Ich habe in meinem Berufsleben schon so manche Situation erlebt, wo ich gedacht habe „Darüber sollte ich echt mal ein Buch schreiben, das glaubt Dir keiner.“ Holger Schossig hat seine skurrilen Alltagssituationen in seinem damaligen Beruf in einem Buch zusammengefasst und herausgekommen ist „Sie
kommen heute aber spät! 1280 Tage Paketzusteller – Wahnsinn³“. 158 Seiten lang durfte ich ihn auf…mehrIch habe in meinem Berufsleben schon so manche Situation erlebt, wo ich gedacht habe „Darüber sollte ich echt mal ein Buch schreiben, das glaubt Dir keiner.“ Holger Schossig hat seine skurrilen Alltagssituationen in seinem damaligen Beruf in einem Buch zusammengefasst und herausgekommen ist „Sie kommen heute aber spät! 1280 Tage Paketzusteller – Wahnsinn³“. 158 Seiten lang durfte ich ihn auf seiner Tour begleiten und an Erfahrungen teilhaben, die mich oft schmunzeln aber auch sehr oft den Kopf schütteln ließen.
Während es im Handel leider nur als E-Book lieferbar ist, habe ich eine Ausführung im Papierformat, die aber nur über den Autor zu beziehen ist. Das Cover ist ganz in Blau gehalten. Lediglich die Zeichnung eines vorbeihastenden Zustellers mit einem Paket in der Hand und einem Arm mit einer Armbanduhr, auf die ein Finger zeigt, der sagen soll „Jetzt wird es aber Zeit“, ist in Weiß gehalten.
Das Buch ist in meinen Augen eine sehr humane Abrechnung eines Angestellten mit einem weniger humanen Arbeitgeber und den oft sehr nervigen Kunden, die nur wenig Verständnis aufbringen für das, was Menschen tagaus tagein für wenig Geld leisten müssen. Human insofern, dass Holger Schossig zwar explizit aufführt, was in seinen Augen (und wahrscheinlich auch in Augen vieler anderer Arbeitnehmer) an Missständen herrscht und es dennoch auf eine sehr humorvolle Weise tut und dabei keineswegs beleidigend wird. Vielleicht mag es daran liegen, dass die Wut im Bauch irgendwann verraucht, wenn man das Ganze mit gewissem Abstand betrachten kann. Ich hätte mich schwer getan, mich so zurückhaltend zu geben.
Wichtig, um die ganzen Abläufe eines Arbeitstages des Paketzustellers nachvollziehen zu können, sind die Erklärungen, die uns der Autor hier stetig liefert. Es bleibt nichts unkommentiert und somit auch keine Fragen offen. Alles Andere erklärt sich durch das Verhalten des Arbeitgebers und der Kunden von selber. Selbst die sachlichen Beschreibungen darüber, wie so ein Arbeitstag vonstatten geht, was hinter den Kulissen geschieht, bevor der Kunde sein Paket zugestellt bekommt, schildert Schossig so lebhaft, dass während der ganzen Zeit keine Langeweile aufkommt.
Ich habe mich köstlich amüsiert über Zusteller, die selber für Pakete unterschreiben und diese dann im Altkleidercontainer zustellen (nein, gar nicht witzig für den Kunden), Freiherren und Bewohner einer Burg, deren Büro erst nach Bewältigung von 100 Treppenstufen zu erreichen ist (nein, auch nicht witzig für den Zusteller), Kunden, die eine Rücksendung anmelden und dem Zustellerden Mantel, der zurückgehen soll, unverpackt in die Hand drücken (nein, Paketzusteller haben kein Verpackungsmaterial dabei, um die Ware für den Kunden auch noch zu verpacken) oder Mitarbeiter auf Probe, die bereits nach ein paar Stunden keine Lust mehr haben und beim Aussteigen aus dem Fahrzeug eben schnell mit dem Fuß umknicken und sich dann auf unbestimmte Zeit krankschreiben lassen.
Die Leichtigkeit, mit der Holger Schossig seine Erlebnisse erzählt, ohne dabei verbittert zu klingen, macht dieses Büchlein zu etwas Besonderem. Ich bin zunächst etwas erschrocken darüber gewesen, wie leichtfertig der Autor Namen von Kunden preisgibt, bis ich ganz am Ende des Buches auf die Entwarnung gestoßen bin – nämlich: dass die Namen der Personen frei erfunden sind. Die Wiedererkennung dieser Personen jedoch ist ausdrücklich gewollt, was ich in dieser Form auch in Ordnung finde. Den Hinweis darauf hätte ich jedoch eher an den Anfang des Buches gesetzt, weil zumindest für meine Person beim Lesen permanent ein störender Beigeschmack vorhanden war in Form von: „Ja, weiß denn der Autor nicht, dass man die Personen namentlich gar nicht erwähnen darf?“
Wer Interesse an einen Blick hinter die Kulissen im Berufsleben eines Paketzustellers hat, ist mit diesem Buch bestens bedient und wird mit einer informativen wie auch amüsanten Lektüre belohnt.