herbeigezogen. Und so bleibt als reflexionslos geschädigte Dritte am Ende Clara Schumann auf der Strecke, deren drei Klavierlieder "Er ist gekommen", "Warum willst du andre fragen?" und "Am Strande" von Anne Sofie von Otter im Dauertremolo beerdigt werden.
Robert Schumanns a-moll-Klavierkonzert spielt Grimaud mit derselben jugendbewegten Emphase, wie sie es vor zehn Jahren unter David Zinman für das Label Erato tat (die Aufnahme ist mittlerweile vergriffen). Allerdings zeigt sich die Pianistin in den Temposchüben heute organischer und mit reicherer Farbenpalette. Die dialogischen Momente mit dem Orchester sind schön ausgehört. Esa Pekka Salonen führt die Dresdner Staatskapelle sehr anpassungsfähig, die allerdings nicht so pointiert artikuliert, wie ehedem das Deutsche Symphonieorchester Berlin unter Zinman. In der e-moll-Cellosonate von Brahms scheint das Spiel von Truls Mørk aufnahmetechnisch etwas unterbelichtet. Das verstärkt seine Zurückhaltung, die besonders im Vergleich mit der ebenfalls bei der Deutschen Grammophon verlegten Serkin-Rostropowitsch-Aufnahme bemerkbar ist: Die manchmal überlebensgroß aufflackernde Glut der Älteren wird man bei Mørk vergebens suchen.
Von solcher Glättung ist die Interpretation der beiden Brahms-Rhapsodien op. 79 weit entfernt. Grimaud geht sie mit einem an Martha Argerich erinnernden, manchmal schon wütigen Engagement an, ohne freilich dabei wie Radu Lupu zu verstärkenden Baßoktaven zu greifen. Die Oboenromanzen op. 94 von Robert Schumann, von Albrecht Mayer zusammen mit Grimaud als Bonus zelebriert, sind gewiß ein reiner Ohrenschmaus. Aber zu tieferen Einsichten in das romantische Dreiecksverhältnis können auch sie nicht verhelfen.
ULRICH SCHREIBER
Hélène Grimaud, "Reflection". Robert Schumann, Klavierkonzert a-moll op. 54; Romanzen für Oboe und Klavier op. 94; Clara Schumann, "Er ist gekommen", "Warum willst du andre fragen?", "Am Strande"; Johannes Brahms, Sonate e-moll für Violoncello und Klavier Nr. 1 op. 38, Rhapsodien op. 79. Hélène Grimaud, Anne Sofie von Otter, Truls Mørk, Albrecht Mayer, Staatskapelle Dresden, Esa Pekka Salonen. Deutsche Grammophon 2 CDs 477 6090 (Universal)
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