Marktplatzangebote
14 Angebote ab € 1,00 €
  • DVD

Eine Frau begeht Selbstmord aus unersichtlichen Grund. Detective Kathy Faber untersucht den Fall. In Rückblenden werden die lose miteinander verbundenen Geschichten von fünf Frauen erzählt. Ihr Weg wird immer wieder von der Frau gekreuzt, die später Selbstmord begeht. Da ist die Bankdirektorin Rebecca, die ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann hat und schwanger wird. Da ist die geschiedene alleinerziehende Kinderbuchautorin Rose, die sich in einen Zwerg verliebt. Da ist die Kartenlegerin Christine, deren große Liebe, eine Frau, unheilbar erkrankt ist. Da ist die knallharte Ärztin Elaine,…mehr

  • Anzahl: 1 DVD
Produktbeschreibung
Eine Frau begeht Selbstmord aus unersichtlichen Grund. Detective Kathy Faber untersucht den Fall. In Rückblenden werden die lose miteinander verbundenen Geschichten von fünf Frauen erzählt. Ihr Weg wird immer wieder von der Frau gekreuzt, die später Selbstmord begeht. Da ist die Bankdirektorin Rebecca, die ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann hat und schwanger wird. Da ist die geschiedene alleinerziehende Kinderbuchautorin Rose, die sich in einen Zwerg verliebt. Da ist die Kartenlegerin Christine, deren große Liebe, eine Frau, unheilbar erkrankt ist. Da ist die knallharte Ärztin Elaine, die durch ihre distanzierte Art alle Männer vergrault und sich doch nach Liebe sehnt. Da ist Detective Faber und ihre Scheu vor Männern, die mit ihrer blinden zynischen Schwester Carol zusammenwohnt, die einen Mann nach dem anderen hat...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Hintergrundinformationen
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2003

Wenn sich das Schicksal violett färbt
Am Wendepunkt: Rodrigo Garcías beeindruckendes Filmdebüt "Gefühle, die man sieht . . ."

Die erste Kunde über diesen außergewöhnlichen Film drang, knapp drei Jahre ist das her, aus Cannes nach Deutschland. Doch der Festivalerfolg hat "Things you can tell just by looking at her" im Produktionsland des Films so wenig geholfen wie zuvor die Drehbuchprämie des Sundance-Filmfestivals: Das Regiedebüt Rodrigo Garcías schaffte es nicht ins amerikanische Kino und mußte sich in einem Kabelkanal versenden lassen. Und das trotz einer fulminanten Besetzung mit Glenn Close und Holly Hunter, Calista Flockhart und Cameron Diaz, Kathy Baker und Valeria Golino. Um so mehr ist der Mut des Verleihs Ottfilm zu preisen, auf die Scheu der amerikanischen Kollegen nichts zu geben und jetzt den deutschen Kinoeinsatz zu wagen.

Warum die Amerikaner die Arbeit des Regie- und Drehbuchdebütanten García, der bis dahin als Kameramann Filmerfahrungen sammelte, für "kinountauglich" hielten, ist fast auf den ersten Blick zu sehen - und es ist genau das, was den Film derart außerordentlich macht. Obwohl das Geschehen um so niederdrückende Motive wie Tod und Selbstmord, körperliche Gebrechen und Isolation des einzelnen kreist, vermeidet der Film jede aufgesetzte Dramatik. Geradezu im Widerspruch zu seinem Titel "Gefühle, die man sieht . . ." handelt er von Bedrückungen, die dem Menschen nicht auf Anhieb angesehen werden können. Ein halbes Dutzend Frauen, die nichts voneinander wissen, aber wie von geheimer Hand, die man das übergreifende Schicksal nennen könnte, in Beziehung zueinander gesetzt werden, steht unversehens an einem Wendepunkt, der sie zwingt, auf zuvor nie geahnte Weise in sich hineinzuhören, und sie damit zur Selbsterkenntnis nötigt.

Der Kriminalkommissarin (Amy Brenneman), die den Selbstmord einer früheren Mitschülerin aus der Highschool aufklären soll, macht der Fall auch privat viel quälender zu schaffen, als sie sich eingestehen möchte. Der Ärztin (Glenn Close), die zu Hause ihre gebrechliche Mutter pflegt und vergeblich auf den Anruf ihres Kollegen und Liebhabers wartet, öffnet eine professionelle Kartenlegerin (Calista Flockhart) die Augen, wie liebesunfähig sie in Wahrheit selbst ist. Die Filialleiterin einer Bank (Holly Hunter), unverheiratet, aber schwanger, geht so kühl und entschlossen, wie sie ihr ganzes Leben zu meistern glaubt, zur Abtreibung und findet sich als heulendes Elend auf der Straße wieder. Rose (Kathy Baker) ist eine Lehrerin und Kinderbuchautorin, die ihre ganze Liebessehnsucht auf den pubertierenden Sohn konzentriert und erst in dem Moment, als sie sich auf unerklärliche Weise von dem neuen, zwergenwüchsigen Nachbarn angezogen fühlt, gewahr wird, daß der Sohn, sexuell wohl schon erfahrener, als seine Mutter je sein wird, sich ihren Umarmungen längst entzogen hat. Die Kartenlegerin, die beruflich so souverän mit dem Blick in die Zukunft zu hantieren versteht, ist privat, mit der Betreuung ihrer aidskranken Freundin (Valeria Golino), heillos überfordert, weil diese ihr Heil allein in der Vergangenheit sucht, nämlich in der Sehnsucht, in Erinnerungen zu schwelgen. Und auch die Kommissarin, damit wird der Kreis geschlossen, glaubt sich verpflichtet, ihre blinde Schwester (Cameron Diaz) nicht aus den Augen lassen zu dürfen, dabei ist diese Carol, die sich so sarkastisch wie selbstbewußt ihrer Wirkung auf Männer gewiß ist, weil "es den Kerlen gefällt, es mit einer Blinden zu machen", weit hellsichtiger als die Sehende, was Carol aber auch nicht gegen Selbstbetrug feit.

Auf der Bühne seit Schnitzlers "Reigen" und im Kino spätestens seit Robert Altmans "Short Cuts" bewährt, wird das episodische Erzählprinzip von Rodrigo García, einem Sohn des lateinamerikanischen Romanciers Gabriel García Márquez, aufs feinste austariert. Die Figuren rücken zusammen, ohne einander erkennen zu müssen, und gleiten wieder zurück in ihre eigene kleine Geschichte. Niemals darf der Zuschauer sicher sein, sie völlig durchschaut zu haben. Die Ärztin, die über ihrem verfehlten Leben schier irre zu werden scheint, ist total kühle Profession, wenn sie die Abtreibung vornimmt. Die Kartenlegerin, die Kommissarin, die Kinderbuchautorin - sie alle werden mit existentiellen Zweifeln im Augenblick einer Krise konfrontiert, ohne deshalb gleich dem Sog des drohenden Abgrunds erliegen zu müssen. Der Regisseur fühlt sich niemals erhaben über diese emotional irritierten Menschen, im Gegenteil, seine Zuneigung wird in jeder Einstellung sichtbar, selbst den Männern gegenüber, denen hier nur der Part des Schnöden oder Gleichgültigen bleibt - mit einer Ausnahme: dem Kleinwüchsigen, der sich der absurden Basis seiner Empfindungen für die scheue Nachbarin immer bewußt ist. Und wenn García ein kleines blindes Mädchen durch die Szenen irrlichtern oder eine Obdachlose kassandragleich auftauchen läßt, die das schlechte Gewissen der forschen Bankleiterin verkörpert, dann kommt sogar insgeheim ein surreales Element ins Spiel.

So realistisch nämlich die Bungalows, Etagenwohnungen, Jungmädchenzimmer eingerichtet sein mögen, so authentisch das Leben in den Bars, in der Arztpraxis, am Bankschalter vor sich geht, so unübersehbar ist der Schleier des Metaphysischen, den García über seinen Episodenreigen zieht. Das San Fernando Valley, das er in ein eigentümlich fahl-violettes Licht taucht, ist ganz von dieser Welt - und scheint ihr im nächsten Moment wieder vollkommen entrückt. So ist dieser wunderbar leise, vielschichtige und zum Weiterspinnen einladende Film eine Verführung zum Sehen. Das Warten hat sich gelohnt.

HANS-DIETER SEIDEL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr