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Nothing Was The Same - Drake
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Produktdetails
Trackliste
CD
1Tuscan Leather00:06:06
2Furthest Thing00:04:27
3Started From The Bottom (Explicit Version)00:02:54
4Wu-Tang Forever00:03:38
5Own It00:04:12
6Worst Behavior00:04:31
7From Time00:05:22
8Hold On, We're Going Home (Album Version)00:03:51
9Connect00:04:56
10The Language00:03:44
11305 To My City00:04:16
12Too Much00:04:22
13Pound Cake / Paris Morton Music 200:07:14
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2013

Im Tausch steckt auch Austausch
Der exzellente Rapper Drake belässt nichts beim Alten

Der Soundtrack des Kapitalismus heißt Rap. Spätestens seit den frühen neunziger Jahren illustrieren Hip-Hop-Künstler die Verhältnisse und bestätigen sie mit einem Marketing, das man rigide nennen kann, wenn nicht unerbittlich. Die Inszenierungen des schwarzen Pop, ob in der Musik, im Video oder in der Mode, haben den Markt und seine Gesetze nie als Feind und Gegner betrachtet, sondern als ästhetische Grundlage. Jay-Z und 50 Cent sind dann am besten, wenn sie die Wallstreet ins Visier nehmen. Aus der Perspektive des Parvenus, der nun die Ressourcen des Mainstreams erobert, nimmt sich unsere Gesellschafts- und Wirtschaftsform schillernder und brutaler aus, als dies ein Independent-Barde je vermitteln könnte.

Der Kanadier Drake ist beim Label Cash Money unter Vertrag. Der Tauschwert hat sich hier schon im Namen absolut gesetzt, es gibt kein Außen mehr, keine außermonetäre Wirklichkeit. Aber das macht nichts, denn wir haben es mit einem exzellenten Künstler zu tun, und so wird das Ganze keine Apotheose von Aktienkursen, sondern ein raffiniertes Spiel mit den Gegebenheiten unserer Kultur. Und die ist eben durchdrungen von der Idee der Verwertbarkeit.

Sehr stimmig und düster bringt Drake das nun auf seinem dritten Album "Nothing Was the Same" zum Ausdruck. Zum Beispiel der Song "The Language": ein Abend im Club, die Ladies machen dem Star Avancen, sehr explizite Wünsche werden artikuliert. Und dann heißt es in hypnotischer Wiederholung: "Now you're talking my language." Tacheles reden: Die Sprache hat abgewirtschaftet als romantisches Medium, sie ist kaum mehr als ein Barcode, mit dem man Angebot und Nachfrage verziffert. Musikalisch ist das perfekt arrangiert, mit wabernden Synthesizern, wimmernden Stimmkoloraturen und wie betäubt dahintaumelnden Beats. Die Server der Großbanken werden in dieser Tonart träumen, wenn ihre Datenströme um den Globus rauschen.

Andererseits: eine Intimität, die diesen Hip-Hop zur großen Bekenntnisliteratur macht. Auch dies ist ein Markenzeichen von Drake, wie er die Machtgesten des Superstars konterkariert mit sperriger Innenschau. Der Song "Too Much" wendet sich an die Mutter, die selbst auf SMS-Nachrichten nicht mehr reagiert; sie hat sich in ihrem Apartment verschanzt und redet sich ein, zu krank zu sein, um etwas zu unternehmen. Die nächsten Strophen bringen dann den Vater ins Spiel, der die Familie verlassen hat. "Sie tun so, als wäre ich wie er", singt Drake, und plötzlich fügt sich der Vers zu einem Bild des Verlassenseins. Wie ein Sohn mit den Kränkungen umgeht, die in Familien kursieren, fungiert als generationenübergreifendes Motiv.

Er sei mittlerweile viel weniger auf den sozialen Netzwerken präsent, sagte Drake unlängst, die Updates über sein Leben gebe es dafür in den Songs. "Wenn ich unvernünftig wäre, würde ich all diese Dinge online verbreiten. Aber ich bewahre mir diese Momente auf und verarbeite sie in meiner Musik." Selbstbloßstellung im Netz sollen andere betreiben, der Hiphop-Star Kanye West zum Beispiel, dessen Twitter-Feeds Stoff unzähliger Parodien sind. Drake ist das biographische Material zu schade für die digitale Zerstreuung. Ich ist hier nicht mehr der andere, nicht der kapitalistisch entfremdete Protz, wie er die letzten Jahre im Maybach durch die Rap-Videos kurvte. Stattdessen: eine selbstbewusste Bekenntnisliteratur, orchestriert mit viel souliger Melancholie.

Abrechnungen finden hier nicht mit dem Vermögensberater statt, sondern mit der Exfreundin, und da sind die Bilanzen viel weniger eindeutig zu ziehen. In "Own" geht es um Liebesverrat: "Die Journalisten suchten die Story und du ein sorry, aber wo warst du eigentlich, als ich von diesem Typen bedroht wurde?" Die Zeile bezieht sich auf eine Kontroverse zwischen Drake und dem Sänger Chris Brown; das Prinzip heißt "beef". Man streitet sich wegen einer Petitesse, und dann wird der Zwist rhetorisch zum Drama ausgebaut. Das Dissing, das Schmähen des Gegners, ist eine Spielart des artistischen Wettbewerbs. Berühmte Rapper, darunter Tupac, Notorious B.I.G., Nas und Jay-Z, haben sich auf diese Weise gekränkt, verunglimpft und gleichzeitig beflügelt. Und auch das ist Teil des großen intertextuellen Spiels namens Hip-Hop: wie über Album- und Konzertgrenzen hinweg gemeinsam gewoben wird an einer Chronik der Gegenwart.

Drake ist ein Virtuose dieser Call-and-response-Kultur, er hat sich mit Common und Kanye West gemessen, und auch dieses Mal ist er durchdrungen von kompetitiver Energie. Atemberaubend, wie er nun noch akrobatischer und schneller seine Invektiven vom Stapel lässt. Auf diese Weise macht sich nur Hip-Hop einen Reim aufs Jetzt. Hier steckt eben auch Austausch im Tausch.

DANIEL HAAS

Drake,

Nothing Was the Same

Cash Money 2843147 (Universal)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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