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Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo sind seit 25 Jahren befreundet, sie haben als Journalisten lange zusammengearbeitet, vieles Private geteilt und sich gemeinsam in einer Initiative gegen Rechtsextremismus engagiert. Aber eines, sagen sie, sei zwischen ihnen immer seltsam unausgesprochen geblieben: An welche grundlegenden Werte glaubst du eigentlich, wenn es nicht um dich, sondern um andere geht? Kurz: Wofür stehst du? In diesem spannenden Hörbuch treten Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo in einen ungewöhnlichen Dialog. Sie erzählen und reflektieren, was im Leben und was in der Gesellschaft…mehr

Produktbeschreibung
Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo sind seit 25 Jahren befreundet, sie haben als Journalisten lange zusammengearbeitet, vieles Private geteilt und sich gemeinsam in einer Initiative gegen Rechtsextremismus engagiert. Aber eines, sagen sie, sei zwischen ihnen immer seltsam unausgesprochen geblieben: An welche grundlegenden Werte glaubst du eigentlich, wenn es nicht um dich, sondern um andere geht? Kurz: Wofür stehst du?
In diesem spannenden Hörbuch treten Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo in einen ungewöhnlichen Dialog. Sie erzählen und reflektieren, was im Leben und was in der Gesellschaft wichtig ist. Es geht ihnen nicht um einen allgemeinen Tugendkatalog, wie er neuerdings en vogue ist, sondern um eine Inventur bisheriger Lebensführung, geleitet von den Fragen: Was haben wir erlebt? Worüber regen wir uns noch auf? Wo haben wir uns davongestohlen? Wann belügen wir uns? Fragen, die in Zeiten des unübersehbaren Rückzugs ins Private und zunehmender Politikverdrossenheit immer wichtiger werden. Wofür steht man?
Subjektiv, selbstkritisch und reflexiv suchen die Autoren nach Antworten in den großen Themenfeldern Politik und Staat, Klima, Gerechtigkeit, Migration und Fremdheit, Angst und Depression. Dieser lebendige Dialog ist ein starkes Plädoyer gegen die um sich greifende politische Gleichgültigkeit, die Hörer anregend, auch für sich selbst die Frage zu beantworten: Wofür stehst du?
Autorenporträt
Hacke, Axel
Axel Hacke lebt als Schriftsteller und Kolumnist des Süddeutsche Zeitung Magazins in München. Er gehört zu den bekanntesten Autoren Deutschlands, seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Zuletzt erschien "Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen" (Kunstmann 2017). Mehr unter www.axelhacke.de

Di Lorenzo, Giovanni
Giovanni di Lorenzo, 1959 in Stockholm geboren, arbeitete zunächst als politischer Reporter und Leiter des Reportageressorts "Die Seite Drei" bei der Süddeutschen Zeitung. Seit 1989 moderiert er die Fernsehtalkshow 3 nach 9 von Radio Bremen. 1999 wurde er zum Chefredakteur des Berliner Tagesspiegels berufen. 2004 wechselte er als Chefredakteur zur Zeit. 2009 veröffentlichte er bei Kiepenheuer & Witsch zusammen mit Helmut Schmidt den Bestseller "Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2010

Nichts, gar nichts war früher besser
Die Journalisten Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo fragen sich: "Wofür stehst Du?"

Dieser Text ist ein krasser Verstoß gegen die Regeln, um die es geht in dem Buch, das hier besprochen werden soll - und entsprechend schlecht ist beim Schreiben das Gewissen. Denn der Autor dieser Kritik und der eine Autor des Buchs, Giovanni di Lorenzo: wir kennen einander, seit fast dreißig Jahren. Wir sind uns an der Münchner Uni begegnet, im Grundkurs Politische Wissenschaft, und nach einem lustigen Abend in einem Restaurant, das wir uns beide eigentlich nicht leisten konnten, habe ich ihm meine zerlesene Dünndruck-Ausgabe der "Verlorenen Illusionen" von Balzac in die Hand gedrückt und gesagt: "Lies das! Und denk dann noch mal darüber nach, ob du wirklich Journalist werden willst!"

Mit dem anderen Autor, Axel Hacke, habe ich so lange in der Redaktion der "Süddeutschen" zusammengearbeitet, dass ich gar nicht anders konnte, als ihn zu bewundern, zu mögen, zu duzen; und einmal, als eine besonders schöne Reportage in der Zeitung stand und die Kollegen in der Konferenz den Autor lobten für seinen Stil, für sein Talent, habe ich die gesamte Runde angeschnauzt: dass diese floskelfreien Sätze, diese präzisen Beobachtungen, dass das alles ja nicht bloß eine Frage des Talents sei. Sondern vor allem eine Frage der Moral. Woraufhin die Kollegen fragten, ob ich verrückt geworden sei.

Man sollte aber seine Freunde nicht rezensieren, man soll nicht schreiben über Menschen, die man duzt - und der eine oder andere, der Fritz J. Raddatz' "Tagebücher" gelesen oder zumindest schon mal durchgeblättert hat, wird jetzt fragen: Was ist hier das Problem? Denn in Raddatz' Buch, das sehr lebensnah geschrieben ist, wird alle paar Seiten wieder davon erzählt, dass einer, der als Feuilletonchef der "Zeit" seine ästhetischen Urteile im Tonfall der Amtlichkeit und Objektivität zu formulieren versucht (besonders stilsicher war Raddatz ja nie), zugleich mit denen, über deren Werke er urteilt, eng befreundet (oder leidenschaftlich verfeindet) sein kann; dass man an einem Tag einander rezensiert, und am nächsten trinkt und feiert man miteinander; man duzt sich und plant gemeinsame Ferien nach Portugal.

Und genau das ist das Problem, gegen welches Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo anschreiben in ihrem Buch "Wofür stehst Du?": Das professionelle Ethos, das moralische Fundament, auf welchem die heute Fünfzigjährigen zum Beispiel ihre journalistische Arbeit tun, Axel Hacke als Kolumnist des "SZ-Magazins", Giovanni di Lorenzo als Chefredakteur der "Zeit": dieses Fundament ist wesentlich stabiler, als es das war zu der Zeit, da Raddatz' Generation das Sagen hatte. Es fällt nur niemandem auf; und das liegt vermutlich daran, dass diese Moral sich vor allem in vielen Zweifeln, in großer Skepsis, in der ständigen Überprüfung gerade erst formulierter Arbeitshypothesen zeigt. Und nicht in den großen Plänen und Weltveränderungsprojekten, denen sich die Generation davor so gerne unterworfen hat. Einer wie Raddatz nannte sich damals links, wusste immer, wer die Bösen waren, und fand sich schon verwegen, wenn er aber zugleich einen Porsche fuhr und im "Baur au Lac" ein Zimmer reservierte. Sein großes Projekt heute läuft konsequenterweise darauf hinaus, den jungen Leuten zu erzählen, dass früher alles besser war.

"Wofür stehst Du?", das ist als Frage, die zwei Journalisten sich selber stellen, schon deshalb nicht besonders scharf, weil ja, erstens, genau zu diesem Zweck die Kolumnen und die Leitartikel erfunden worden sind: dass man seine Antworten da hinschreiben kann. Und zweitens haben die Antworten, wenn man sie abstrakt zu fassen versucht, eben die Unverbindlichkeit, die einem ja auch beim Dauergeschwafel über die Werte, zu welchen sich gefälligst alle bekennen sollen, so furchtbar auf den Wecker geht. Freiheit, Gerechtigkeit, Empathie, wer stünde nicht dafür?

Wofür stehst du? Die Frage wird aber wieder interessant, wenn die Autoren sie einander stellen - und genau so haben sie das Buch auch angelegt: Es ist wie ein Briefwechsel aufgebaut, einer schreibt, der andere berichtet, was ihm dazu einfällt; und fast so interessant wie die Texte der beiden sind die Räume, die sich zwischen diesen Texten ergeben. Es ist kein besonders dickes Buch, keine zweihundertfünfzig Seiten; und trotzdem liest es sich nicht einfach schnell weg - schon weil man, kaum ist ein Eintrag zu Ende, im Kopf an seiner eigenen Antwort arbeitet. Dieses Buch fordert weniger ein Urteil heraus (ist es gelungen, misslungen, mehr so mittel?); es ist viel eher eine Einladung, am Gespräch der beiden teilzunehmen. Weshalb es vielleicht doch nicht so ein brutaler Regelverstoß ist, wenn ein Duzfreund der Autoren es hier bespricht: Das Buch duzt ja auch seine Leser.

Wobei sich der Text immer wieder so liest, als hätte die Frage gelautet: Wer bist du? Und wo kommst du her? Und die Antworten, welche die beiden geben, sind erschütternd, angesichts der Tatsache, dass man nicht mehr als vierzig Jahre zurückblenden muss und sich dann in einem Deutschland wiederfindet, dessen Gefühlskälte, Steifheit und Provinzialität man fast schon vergessen hatte: Giovanni di Lorenzo, der, nach der Trennung seiner Eltern, mit seiner deutschen Mutter nach Hannover kommt, wo das Italienerkind schnell lernt, was Fremdenfeindlichkeit bedeutet. Axel Hacke, der, kaum volljährig geworden, nichts als raus will aus der niedersächsischen Provinz, wo die Emotionen auf Eis liegen und die Herzen nicht einmal im Sommer auftauen.

Und genau diese Geschichten müssen wohl erzählt werden, damit geklärt werden kann, wofür und wogegen und worum es geht. Mit Nostalgie und Kulturpessimismus braucht man keinem der beiden zu kommen; und wenn Axel Hacke sich doch immer mal wieder fragt, ob sich womöglich doch etwas finde, was früher besser gewesen sei; ob es, zum Beispiel, mehr Charakterköpfe gegeben habe, stärkere Temperamente, gerade unter den Politikern: Dann formuliert Giovanni di Lorenzo sofort den allerschärfsten Widerspruch. Nichts, absolut gar nichts, war früher besser, das ist die wichtigste Aussage dieses Buchs. Wer Nostalgie spürt, belügt sich selber; wer der Verführung zum Kulturpessimismus nachgibt, hat anscheinend die Vergangenheit vergessen. Und wer bei den Bewohnern der Gegenwart die Radikalität, die großen Visionen, den starken Glauben vermisst: Dem erzählt Giovanni di Lorenzo ein paar eindrucksvolle Geschichten von den Brigate Rosse, die äußerst radikal und sehr stark im Glauben waren.

Es geht dabei natürlich weniger darum, uns zu beschwichtigen, uns mitzuteilen, dass wir gefälligst satt, faul und zufrieden sein sollten. Eher geht es darum, die Kräfte zu konzentrieren. Wofür aber und wozu?

Na ja, angesichts all der demographischen und ökologischen Herausforderungen hat die heute herrschende Generation womöglich doch das eine oder andere große Projekt. Es hat nur keinen Namen, kein Label, keine griffige Parole.

Vielleicht sollte man es einfach "Die Rettung der Welt" nennen.

CLAUDIUS SEIDL

Axel Hacke, Giovanni di Lorenzo: "Wofür stehst Du?" Kiepenheuer & Witsch, 234 Seiten, 19,95 Euro

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