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Produktdetails
Trackliste
CD
1Mehr00:03:14
2Sonne00:04:40
3Augenblick00:03:07
4Porzellan00:03:51
5Unter Wasser00:04:02
6Wie ich den Marilyn-Manson-Ähnlichkeitswettbewerb verlor00:03:11
7Unsichtbar00:03:14
8Apocalypse wann anders00:04:02
9Schon wieder00:01:18
10Immer noch00:04:38
11Alle dasselbe00:03:27
12Kein zurück00:04:54
13Dermitder00:04:02
14Dusche00:04:11
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2005

Was lernt man nicht alles aus Comics

Was Sie nicht sagen! Sie sehen doch sonst ganz normal aus. Was Donald Duck vom Hoteldirektor in Oberlawinenbrunn zu hören bekam, als er sich als Komponist, Dichter und Sänger des tollen Schlagers "Der rührselige Cowboy" zu erkennen gab, das werfen die Herbergsväter bestimmt auch Farin Urlaub an den Kopf, wenn er zwischen Timbuktu und Gibbs-ga-nich bei ihnen absteigt und ins Fremdenregister als Berufsbezeichnung einträgt: Rockstar. Wo Bela B., sein trommelnder Kompagnon bei den "Ärzten", für eine Dokusoap "Punkrocker daheim" sofort gecastet würde - der Mann ist ja völlig fahl -, da sieht man Farin Urlaub an, daß er mitnichten wild auf Bier ist, Gesundheitsgemüse anpflanzt und sich auch nach dem anstrengendsten Konzert keinen ordentlichen Fleischklops brät. Und wo ist die Künstlermähne? "Ich habe blond gefärbtes Haar", heißt es auf Farin Urlaubs zweitem Soloalbum "Am Ende der Sonne" (Universal), "weil's in den Achtzigern Mode war." Gut, daß er nicht in den Sechzigern in Entenhausen aufgewachsen ist, dann müßte er immer noch mit Perücke herumlaufen. Was lernte Jan Vetter, geboren 1963, eigentlich in der Schule? Wie er den Interviewern der Zeitschrift "Galore" verriet, nicht viel mehr als das beidseitige Durchschlängeln. "Mir war klar, daß sich mir ohne Abitur viele Türen verschließen würden. So spießig war ich damals schon." Was verstehen Spießer wie er von den Freuden des freien Sängerberufs? Daß zur Freiheit Disziplin gehört. Auch wer auf Landstreicher umsattelt, muß das Kursbuch studieren. Punker sind alte Wandervögel, und Farin Urlaub geht immer wieder auf Weltreise, weil man in jedem Grandhotel seinen Scheck nimmt und er nicht darauf angewiesen ist, daß eine Million vom Himmel fällt. Ein Star darf alles von sich geben, solange er es nur wieder auffängt. "Ich jongliere mit Worten. Das ist mein persönlicher Erziehungsauftrag." Urlaub als Erzieher: Es mag verblüffen, wie ernsthaft der Spaßmacher im Interview das Programm darlegt, die jugendlichen Hörer durch Wortspiele in ihrer Kreativität zu ermutigen. Aber schon Vetters Pseudonym lädt zur schöpferischen Auslegung ein: "Urlaub" ist eine alte deutsche Entsprechung für das lateinische "otium", die Muße als Voraussetzung aller Bildung. Ein Bekenntnis zur deutschen Bildungstradition steht kleingedruckt im Büchlein der neuen Platte: "dieser tonträger ist - was niemanden überraschen wird - frau dr. erika fuchs gewidmet." Das Album erschien noch vor dem Tod der Übersetzerin am 22. April dieses Jahres und kam einer Rührseligkeit zuvor, die sich die alte Dame wohl mit einer ihrer klassischen Prägungen verbeten hätte: Nur keine Sentimentalitäten! Farin Urlaub fragt: "Sind Fremdworte in Rockmusik legal, oder wirkt das zu rational?" Im Sinne von Erika Fuchs wäre zu antworten: Sicher, sicher, aber es ist alles ganz legal - das mit Bedacht eingestreute Fremdwort war eines ihrer liebsten Mittel. Die lateinische Rationalität der gewählten Vokabel verhindert, daß der deutsche Dichter zu poetisch wird: Die Rührseligkeit ist gebannt, wenn sie Sentimentalität heißt. Farin Urlaub jongliert mit eigenen Worten, überläßt das Fuchs-Zitieren den Philistern vom Feuilleton. Aber in dem tollen Schlager "Dusche" erkennen wir doch Variationen auf einen der meistzitierten Sätze Donald Ducks wieder. "Heut' morgen ist mir die Zunge in den Rührfix gekommen, gestern abend ist mir das Seifenpulver in die Rühreier gefallen, und vorgestern, na ja!" So steht es in einer Geschichte, die Jan Vetter lesen konnte, als er dreizehn Jahre alt war. "Gestern morgen flog der Toaster mir ganz plötzlich um die Ohren." Fortsetzung im nächsten Song.

PATRICK BAHNERS

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