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Die Schönheit des Wahnsinns Poetische Schönheit und hemmungslose Grausamkeit Das skandalöse Meisterwerk des koreanischen Regisseurs KIM KI-DUK.
Eine bezaubernd schöne, mysteriöse junge Frau lebt am Ufer eines Sees und versorgt Angler mit Lebensmitteln, Ködern und käuflicher Liebe. Die Urlauber, vor allem Männer, wohnen in winzigen Hütten auf schwimmenden Plattformen und vertreiben sich die Zeit mit Angeln, Kartenspielen, Saufen und Sex. Der zuletzt eingetroffene Gast ist auf der Flucht. Er hat seine Frau aus Eifersucht getötet und ist hierher gekommen, um zu sterben. Zwischen der…mehr

Produktbeschreibung
Die Schönheit des Wahnsinns
Poetische Schönheit und hemmungslose Grausamkeit Das skandalöse Meisterwerk des koreanischen Regisseurs KIM KI-DUK.

Eine bezaubernd schöne, mysteriöse junge Frau lebt am Ufer eines Sees und versorgt Angler mit Lebensmitteln, Ködern und käuflicher Liebe. Die Urlauber, vor allem Männer, wohnen in winzigen Hütten auf schwimmenden Plattformen und vertreiben sich die Zeit mit Angeln, Kartenspielen, Saufen und Sex. Der zuletzt eingetroffene Gast ist auf der Flucht. Er hat seine Frau aus Eifersucht getötet und ist hierher gekommen, um zu sterben. Zwischen der geheimnisvollen Schönheit und dem Mörder wächst eine bizarre, von äußerst gewalttätiger Sexualität geprägte Leidenschaft, aus der es für beide kein Entkommen gibt.

Bonusmaterial

- Biografie/Filmografie der Regisseurs - Behind the Scenes - Interview mit Darstellern und Regisseur - Originaltrailer und Trailer - Video Clip
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2000

Die Entdeckung des Klebreisgerichts
Einmal in die Ferne schweifen: Asien und anderes beim Hamburger Filmfest

Der märchenhafte See liegt versteckt in den Wäldern Südkoreas. Nebel läßt die Grenze zwischen Wasser und Luft verschwimmen, nur die verstreut treibenden Flöße leuchten bunt wie Ampelsignale. Auf ihnen hausen Angler und Urlauber, mehrmals am Tag bekommen sie Besuch von der schönen Hee-jin und werden mit Essen, Tee und Würmern versorgt. Doch bei einer Aufnahme aus der Vogelperspektive erweist sich die perfekte Welt plötzlich als beschädigt. Auf Hee-jins Haut, am Oberschenkel, ist ein großes rotblaues Mal zu sehen: ein erster Hinweis auf Gewalt, die in dieser Traumlandschaft herrscht. Fortan wird der Ort einen Eindruck machen, der zwischen Paradies und Hölle oszilliert.

Der nähere Blick in die Floßhütten zeigt, daß es zwielichtige Gestalten sind, die sich dort herumtreiben, ein dicker Gangster ist dabei, ein Mörder und mehrere brutal aussehende Männer, die sich Huren bestellen, weil ihnen Hee-jin - die ihren Nebenverdienst auch aus diesem Gewerbe bezieht - zu wortkarg, zu merkwürdig ist. Es ist schließlich ein Selbstmörder, in den Hee-jin sich verliebt, und von Beginn an trägt ihre Liebe die Signatur des Pathologischen.

Selten hat man eine schönere und bestürzendere Atmosphäre für eine Liebesgeschichte gesehen, in der Leidenschaft, schockierende Brutalität und wahnwitzige Autoaggressivität nahtlos ineinander übergehen, als in diesem Raum zwischen Albtraum und Traum, den der Film "The Isle" entfaltet. Der koreanische Regisseur Kim Ki-duk schafft es mit einem stilisierten Hyperrealismus, einzelne Szenen in Komik aufzufangen. Gebrauchsgegenstände wie Angelhaken werden in diesem geheimnisvollen Werk so sehr mit Bedeutung aufgeladen, daß sie zu Metonymien der Verletzbarkeit von Tier und Mensch werden.

"The Isle" ließ aufmerken beim Hamburger Filmfest, das bei einundsiebzig Kino- und fünfzehn Fernsehfilmen in diesem Jahr Asien zum Schwerpunkt machte. So wenig vergleichbar "The Isle" mit dem ebenfalls aus Korea stammenden Film "Virgin Stripped Bare by Her Bachelors" von Hong Sang-soo ist - er erzählt in Schwarzweißaufnahmen eine Alltagsgeschichte über Verliebtheit und späte Initiation -, so sehr eint sie doch die unkonventionell verlangsamte Erzählweise und das Ergebnis, im Kino wieder für Glücksmomente zu sorgen, die sich aus meditativer Ruhe speisen.

Am weitesten treibt es dabei Wong Kar-wai, der in seinem neuen Film die Bilder manchmal in Zeitlupen laufen läßt oder gar zum Stillstand zwingt. Der Regisseur aus Hongkong, der sich schon vor Jahren mit postmodernen Liebesgeschichten wie "Fallen Angels" auch hierzulande einen Namen machte, wurde in Hamburg für sein Melodram "In the Mood for Love" mit einer Auszeichnung geehrt, die treffenderweise den Namen des Altmeisters der melodramatischen Disziplin trug: mit dem Douglas-Sirk-Preis.

Doch es sind vor allem die kleinen unabhängigen Produktionen, die Filmfestbesuche zum Erlebnis abseits des Kinoüblichen machen. Die starren, langen Einstellungen waren das auffallendste handwerkliche Merkmal des japanischen Films "Koroshi" von Masahiro Kobayashi. Zu Beginn wird ein freundlicher Angestellter gezeigt, der seinen Frühstücksreis ißt, die Zeitung liest und kaum zuhört, wenn seine Frau drängelt, er komme zu spät zur Arbeit. Ihre schmalen, auf ihn gerichteten Augen spiegeln Unruhe, eine Uhr wird so auffällig und prätentiös ins Bild gerückt wie sonst nur bei Wong Kar-wai; man sieht förmlich die Zeit verstreichen, bis er ins Auto steigt.

Dann fährt Yuji durch die Schneelandschaft, hält auf einem Parkplatz vor einem Einkaufszentrum und sieht zum ersten Mal unglücklich aus in diesem Film. Er wird seinen Tag am Spielautomaten verbringen. Seit Monaten arbeitslos, traut er es sich nicht, die Nachricht zu Hause zu sagen. Sein geheimes Konto, von dem er sich selbst sein monatliches Einkommen überweist, wird irgendwann leer sein. Als eines Mittags ein älterer Mann zu Yuji ins Auto steigt und in einer dezenten Papiertüte alle Utensilien für einen Auftragsmord mitbringt, willigt der Angesprochene rasch ein - froh, "wieder einen Job zu haben".

Der Mann ist offensichtlich aus dem gleichen Holz geschnitzt wie der kleine Angestellte in Suo Masayukis "Shall we dance?" von 1996, der unabhängigen Spielfilm-Produktion, die überraschend auch hierzulande und in den Vereinigten Staaten zu einem großen Kinoerfolg wurde. Doch während es dem Helden in "Shall we dance?" gelang, seinem Leben durch die neue Leidenschaft des Gesellschaftstanzes wieder ein Ziel zu verleihen, geht es dem Regisseur von "Koroshi" nicht um die erfolgreiche Sinnstiftung und das kleine Glück. Er zeigt in einer zynischen Geste, wie die scheinbare Harmlosigkeit bestellt ist, und daß Yuji süchtig wird nach dem Töten. Yuji, der selbst die Geschichte aus dem Off kommentiert, sagt zu seinem ersten Mord: "Das war ich und doch nicht mehr ich", und dabei fällt ihm ein Schatten halb ins Gesicht. Abgründiger kann man die Mentalität der kleinen Leute, die das asiatische Gegenwartskino so gerne in seine Versuchsanordnungen hineinwirft, kaum darstellen.

Während jener Film im kalten Norden Japans spielt, rückt anderswo Tokio als apokalyptische Metropole ins Blickfeld. Im Thriller "Dead or Alive" von Takashi Miiko wird pointiert die unerwartete Ähnlichkeit von Polizist und Gangster herausgestrichen. In "Hysteric" von Takahisa Zeze, dem etwas hilflos wirkenden Versuch, scheinbar unglaubliche Gewalt zu erklären, ist der Plot nach einem authentischen Geschehen konstruiert: Vorbild für das Drehbuch war ein Mordfall in Tokio, wo 1994 ein junges Paar den Nachbarn ermordete. Der Gangsterfilm "Brother" von Takeshi Kitano, eine amerikanisch-japanische Koproduktion, die Action, Emotion und Komik vereint, führte schließlich von Tokio nach Los Angeles, wo sich ein hochrangiges Mitglied der japanischen Mafia im Exil eine neue "Familie" aufbaut.

Leben will er "short, sweet and out with a bang" - das Motto, das in "Hysteric" den androgynen Hauptdarstellern in den Mund gelegt wird, fasziniert bekanntlich auch die Regisseurinnen Virginie Despontes und Coralie Trinh Thi. Ihr gewalttätiger und pornographischer Film "Baise-moi" wurde jetzt auch dem Festival in Hamburg als Pseudoprovokation einverleibt. Den klugen Zuschauern, die ihn frühzeitig verließen, hätten andere französische Filme sicher besser gefallen: die wendige Komödie "Lust auf Anderes", das Regiedebüt der Drehbuchautorin und Schauspielerin Agnès Jaoui beispielsweise oder "L'affair Marcorelle", eine dramatische Justizkomödie und der erste Spielfilm des Dokumentarfilmers Serge Le Péron.

Zehn Debütfilme liefen im Wettbewerb um den erstmals vergebenen Tesa-Film-Preis, und am Ende des Festivals honorierte das Publikum die reizvolle Initiationsgeschichte "Krampack" von Cesc Gay aus Spanien. Würde man dagegen einen Preis für den besten Filmanfang verleihen, dann wären wohl Kenneth Lonergans Geschwistergeschichte "You can count on me", auf die am besten das altmodische Wort herzerwärmend paßt, und der brasilianische Film "Me You Them" die Favoriten.

Der Regisseur Andrucha Waddington zeigt bei "Me You Them" zuerst nur Dunkelheit und Stimmen, dann den schwachen Schein einer Kerze. Eine Frau verabschiedet sich von ihrer alten Mutter. Als die Frau die Tür öffnet, und in flirrende Sonne tritt, sieht man, daß sie ein Brautkleid trägt - und hochschwanger ist. Auf dem Maulesel reitet sie zur Kirche und wartet dort, aber niemand kommt. Sie wirft ihren Kranz in den Sand und zieht alleine weiter, in die weite, offene Landschaft. "Drei Jahre später" lautet danach die Einblendung, und es folgt eine famose Ehebruchsgeschichte, die in ihrem Witz und den überraschenden Wendungen an Boccacios Novellen erinnert und verdientermaßen mit dem "UP! Coming Talent Award" ausgezeichnet wurde.

Und Deutschland? Der deutsche Film war kaum vertreten auf dem Festival. Nastassja Kinski traf man dafür in einer kanadisch-französisch-deutschen Koproduktion, "The Magic of Marciano" von Tony Barbieri, die ganz auf sie zugeschnitten schien: eine Frau zwischen Tablettensucht, Depression und Mutterliebe. Bruno Ganz trat als melancholischer Kellner in "Brot und Tulpen - Pane e Tulipani" von Silvio Sondini auf, einer italienisch-schweizerischen Koproduktion. Die Ehre, als Eröffnungsfilm zu laufen, erhielt der deutsche Film "Gran Paradiso" von Miguel Alexandre. Er läßt einen Kinotraum wahr werden und bringt seinen Hauptdarsteller im Rollstuhl auf einen Viertausender.

SILKE SCHEUERMANN

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