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Reflections Of
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CD
1
I Hear A Symphony (RnB Mix)
00:03:48
2
Where Did Our Love Go
00:03:53
3
This Old Heart Of Mine
00:04:32
4
(Love Is Like A) Heatwave
5
Stop In The Name Of Love
00:04:46
6
My World Is Empty Enough
00:04:49
7
I Hear A Symphony
00:04:56
8
Baby, I Need Your Loving
00:04:07
9
Baby Love
00:04:52
10
I Can't Help Myself (Sugar Pie Honey Bunch)
00:04:05
11
How Sweet It Is (To Be Loved By You)
00:04:54
12
Reach Out, I'll Be There
00:04:17
13
Reflections
00:04:53
14
I Hear A Symphony (Dance Mix)
00:03:30
Reflections Of
Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 25. Juni 2004
- Hersteller: in-akustik GmbH & Co. KG / Lightyear,
- EAN: 0085365463325
- Artikelnr.: 20022833
Herstellerkennzeichnung
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Ich habe nur aufgegriffen, was die Leute auf der Straße sagten
Komponiere es, und die Leute kaufen es: Die Rückkehr des legendären Motown-Komponisten Lamont Dozier
Wären die Talentsucher der großen Country-Plattenfirmen Ende der fünfziger Jahre nicht so auf weiße Gesichter beschränkt gewesen, sie hätten womöglich den Fund ihres Lebens gemacht: in Black Bottom, Detroit. Ein schwarzer Junge saß dort allabendlich vor dem Radio, hörte Hank Williams und Rosemary Clooney und hangelte sich an deren wehmütigen Songs aus dem von Lärm, Armut und billigem Fusel getränkten Alltag seines Ghettos, einem Sammelbecken der aus dem Süden geflüchteten schwarzen Familien. Sie alle waren in Erwartung eines besseren Lebens, etwas
Komponiere es, und die Leute kaufen es: Die Rückkehr des legendären Motown-Komponisten Lamont Dozier
Wären die Talentsucher der großen Country-Plattenfirmen Ende der fünfziger Jahre nicht so auf weiße Gesichter beschränkt gewesen, sie hätten womöglich den Fund ihres Lebens gemacht: in Black Bottom, Detroit. Ein schwarzer Junge saß dort allabendlich vor dem Radio, hörte Hank Williams und Rosemary Clooney und hangelte sich an deren wehmütigen Songs aus dem von Lärm, Armut und billigem Fusel getränkten Alltag seines Ghettos, einem Sammelbecken der aus dem Süden geflüchteten schwarzen Familien. Sie alle waren in Erwartung eines besseren Lebens, etwas
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Respekt und Arbeit bei der Auto-Industrie nach Motor City gezogen. Ein Versprechen lag in der Luft: Martin Luther King und Reverend C.L. Franklin predigten eine neue Zeit des Zusammenlebens. Plötzlich tauchten weiße Gesichter in den schwarzen Blues-Clubs auf. Und zumindest die Popcharts gaben der Liebe eine Zeitlang recht.
"Ich hatte meinen ersten Song für Loretta Lynn geschrieben. Aber wer würde schon die Komposition eines Ghetto-Kids aus Detroit einem Country & Western-Star in Nashville geben?" Lamont Dozier lacht. Das Interview in einem Münchner Hotel gilt eigentlich seinem neuen Album "Reflections Of", einer Neueinspielung eines Dutzends alter Hits im Smooth-Jazz-Gewand. Dozier aber liebt die Pistolen aus der Frühzeit des Rhythm & Blues. "Loretta Lynn hätte sich wohl damals nicht einmal mit Leibwächtern in die Nähe meines Wohnorts gewagt."
Während der Dreiundsechzigjährige seine enorme Bauchkugel in einen zu kleinen Hotelstuhl zwängt, strahlt über das breite Gesicht die Genugtuung des vom Schicksal Gerächten: Schließlich behielt Lamont Dozier den Country-Song im Hinterkopf und bastelte ein paar Jahre später daraus einen Soul-Hit für Martha & The Vandellas: "Come And Get These Memories". Das war 1963. Der Rock 'n' Roll wütete gerade über Amerika, und selbst für einen Motown-Song klang das Lied noch verdammt sentimental. Doch vielleicht lag gerade darin die Stärke des jungen Songwriters, das Erfolgsgeheimnis hinter vierundfünfzig Nummer-eins- und achtundsiebzig Top-ten-Hits, die Dozier in nur fünf Jahren zusammen mit den Gebrüdern Holland ausspuckte - das eigene Genre neu zu erfinden, bunte Traumschlösser aufzuschichten, die von jeder Seite anders schimmern und glänzen, aber doch noch spürbar verwurzelt bleiben in der Ekstase des schwarzen Gottesdienstes. Ein eklektisches Grenzgängertum, in dessen Tradition heute Hip-Hop-Produzenten wie Kanye West die Verkrustungen des zeitgenössischen R&B aufzubrechen versuchen.
Lamont Dozier könnte sich über die offensichtlichen Erben freuen und den Rest des Tages seine Tantiemen zählen. Doch die Zeit schien günstig, um aus dem Wachsfigurenkabinett der Soulheiligen auszubrechen. "Reflections Of" mutet dabei nur wie ein zaghaftes Tasten nach dem alten Erfolg an. Immerhin stehen altmodische Soul- und Jazz-Klänge wieder hoch im Kurs, von Norah Jones bis Joss Stone. Nicht von ungefähr hat letztere Lamont Dozier für ihr nächstes Album engagiert. "Spoiled" heißt der Song des Motown-Veteranen für die jugendliche Bluessängerin aus England. Und wenn Dozier der alte Hit-Instinkt nicht gänzlich verlassen hat, verspricht die Paarung die Soul-Überraschung des Jahres.
1941 in eine Arbeiterfamilie geboren, sollte Lamont Dozier nach dem Wunsch seiner Eltern eine Ausbildung zum Arzt oder Rechtsanwalt durchlaufen, der Familie den Aufstieg sichern. Der unartige Sohn aber pendelte mit Detroiter Doo-Wop-Gruppen wie den Romeos zwischen Straßenecke und Studio. Mit fünfzehn Jahren nahm er seinen ersten Song auf: "Ich tat das vor allem, um meinen Eltern zu beweisen, daß ich die Leute dazu bewegen konnte, zu kaufen, was auch immer ich komponierte." Vielleicht ist Komponieren das falsche Wort für einen Mann, der eines seiner Solo-Alben aus dem Jahre 1974 "Black Bach" betitelte: Schließlich wußte Dozier nicht mehr über Musik, als der Kirchenchor ihn gelehrt hatte, verfaßte der musikalische Analphabet seine Songs nicht auf Papier, sondern indem er beim laienhaften Klavierspiel ein Tonband mitlaufen ließ. "Manche Leute studieren an der Akademie, um zu lernen, wie man Musik schafft. Meine Schule war das Ghetto". Dozier hatte unter dem Namen Lamont Anthony bereits erfolglos ein paar Singles aufgenommen, als ihn Motown-Gründer Berry Gordy 1963 dazu überredete, mit den Gebrüdern Eddie und Brian Holland ein Songwriter- und Produktions-Team zu bilden, die Rohstoffe für seine Traumfabrik zu liefern: "Hitsville". Dozier nahm die blauen Holzlettern über dem Haus von Gordys Schwester Lucy wörtlich. Jeden Freitag präsentierten dort die Songwriter der Belegschaft ihre neuen Kompositionen. Dann wurde abgestimmt. "Als Holland-Dozier-Holland", erinnert sich Dozier, "kamen wir mit neunzig Prozent unseres Materials durch." Im Keller des Hauses wurden die Songs auf der Stelle eingespielt. Dozier lieferte dabei nicht nur die entscheidenden Ideen für Hits wie "Stop! In The Name of Love" von den "Supremes", "Bernadette" von den "Four Tops" oder Marvin Gayes "Can I Get A Witness". Er krempelte die gesamte Philosophie von Motown um. "Als Gordy mich unter Vertrag nahm, erklärte er mir, ich würde nun für eine Rhythm & Blues-Plattenfirma arbeiten." Lamont Dozier spricht das Wort nicht ohne ironisch geschürzte Lippen aus: ",Rhythm&Blues?', entgegnete ich. Warum ausschließlich für Schwarze? ,Warum können wir nicht Musik für alle machen?'" Motowns Credo war geboren: "The Sound Of Young America". Heimlich hatten die weißen Teenager natürlich schon lange schwarze Musik gehört. Doch nun konnten sie sie zum ersten Mal nach Hause bringen: "Andere R&B-Songs", sagt Lamont Dozier, "mögen von der schnellen Nummer auf dem Autorücksitz gehandelt haben. Wir aber wollten den Kids daheim keinen Ärger bescheren - und beließen es bei der Andeutung."
Musikalisch war Motown ein Schmelztiegel verschiedenster Stile: Holland-Dozier-Holland waren die ersten, die Gospel, Klassik, Country und Jazz, ja selbst europäische Folkmusik in den Mix warfen. "Jeder kennt doch den Auftakt von ,Reach Out I'll Be There'?", Dozier hebt den Zeigefinger, setzt eine feierliche Prediger-Miene auf. "Da da da, dahaha. Klingt wie ein russisches Hochzeitslied, oder? Viele Menschen rund um die Welt, vor allem Weiße, lieben unsere Musik, weil sie sich darin wiederfinden können. Aber im Unterboden hatten wir immer noch diesen R&B-Funk."
Unzufrieden mit den künstlerischen und finanziellen Restriktionen durch Berry Gordy, verließen Dozier und die Holland-Brüder 1967 Motown. Vier Jahre später nahm Lamont Dozier eine Solo-Karriere auf. Alben wie "Out Here On My Own" zeigten die kreative Befreiung, die der Mann außerhalb seines einstigen Songwriter-Teams fühlte. Zu einer Zeit, in der Stevie Wonder und Marvin Gaye die eskapistische Fassade Motowns mit sozialkritischen Texten durchlöcherten, entdeckte auch Dozier den Protest. Auf seinem 1971er Song "Fish Ain't Biting" schildert er die Depression der Nixon-Ära. "Natürlich gefiel das dem Präsidenten nicht. Ich kam auf die schwarze Liste seiner Feinde" - und nun lacht Lamont Dozier in durchdringendem Bariton -, "weil ich angeblich unamerikanisch sei, kommunistisch beeinflußte Musik ins Radio brachte." Doziers Plattenfirma aber veröffentlichte den Brief in den Handelsblättern: Die Single war bei Nummer 60 der Charts hängengeblieben, nun schoß sie plötzlich bis in die Top ten. "Ich habe immer nur aufgegriffen, was die Leute auf der Straße sagten, und der Erfolg gab mir recht."
Wenn Dozier, der mit der 1976er Black-Pride-Hymne "Back To My Roots" seinen letzten Hit ablieferte, nun noch einmal im Pop-Business mitmischen will, dann, um eine alte Songwriter-Wahrheit unter Beweis stellen zu dürfen: "Vieles von dem, was ich heute höre, ist nur recycelter, aufgewärmter Stoff, Riffs, die ich schon von Lionel Hampton oder Count Basie her kenne." Vielleicht ist ja wirklich alles gesagt, gespielt, getan. Aber wer hätte zuletzt eine unverbrauchte Umschreibung für "I love you" gefunden? Darin liegt für ihn die Herausforderung des Schreibens. Dozier summt leise eine Melodie vor sich hin. "Ob es regnet oder stürmt, du dich noch so elend fühlst - I hope you dance". Ist das nicht beeindruckend? Egal was passiert: Tanze! Umarme es! Das bedeutet für mich Soul!" Nein, er habe den Song leider nicht selbst geschrieben. Sondern kürzlich aufgeschnappt: in den Country-Charts.
JONATHAN FISCHER.
Lamont Dozier, Reflections Of. Jam Ride 546332 (Inakustik)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Ich hatte meinen ersten Song für Loretta Lynn geschrieben. Aber wer würde schon die Komposition eines Ghetto-Kids aus Detroit einem Country & Western-Star in Nashville geben?" Lamont Dozier lacht. Das Interview in einem Münchner Hotel gilt eigentlich seinem neuen Album "Reflections Of", einer Neueinspielung eines Dutzends alter Hits im Smooth-Jazz-Gewand. Dozier aber liebt die Pistolen aus der Frühzeit des Rhythm & Blues. "Loretta Lynn hätte sich wohl damals nicht einmal mit Leibwächtern in die Nähe meines Wohnorts gewagt."
Während der Dreiundsechzigjährige seine enorme Bauchkugel in einen zu kleinen Hotelstuhl zwängt, strahlt über das breite Gesicht die Genugtuung des vom Schicksal Gerächten: Schließlich behielt Lamont Dozier den Country-Song im Hinterkopf und bastelte ein paar Jahre später daraus einen Soul-Hit für Martha & The Vandellas: "Come And Get These Memories". Das war 1963. Der Rock 'n' Roll wütete gerade über Amerika, und selbst für einen Motown-Song klang das Lied noch verdammt sentimental. Doch vielleicht lag gerade darin die Stärke des jungen Songwriters, das Erfolgsgeheimnis hinter vierundfünfzig Nummer-eins- und achtundsiebzig Top-ten-Hits, die Dozier in nur fünf Jahren zusammen mit den Gebrüdern Holland ausspuckte - das eigene Genre neu zu erfinden, bunte Traumschlösser aufzuschichten, die von jeder Seite anders schimmern und glänzen, aber doch noch spürbar verwurzelt bleiben in der Ekstase des schwarzen Gottesdienstes. Ein eklektisches Grenzgängertum, in dessen Tradition heute Hip-Hop-Produzenten wie Kanye West die Verkrustungen des zeitgenössischen R&B aufzubrechen versuchen.
Lamont Dozier könnte sich über die offensichtlichen Erben freuen und den Rest des Tages seine Tantiemen zählen. Doch die Zeit schien günstig, um aus dem Wachsfigurenkabinett der Soulheiligen auszubrechen. "Reflections Of" mutet dabei nur wie ein zaghaftes Tasten nach dem alten Erfolg an. Immerhin stehen altmodische Soul- und Jazz-Klänge wieder hoch im Kurs, von Norah Jones bis Joss Stone. Nicht von ungefähr hat letztere Lamont Dozier für ihr nächstes Album engagiert. "Spoiled" heißt der Song des Motown-Veteranen für die jugendliche Bluessängerin aus England. Und wenn Dozier der alte Hit-Instinkt nicht gänzlich verlassen hat, verspricht die Paarung die Soul-Überraschung des Jahres.
1941 in eine Arbeiterfamilie geboren, sollte Lamont Dozier nach dem Wunsch seiner Eltern eine Ausbildung zum Arzt oder Rechtsanwalt durchlaufen, der Familie den Aufstieg sichern. Der unartige Sohn aber pendelte mit Detroiter Doo-Wop-Gruppen wie den Romeos zwischen Straßenecke und Studio. Mit fünfzehn Jahren nahm er seinen ersten Song auf: "Ich tat das vor allem, um meinen Eltern zu beweisen, daß ich die Leute dazu bewegen konnte, zu kaufen, was auch immer ich komponierte." Vielleicht ist Komponieren das falsche Wort für einen Mann, der eines seiner Solo-Alben aus dem Jahre 1974 "Black Bach" betitelte: Schließlich wußte Dozier nicht mehr über Musik, als der Kirchenchor ihn gelehrt hatte, verfaßte der musikalische Analphabet seine Songs nicht auf Papier, sondern indem er beim laienhaften Klavierspiel ein Tonband mitlaufen ließ. "Manche Leute studieren an der Akademie, um zu lernen, wie man Musik schafft. Meine Schule war das Ghetto". Dozier hatte unter dem Namen Lamont Anthony bereits erfolglos ein paar Singles aufgenommen, als ihn Motown-Gründer Berry Gordy 1963 dazu überredete, mit den Gebrüdern Eddie und Brian Holland ein Songwriter- und Produktions-Team zu bilden, die Rohstoffe für seine Traumfabrik zu liefern: "Hitsville". Dozier nahm die blauen Holzlettern über dem Haus von Gordys Schwester Lucy wörtlich. Jeden Freitag präsentierten dort die Songwriter der Belegschaft ihre neuen Kompositionen. Dann wurde abgestimmt. "Als Holland-Dozier-Holland", erinnert sich Dozier, "kamen wir mit neunzig Prozent unseres Materials durch." Im Keller des Hauses wurden die Songs auf der Stelle eingespielt. Dozier lieferte dabei nicht nur die entscheidenden Ideen für Hits wie "Stop! In The Name of Love" von den "Supremes", "Bernadette" von den "Four Tops" oder Marvin Gayes "Can I Get A Witness". Er krempelte die gesamte Philosophie von Motown um. "Als Gordy mich unter Vertrag nahm, erklärte er mir, ich würde nun für eine Rhythm & Blues-Plattenfirma arbeiten." Lamont Dozier spricht das Wort nicht ohne ironisch geschürzte Lippen aus: ",Rhythm&Blues?', entgegnete ich. Warum ausschließlich für Schwarze? ,Warum können wir nicht Musik für alle machen?'" Motowns Credo war geboren: "The Sound Of Young America". Heimlich hatten die weißen Teenager natürlich schon lange schwarze Musik gehört. Doch nun konnten sie sie zum ersten Mal nach Hause bringen: "Andere R&B-Songs", sagt Lamont Dozier, "mögen von der schnellen Nummer auf dem Autorücksitz gehandelt haben. Wir aber wollten den Kids daheim keinen Ärger bescheren - und beließen es bei der Andeutung."
Musikalisch war Motown ein Schmelztiegel verschiedenster Stile: Holland-Dozier-Holland waren die ersten, die Gospel, Klassik, Country und Jazz, ja selbst europäische Folkmusik in den Mix warfen. "Jeder kennt doch den Auftakt von ,Reach Out I'll Be There'?", Dozier hebt den Zeigefinger, setzt eine feierliche Prediger-Miene auf. "Da da da, dahaha. Klingt wie ein russisches Hochzeitslied, oder? Viele Menschen rund um die Welt, vor allem Weiße, lieben unsere Musik, weil sie sich darin wiederfinden können. Aber im Unterboden hatten wir immer noch diesen R&B-Funk."
Unzufrieden mit den künstlerischen und finanziellen Restriktionen durch Berry Gordy, verließen Dozier und die Holland-Brüder 1967 Motown. Vier Jahre später nahm Lamont Dozier eine Solo-Karriere auf. Alben wie "Out Here On My Own" zeigten die kreative Befreiung, die der Mann außerhalb seines einstigen Songwriter-Teams fühlte. Zu einer Zeit, in der Stevie Wonder und Marvin Gaye die eskapistische Fassade Motowns mit sozialkritischen Texten durchlöcherten, entdeckte auch Dozier den Protest. Auf seinem 1971er Song "Fish Ain't Biting" schildert er die Depression der Nixon-Ära. "Natürlich gefiel das dem Präsidenten nicht. Ich kam auf die schwarze Liste seiner Feinde" - und nun lacht Lamont Dozier in durchdringendem Bariton -, "weil ich angeblich unamerikanisch sei, kommunistisch beeinflußte Musik ins Radio brachte." Doziers Plattenfirma aber veröffentlichte den Brief in den Handelsblättern: Die Single war bei Nummer 60 der Charts hängengeblieben, nun schoß sie plötzlich bis in die Top ten. "Ich habe immer nur aufgegriffen, was die Leute auf der Straße sagten, und der Erfolg gab mir recht."
Wenn Dozier, der mit der 1976er Black-Pride-Hymne "Back To My Roots" seinen letzten Hit ablieferte, nun noch einmal im Pop-Business mitmischen will, dann, um eine alte Songwriter-Wahrheit unter Beweis stellen zu dürfen: "Vieles von dem, was ich heute höre, ist nur recycelter, aufgewärmter Stoff, Riffs, die ich schon von Lionel Hampton oder Count Basie her kenne." Vielleicht ist ja wirklich alles gesagt, gespielt, getan. Aber wer hätte zuletzt eine unverbrauchte Umschreibung für "I love you" gefunden? Darin liegt für ihn die Herausforderung des Schreibens. Dozier summt leise eine Melodie vor sich hin. "Ob es regnet oder stürmt, du dich noch so elend fühlst - I hope you dance". Ist das nicht beeindruckend? Egal was passiert: Tanze! Umarme es! Das bedeutet für mich Soul!" Nein, er habe den Song leider nicht selbst geschrieben. Sondern kürzlich aufgeschnappt: in den Country-Charts.
JONATHAN FISCHER.
Lamont Dozier, Reflections Of. Jam Ride 546332 (Inakustik)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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