch und lernte im Laufe der Zeit, dass weniger manchmal mehr ist – in welcher Entscheidung dies gipfelte, muss aber jeder selbst lesen.

 

Mit „Die Spur der Pandabären“ wird ein spannendes zoologisches Thema aufgegriffen, das mich mitnahm auf eine Reise in die tiefen Bambuswälder Asiens. Fernweh kuriert, entspannte Lesestunden erlebt und noch etwas dabei gelernt – ich fühlte mich gut unterhalten und empfehle das Buch gern weiter.

Bewertung vom 15.07.2025
Tizzard, Gemma

Hier oben sind wir unendlich


ausgezeichnet

Wenn man dieses Buch liest, sollte man schwindelfrei sein...

In den 1930er Jahren hat der Fotograf Lewis Hine Bilder vom Bau des Empire State Buildings veröffentlicht. Und wer kennt heutzutage nicht das ikonische Foto mehrerer Arbeiter, die hoch über der Stadt New York ungesichert auf einem Stahlträger sitzen? Das sieht zugegebenermaßen spektakulär aus - doch wie musste es sich anfühlen, permanent in einer solchen Höhe schwere körperliche Arbeit zu verrichten und an jedem Arbeitstag sein Leben aufs Spiel zu setzen?

 

Gemma Tizzard fängt dieses Gefühl in ihrem Roman „Hier oben sind wir unendlich“ ein. Und auch wenn der Titel einen Hauch von Freiheit und Abenteuer vermittelt - der Ton des Buches ist deutlich ernster als ich das anhand des Covers und des Titels erwartet hätte. Und hat mich insofern positiv überrascht, denn es war eben nicht nur eine locker-leichte historische Liebesgeschichte hoch über den Dächern der Stadt, sondern vorrangig der Bericht über die Lebensumstände der Arbeiterklasse kurz nach dem großen Börsencrash von 1929. Und die sahen alles andere als rosig aus.

 

Man kann sich natürlich darüber streiten, wie realitätsnah oder -fern es ist, dass sich die Zwillingsschwester eines irisch-stämmigen Stahlarbeiters als dieser Bruder ausgibt und seinen Job ausübt. Hier habe ich anfangs beim Plot schon ein kleines Auge zudrücken müssen, um die Geschichte so anzunehmen, wie sie konstruiert ist.

 

Allerdings hat die Schilderung der harten Arbeitsumstände auf der Baustelle des Empire State Building schon einen sehr authentischen Eindruck auf mich gemacht und zeugte von guter Recherchearbeit (im Nachwort wird auch auf mehrere Bücher hingewiesen, aus denen die Autorin ihr Wissen gezogen hat). Ich selbst hatte zeitweise ein wenig Probleme, mir die Situation, die Arbeitsabläufe und das tatsächliche Umfeld auf der Baustelle bildlich vorzustellen. Wenn da von schmalen Balken in 100 m Höhe die Rede war und einer Stahlkonstruktion, auf der Vierergruppen von Arbeitern in bestimmten Arbeitsabläufen beschäftigt waren, überforderte das zeitweise meine konkrete Vorstellungskraft. Hier hätte es mir sehr geholfen, wenn ein paar der Fotos von Lewis Hine abgedruckt gewesen wären, damit man sich ein besseres Bild machen kann. Aber vielleicht war das auch ein lizenzrechtliches Problem. Ich habe das dann einfach parallel im Internet recherchiert und einige Artikel zum Bau des Empire State Building gelesen sowie Fotos angeschaut.

 

Das Buch vermittelt aber insgesamt einen guten Eindruck vom Leben und Streben der „einfachen“ Leute im New York der 1930er Jahre. Die Figuren fand ich größtenteils gelungen dargestellt, allen voran die italienische Familie Gagliardi, die sich mit ihrer Lebenslust und ihrem Hang zu kulinarischen Genüssen und großen Familienessen nie unterkriegen lässt, egal wie misslich die Umstände sind. Insbesondere Grace’s Besuch bei den Gagliardis zum Abendessen war eine Szene, die ich rundum gelungen fand und die das Lebensgefühl der italienischen „Sippe“ wunderbar eingefangen hat.

 

Fazit:

Auch wenn mich die Ausgangssituation des Plots noch nicht überzeugen konnte, hat sich die Geschichte schließlich doch in mein Herz geschlichen, weil sie eine so ungewöhnliche und wenig beschriebene Thematik hat und für mich zumindest in den Beschreibungen des Alltagslebens sehr authentisch rüberkam. Alles in allem ist es vorrangig Unterhaltung und so leicht liest sich das Buch dann auch - neben entspannender Feierabendlektüre hat man hier dennoch das Gefühl, seinen Horizont zu erweitern. Eine positive Leseüberraschung, für die ich gern 4,5 Sterne gebe.

Bewertung vom 09.07.2025
Gosling, Sharon

Der alte Apfelgarten


sehr gut

Schöne Familiengeschichte

 

Mit „Der alte Apfelgarten“ hat Sharon Gosling erneut eine entspannende und entschleunigende Geschichte geschrieben, mit der man den Urlaub oder den Feierabend perfekt genießen kann.

 

Im Mittelpunkt stehen die Schwestern Bette und Nina. Während Nina die elterliche Farm in Schottland übernommen hat und mehr schlecht als recht über die Runden kommt, hat Bette Jura studiert und sich einen Platz in einer großen Londoner Kanzlei erkämpft. Nach dem Tod des Vaters und der Entdeckung, dass die Farm hoffnungslos verschuldet ist, müssen sich die ungleichen Schwestern wieder zusammenraufen.

 

Hoffnung gibt die Entdeckung eines alten Apfelhains, der direkt an der Küste bisher ein verstecktes Dasein fristete. Lange schon gibt es die Legende, dass irgendwo an der Küste einst die besten Cider-Äpfel der Welt wachsen… haben die Schwestern damit vielleicht die Chance, ihre Farm zu retten?

 

Natürlich gibt es auch in diesem Familienroman viele Verstrickungen, einige Intrigen und schlussendlich sogar ein dramatisches Finale. Dennoch ist der Roman ein typisches „Wohlfühlbuch“, mit dem man gern seine Freizeit verbringt und in dessen Geschichte man tief eintauchen kann. Sharon Gosling hat Figuren geschaffen, denen man nachfühlen kann, warum sie so reagieren wie im Buch geschildert. Die Charaktere fühlen sich weitestgehend „echt“ an und besonders Ninas Sohn ist wirklich ein Herzchen! Seine kindlichen Versuche, bei der Rettung der Farm zu helfen sind einfach nur supersüß und wie er versucht, den Apfelhain zu beschützen ist richtig goldig.

 

Kurzum: diese Geschichte ist genau das Richtige für den Urlaub oder ein Wochenende auf der Gartenliege. Ein Rundum-Wohlfühl-Buch, das zwar das Rad nicht neu erfindet, aber gemütliche und entspannende Lesestunden beschert.

Bewertung vom 18.06.2025
Reid, Taylor Jenkins

Atmosphere


sehr gut

Der Weg zu den Sternen

Wenn Taylor Jenkins Reid ein neues Buch herausbringt, ist spätestens seit „Die sieben Männer der Evelyn Hugo“ die Aufregung der Leserschaft groß. Ihre Bücher gelten als Garanten für nahezu perfekte Unterhaltung und für Geschichten, die sofort jeden in ihren Bann ziehen.

Nun wagt sie sich mit „Atmosphere“ weg von Storys aus dem Bereich der Reichen und Schönen und greift wortwörtlich nach den Sternen. Ihre neue Geschichte ist angesiedelt im Umfeld eines Astronautentrainingsprogramms in den 1980er Jahren und thematisiert zum einen die harten Bedingungen, unter denen die wenigen Auserwählten ausgebildet wurden sowie den Konkurrenzkampf untereinander, zum anderen aber auch eine Liebesgeschichte zwischen zwei Anwärtern – mit all den Schwierigkeiten, die diese zum damaligen Zeitpunkt und in diesem Umfeld mit sich brachte.

Wie immer erzählt die Autorin ihren Plot souverän. Auf zwei Zeitebenen begleiten wir Joan Goodwin – einmal durch ihre Ausbildung und einige Jahre später, als sie bei einer verhängnisvollen Mission ihrer Ausbildungskollegen im Kontrollzentrum sitzt und für den Funkkontakt mit dem Space Shuttle verantwortlich ist. Als dort unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten und das Leben der Astronauten am seidenen Faden hängt, wird damit ihr gesamtes Lebenskonzept auf die Probe gestellt.

Anfangs fand ich leider nur den Erzählstrang um die laufende Space-Shuttle-Mission interessant. Beim zweiten Erzählstrang, in der sich die Ausbildungsklasse kennenlernt und versucht, trotz Konkurrenzkampf zusammenzuwachsen, habe ich mich gefragt, wo das denn hinführen soll und fand es etwas blass und anfangs teilweise nichtssagend. Um nicht zu sagen etwas langweilig. Als ich dann merkte, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt, war ich aber positiv überrascht, wie gut letztlich beide Erzählstränge ineinandergreifen und Sinn ergeben. Vielleicht hätte man am Anfang ein wenig straffen können – aber vielleicht hätte das auch die Entwicklung vorweggenommen.

Letztlich war es für mich gute Unterhaltung mit einem spannenden wissenschaftlichen Hintergrund. Durch den anschaulichen Schreibstil ist man trotz des (für Nicht-Wissenschaftler) fordernden Settings mittendrin in der Geschichte und kann ihr gut folgen. Für Fans von Taylor Jenkins Reid ist das Buch mit Sicherheit wieder eine Offenbarung, für alle anderen aber auf jeden Fall ebenfalls einen Versuch wert!

Bewertung vom 09.06.2025
McConaghy, Charlotte

Die Rettung


ausgezeichnet

 

Die Rettung? Oder Der Untergang?

 

Stell dir vor du lebst auf einer Insel, die 1.500 km vom nächsten Land entfernt ist. Stell dir vor, auf dieser Insel gibt es nur deine Familie und ca. 20 Wissenschaftler auf einer Forschungsbasis. Stell dir vor, diese Insel liegt zwischen Australien und der Antarktis - also dort, wo der Sturm peitscht und der Regen eiskalt ist. Und stell dir vor, das ist der „best case“, der Idealzustand. Doch die Realität sieht anders aus…

 

Die Forscher sind alle weg. Das Forschungsprojekt wurde aufgegeben, denn die Forschungsstation wird langsam überflutet. Immer öfter kommt die Flut den Bauten zu nah, einige sind schon ins Meer gestürzt. Das Funkgerät, die einzige Verbindung zum Festland, hat jemand zerstört. Und am Strand, halb eingewickelt in riesige Seetang-Blätter, liegt eine verletzte fremde Frau.

 

Das ist die Ausgangssituation für Charlotte McConaghys neuen Roman. Sie beschreibt eine Insel, die unwirtlich und zum Teil auch unwirklich erscheint, mysteriös und fordernd. Dominic Salt lebt seit 8 Jahren mit seinen drei Kindern auf dieser Insel, als Verwalter der Forschungsstation. Doch ihre letzten Wochen sind angebrochen, mit dem nächsten Versorgungsschiff sollen sie die Insel verlassen. Jeder der vier Menschen - Dominic, sein ältester Sohn Raff, die 17jährige Fen und der neunjährige Orly - hadert auf seine Weise damit, die Insel zu verlassen, die trotz ihrer Tücken zur Heimat geworden ist. Und dann wird das fragile Gleichgewicht dadurch gestört, dass plötzlich eine fremde Frau an Land gespült wird. Sie lebt noch und die Familie päppelt sie wieder auf. Doch wie kommt sie auf diese abgelegene Insel? Was war oder ist ihr Plan? Und kommt sie vielleicht den Geheimnissen auf die Spur, die Dominic und seine Familie auf dieser Insel hüten? Oder hat sie selbst Geheimnisse, die niemand erfahren darf?

 

Die Autorin schafft es mit ihrem Schreibstil, eine unglaublich dichte, düstere Atmosphsäre zu kreieren. Sie verleiht jeder Figur Tiefe und lässt sie mit ihren jeweils eigenen Dämonen kämpfen. Das wiederum schafft immer wieder unterschwellige Spannung, denn vieles bleibt zunächst ungesagt und insbesondere zwischen der geretteten Rowan und Dominic entwickelt sich nur langsam Vertrauen, das jedoch auch immer wieder in Frage gestellt wird.

 

So wissen auch die Leser über lange Zeit nicht, wem sie trauen können - und man kann die Charaktere und ihre Handlungen oft nicht einordnen. Dennoch ist man eingenommen von der rauhen Schönheit der Insel und ihrer Flora und Fauna. Insbesondere Fen liebt die Tiere der Insel und bewegt sich völlig unbeschwert zwischen See-Elefanten und Robben. Raff liebt die Walgesänge und fährt extra mit dem Boot hinaus, um sie aufzunehmen - kein ungefährliches Unterfangen. Orly ist wissbegierig und liebt Pflanzen. Dass die Insel ein riesiges Saatgutlager mit Samen aus allen Teilen der Erde enthält, fasziniert ihn.

 

Und so schildert die Autorin die Vergänglichkeit allen Lebens im Zusammenhang mit der Schönheit der Natur und den Gefahren des Klimawandels - eingebettet in eine spannende Geschichte über Verlust, Familie und Vertrauen. Nature Writing at its best!

Bewertung vom 02.06.2025
Ringland, Holly

Die sieben Geheimnisse meiner Schwester


sehr gut

Vielleicht wählte sie die Tiefe. Vielleicht ist sie frei.

Dies ist eines von sieben Zitaten, die sich Aura Wilding auf den Rücken tätowieren ließ, bevor sie spurlos verschwand. Ein Jahr, nachdem die junge Frau an einem tasmanischen Strand zuletzt gesehen wurde, erfährt ihre Schwester Esther durch Auras Tagebuch von den Tätowierungen. Die im Tagebuch festgehaltenen sieben Bilder geben ihr ebenso viele Rätsel auf wie die jeweils dazu gehörenden Zeilen. Esther begibt sich auf Spurensuche und fährt nach Dänemark, wo Aura einige Zeit lebte, bevor sie gebrochen nach Tasmanien zurückkehrte und kurz darauf für immer verschwand. Ihre Reise führt Esther letztlich bis auf die Färoer-Inseln und zeigt ihr, dass ihre starke große Schwester mehrere schwerwiegende Geheimnisse hütete.

 

Dieses Buch hatte für mich das Potential zu einem echten Highlight. Esthers Reise und ihre Erkenntnisse rund um ihre Schwester sind stimmungsvoll, oft auch ein wenig melancholisch geschildert und zeigen immer wieder Bezüge zu den Mythen der nordischen, aber auch tasmanisch-australischen Kultur auf. Viele Schauplätze bzw. konkrete Orte kann man sich selbst auf der Karte ansehen, auch die Skulpturen, auf die das Tagebuch Bezug nimmt, existieren wirklich.

 

Esther kann die recht umfangreiche Geschichte grundsätzlich tragen, weil sie ein vielschichtiger Charakter ist und man ihre vielen kleinen und größeren „Baustellen“ gut nachvollziehen kann. Auch dass sie wie gefangen ist in ihrer Trauer um die große Schwester, mit der sie als Kind und Jugendliche so eng war… Esther merkt schon, dass es da „Lücken“ gibt, die sie mit Erinnerungen nicht logisch füllen kann und dass da mehr sein muss als Aura ihr erzählt hat. Aber so sehr sie herausfinden möchte, was wirklich passiert ist, soviel Angst hat sie auch davor, was dabei vielleicht herauskommen wird. Als sie sich dann einen Ruck gibt und ans andere Ende der Welt fliegt, ist man als Leser schon richtig stolz auf sie, dass sie es wagt, sich allein auf Spurensuche zu begeben. Und die Begegnungen, die sie dort hat und die sie langsam wieder „gerade rücken“, sind toll in den Roman eingebettet.

 

Leider hat das Buch – gerade am Anfang und im Mittelteil - einige Längen. Mit 100 Seiten weniger und einem gestrafften Beginn hätte es für mich ein Highlight sein können. Aber leider war ich bis zur Mitte des Buches doch immer mal etwas ungeduldig, weil wenig vorwärts ging und sich der Roman ein wenig in den angesprochenen Märchen und Mythen verlor.

 

Wer mit einem eher ausschweifenden Schreibstil gut umgehen kann, der kann sich richtig fallen lassen in diese teilweise mystische, teilweise abenteuerliche, oft traurige aber trotzdem irgendwie immer hoffnungsvolle Geschichte. Alles in allem vergebe ich 4 (mit der Tendenz zu 5) Sterne und eine Leseempfehlung für diejenigen, die gern in Büchern an unbekannte Orte reisen – und auch für und an sich selbst etwas Neues entdecken wollen.

Bewertung vom 13.05.2025
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


gut

Es wird viiiiiiiel geredet – aber es passiert nicht viel

 

Die Dynamiken in einer Familie darzustellen ist nicht einfach. Sie anhand eines Romans so darzustellen, dass Leser gefesselt werden, obwohl das Buch nicht handlungsorientiert ist, ist noch schwerer. Mich konnte die Autorin mit ihrer Erzählweise leider nicht ganz einfangen.

 

In diesem Roman geht es um Margo und ihre Töchter. Margo, die eine Art „Matriarchin“ ist und das Zepter der Familie in der Hand hält, seit ihr Mann sie vor vielen Jahren verlassen hat. Die drei Töchter Rachel, Imogen und Sasha, die aufgrund ihres Alters damals unterschiedlich viel mitbekommen haben vom großen Familiendrama. Aber es prägt sie alle bis ins Erwachsenenalter.

 

Und so werden die Lebenswege aller vier „Garnett Girls“ (einschließlich Margo) rekapituliert und ihre (derzeitigen) Lebenssituationen analysiert. Alle reden miteinander – und das ist in diesem Buch Fluch und Segen zugleich. So schön es ist, ein Buch zu lesen, in dem die Protagonistinnen tatsächlich mal alle miteinander sprechen. Aber wenn sie ständig miteinander sprechen, ohne dass es zu etwas führt, wird es zäh… Hier hatte ich leider den Eindruck, dass endlos geredet wird, die Gespräche aber unproduktiv waren. Somit kam für jede Protagonistin noch ein „Erzählstrang“ dazu, in dem ihre wahren Gedanken und Gefühle thematisiert wurden. Bei mir als Leser führte das dazu, dass ich ein Gewirr von Gedanken (von vier Leuten) aufnahm, welches ich kaum wirklich sortieren konnte. Es wurden viele Baustellen aufgemacht, an denen aber gefühlt endlos gewerkelt wurde. Die Handlung hatte somit auch immer etwas von „angezogener Handbremse“.

 

Ich konnte allerdings gut eintauchen in die Atmosphäre der Isle of Wight und des Sommerhauses, auch wenn ich nichts dagegen gehabt hätte, wenn Setting und Landschaft eine noch größere Rolle gespielt hätten.

 

Was mich ein wenig irritiert hat: Alle vier Frauen schoben die Trennung von Margo und ihrem Mann darauf, dass er ein Trinker war und verteufelten dies. Gleichzeitig schienen alle vier hieraus in keinster Weise gelernt zu haben und schlugen selbst gern über die Stränge. Ich habe die Whiskys und Gin Tonics nicht gezählt, die von den Ladies verbraucht wurden… das fand ich merkwürdig und unreflektiert, da hätte ich mir mehr Auseinandersetzung mit dem Thema gewünscht.

 

Fazit:

Ein Sommerroman, der wie leichte Wellen am Strand dahinplätschert und der mich zwar gut unterhalten, aber nicht mitgerissen hat.