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Um ihrem Sohn Ettore eine bessere Zukunft zu ermöglichen, wagt die Prostituierte Mamma Roma den Sprung zurück ins bürgerliche Leben. Sie arbeitet an einem Gemüsestand und passt sich der neuen Umgebung an. Als Ettore die Wahrheit über seine Mutter erfährt, gerät er auf die schiefe Bahn. Mamma Roma kann ihrer Vergangenheit nicht entkommen...
Bonusmaterial
Beil.: Booklet

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Produktbeschreibung
Um ihrem Sohn Ettore eine bessere Zukunft zu ermöglichen, wagt die Prostituierte Mamma Roma den Sprung zurück ins bürgerliche Leben. Sie arbeitet an einem Gemüsestand und passt sich der neuen Umgebung an. Als Ettore die Wahrheit über seine Mutter erfährt, gerät er auf die schiefe Bahn. Mamma Roma kann ihrer Vergangenheit nicht entkommen...

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Beil.: Booklet
Autorenporträt
Pier Paolo Pasolini, geboren 1922 in Bologna, war Schriftsteller, Filmregisseur und Kritiker. Er lebte in Casarsa (Friaul), verlor wegen obszöner Handlungen in der Öffentlichkeit seine Stelle als Lehrer und zog 1950 nach Rom. Er wurde 1975 ermordet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.01.2007

Sprich, Erde! Sonne, sprich zu mir!
Hartgebacken vom Licht des Südens: Die mythischen Welten des Pier Paolo Pasolini

Pier Paolo Pasolini: "Medea".

Arthaus, 2 DVDs. Deutsch, Italienisch. Untertitel. Extras: Dokumentation der Dreharbeiten, geschnittene Szenen, Interviews, Filmporträt "Callas - La Divina".

Die Gangstergeschichte um Rache und Verrat, die Martin Scorseses jüngster Film "The Departed" erzählt, wird durch den Blick auf eine Kirche gerahmt. Aus der goldenen Kuppel ragt ein Kreuz. Nach dem Gemetzel, mit dem der Film endet, setzt das wiederkehrende Bild des Gotteshauses einen tröstlichen Akzent: Ruhe für die Toten, Mahnung für die Lebenden, Hoffnung für die nächste Generation. Man möchte die Einstellung für einen Geniestreich Scorseses halten. Aber sie ist ein Zitat. Sie stammt von Pier Paolo Pasolini.

In "Mamma Roma", Pasolinis zweitem Spielfilm nach seinem umstrittenen Debüt "Accattone", ist das zweifache Aufleuchten der Kuppel aus dem Häusermeer der Vorstädte Roms ein funktionales und ein mythisches Motiv. Es weist den Weg, den die Geschichte geht, und zeigt zugleich die Richtung an, in der Pasolinis Kino sich entwickeln wird. Mamma Roma (Anna Magnani), eine Prostituierte, die zur Gemüsefrau aufgestiegen ist, holt ihren Sohn Ettore aus seiner Pflegefamilie auf dem Land zu sich in die Stadt. Aus dem billigen Neubauviertel, in dem sie lebt, zieht sie mit Ettore in ein besseres, das neben der Cinecittà liegt, der Kinostadt, in der zu jener Zeit die Antikenschinken des amerikanischen und italienischen Kinos entstehen.

Aber Ettore schlägt in der kleinbürgerlichen Umgebung keine Wurzeln, lieber treibt er sich mit den Verlierern des Viertels und der blassen, stillen Bruna (Silvana Corsini), die schon ein uneheliches Kind hat, zwischen den antiken Ruinen der Umgebung herum. Seine Kumpel überreden Ettore, an einem Raubzug in einem Krankenhaus teilzunehmen. Er wird erwischt und in der Polizeiwache auf ein Streckbett gefesselt, eine Nacht lang. Im Morgengrauen stirbt er. Mamma Romas Kampf war umsonst. Der Blick auf den strahlenden Kuppelbau ist ein Abschiedsbild: Das irdische Jerusalem, die Hoffnung der Hoffnungslosen, bleibt unerreichbar.

Es ist das Jahr 1962. Pasolini hat bereits eine fünfzehnjährige Karriere als Skandaldichter, Kommunist und Homosexueller hinter sich, aber mit "Mamma Roma" entscheidet er sich endgültig, Filmregisseur zu werden. Er engagiert Anna Magnani, die durch "Rom, offene Stadt" zur Ikone des Neorealismus geworden ist, und stellt sie neben Ettore Garofalo vor die Kamera, den er als Kellner in einem Restaurant entdeckt hat. So stehen auch in der Geschichte von Mamma Roma Legende und Gossenwirklichkeit nebeneinander, die römischen Ruinen in der Campagna und die kahlen Fassaden der Nachkriegsmoderne, hartgebacken und flachgeklopft vom gleißenden Licht des Südens. Denn Pasolini sucht den Mythos, anders als die zeitgenössische Bilderproduktion von Fellini bis Joe Mankiewicz, nicht in einer Gegen- und Kulissenwelt. Er findet ihn hier und heute, auf den Vorstadtstraßen Roms, den Feldern Apuliens, den Hängen des Ätna. Er macht das Vergangene unvergangen. Darin liegt die Provokation wie der Zauber seines Kinos. Beide wirken noch immer.

Zwei Jahre nach "Mamma Roma" (der gerade bei dem Kleinlabel Filmgalerie 451 erschienen ist) dreht Pasolini in Süditalien seine Version des Evangeliums. Sein Jesus, Enrique Irazoqui, ist wie der Kellner Ettore ein Laie, ein spanischer Student, der ein Interview mit ihm führen wollte. Die ältere Maria wird von Pasolinis Mutter Susanna gespielt, der Jünger Philipp von Giorgio Agamben, Simon von Enzo Siciliano, Maria von Bethanien von Natalia Ginzburg. Lauter Freunde Pasolinis, Schriftsteller, Künstler, Intellektuelle; und neben ihnen die Bauern der Basilicata, Gesichter, die man bei keinem Casting, auf keiner Schauspielschule findet.

"Das 1. Evangelium - Matthäus" (als DVD bei Arthaus) hält sich genau an das, was Truffaut für die Verfilmung der großen Bücher gefordert hat, es folgt Wort für Wort dem Text der Bibel und bewahrt doch die Autonomie des Kinos, es illustriert nicht, sondern setzt Bilder frei. Jesus ist entweder in Großaufnahme, predigend, oder als Figur in der Totale zu sehen, nie klopft ihm die Kamera auf die Schulter, kein Bild kumpelt ihn an. Sein Gesicht mit den zusammengewachsenen Brauen ist hart und düster, und den Bewegungen der Jünger merkt man das Marschieren durch die staubige, steinige Landschaft an, die Auszehrung, das Erlöschen der inneren Flamme. Als Jesus von den Hohepriestern verhört wird, duckt sich Petrus hinter die Rücken der Zuschauer, und mit ihm duckt sich die Kamera. Dann - "du gehörst doch auch zu ihm!" - verleugnet er seinen Anführer und flieht, erst in panischer Hast, dann immer langsamer, bis er irgendwo in einer Gasse weinend zusammenbricht.

Vierzig Jahre später hat Mel Gibson am gleichen Ort, in Matera, die Blutorgien seiner "Passion Christi" gedreht. Wenn man mit Pasolinis Blick auf Gibson schaut, begreift man noch besser, was der Italiener mit der Verdammung des Konsumismus und der Beschwörung der "Kraft des Vergangenen" gemeint hat. Inzwischen hat die digitale Revolution Kräfte freigesetzt, von denen Pasolini noch nichts ahnte. Die mythischen Welten seiner "Medea" und seines "Edipo Re" könnten heute mühelos im Computer zusammengesetzt werden. Dabei würde aber gerade das verlorengehen, was Pasolini an seinen Drehorten in Afrika, Italien, Syrien und der Türkei gefunden hat - nicht der "Realismus" (der war im Kino immer eine Illusion), aber der Geschichtsgehalt des Bildes.

Bei Pasolini ist das Mythische keine Fantasy. Seine Trümmer sind in der Welt verstreut, und die Aufgabe des Regisseurs besteht darin, sie zusammenzusetzen. In "Edipo Re" (ebenfalls bei Filmgalerie 451) liegen Theben und Korinth in Marokko, in den Wüstenstädten des Atlasgebirges. Jokaste (Silvana Mangano) wohnt in einem Palast aus Lehmziegeln, und die Sphinx ist eine krächzende Alte im Ziegenfell. Nach einem Vorspiel in den zwanziger Jahren, in dem Pasolini sein eigenes Kindheitstrauma erzählt, springt der Film übergangslos in die Vorzeit, und ebenso rasch springt er am Ende zurück ins heutige Bologna, wo der blinde Odysseus (Franco Citti) mit den Straßenjungen Fußball spielt. Der Mythos reicht in die Gegenwart hinein, seine Kräfte spielen in der Luft, die wir atmen. Auch die Kreuzigung ist ja bei Pasolini ganz real, so wirklich wie der Statist Stracci, der in dem Kurzfilm "Der Weichkäse" in einer Drehpause für einen Bibelfilm an einem hinuntergeschlungenen Klumpen Ricotta erstickt.

Ein Wendepunkt in Pasolinis mythomanem Kino ist seine "Medea" von 1969. Auch hier wird ein weiblicher Star - Maria Callas - mit einem Laien (Giuseppe Gentile als Jason) kombiniert, auch hier spielt die Landschaft (die Lagune von Grado, die Felsentäler Kappadokiens) eine Hauptrolle, aber ungefähr auf halbem Wege bekommt der Film einen anderen Ton. Er verliert seine mythische Unschuld, so wie Medea ihren Kontakt mit den Naturkräften verliert: "Sprich, Erde! Sonne, sprich zu mir!" Aber niemand antwortet.

Es beginnt die Nacht der Intrige und der künstlichen Synthesen. Das Korinth der Fabel hat Pasolini aus der Festung von Aleppo, dem Campo dei Miracoli in Pisa und Studioaufnahmen aus Rom zusammengesetzt; aber es hält nicht. Ohne das Hexengesicht der Callas würde der ganze Film in Impressionen zerfließen, Einzelheiten ohne Belang. Pasolini hat aus diesem ästhetischen Mangel die Konsequenz gezogen. In "Salò - Die 120 Tage von Sodom", seinem letzten Film, gibt es keine Landschaften mehr. Alles ist Interieur. Und dieser Innenraum ist die Hölle. Der Mythos ist tot, und die Menschheit zahlt den Preis dafür.

ANDREAS KILB

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