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Trackliste
CD
1Psycho Guitar
2Jean Pierre
3Black Groove
4Stratus
5Miles
6Other Doors
7A night in Tunisia
8Straight No Chaser
9Subway Underground
10The Day Of Red Wine Noses
11Utut
12Österreichische Bundeshymne
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.2019

Ein Haiku - wie ein Brief aus der Ferne

"Die Ros' ist ohn warumb / sie blühet weil sie blühet / Sie achtt nicht ihrer selbst / fragt nicht ob man sie siehet." 2010 vertonte Heinz Holliger diese Zeilen von Angelus Silesius für Vokalquartett, auf der CD "Zwiegespräche" (ECM/Universal) erscheint das Stück in einer mild leuchtenden Bearbeitung für Sopran, Oboe, Englischhorn und Bassklarinette. Wie eine Menge solcher Rosen, ihrer Schönheit unbewusst, nimmt sich das Programm dieser Aufnahme aus: kurze Stücke, in ihrer Dauer selten länger als eine Minute, meist für Oboe oder Englischhorn solo, Stationen eines musikalischen Dialogs zwischen Heinz Holliger und György Kurtág. Kurtág antwortet auf die "Ros'" mit einer eigenen Vertonung der Verse, kurz vor dem Tod von Holligers Frau Ursula schrieb er an sie einen "... Brief aus der Ferne" für Englischhorn. Ein berührendes Gespräch in Sentenzen, die wie japanische Haikus bedeutungsvoll und schwerelos zugleich sind. Heinz Holliger, mit achtzig Jahren nach wie vor den Anforderungen seines Instrumentes gewachsen, spielt mit hintergründigem Ton, die Englischhornistin Marie-Lise Schüpbach und Ernesto Molinari an der Bassklarinette sind ihm empfindsame Partner.

clha

*

Zwei Stimmen, zauberhaft versetzt, umspielen einander und singen vom Echo verbrannter Lungen, das übers versengte Flachland hallt. Joan Shelleys Gesang ist so ruhig und unaufdringlich, dass er fast über die apokalyptische Landschaft hinwegtäuscht, die ihr Song "Coming Down for You" zeichnet. Doch wer könnte bei den Zeilen "On the plains where the burn has gone / Scarred the locust and the oak" nicht sofort an den Amazonas-Regenwald denken, der ungleichen Vegetation zum Trotz? Landes- und Kontinentalgrenzen sind auf "Like the River Loves the Sea" (No Quarter) sowieso sekundär. Den großen amerikanischen Musikmetropolen hat die aus Kentucky stammende Songwriterin, deren Stimme mitunter an die ihres Idols Sandy Denny erinnert, sich immer widersetzt: Nashville sei zu zynisch, New York zu teuer. Ihr sechstes Soloalbum hat Shelley im isländischen Reykjavík aufgenommen. In traumschwerem Tempo und subtiler Naturbildsprache erzählt sie vom langsamen Schwinden liebgewonnener Dinge. "Sing me a song of brand new graves / Of how we are breaking", heißt es in "Awake", und man wünscht sich fast, dass es hier nur um Liebeskummer geht. Aber vielleicht kommt das darauf an, ob man in Island sitzt, in Deutschland oder in einem der Amerikas. "When it breaks down / Babe, let's try / To see the beauty in all the fading", singt Shelley. Die richtige Vanitas für diesen traurigen Sommer.

codi.

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Beweglich, keineswegs schwerfällig, aber angenehm körperreich, hier und da geradezu erdig ist der Klang des Rundfunkchores Berlin. Für die Musik von Johannes Brahms, der er jetzt eine gesamte CD (Sony) widmet, sind das schönste Voraussetzungen. Der Chefdirigent des Chores, Gijs Leenaars, hat für die gemeinsame Aufnahme mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin nicht einfach alle chorsymphonischen Werke von Brahms ausgesucht, sondern den "Gesang der Parzen" und die "Altrhapsodie" weggelassen. Das "Schicksalslied" und die "Nänie", eines der feinsten, vom Orchestersatz her am liebevollsten durchgearbeiteten Werke, die Brahms je schuf, werden kombiniert mit der niederschmetternden Hiobs-Motette op. 74 Nr. 1, den A-cappella-Chören op. 42, dem Frauenchor mit Horn und Harfe op. 17 Nr. 1 und dem "Geistlichen Lied" op. 30, bei dem John Eliot Gardiner die originale Orgelbegleitung für Streichorchester arrangiert hat. Etwas mehr Arbeit am sprachlichen Detail, etwas mehr Achtsamkeit für - oft leise gesetzte - Höhepunkte könnte man sich in der "Nänie" und im "Geistlichen Lied" denken. Aber die Musik fließt wunderbar, und der Chorklang blüht.

jbm.

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Vor vierzig Jahren hieß Fusion - ein Genre, das etwas unter Smooth-Jazz-Verdacht steht - noch Jazzrock und klang wild, laut und gefährlich. Dieser Epoche widmet sich der Wiener Gitarrist Harri Stojka auf "Psycho Guitar" (Lotus/Galileo), und mit der brutalen Lärmattacke des Titelstücks zu Beginn hat er alle lauen Hörer auch gleich vertrieben. In der Folge dockt Stojka genau bei den richtigen Vorbildern an, etwa bei John McLaughlin, der bemüht war, möglichst viele Töne in einer Sekunde unterzubringen, oder bei Jeff Beck, der auf der legendären LP "Wired" mit schierer Brutalität überzeugte. Wie populär das Genre seinerzeit war, belegt etwa Stojkas Version von Billy Cobhams "Stratus" - das Original wurde damals in Discos gespielt. Natürlich stattet Stojka auch dem großen Genre-Erfinder Miles Davis einen Besuch ab, überraschender sind da schon seine Fassungen der Jazz-Standards "Straight No Chaser" und "A Night in Tunisia", die er umstandslos elektrifiziert. Als kleinen Scherz zum Schluss gestattet es sich der Gitarrist dann noch, auf dem Bonus-Track die "Österreichische Bundeshymne" zu rocken. Nichts für Zartbesaitete!

roth

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