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Bildformat: 4:3 Sprachen (Tonformat): Deutsch, Englisch, Niederländisch, Schwedisch, Dänisch, Finnisch (Dolby Digital 5.1) Untertitel: Englisch Ländercode: 2
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü

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Produktbeschreibung
Bildformat: 4:3 Sprachen (Tonformat): Deutsch, Englisch, Niederländisch, Schwedisch, Dänisch, Finnisch (Dolby Digital 5.1) Untertitel: Englisch Ländercode: 2

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2004

Vorsicht, Mensch!
Ein neues Themenfeld für den Trickfilm ist nun eröffnet: Pixar bringt seine meisterhafte Superhelden-Parodie "Die Unglaublichen" ins Kino

Es klingt ebenso unglaublich wie der Name des Films: Noch nie ist ein langer Trickfilm über Superhelden angefertigt worden. Gut, da gab es in den Jahren 1941 bis 1943, als sich sämtliche damals gängigen Medien (Zeitungen, Bücher, Radiostationen, Kino) an den Erfolg der "Superman"-Hefte anhängen wollten, natürlich auch eine siebzehnteilige Trickfilmreihe, die den Mann aus Stahl auf jeweils zehn Minuten Zelluloid bannte; aber gegenüber der ambitionierten Konkurrenz von Disney, Warner oder MGM hatte das Produkt der heruntergewirtschafteten Fleischer-Studios, die 1942 an Paramount verkauft und in "Famous Studios" umbenannt wurden, nichts zu bestellen. Allein der Versuch, einen menschlichen Helden gegen die Phalanx der populären funny animals à la Mickymaus, Bugs Bunny oder Tom & Jerry ins Rennen zu schicken, hat heute noch etwas rührend Antiquiertes. Da machte es sich ein Studio leicht.

Mittlerweile ist das anders: nichts Schwereres, als Menschen zu animieren. Gespürt hat man das in der Branche schon immer. Der Kunstgriff, die schwarze Haushälterin bei "Tom & Jerry" immer nur bis zur Höhe der Waden durchs Bild stampfen zu lassen, fand noch in "Ice Age" aus dem Hause Twentieth Century Fox vor zwei Jahren seine konsequente Fortsetzung darin, daß zwar Menschen in voller Gestalt auftraten, aber im Gegensatz zu den Tieren in den Hauptrollen kein Wort sagten. So wich man der direkten Konfrontation zwischen hyperaktiven Cartoon-Charakteren und qua Rolle an die Gesetze der Physiognomik gebundenen Figuren aus. Menschen waren Staffage.

Bei ihrer Darstellung scheidet sich die Perfektion vom Können. Bestes Beispiel dafür ist immer noch Hironobu Sakaguchis "Final Fantasy", der sich vor vier Jahren viel darauf zugute hielt, daß seine Programmierer in Tausenden von Rechnerstunden die wehenden Haare der Heldin so vollkommen animiert hatten. Leider wurden darüber Plastizität und vor allem Gewicht ihres Körpers und der anderen Akteure völlig vergessen; heraus kam eine seltsam aseptische Darstellung, die gerade im Bemühen um Realismus unmenschlicher wirkte als alles, was zuvor auf diesem Feld probiert worden war. Dagegen haben Superhelden den Vorzug, daß sie ohnehin nicht an die Grenzen der Realität gebunden sind, Körper haben, die jeder Beschreibung spotten, und Kräfte, die allen Naturgesetzen hohnsprechen: Sie sausen glatt durch steinerne Mauern, knabbern Eisenträger wie Keks und können unter der Erde robben wie ein Maulwurf mit Außenbordmotor.

Das alles und noch viel mehr zeigt uns der neue Pixar-Trickfilm "The Incredibles". Allerdings in ungewohnter Konstellation, denn seit den Exzessen der Familie um Captain Marvel, die in den späten vierziger Jahren nicht nur eine Mrs. Marvel, sondern gleich auch Marvelboy und -girl sowie einen Marvelhund hervorbrachten, ehe ein Plagiatsprozeß diesen Irrweg unfreiwillig beendete, hat es keine so traditionelle Gemeinschaft von Superhelden mehr gegeben. Mr. Incredible alias Robert Parr heiratet seine Kollegin Elastigirl, die dadurch im bürgerlichen Leben zu Helen Parr wird und die gleichsam mit Superkräften ausgestatteten Kinder Violetta, Flash und Jack-Jack zur Welt bringt. Leider muß die Familie Capes und Masken an den Nagel hängen, denn durch eine Welle von Schadensersatzklagen, die von den Opfern der Einsätze diverser Superhelden eingereicht wurden, gerät die Regierung derart häufig in Regreß, daß es sie billiger kommt, die durch unaufgeklärte Verbrechen verursachten Schäden auszugleichen. Seitdem ist das Superheldenwesen illegal (dieses Motiv hat Drehbuchautor Brad Bird aus Alan Moores legendärem Comic "Watchmen" entliehen), aber immerhin sorgt der Staat durch Vermittlung auf bürgerliche Arbeitsplätze für ein Auskommen seiner einstigen Helden.

Der Reichtum der Bezüge ist schier unermeßlich. Mr. Incredible ist bis in Kostümdetails hinein ein verfetteter Captain Marvel, der nun ausgerechnet als Schadenssachbearbeiter einer Versicherungsfirma den Menschen nur noch dadurch helfen kann, daß er ihnen heimlich Tips gibt, wie sie den Winkelzügen seines eigenen Unternehmens begegnen können. Elastigirl ist eine weibliche Version von Jack Coles "Plasticman", Flash selbstverständlich eine jugendliche Ausgabe des gleichnamigen DC-Helden, Violetta verfügt über Kräfte, die wir aus den "X-Men" kennen, und das Ganze spielt sich ab in Metroville, was die New-York-Parodie Metropolis aus den "Superman"-Comics einfach ins Französische überträgt. Dazu befinden wir uns zu Beginn der Handlung in den späten vierziger und dann später in den sechziger Jahren, was ziemlich exakt den Zeitpunkten von Niedergang und Neubelebung der Superhelden-Comics entspricht.

Man sieht: "The Incredibles" bedient sich bei allen Haupt- und Nebenströmungen des Genres. Und dadurch, daß die Helden wie gewohnt ihre Körpereigenschaften als Waffen einsetzen, fragt kein Zuschauer nach realistischen Bewegungen oder Proportionen. Deshalb entgeht der Film der menschlichen Falle im Animationsgewerbe. Wenn er im Abspann "hair and cloth artists" gesondert auflistet, dann ist das nicht wie in "Final Fantasy" eine Bankrotterklärung, weil man sich nur an Pannen, nicht aber an die gelungenen Illusionen erinnerte, sondern eine Würdigung von Leistungen, die man hier tatsächlich genießen kann. Denn weil man sich auf die ohnehin grotesken Körper nicht konzentrieren muß, kommt die Virtuosität des Computers im Umgang mit Haaren und Kleidern wirklich zur Geltung. Den endgültigen Ritterschlag geben dann zwei Greise, die zum Schluß auf die Leinwand treten und das Geschehen im Film als "ganz nach der alten Schule" loben. Diese beiden betagten Herren werden im Original gesprochen von den Disney-Veteranen Frank Thomas, der in diesem Jahr verstarb, und Ollie Johnston.

Wie beim Pixar-Vorgänger "Findet Nemo" ist über der technischen Perfektion allerdings die Geschichte etwas in Vergessenheit geraten. Zwischendurch hat der Film etliche schwache Momente, doch seine ironische Haltung zu Beginn und Ende gleicht das allemal aus. Es ist das lockerste, am wenigsten auf moralische Werte verpflichtete Werk von Pixar, denn wo die Familie im Mittelpunkt des Geschehens steht, muß man den Zusammenhalt der Protagonisten gar nicht erst begründen. Insofern ist es auch der konservativste Pixar-Film, auch des zeitlichen Rahmens wegen, aber gerade das läßt ihn zeitlos wirken wie sonst nur "Die Monster AG".

Nach dem beispiellosen Erfolg von "Findet Nemo" ist "The Incredibles" das letzte Werk des Studios, das noch von Disney vertrieben wird und dem einstigen Musterbetrieb des Genres dadurch eine fette Einnahme bescheren wird, die die eigenen Filme längst nicht mehr erwirtschaften. Von nun an wird auch Disney alle seine Trickfilme nach Pixar-Vorbild dreidimensional am Computer entstehen lassen; doch ob dadurch noch einmal ein solches Laboratorium der Animation geschaffen werden kann, wie es hier ehedem bestand, darf man bezweifeln. Wer immer heute im Trickfilm Maßstäbe setzt, hat irgendwann bei Disney gelernt, natürlich auch Brad Bird, Regisseur und Drehbuchautor der "Incredibles", der noch von Milt Kahl persönlich in die Geheimnisse der "Illusion of Life", wie Walt Disney es genannt hat, eingeführt worden ist. Nun, da fast alle Geheimnisse gelüftet scheinen, muß der Trickfilm sich neue Horizonte suchen, und dabei werden die Geschichten wichtiger sein als die Technik. Also doch zurück zum Menschen - nicht nur zum gezeichneten auf der Leinwand, sondern auch zum verantwortlich zeichnenden im Studio.

ANDREAS PLATTHAUS

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