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In den sechziger Jahren verlässt die Familie Amato ihr italienisches Heimatdorf Solino und wandert nach Duisburg aus. Dort gibt es Stahlwerke, Kohlegruben und auch Schnee. Aber Pasta und Pizza? So entsteht der Plan, die erste Pizzeria des Ruhrgebietes zu eröffnen. Während Mutter Rosa kocht und Vater Romane den weiblichen Gästen schöne Augen mach verlieben sich die Söhne Gigi Barnaby Metschur und Giancarlo (Moritz Bleibtreu dasselbe Mädchen. Im Laufe der Jahre zerbricht die Familie, und auch Gigi und Giancarlo trennen sich im Bruderzwist. Erst zehn Jahre später begegnen sich die beiden wieder -da stellt sich die Frage: Wer hat sein Leben richtg gelebt?…mehr

Produktbeschreibung
In den sechziger Jahren verlässt die Familie Amato ihr italienisches Heimatdorf Solino und wandert nach Duisburg aus. Dort gibt es Stahlwerke, Kohlegruben und auch Schnee. Aber Pasta und Pizza? So entsteht der Plan, die erste Pizzeria des Ruhrgebietes zu eröffnen. Während Mutter Rosa kocht und Vater Romane den weiblichen Gästen schöne Augen mach verlieben sich die Söhne Gigi Barnaby Metschur und Giancarlo (Moritz Bleibtreu dasselbe Mädchen. Im Laufe der Jahre zerbricht die Familie, und auch Gigi und Giancarlo trennen sich im Bruderzwist. Erst zehn Jahre später begegnen sich die beiden wieder -da stellt sich die Frage: Wer hat sein Leben richtg gelebt?
Autorenporträt
Fatih Akin wurde 1973 als Sohn türkischer Eltern in Hamburg geboren. Mit seinen Filmen wurde er bekannt. Akin erhielt den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele 2004, den Europäischen Filmpreis und weitere Auszeichnungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2002

Geschunden durch keinen Sportverein
Scheitern darf im Migrantenmärchen nur der lateinische Liebhaber: Fatih Akins Film "Solino"

Vor fünfzehn Jahren gab es eine kleine Welle von Gastarbeiterfilmen im deutschen Kino. Hark Bohm drehte "Yasemin", Tevfik Baser, in der Türkei geboren, drehte "40 Quadratmeter Deutschland" und "Abschied vom falschen Paradies", und für einen Augenblick konnte man glauben, hier entstünde eine dauerhafte filmische Form. Aber nichts dergleichen geschah.

Dann kam Fatih Akin. Akin, in Hamburg geboren und aufgewachsen, drehte 1998 "Kurz und schmerzlos", eine Gangsterstory aus der türkisch-deutschen Subkultur. Der Film war ein Erfolg. Zwei Jahre später lief Lars Beckers "Kanak Attack", nach dem Buch von Feridun Zaimoglu, in den Kinos, dann folgte Martin Eiglers Film "Freunde", und schließlich, als Zuwanderer aus dem Fernsehen, kämpften dort jüngst "Erkan und Stefan gegen die Mächte der Finsternis". Und wieder sieht es so aus, als wäre ein Bann gebrochen, als hätte ein Teil der Wirklichkeit, in der wir leben, endlich auch den Weg ins Kino gefunden.

Jetzt hat Fatih Akin seinen dritten Spielfilm gedreht. "Solino", nach einem Drehbuch von Ruth Toma ("Gloomy Sunday"), ist das Generationenporträt einer italienischen Gastarbeiterfamilie, die 1964 von Apulien nach Duisburg kommt, dort ihre Söhne großzieht, schließlich zerfällt und sich in einen nordrhein-westfälischen und einen apulischen Zweig spaltet. Es ist eine Geschichte vom Ankommen und wieder Weggehen, vom Zerrissensein zwischen zwei Lebensformen, zwei Sprachen, zwei Arten von Himmeln. So scheint es.

Oder so könnte es sein. So hätte es sein können, wenn Fatih Akin und Ruth Toma Lust gehabt hätten, uns etwas anderes als einen netten Abend unter Brüdern zu bescheren. Aber das mildtätige Wirken diverser Filmförderungsanstalten zwischen Berlin, Hamburg, Straßburg und Brüssel hat dem Projekt offenbar beizeiten die Zähne gezogen. Außerdem muß man sich fragen, ob es einem Film wie diesem wirklich nützt, wenn der Regisseur, wie er in einer Notiz für die Presse eingesteht, keine Italiener kennt, kein Italienisch spricht und auch von den sechziger und siebziger Jahren keine Ahnung hat. "Apulien und Anatolien, wo ist der Unterschied?" Derart mit Unwissenheit gewappnet, rennt der Film in alle Fallen, die das Drehbuch ihm stellt. "40 Quadratmeter Deutschland" und "Kurz und schmerzlos" waren kleine Filme mit hohem Wahrheitsgehalt, "Solino" ist ein Großfilm mit Perücke und falschem Zungenschlag.

Die Geschichte beginnt im Mezzogiorno-Städtchen Solino, wo Gigi (Barnaby Metschurat), der jüngere der beiden Amato-Brüder, aus Anlaß seiner Hochzeit seinen Dokumentarfilm "Dat iss jetz wech" vorführt. Auch Bruder Giancarlo (Moritz Bleibtreu) ist aus Deutschland angereist, und in Rückblenden erfahren wir, wie die beiden dort einst um die Liebe der blonden Jo (Patrycia Ziolkowska) gerungen haben, so sehr, daß der eine den anderen um einen Preis und ein Regisseursleben betrogen hat. Dennoch steht Gigi zum Schluß als Gewinner da, auch wenn nicht ganz klar wird, wie er als Kinobesitzer in dem apulischen Nest eine Familie ernähren kann.

In Duisburg sitzt derweil Vater Romano in der leeren Pizzeria "Solino" auf den Ruinen seiner Existenz. Wenn es eine interessante Figur in Akins Film gibt, dann ist es diese Karikatur eines latin lovers, und sei es nur deshalb, weil sie die einzige ist, die am Ende scheitern darf. Allen anderen wird ihr Glück wie ein Deckelchen übergestülpt. Selbst Rosa (Antonella Attili), die Mutter der Brüder, stirbt nicht an ihrer tödlichen Krankheit, sondern blüht im Süden wieder auf. Um zu soviel Heil und Segen zu gelangen, hat Akin den zeitgeschichtlichen Hintergrund kräftig retuschiert. Kein deutscher Schulhof ist in "Solino" zu sehen, kein Sportverein, kein Rummelplatz - keiner jener Orte, an denen Zuwandererkinder und Einheimische ihre Konflikte austragen. Die Familie Amato lebt im Ruhrgebiet wie unter einer Glasglocke, ohne Freunde und Verwandte, ohne Nachbarn oder Rivalen. Für die Dreharbeiten hat Akin ein ehemals italienisches, heute von Türken bewohntes Duisburger Wohnquartier teilweise neu streichen lassen. Bei der Renovierung hat sich mit der Patina offenbar auch die historische Substanz verflüchtigt.

"Cinema Nuovo" heißt das Kino, das Gigi am Ende in Solino betreibt. Vor fünfzehn Jahren, bei Giuseppe Tornatore, hieß es noch "Nuovo Cinema Paradiso". Fatih Akin hat es nur neu bemalt. Aber seine Farben halten nicht.

ANDREAS KILB

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