"Lifetime" anknüpft, was auch insofern bemerkenswert ist, als DeJohnette drei Jahre älter als der 1997 verstorbene Williams ist und ihn als Schlagzeuger in der Band von Miles Davis ersetzte, als Williams "Lifetime" gründete.
Mit "Emergency" und "Spectrum" haben "Trio Beyond" dann auch die größten Kracher des "Lifetime"-Repertoires im Programm. Auf der Live-Aufnahme aus der Londoner Queen Elizabeth Hall überführt die Band aber auch Standards wie "I Fall In Love Too Easily" oder "Seven Steps To Heaven" in den "Lifetime"-Duktus und weit darüber hinaus. "I Fall In Love Too Easily", eigentlich eine gemütliche Ballade, wird von Larry Goldings' Orgel mit einer ungemütlich-lauernden Stimmung grundiert, und das quirlige Schlagzeug von Jack DeJohnette bricht immer wieder mit kantigen Eruptionen aus dem sanft schunkelnden Rhythmus aus.
Höhepunkt der Doppel-CD ist jedoch das eigenkomponierte Titelstück. Gitarrist John Scofield, der sonst einen süffigen und gepflegten Jam-Band-Sound spielt, holt hier mit schuppigen und schabenden Tönen Klänge aus seiner Gitarre, die man lange nicht von ihm gehört hat. "Lifetime"-Gitarrist John McLaughlin hatte sich ja seinerzeit mit seinem "Mahavishnu Orchestra" schnell in einem sinnentleerten "schneller - höher - weiter" verloren. Wo der Engländer seinen guten Ruf eigentlich herhatte, das zeigt Scofield, für den diese Musik ein Jungbrunnen zu sein scheint, hier auf nonchalante Art und Weise.
Kurz vor Williams' Tod hat Larry Goldings noch einen Anruf von dem legendären Drummer erhalten. Darin sprach dieser über den Wunsch, wieder ein Orgeltrio mit einem Konzept ähnlich dem von "Lifetime" ins Leben zu rufen. Dazu ist es nicht mehr gekommen. Vielleicht spielen "Trio Beyond" genau die Musik, die Williams vor neun Jahren vorschwebte. Für gute Ideen ist es nie zu spät.
ROLF THOMAS
Trio Beyond, Saudades. 2 CDs, ECM/Universal 1972/73 9876531
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main