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Wien, 2025: Der Wiener Barbesitzer Malte Dinger gerät bei einer Fahrscheinkontrolle unverschuldet in die Fänge der Justiz. Branko, ein Mann südosteuropäischer Herkunft und Liebhaber einer lustig gewordenen Unternehmers-Witwe, wird ermordet aufgefunden. Und die neue autokratische Regierung plant, den Wiener Opernball als infernalisches Stelldichein für ihre Ziele zu inszenieren ...

Produktbeschreibung
Wien, 2025: Der Wiener Barbesitzer Malte Dinger gerät bei einer Fahrscheinkontrolle unverschuldet in die Fänge der Justiz. Branko, ein Mann südosteuropäischer Herkunft und Liebhaber einer lustig gewordenen Unternehmers-Witwe, wird ermordet aufgefunden. Und die neue autokratische Regierung plant, den Wiener Opernball als infernalisches Stelldichein für ihre Ziele zu inszenieren ...
Autorenporträt
Franzobel, geboren 1967 in Vöcklabruck, erhielt u. a. den Ingeborg-Bachmann-Preis (1995), den Arthur-Schnitzler-Preis (2002) und den Nicolas-Born-Preis (2017). Bei Zsolnay erschienen zuletzt die Krimis Wiener Wunder (2014) und Groschens Grab (2015) sowie 2017 der Roman Das Floß der Medusa, für den er auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand und mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet wurde.Robert Reinagl ist seit dem Jahr 2000 Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. Außerdem zählt er zu den meistgebuchten Sprechern Österreichs - ob für Hörspiele, Dokumentationen, Synchronisationen, Hörbucher oder Werbespots, Reinagls ausgesprochen wandlungsfähige Stimme findet stets den richtigen Ton.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2019

Wo man sich's im Feschismus richtet
Alles Rechtswalzer: Franzobel persifliert in seinem Politthriller das neue Österreich

Mal verglimmt Franzobels beträchtlicher Sprachwitz in ausufernden Wortspielhöllen und Kalauerkaskaden, mal mischt er sich keck in die politischen Weltläufte ein, mal verfehlt er sie haarscharf mit Trash-Satiren und fröhlicher Science-Fiction. In seinem letzten Roman erzählte Franzobel die Geschichte vom "Floß der Medusa" als höhnische Umkehrung aktueller Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer: Damals, 1816, waren es zivilisierte Europäer, die auf dem Weg nach Afrikas Schiffbruch erlitten und beim Kampf ums Überleben in kannibalistische Urzustände zurückfielen. Jetzt reaktiviert Franzobel seinen schon aus "Wiener Wunder" und "Groschens Grab" bekannten Kommissar Falt Groschen für eine Dystopie aus der nahen Zukunft.

Österreich, 2024. Die türkisblaue Regierung hat "ausgeschissen", die EU ist Geschichte, aber der Populismus schreitet weiter von Sieg zu Sieg. Die neue "Limes"-Regierung propagiert den "wahren Sozialismus", Österreich first und "Wir sind das Volk". Die Erbübel des kakanischen Wesens werden wieder auf Vordermann gebracht: Spezerl, die alles "amical regeln" wollen, "kernige, eingetrachtete" Volksrocker, ein jovialer Feschismus, der Sachertorte und Totschlag, Ausländerhass und gschamigste Unterwürfigkeit gegenüber potenten Investoren und Touristen zwanglos verbindet.

Nicht zufällig zitiert Franzobel in seinem Motto Houellebecqs "Unterwerfung". Malte Dinger wäre ein Mann nach Houellebecqs Geschmack: Zyniker, Macho, Besitzer eines Getränkehandels mit angeschlossener Bar, linksliberal, aber im Grunde zu feig und träge für eine Meinung. Die neue Regierung ist ihm peinlich, aber immerhin darf man wieder ohne Gurt und Tempolimit Auto fahren, im Beisl rauchen und sagen, was man über die Tschuschen, Neger und Schwuchteln schon immer dachte.

Wie schnell man mit dem Gesetz kollidiert, erfährt Malte leidvoll, als er beim unabsichtlichen Schwarzfahren ertappt wird. Von der Polizei als renitentes "Freunderl" erkennungsdienstlich behandelt und lustvoll schikaniert, wird er gleich mal für drei Tage in U-Haft gesperrt. Hinter Gittern machen ihm rüde Vollzugsbeamte, desinteressierte Pflichtverteidiger, georgische Banden und Neonazis das Leben zur Hölle. Franzobel hat in der Justizvollzugsanstalt Josefstadt recherchiert und aus dem "Häfen" schöne Austriazismen wie Brezeln (Handschellen) und Giftler (Drogenbullen) mitgebracht.

Die Leiden des Knast-Hiobs machen den einen Handlungsstrang von "Rechtswalzer" aus. Der andere, durch Maltes Zellengenossen, den Lobbyisten Ybbserl, nur notdürftig verknüpft, spielt in Untergrutzenbach, einem Provinzidyll. Der smarte Bürgermeister lässt sich hier von zwei Bauunternehmern schmieren, die Chefin des Familienclans hält sich einen osteuropäischen Gigolo als Witwentröster, der aber bald mit verkochten Gedärmen tot aufgefunden wird. Die Untergrutzbacherinnen gehen ins Sonnenstudio oder fremd, pflegen Kultur, Charity und die Kunst der Intrige. Die Männer hüten ihre schmutzigen kleinen Geheimnisse zwischen Golfclub und Puff. Der Whistleblower, der Licht ins Dunkel bringen könnte, ist spurlos verschwunden.

Franzobel schildert den korrupten Sündenpfuhl nicht ohne Behagen und lässt keine Gelegenheit zu komischen Exkursen und galligen Seitenhieben gegen Luxusgrills, "Blattgoldgustl" Klimt oder Poetry Slam ("Paralympics für Dichter") ungenutzt verstreichen. Das verlangsamt den Gang der Erzählung und kühlt den Thrill des ohnehin recht gemütlichen Politthrillers weiter herab. Die österreichische Hölle erreicht traditionell ihren Siedepunkt auf dem Opernball, dem "Dschungelcamp" der Reichen und Schönen. Josef Haslinger machte Mörtels Sause schon 1995 zur Zielscheibe eines Neonazi-Attentats; diesmal will die feministische Burschenschaft Hysteria mit einem Anschlag für die Wiedereinführung des Matriarchats werben.

So wirbelt "Rechtswalzer" alles links im Kreis herum, und am Ende ist nicht nur Kommissar Groschen froh, dem turbulenten Polit-Reigen in Richtung Moldawien zu entkommen. Franzobel ist kein zweiter Houellebecq und trotz einigen unappetitlichen Todesfällen auch kein Tarantino, aber immer gut für unterhaltsamen Schund und Schmäh.

MARTIN HALTER

Franzobel: "Rechtswalzer". Kriminalroman.

Zsolnay Verlag, Wien 2019. 416 S., br., 19,- [Euro].

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"Satirischer Krimi über ein rechtsnational regiertes Zukunfts-Österreich. Gelesen mit gruselig-komischem Schmäh." Bücher Magazin, 01.04.2019 "Franzobel überzeichnet Figuren und Dialoge bewusst ins Karikatureske. Sein politisches Szenario, darauf legt er wert, entfaltet sich jedoch gefährlich nah an der Realität." Bücher Magazin, 01.04.2019