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Was haben Bücher wie "Winnetou", "Vom Winde verweht", "Der Steppenwolf", "Frankenstein" und "Generation X" gemeinsam? Es sind kultige Bücher, die sich gegen alle Regeln des Literaturbetriebs in die Herzen der Leser und Leserinnen gekämpft haben und dort für lang anhaltende Aufregung, Begeisterung und treue Verehrung sorgen. " Sie haben die Zeit in Bewegung gesetzt, Unruhe geschaffen und die Spuren von Erschütterungen hinterlassen. Sie waren Kultbücher, bevor man wusste, was das war." Chrsitiane Zschirnt

Produktbeschreibung
Was haben Bücher wie "Winnetou", "Vom Winde verweht", "Der Steppenwolf", "Frankenstein" und "Generation X" gemeinsam? Es sind kultige Bücher, die sich gegen alle Regeln des Literaturbetriebs in die Herzen der Leser und Leserinnen gekämpft haben und dort für lang anhaltende Aufregung, Begeisterung und treue Verehrung sorgen. " Sie haben die Zeit in Bewegung gesetzt, Unruhe geschaffen und die Spuren von Erschütterungen hinterlassen. Sie waren Kultbücher, bevor man wusste, was das war." Chrsitiane Zschirnt
Autorenporträt
Christiane Zschirnt wurde 1965 in Bremen geboren. Sie studierte Anglistik, Kunstgeschichte und Germanistik in Hamburg. Christiane Zschirnt lebt in Hamburg.
Trackliste
CD
1Trivialliteratur00:01:01
2Frankenstein00:05:46
3Dracula00:05:46
4Sherlock Holmes00:05:17
5Vom Winde verweht00:03:49
6Winnetou00:03:50
7Kultbücher00:01:14
8Die Leiden des jungen Werther00:07:57
9Aus dem Leben eines Taugenichts00:04:52
10Der Fänger im Roggen00:04:22
11Unterwegs00:03:20
12Der Steppenwolf00:03:46
13Generation X00:03:42
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2002

Schullektüre
Muss man das alles lesen?
Von Homer bis Harry Potter: Die Anglistin Christiane Zschirnt erzählt die berühmtesten Geschichten der Weltliteratur auf 300 Seiten
Warum lesen wir eigentlich nicht Goethes Faust?”, beschwert sich Simon. Die Frage erwischt den Deutschlehrer kalt. Gerade hat er versucht, seinen Oberstufenkurs auf die Lektüre von Büchners „Woyzeck” einzustimmen. Aber die Frage lässt ihn auch hoffen. Was Simon sich denn von der Goethe-Lektüre verspreche, will er wissen. Das sei doch klar, lautet die Antwort. Nach „Faust” werde man in Einstellungstests gefragt. Von „Woyzeck” sei ihm solches nicht bekannt.
Simons Pragmatismus ist höchst aufschlussreich. Denn er zeigt, dass die Vorstellung eines literarischen Kanons, in welch kruder Form auch immer, selbst in den Köpfen der Personalchefs von Kreissparkassen nistet. Wenn also der Germanistikprofessor Peter von Matt kürzlich beklagte, dass sich heute jedes Buch, das älter ist als der Torhüter der Nationalmannschaft, vor dem Stundenplan rechtfertigen müsse, dann liegt er damit falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Er müsste ziemlich intensiv fahnden, bis er auf der Suche nach jüngerer deutscher Literatur als Schullektüre fündig würde.
Auch wenn sich manche Richtlinien für den Deutschunterricht um konkrete Lektürelisten herumdrücken, am Ende liest die Klasse doch „Homo Faber”, „Emilia Galotti” oder „Der gute Mensch von Sezuan”. Das zeigen die Statistiken der Abiturvorschläge. Selbst in der Sekundarstufe I des Gymnasiums haben die beliebten Jugendbücher den Klassikern wie „Schimmelreiter” und „Judenbuche” noch nicht ganz den Rang abgelaufen. Der schulische Deutschunterricht zeigt eben im positiven wie im negativen Sinne ein beachtliches Beharrungsvermögen. Gegen die offenkundige Lesefaulheit weiter Teile der Schülerschaft vermag er allerdings – Kanon hin, Kanon her – dennoch nichts auszurichten.
Vielleicht ist dies der Grund, weshalb die Literaturwissenschaftlerin Christiane Zschirnt in ihrem Kompendium „Bücher. Alles, was man lesen muss” die Schulklassiker eher flüchtig behandelt. Sie wendet sich an erwachsene Leser auf der Suche nach Orientierung. Schließlich ist unsere Welt in hohem Maße unübersichtlich geworden. Und im Unterschied zur verwirrenden Vielfalt des Internets verspricht eine altmodisch gediegene Bibliothek, wie sie auf dem Buchumschlag abgebildet ist, jenen festen Boden, der ein Ertrinken in der Fülle zugänglicher Informationen verhindert. Daher ist die Auswahl der vorgestellten Bücher, von wenigen Kuriosa abgesehen, auch alles andere als überraschend. Dabei beschränkt sich die Autorin nicht auf die so genannte schöne Literatur. Auch Klassiker der Ökonomie und des politischen Denkens finden Aufnahme.
Ob Homer oder Shakespeare, John Locke oder Niccolò Macchicavelli, Karl Marx oder Sigmund Freud – es gibt nur wenige große Männer der westlichen Kulturgeschichte, deren Hauptwerk Christiane Zschirnt nicht in einem mehr oder weniger launig formulierten Artikel referiert. Die einzigen Frauen, die sich außerhalb des speziell dem Feminismus gewidmeten Kapitel finden, sind, neben Astrid Lindgren die Britinnen Jane Austen, Virginia Woolf, Mary W. Shelley („Frankenstein”) und Joanne K. Rowling („Harry Potter”). Man sieht, auch die Populärkultur findet in diesem Buch ihren Platz.
Die angelsächsische Ausrichtung ist kein Zufall. Christiane Zschirnt hat bei Dietrich Schwanitz, dessen Bestseller „Bildung. Alles, was man wissen muss” in vielerlei Hinsicht das Vorbild für ihr Buch abgegeben hat, Anglistik studiert und ist offenkundig in der englischen Literatur- und Kulturgeschichte am besten bewandert. Vielleicht ist dies auch der Grund dafür, dass sie der Philosophie kein eigenes Kapitel gewidmet hat. Vergeblich sucht der interessierte Leser nach Kant, Hegel oder Nietzsche. Auch Sartre und Camus wird kein Platz in dieser Bibliothek gewährt. Deren Bücher muss man also nicht lesen? Verträgt sich das Vollverb lesen überhaupt mit dem modalen Hilfsverb müssen?
Zum Glück kennen kundige Leser seit Daniel Pennacs zauberhaftem Buch „Wie ein Roman” ihre Rechte. Das Recht, nicht zu lesen, steht hier an erster Stelle. Es war allerdings auch wohl nicht Zschirnts Absicht, eine verbindliche Leseliste, wie sie der Untertitel ihres Buches suggeriert, vorzulegen. Manchmal, wie im Falle de Sade, rät sie sogar von der Lektüre ab. Und so ganz ernst wird auch der bildungshungrigste Laie die Empfehlung, sich John Maynard Keynes „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes” zu Gemüte zu führen, nicht nehmen.
Stattdessen wird er sich, nicht nur in diesem Fall, gerne mit der Darstellung von Keynes Theorie durch die Autorin zufrieden geben. Auch die Verkaufszahlen von Musils „Mann ohne Eigenschaften” oder Adorno/Horkheimers „Dialektik der Aufklärung” werden wohl kaum ansteigen, selbst wenn dieses Buch über Bücher zum Bestseller würde. Die Crux solcher Werke ist nämlich, dass sie eher geeignet sind, die Lektüre des Originals zu ersetzen. So löste auch der eingangs erwähnte Deutschlehrer das Problem des Schülers Simon: Er erzählte ihm in knappen Worten die Geschichte von Faust, Gretchen und Mephisto. JOACHIM FELDMANN
CHRISTIANE ZSCHIRNT: Bücher. Alles, was man lesen muss. Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 2002. 21,90 Euro
Goethe ist nach wie vor der Favorit auf den Lektürelisten deutscher Abiturienten. Foto: Ausserhofer
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