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Trackliste
CD
1Impossible00:03:54
2Lampedusa lullaby00:05:43
3Scream00:04:32
4On the mountain00:04:06
5Crossing border in a milk truck00:07:51
6About death00:03:08
7My eyes are blind00:06:48
8Thank you Iceland00:04:13
9We watch them fall00:05:46
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.10.2018

Pathos und Krawall
Grenzquerung im Milchwagen: KUU! aus Berlin

"Nothing new under the sun" tiriliert Jelena Kuljic gleich im Auftaktsong "Impossible", dabei müsste sie doch sehr genau wissen, dass ihrem Quartett KUU! mit dem Album "Lampedusa Lullaby" etwas ziemlich Neues gelungen ist. Während ein überschätzter Musiker wie Kamasi Washington, der lediglich alten Wein in alten Schläuchen verkauft, als angeblich dringend benötigter Retter des Jazz ausgerufen wird, kreiert ausgerechnet eine international besetzte Band aus Berlin wirklich innovative Musik.

Angetrieben wird KUU! von dem Berliner Schlagzeuger Christian Lillinger, einem arroganten Schnösel, der mit nur wenigen Hi-Hat-Schlägen ein Lied wie "On The Mountain" in der Schwebe halten, aber natürlich auch drauflospoltern und heftig swingen kann. Dann braucht die Band nur noch zwei Gitarristen, nämlich den Finnen Kalle Kalima und den Wahl-Berliner Frank Möbus und fertig ist ein Sound, der von roher Punk-Energie angetrieben wird, prog-rockige Bereiche nicht scheut und zwischendurch auch ganz zart und traurig klingen kann: "Crossing Border in a Milk Truck" beginnt als Ballade, die das derzeitige Flüchtlingselend beschwört und damit genauso lapidar wie der Titelsong Bezug auf das gesellschaftliche Thema der mindestens letzten drei Jahre nimmt. Doch nach drei Minuten gerät das Stück in Fahrt, die Gitarren kommen sich immer bissiger in die Quere, Lillinger spielt grotesk verstolperte Rhythmen und nach acht Minuten endet die Nummer in einer mit viel Pathos ausgekleideten Krawallschachtel.

Nichts gegen Kalima, Lillinger und Möbus, aber das eigentliche Ereignis des Albums ist die Sängerin. Jelena Kuljic verließ Serbien nach dem Bürgerkrieg als Punk, um dann in Berlin Jazzgesang zu studieren. Mit ungestümem Charme tobt sie durch viele Songs, aber sie hat auch längst gelernt, ihre künstlerischen Mittel dosiert einzusetzen: Im trickreichen "About Death" trifft sie mit stählerner Autorität präzise jeden Ton, an anderen Stellen spielt sie die Naive so gekonnt, wie das höchstens noch Caterina Valente beherrscht hat, und im wehmütigen "My Eyes Are Blind", das vom metallischen Scharren einerseits und von zarten Flageolett-Tönen der Gitarren andererseits in Schach gehalten wird, klingt sie schwerblütig und lasziv. Kuljic, die als Schauspielerin festes Mitglied der Münchner Kammerspiele ist, jongliert mit vielen verschiedenen theatralischen Stimmlagen und klingt dennoch authentisch: Rotzgöre und Avantgardistin, verruchte Chanteuse und präsentes Stimmwunder sind nur einige der Rollen, die sie spielend unter einen Hut bringt.

ROLF THOMAS

KUU!:

"Lampedusa Lullaby".

ACT 98572 (Edel)

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