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Erstes Studioalbum des US-Songwriters seit sieben Jahren. Tom Waits hat immer wieder Alben produziert, die das Vergangene noch mal verfeinerten und gleichzeitig das Fenster in die Zukunft öffneten, etwa "Rain Dogs" (1985) und "Mule Variations" (1999). "Bad As Me" wird sich dazugesellen. Das erste Album des US-Songwriters mit neuem Material seit "Real Gone" (2004) präsentiert Waits mit der besten Stimme seiner Karriere und auf dem Höhepunkt seiner Songwriter-Kunst. Dabei stehen die Lieder stellvertretend für den Facettenreichtum, mit dem uns der Kalifornier seit Jahrzehnten beglückt. Wunderbare…mehr

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Produktbeschreibung
Erstes Studioalbum des US-Songwriters seit sieben Jahren.
Tom Waits hat immer wieder Alben produziert, die das Vergangene noch mal verfeinerten und gleichzeitig das Fenster in die Zukunft öffneten, etwa "Rain Dogs" (1985) und "Mule Variations" (1999). "Bad As Me" wird sich dazugesellen. Das erste Album des US-Songwriters mit neuem Material seit "Real Gone" (2004) präsentiert Waits mit der besten Stimme seiner Karriere und auf dem Höhepunkt seiner Songwriter-Kunst. Dabei stehen die Lieder stellvertretend für den Facettenreichtum, mit dem uns der Kalifornier seit Jahrzehnten beglückt. Wunderbare Balladen ("Last Leaf"), Klanglandschaften in Cinemascope ("Hell Broke Luce"), Blues-Stücke wie "Raised Right Men" stehen neben Gospel-Tracks wie "Satisfied", und einmal steigt Waits' Stimme sogar bis zum Falsett empor ("Talking At The Same Time"). Im März 2011 wurde Tom Waits in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Auf "Bad As Me" hört man, warum.
Die limitierten Deluxe-Ausgabe besteht aus zwei CDs mit zusammen 16 Songs und 40-seitigem Booklet.
Trackliste
CD 1
1Chicago00:02:15
2Raised Right Men00:03:24
3Talking At The Same Time00:04:13
4Get Lost00:02:43
5Face To The Highway00:03:44
6Pay Me00:03:15
7Back In The Crowd00:02:49
8Bad As Me00:03:10
9Kiss Me00:03:42
10Satisfied00:04:07
11Last Leaf00:02:56
12Hell Broke Luce00:03:57
13New Year's Eve00:04:28
CD 2
1She Stole The Blush00:02:50
2Tell Me00:03:42
3After You Die00:02:47
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2011

Ich bin hier seit Eisenhower

Har er wieder Schotter gegurgelt? Die erste Tom-Waits-Studioplatte seit sieben Jahren bietet mehr, als Abstinenzler vertragen können.

Von Wolfgang Schneider

Vor einiger Zeit war Tom Waits in einem Geschäft für Musikinstrumente. Er ging so herum zwischen den Klavieren und Gitarren; kein Mensch erkannte ihn. Dann fuhr er zum Schrottplatz. Gleich war er umringt von einer Menschentraube. Die Anekdote, von ihm selbst erzählt oder erfunden, besagt: Die Musik dieser amerikanischen Songwriter-Institution ist ein Recyclinghof. Die Reste und das Beste aus Blues, Barjazz, Rock 'n' Roll, Cajun und Polka - vom Herrn des Rosts wird das alles zu eigenwilligen Klangwerken verschraubt.

Beim letzten Studioalbum "Real Gone" (2004) war der Wertstoffanteil allerdings gering. Die geniale Gitarre des alten Weggefährten Marc Ribot produzierte immer fratzenhaftere Licks, der Schlagzeuger schien auf alte Ölfässer einzuprügeln, und die unterweltliche Stimme von Tom Waits verlegte sich von der Melodie auf den Rhythmus: böses, übersteuertes Fauchen und Ächzen, gesampelt als Vocal Percussion. Das wurde irgendwann anstrengend. Man hatte beim Hören einiger Songs dasselbe Problem wie mit Hiphop, zu dem Waits zu sehr hinüberschielte: Geht oft los mit mächtigem Wumms, wird aber schnell langweilig, wenn man nicht ein explizites Interesse an Sängertexten hat und mit Wörterbuch und Lesebrille Musik hört.

Man war der Waits-Welt ein wenig überdrüssig geworden: zu viel der finsteren Schuppen, in denen sich Grauenhaftes abspielte, zu viel des albtraumhaften Kirmesrummels, zu viel der kranken Drehorgelei, zu viel Brecht-Weill-Wilson-Theater. Bereits mit "BoneMachine" (1992) hatte er eine Meisterschaft der Verfinsterung erreicht, die sich nicht mehr steigern ließ. "Orphans" von 2006 mit 54 unveröffentlichten Songs aus mehreren Jahrzehnten schien wie ein Abschluss.

Nun ist Tom Waits wieder da, einundsechzig Jahre alt und mit einem dermaßen gut gelaunten Album, wie man es nicht mehr erwartet hatte. "Bad As Me" ist die (im guten Sinn) gefälligste Musik, die von ihm seit dreißig Jahren zu hören war. Die ersten Stücke der Platte rocken und rollen, swingen und stampfen, dass es eine Freude ist. Es beginnt mit einem kurzen, dampfenden Blues. "Maybe things will be better in Chicago" - Waits benutzt seine Stimme wieder wie ein Saxophon, es kommt auf Ton und Phrasierung an, lustvoll knurrt, knautscht und dehnt er die Worte, spielt mit der Vokal-Melodie von "Chicago". Die Bläsersätze machen nicht nur bei diesem Lied Vergnügen, sie bestimmen auch das Titelstück, das beinahe Hitqualitäten hat.

Waits bringt seine Einfälle auf den Punkt und fügt sie wieder ins knappe Songformat. Dem Publikum zugewandt, produziert er ein Kabinettstück nach dem anderen - mit "Get Lost" zum Beispiel einen herrlich federnden Rockabilly, wie man ihn noch nicht von ihm gehört hat, Kiekser inbegriffen. Es folgt die schönste Ballade, die er seit "Mule Variations" gesungen hat: "Face to the Highway", bestimmt von lieblich gezupften Saiteninstrumenten und schwirrenden Gong- und Flageolett-Tönen. Doch auch dieses ruhige Stück hat einen festen Tritt, schließlich handelt es von einem Mann, der Abschied nimmt: "I'm going away". Der Hörer schwört: Ich komme mit. Nächste Ausfahrt Hafenbar, irgendwo "at the end of the world". Das Akkordeon zieht wehmütige Akkorde zum leicht angeschunkelten Rhythmus von "Pay Me". Die Waits-Stimme gibt seit je Fragen auf. Hat er mit Schotter gegurgelt und mit Reißzwecken nachgespült? In Wahrheit klingt er nach vielen alkoholfreien Jahren eher wie ein Chorknabe. Er singt auch viel zu perfekt, als dass die Stimme wirklich kaputt sein könnte. Das Reibeisen wechselt mit klaren Tönen, wenn es in die höheren Lagen geht, etwa in "Talking at the Same Time", wo er gar mit Falsett aufwartet, während die Bläser einen schönen Offbeat schieben und das Klavier auf den höchsten Tönen herumpingelt. Den Grad der Räudigkeit kann er offenbar nach Belieben einstellen wie ein Gitarrist die Verzerrung am Verstärker. Kein Zweifel: Diese Kunststimme verdankt Captain Beefheart mehr als dem Bourbon.

Vorbei sind auch die Tage der Lo-Fi-Spärlichkeit. Das Album ist sauber im Studio produziert, nicht durch die Badezimmerwand gesungen oder im Heuschober aufgenommen; nur die Bässe sind ein bisschen dünn geraten. Geradezu üppig die Instrumentierung, mit der Bläser-Sektion und gleich drei prominenten Gitarristen. Zu Marc Ribot, der wieder seine kunstvoll derangierten Läufe beisteuert, gesellen sich David Hidalgo von Los Lobos und ein gewisser Keith Richards. Mit einem Lastwagen voller Gitarren und einem Butler reiste der an zur Aufnahme, wenn man Waits glauben darf, was man vielleicht prinzipiell nicht tun sollte.

"Satisfied" ist offenbar spontan in der Zusammenarbeit entstanden, eine Kontrafaktur auf den Song der Stones: "I will havesatisfaction / I will besatisfied / now Mr. Jagger and Mr. Richards / I will scratchwhereI'vebeen itching" - Waits schreit es mit genussorientierter Raubtierstimme heraus und faucht wie ein Panther, um am Ende noch ein paar Sekunden die Kopfstimme von Mr. Jagger zu parodieren. Waits-Witz beweist auch das folgende "Last Leaf", ein sentimentales Altherrenduett mit Richards, der im Kontrast geradezu rankenhaft zart klingt. "Ich bin das letzte Blatt am Baum", jammern die beiden. Aber: "I've got staying power / here on the tree / I've been here since Eisenhower".

Und tatsächlich produzieren die beiden alten Blätter gleich darauf mächtig Chlorophyll. In "Hell Broke Luce", einem aggressiven Antikriegssong, gibt Waits wieder den Shouter des Schaurigen, Richards schießt dazu ein Riff aus der arthritischen Hüfte, das mit "minimalistisch" noch überkomplex beschrieben wäre. Dann rasselt im fetten Surround-Sound noch ein Maschinengewehr dazwischen; vielleicht doch ein bisschen overdone.

Wie gewohnt wechseln "Brawlers" mit "Bawlers", Kracher mit Schiebern, Brüller mit Schluchzern. Manches hat man schon öfter gehört, wie "Kiss Me", einen melodiösen Bar-Balladen-Wiedergänger aus den siebziger Jahren, über den das Vinyl-Knistern einer vergangenen Epoche gelegt wird. In "Back in the Crowd", einem Schwof für mexikanische Hotelterrassen, gewinnt der Sänger-Darsteller seiner Stimme dagegen ein neues Rollenspiel ab: den abgetakelten Gentleman-Crooner, der sich, Kinn auf der Brust, mit schmachtendem Flüstergesang begnügt. Die akustischen Gitarren schubbern, die Kastagnetten klackern, der Besen streichelt das Schlagzeug, und die Solo-Gitarre perlt dazu wie eine Mandoline im Mondlicht. Da ist Augenzwinkern mitkomponiert.

Die Texte bieten das amerikanische Kino aus Härte und Herzschmerz: Hobo-Romantik, Highway-Melancholie, Tresen-Tragödien, wehmütige Verlierergeschichten, aber auch sanfte Liebesbeschwörungen unter "schlechten" Leuten. Waits hat sie gemeinsam mit seiner Frau Kathleen Brennan geschrieben. Man lebt mit drei Kindern (Sohn Casey übernimmt die Drums) in einer gesunden Künstlerehe und pflegt die schwarze Romantik des Kaputten. Je authentischer das klingt, desto mehr ist es ein feines Kunstprodukt. "Bad As Me" ist eine tolle Show. Tom Waits wird jetzt auch wieder im Musikalienladen erkannt.

Tom Waits,

Bad As Me

Anti 9846273 (Indigo)

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