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Produktdetails
Trackliste
CD
1Honor wishes00:04:37
2Holiday00:04:27
3To be loved00:03:03
4To be lonely00:04:55
5Magpies00:05:06
6Start of my heart00:04:33
7Hard white wall00:04:12
8Furious00:03:24
9To survive00:05:24
10To America00:05:41
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.2009

Gemeinsam einsam
Obama ist im Amt, Joan As Police Woman kann aufatmen

Joan Wasser, die sich wegen der vermeintlichen Ähnlichkeit zur Hauptdarstellerin einer längst vergessenen Polizeiserie Joan As Police Woman nennt, besang auf ihrem Solodebüt "Real Life" vor zwei Jahren derart betörend das Jammertal des Daseins, dass versierte Melancholiker in ihr sofort eine Seelenverwandte erkannten. Allein die damalige Single-Auskopplung "Eternal Flame" gehört ohne Zweifel zum Ergreifendsten, was in den letzten Jahren von den Hitparaden ignoriert wurde. Dass ihre Schwermütigkeit nie aufgesetzt wirkt, liegt sicher auch an den Freundschaften und Schicksalsschlägen, die sie begleiten: In den Neunzigern war sie mit dem sensiblen Songwriter Jeff Buckley liiert, der sich im Rahmen einer riskanten Wette, je nach Lesart, das Leben nahm oder verunglückte; unlängst starb ihre Mutter.

Musikalisch wirkte die ausgebildete Violinistin bei den Johnsons mit, der Begleitband des Schmerzensmannes Antony Hegarty, spielte als Studiomusikerin unter anderem für Lou Reed und Nick Cave und ging mit Rufus Wainwright auf Tournee - alles keine Frohnaturen. Daher ist es wenig überraschend, dass auch ihr zweites Album "To Survive" die traurig-schönen Seiten des Lebens betont, allerdings ohne den Glauben daran zu verlieren, vielleicht doch noch diesen einen Menschen zu finden, mit dem man gemeinsam einsam sein kann: "This is the one / I will try / to be lonely with." Titel wie das entspannte "To Be Loved" und das sehnsüchtig-elegische "To Be Lonely" folgen hier direkt aufeinander, und nicht immer muss man darin unvereinbare Gegensätze sehen, ebenso wenig wie in geschmeidigen Arrangements und kantigen Tönen, kraftvollen Klavierakkorden und Bläsersätzen, schlurfigen Drums und klagenden Streichern, Anklängen von Blues, Soul, Funk, Jazz und Pop. Die Stilrichtungen dieser filigranen Kompositionen gehen sanft und unmerklich ineinander über, getragen von Joan Wassers berückend schönem Timbre, in ihrer feinsinnigen Unangepasstheit nur einem Ziel verpflichtet, das als Motto ihre MySpace-Homepage ziert: "Beauty Is The New Punk Rock." Das hätte sicher auch Leslie Feist unterschrieben, mit der sie gern verglichen wird.

Auf dem letzten Stück "To America" mit Rufus Wainwright als Gastsänger wagt die aus Biddeford, Maine, stammende Obama-Anhängerin gar die Verknüpfung privater Erlebnisse mit politischen Zusammenhängen. Eigentlich inspiriert vom Tod ihrer Mutter, bezieht sie darin, dünnhäutig und selbstbewusst, kritisch, aber eher verklausuliert Stellung zu den aus ihrer Sicht korrumpierten Vereinigten Staaten. Als Parolen skandierende Protestsängerin will sie sich indes keinesfalls verstanden wissen. Sie singe vielmehr, wie sie sagt, über ihre persönlichen Beziehungen und Gefühle, wozu unweigerlich auch der Groll auf die alte Regierung gehöre. Aber: "First and foremost, I am a lover!"

Dass jemand, der so etwas von sich voller Inbrunst behauptet, keinen Tränendrüsen strapazierenden Kitsch aufnimmt, sondern anrührende, vielschichtige und tröstliche Lieder, aus denen die Erfahrung spricht, ist das eigentliche Wunder dieser mehr als empfehlenswerten, anmutigen und intimen Platte.

ALEXANDER MÜLLER

Joan As Police Woman, To Survive. Pias 1029172 (Rough Trade)

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