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Die DDR in den 70er-Jahren: Eine Zeit, in der die Sowjetunion der große Bruder, der Antifaschistische Schutzwall die Mauer und die DDR das Land ist, in dem Micha Ehrenreich lebt. Dieser wohnt in der Sonnenallee, ist 17 Jahre alt, liebt Pop-Musik und kleidet sich für den Abschnittsbevollmächtigten zu modisch. Die Wohnung seiner Familie ist eng, der Nachbar bei der Stasi, man schlürft den Kaffee von West-Onkel Heinz und ein grüner Pass lässt Michas Mutter von einem Leben “jenseits der Mauer“ träumen. Das Wichtigste für Micha ist jedoch Miriam – die unbeschreibliche, unerreichbare Miriam! Micha…mehr

Produktbeschreibung
Die DDR in den 70er-Jahren: Eine Zeit, in der die Sowjetunion der große Bruder, der Antifaschistische Schutzwall die Mauer und die DDR das Land ist, in dem Micha Ehrenreich lebt. Dieser wohnt in der Sonnenallee, ist 17 Jahre alt, liebt Pop-Musik und kleidet sich für den Abschnittsbevollmächtigten zu modisch. Die Wohnung seiner Familie ist eng, der Nachbar bei der Stasi, man schlürft den Kaffee von West-Onkel Heinz und ein grüner Pass lässt Michas Mutter von einem Leben “jenseits der Mauer“ träumen. Das Wichtigste für Micha ist jedoch Miriam – die unbeschreibliche, unerreichbare Miriam! Micha legt ihr sein Leben zu Füßen und lernt dabei, es in die eigene Hand zu nehmen… Mit viel Witz inszeniert der deutsche Kult-Regisseur Leander Haußmann (HERR LEHMANN) mit SONNENALLEE einen der größten Publikumshits des deutschen Kinos. Ein herrausragendes Star-Ensemble, u.a. mit Katharina Thalbach (HAI-ALARM AM MÜGGELSEE), Henry Hübchen (DA GEHT NOCH WAS!) und Detlev Buck (MÄNNERHORT), füllt die kauzigen Charaktere mit humorigem Charme. Gefühlvoll und komisch zeichnet der Film ein Panorama der DDR zwischen verbotenen Songs und verboten großen Träumen. Gerade deshalb ist diese Kult-Komödie einfach nur zum Ablachen und: VERBOTEN GUT!
Autorenporträt
Thomas Brussig, 1965 in Berlin geboren, wuchs im Ostteil der Stadt auf und arbeitete nach dem Abitur u.a. als Möbelträger, Museumspförtner und Hotelportier. Er studierte Soziologie und Dramaturgie und debütierte 1991 unter Pseudonym mit einem Roman. 1996 erschien sein in zahlreiche Sprachen übersetzter und auch als Bühnenfassung erfolgreicher Roman "Helden wie wir". 1999 erhielt er - zusammen mit Leander Haußmann - den Drehbuchpreis der Bundesregierung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.1999

So könnte die Ewigkeit aussehen
Dreieinhalb Kilometer Ortsbesichtigung in Neukölln: Wo der Film "Sonnenallee" nicht spielt

Sonnenallee klingt gut. Sonnenallee klingt nach Süden, Wärme, Aufbruch: zur Sonne, Brüder, zur Freiheit. Doch die Sonnenallee ist bloß Neukölln. Ihren Namen trägt sie aus Sehnsucht mit sich herum. Der Überbedarf an Licht und Wärme muss hier wie andernorts im Bräunungsstudio gedeckt werden. Da steht die Besitzerin, wasserstoffblond und lederhäutig, in der Tür und zieht missmutig an ihrer Zigarette. Eine Eckkneipe heißt programmatisch "Zur Sonne". Andere, ehrlichere Gaststätten nennen sich "Schultheiss Bierstübchen" oder "Café Viagra". Dort ist das Frühstück schon ab fünf Mark zu haben. Ein sogenanntes "Sonnencenter" gibt es auch. Das ist ein quer über der Straße aufgebockter Betonriegel mit Aldi, Plus und Spar, gebaut zu einer Zeit, als dahinter sowieso nur noch die Mauer kam. Berlin hat auch an der Sonnenallee den Stadtrand mitten in der Stadt. Und auf den Stufen sitzen polnische Arbeiter in braunen Kunstlederjacken, die Fisch oder Corned Beef aus Blechbüchsen fingern.

Am längeren Ende der Sonnenallee gibt es eine Polizeidienststelle, zwei Sportplätze, eine Oberfinanzdirektion, ein Arbeitsamt, einen schönen Park mit romantischem Märchenbrunnen und alten Kastanien, zwei S-Bahnhöfe, eine Dialysestation, ein Seniorenheim, einen Hundesalon, eine Bücherstube, die sich als Romanheftzentrale anpreist, zwei Waschsalons, die vorwiegend von Türken aufgesucht werden, türkische Gemüseläden, arabische Spezialitäten, einen Weinspezialisten und - nicht zu vergessen - "Sahneröllchen's Molli-Mode", ein Laden für beleibte Neuköllnerinnen. Auch die Bestattungsunternehmen sind zahlreich vertreten, der Tod ist auch hier krisensicher. Und an der Tür des Berliner Sanitätsdienstes werden "lebensrettende Maßnahmen" angekündigt. Daneben steht: "Kommen Sie bitte rechtzeitig. Wer zu spät kommt, kann nicht mehr teilnehmen."

Es wirkt wie eine seltsame Verdoppelung, wenn man in der Sonnenallee auf Plakate mit der Aufschrift "Sonnenallee" stößt: "Es war einmal im Osten." Doch der Osten ist immer noch fern. Dass das kürzere Ende der Sonnenallee plötzlich zum Filmstar wird und über sich selbst zu reflektieren beginnt, hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Die Sonnenallee ist Hauptverkehrsstraße, Einkaufsstraße, Großstadt, Kleinstadt, Vorortsiedlung. Sie ist überraschend grün, lang und laut. Kulturell hat sie nur einmal jährlich etwas zu bieten, wenn die Neuköllner sich zur "singenden, klingenden Sonnenallee" versammeln. Voller Stolz auf das mit 3,5 Kilometern längste Straßenfest Deutschlands kaufen sie Luftballons und Plüschhäschen für die Kinder, essen Wurst und trinken Bier aus Plastikbechern, die sie dann wegwerfen und knackend zertreten.

Die Sonnenallee reicht vom Hermannplatz im Nordwesten bis zum filmrelevanten kurzen Ende an der Baumschulenstraße im Südosten. Die viergeschossigen Plattenbauten wurden mit Farbe ein wenig aufgehübscht, damit man sie nicht mehr erkennt. Der Osten tarnt sich. Von der Grenze künden nur noch ein zu Kunst erklärtes Fernrohr mit der Aufschrift "Übergänge" und die jugendlichen Bäumchen, die erst kürzlich an der Stelle gesetzt wurden, wo einst die Grenzer mit Spiegeln Fahrzeugböden inspizierten. Das erste Gebäude oben am Hermannplatz ist ein Hotel der Marke "Best Western", ein steriler Neubau aus den späten Achtzigern. Am südöstlichen Ende steht eine alte Tankstelle aus den zwanziger Jahren, die so aussieht, als träte gleich Heinz Rühmann aus dem Tankwärterhäuschen. Doch die Tür ist verrammelt, die Zapfsäule längst entfernt, der Asphalt aufgebrochen und mit Moos und Gras überwuchert. Gegenüber, hinter einem brüchigen Mietshaus, weht ein weißes Bettlaken. Selbst der Briefträger, der auf einem Fahrrad vorbeifährt, sieht aus, als stamme er aus einem alten Film.

Die Sonnenallee trägt viele Vergangenheiten mit sich herum, und sie existieren - ein Jahrhundert in friedlicher Koexistenz - alle direkt nebeneinander. Wenig Glanz fällt auf die Straße. Zwar gibt es einige mondäne Altbauten mit üppigen Stuckfassaden und blumengeschmückten Höfen: "Fahrräder einstellen verboten!" Doch gleich nebenan bröckelt der Putz von faulenden Wänden. Die Briefkästen: ein Trümmerfeld. Von pompöser Gründerzeit und verschwenderischem Jugendstil sind es nur ein paar hundert Meter bis zu den nüchternen Zwanzigern mit ihren beschaulichen Ladenzeilen und den aufgeräumten Fünfzigern mit Jägerzaun und zeitgemäßem Bücherbus. Die Laubenpieperkolonie "Kühler Grund" schämt sich nicht ihrer Gartenzwerge. Gleich dahinter: ein untergehendes Industriegebiet. Bei Alcatel wehen die roten Fahnen der IG Metall. "Für Alcatel den Buckel krumm gemacht, als Dank wird Werk Berlin nun plattgemacht" steht auf einem Transparent über der Einfahrt. Im Zelt hinter dem Tor wachen die Streikposten und trinken Tee aus Thermoskannen. Letzte Gefechte des Proletariats. Vom roten Neukölln ist ansonsten nicht viel geblieben. Die Marxistische Abendschule MASCH, die hier einst den Bildungsstand des Proletariats zu verbessern trachtete, gibt es schon lang nicht mehr. Heute sitzen arbeitslose alte Männer auf den Korbstühlen der Minigolfanlage am Hertzbergplatz und trinken Kaffee aus Bechern mit der Aufschrift "Schlürf". Das Leben als Camperidyll: So könnte die Ewigkeit aussehen.

JÖRG MAGENAU

Der Film "Sonnenallee" von Leander Haußmann hat am heutigen Donnerstag Premiere.

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