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Technische Angaben: Bildformat: 16:9 Sprachen (Tonformat): Deutsch, Französisch (Dolby Digital 2.0) Ländercode: 2

Produktbeschreibung
Technische Angaben:
Bildformat: 16:9
Sprachen (Tonformat): Deutsch, Französisch (Dolby Digital 2.0)
Ländercode: 2
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.2007

Der Eiffelturm ist nur noch eine Spiegelung
In "Playtime" zeigt Tati eine schöne neue Welt, in der all die graue Tristesse zur reinsten Poesie geronnen ist

Jacques Tati: "Playtime".

Wild Side Video. 2 DVDs. (nur in Frankreich erhältlich). Extras: Kommentierte Szenen, Making-of, Fotogalerien.

Der Film war Tatis Herzensangelegenheit, aber weil das Kino zu seinen eigenen Kindern ganz schön grausam sein kann, wurde "Playtime" ein grandioser Flop. Zwei Millionen Franc sollte der Film, in dem die Stadt selbst die Hauptrolle spielt, eigentlich kosten, als Tati 1964 mit den Dreharbeiten begann, aber als der Film im Dezember 1967 ins Kino kam, hatte er 15 Millionen und das gesamte Privatvermögen des Regisseurs verschlungen. Vor den Toren von Paris hatte Tati eine gigantische Metropolis bauen lassen, einen Albtraum aus Beton und Glas, der schon ahnen ließ, was später in Trabantenstädten wie La Défense Wirklichkeit werden sollte. Und weil nicht die einzelne Figur im Vordergrund stehen, sondern es ums Ganze gehen sollte, drehte er im kostspieligen Prachtformat 70 Millimeter.

Wie stark es ihm darauf ankam, dass der Hintergrund hervortreten möge, belegt sein Wunsch, man möge die roten Rosetten am Revers der Honoratioren erkennen, deren Fotos in einer Einstellung hinten an der Wand hängen. Das ist natürlich genau die Art von Pedanterie, die schon anderen Genies zum Verhängnis wurde und die vom Publikum selten belohnt wird, wenn es Gags erwartet und stattdessen mit einem Witz konfrontiert wird, den es quasi in den Sedimenten der Bilder suchen muss. Vielleicht ist es aber auch einfach nur so, dass dieser Film in jeder Einstellung von einer so atemberaubenden Vollkommenheit ist, dass man vor lauter Staunen das Lachen vergisst.

Natürlich ist "Playtime" eine Kritik am Fortschrittsoptimismus seiner Zeit, an der Anonymität der Großstadt, an der Einförmigkeit und Sprachlosigkeit einer Moderne, die längst schon überholt ist. Aber das Eigentümliche ist, dass man damit genauso auf die falsche Fährte gelockt wird wie bei Antonioni. Das ist ebendas Wunder der "mise en scène", dass sie jenseits der eindeutigen Absichten eine Schönheit sichtbar macht und zum Leuchten bringt, die alles andere übersteigt. In dieser schönen neuen Welt gleitet der Blick wie auf Schlittschuhen über Glas und jenes Grau, dessen Monochromie alle Grisaille des poetischen Realismus in Beton ertränkt und ihm dennoch Poesie entlockt.

Der scharfkantigen Geometrie der Hochhäuser steht die Körperlosigkeit der allgegenwärtigen Reflexionen entgegen. Tati jagt in diesem Spiegelkabinett dauernd Phantomen hinterher, die er auf der anderen Straßenseite wähnt, obwohl sie in seinem Rücken stehen. Das freut alle Zeichentheoretiker, Soziologen und Psychologen, weil der vermeintliche Tiefsinn so leicht zu entziffern ist, dabei liegt der Witz des Films genau darin, das alles ganz und gar an der Oberfläche liegt. So öffnet in einem absolut magischen Moment eine Touristin eine Glastür, in der jäh der Eiffelturm sichtbar wird, den die Straßenschluchten sonst verbergen. Aber als sie sich verwirrt umdreht, um das Original zu erspähen, sieht sie natürlich nichts.

"Playtime" ist so radikal abstrakt wie sonst nur die Filme von Melville oder Blake Edwards, dessen "The Party" ein Jahr später das Chaos der Restauranteröffnung aufnahm, in dem Tati seinen Film am Ende versinken lässt. Im Grunde spielt Tati der Welt ihre eigene Melodie vor, um sie zum Tanzen zu bringen, und weil es keine Dialoge, sondern nur ein unverständliches Kauderwelsch gibt, ist "Playtime" im Grunde mehr Musical als Komödie, eine einzigartige Choreographie aus Farben und Formen, aus Rhythmus und Bewegung.

MICHAEL ALTHEN

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