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Eine Entscheidung auf Leben und Tod - neun Tage, die den katholischen Pfarrer Henri Kremer (Ulrich Mathes) im Widerstand gegen die Nationalsozialisten in seinen Grundfestern erschüttern. Neun Tage, die nicht nur über sein Schicksal, sondern auch über das seiner Freunde und seiner Familie entscheiden sollen. Auge in Auge mit dem Gestapo-Angehörigen Gebhardt (August Diehl) und seinen eiskalt kalkulierten Argumenten kommt Henri in Versuchung und muss am neunten Tag bekennen, auf welcher Seite er steht.
Urlaub vom KZ, das gibt es nicht - und doch widerfährt dieses Unglaubliche dem Luxemburger
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Produktbeschreibung
Eine Entscheidung auf Leben und Tod - neun Tage, die den katholischen Pfarrer Henri Kremer (Ulrich Mathes) im Widerstand gegen die Nationalsozialisten in seinen Grundfestern erschüttern. Neun Tage, die nicht nur über sein Schicksal, sondern auch über das seiner Freunde und seiner Familie entscheiden sollen. Auge in Auge mit dem Gestapo-Angehörigen Gebhardt (August Diehl) und seinen eiskalt kalkulierten Argumenten kommt Henri in Versuchung und muss am neunten Tag bekennen, auf welcher Seite er steht.

Urlaub vom KZ, das gibt es nicht - und doch widerfährt dieses Unglaubliche dem Luxemburger Abbé Kremer, der im KZ Dachau im berüchtigten "Pfarrerblock" interniert ist. Er entkommt auf Zeit diesem Ort, an dem es keinen Gott gibt. Die Bedingung, unter der ihm diese neun Tage Hafturlaub gewährt werden: er soll den luxemburgischen Bischoff Philipp zur Kollaboration mit den Deutschen überreden. Falls er die Flucht wagen sollte, würden seine Glaubensbrüder, die im KZ zurückgeblieben sind, umgebracht werden. Sollte es ihm nicht gelingen, den Bischoff für einen Pakt mit den Nationalsozialisten zu gewinnen, muss er ins KZ zurückkehren.

Der Film basiert auf dem Tagebuch "Pfarrerblock 25487" des luxemburgischen Pfarrers Jean Bernard, der vom Mai 1941 bis August 1942 im KZ Dachau interniert war. Er schildert darin nüchtern den zynischen Terror und zeichnet ein erschreckendes Bild des Schreckens. Volker Schlöndorffs zutiefst berührendes Drama wurde von der Filmbewertungsstelle mit dem Prädikat "besonders wertvoll" und beim Filmfest München 2004 mit dem "Bernhard Wicki Filmpreis - Die Brücke - Der Friedenspreis des Deutschen Films" ausgezeichnet.



Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Interviews mit dem Regisseur Volker Schlöndorff und den Darstellern August Diehl und Ulrich Matthes - Aufnahmen vom Set - Informationen zum historischen Hintergrund - Informationen zu Cast & Crew
Autorenporträt
Volker Schlöndorff, geboren 1939 in Wiesbaden, besuchte eine Schule in Paris, wo er die Regisseure der Novelle Vague kennenlernte. Durch diese Kontakte arbeitet er 1960 als Regieassistent an seinem ersten Film mit. 1963/64 schrieb er sein erstes Drehbuch: Der junge Törless . Der Film erhielt mehrere Auszeichnungen und gilt als der erste internationale Erfolg des jungen deutschen Films. Es folgten zahlreiche weitere erfolgreiche Literaturverfilmungen, unter anderem seine Adaption von Die Blechtrommel , die 1980 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet wurde. Bis heute ist Schlöndorff als Regisseur tätig und unterrichtet außerdem als Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.11.2004

Priester, Tod und Teufelchen
Die Geschichte eines Schmerzensmanns: Volker Schlöndorffs Film "Der neunte Tag"

In Oliver Hirschbiegels Film "Der Untergang" spielt Ulrich Matthes den Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels. In der letzten Szene, in der er auftritt, sieht man ihn in Paradeuniform im Hof der Reichskanzlei stehen, in der rechten Hand eine Pistole, und ihm gegenüber seine Ehefrau Magda, gespielt von Corinna Harfouch. Mit erfrorenem Gesicht, mechanisch wie ein Knochenmann in der Geisterbahn, hebt Goebbels den Arm und zielt auf die Brust seiner Frau. Bevor der Schuß fällt, gefolgt von einem zweiten, den der Minister auf sich selbst abgibt, wendet sich die Kamera ab, in einem merkwürdigen Anfall von Pietät.

Aber man sieht das Bild dennoch, das der Film uns vorenthält, das Einknicken der Glieder, das Aufschlagen der Körper auf dem Boden; denn Harfouch und Matthes haben in ihrer versteinerten Mimik alles vorweggenommen. Sie waren Tote auf Urlaub, und jetzt sind die Ferien vorbei, der Reiseleiter ist schon vorausgefahren, die Gäste eilen ihm nach ins Land Lamort. Da, ein einziges Mal, begreift man etwas vom Wesen des Nazitums, das der Film sonst nur als Kostümball oder Kinderglauben zeigt, von seiner Verliebtheit in den Tod, ins Sterben und Erlöschen und Untergehen von Anfang an.

In Volker Schlöndorffs Film "Der neunte Tag", der jetzt, acht Wochen nach dem "Untergang", ins Kino kommt, spielt Ulrich Matthes den luxemburgischen Abbé Henri Kremer, der als Häftling im "Priesterblock" des Konzentrationslagers Dachau einsitzt. Auch Kremer, dessen KZ-Welt am Anfang des Films in verwischten, wie von Schmerzschüben verzerrten Bildern gezeigt wird, sieht dem Tod ins Auge. Aber nicht dem von eigener, sondern dem von fremder Hand. Dem Ermordetwerden. Er sieht seine Mitgefangenen sterben unter den Schlägen, den Tritten, den Kugeln der Wärter. Und so verhärtet sich sein Gesicht. Es nimmt die Züge des Grauens an, das den Abbé umgibt. Es wird zur Landschaft der Qual.

Die hohlen Augen, die eingefallenen Wangen, die ausgetrockneten, von Schwären bedeckten Lippen - man hat das alles schon auf Fotos gesehen, in Dokumentationen und Katalogen, aber es ist dennoch etwas anderes, es hier aus nächster Nähe vorgeführt zu bekommen, leinwandfüllend, ohne den Schutz von Betroffenheitsformeln und nachholender Reflexion. Mit diesem Gespenstergesicht dominiert Ulrich Matthes den ganzen Film, ganz gleich, wer neben ihm vor der Kamera steht; und als er nach seiner Entlassung auch noch die Soutane und den schwarzen Priesterhut dazu trägt, nimmt seine Figur ganz von selbst die Bedeutung an, die ihr in dieser Geschichte zukommt. Kremer ist ein Märtyrer. Ein Blutzeuge. Gottes einsamer Mann in einer Welt von Schurken. Er wird in Dachau nicht sterben, aber etwas in ihm ist längst tot, als er zu Hause ankommt. Man sieht es an der Art, wie er die Kartoffeln ißt, die ihm seine Schwester auftischt. Als er die entsetzten Blicke seiner Geschwister sieht, die sein gieriges Schaufeln und Schmatzen mit anschauen, versucht er sich in die bürgerliche Eßhaltung zurückzuzwingen, die er gelernt hat. Aber es geht nicht. Die Lektion des Lagers sitzt tiefer als die der Zivilisation.

Überraschend ist Kremer aus dem Lager entlassen worden. Für neun Tage, dann muß er zurück nach Dachau. Es ist Februar 1942: Hitlers Armeen beherrschen Europa. Im grauen Dunst eines Luxemburger Wintertags wirkt die deutsche Besetzung wie ein flüchtiger Spuk. Offiziell ist Kremer beurlaubt, um ans Grab seiner kürzlich verstorbenen Mutter eilen zu können. In Wahrheit wird er als Figur auf dem Schachbrett der großdeutschen Kirchenpolitik gebraucht. Der luxemburgische Bischof (Hilmar Thate) weigert sich, mit den Nazis zusammenzuarbeiten. Kremer soll seinen Vorgesetzten überreden, den passiven Widerstand aufzugeben.

Um Kremer weichzukochen, hat der Gauleiter den SS-Untersturmführer Gebhardt (August Diehl) auf ihn angesetzt. Gebhardt, ein Katholik auf völkischen Abwegen, versucht die übliche Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche. Erst tischt er dem Abbé Kognak auf, dann droht er ihm mit der Erschießung seiner Mitgefangenen. Gebhardt weiß, wovon er redet, wenn er von Dachau spricht. Er hat die Lager im Osten gesehen, heißt es, und er wolle nie mehr dorthin zurück. Auch der Nazi hat also ein persönliches Motiv für seine Mission. Er sucht Anschluß in Luxemburg, und in gewissen Kirchenkreisen rennt er damit offene Türen ein.

Im Grunde ist der SS-Mann eine schwache Figur, eine Gestalt aus dem Drehbuch und nicht aus dem Leben, und auch der wackere August Diehl schafft es nicht, seine Rolle aus den vielen Schablonen, in denen sie feststeckt, herauszuholen. Ein Teufelchen, kein Teufel. Dennoch nimmt man Gebhardt ernst. Aber nur, weil sein Gegner, der Abbé, ihn ernst nimmt. Obwohl Kremer im "Neunten Tag" nicht in jeder Einstellung zu sehen ist, hängt alles in der Geschichte an seinem Blick. Wen immer das Gespenstergesicht anschaut, Mann oder Frau, Mensch oder Nazi, der wird durchleuchtet, erkannt, ertappt. Und so kommt es auch nicht darauf an, was Matthes und Diehl in diesem Film einander zu sagen haben; wichtig ist nur, wer das Augenduell gewinnt. Bei den Dreharbeiten muß es eine Diskussion zwischen Hauptdarsteller und Regisseur gegeben haben, als Ulrich Matthes darauf bestand, seinen Kontrahenten in einer Szene anzuschreien. Schlöndorff ließ ihn gewähren, verlangte aber im Gegenzug, daß Kremer kurz darauf in Ohnmacht fiel, damit seine Erschöpfung sichtbar werde. Eigentlich ist beides überflüssig, Geschrei wie Zusammenbruch, denn es verdeutlicht nur, was ohnehin überdeutlich ist. Es bringt einen Geruch von Kintopp in einen Film, der auf viele kinematographische Hausmittel verzichten kann, weil er den richtigen Mann für die richtige Rolle hat. Ohne Matthes wäre der "Neunte Tag" ein Stück Volkshochschule. Mit Matthes ist er ein Lehrstück über die Möglichkeiten des Kinos, vom Grauen der Lager zu erzählen.

Denn Volker Schlöndorff hat aus dem Tagebuch des Luxemburger Paters Jean Bernard, der zwanzig Monate lang in Dachau interniert war, eben nicht das gemacht, was er auch daraus hätte machen können - eine grausige Schmonzette über Priester im KZ. Das alles gab es ja wirklich: den Pfarrerblock in Dachau, die Entlassung auf Zeit, das Verhör durch die Gestapo. Man hätte es, wie das Bunkerdrama im "Untergang", breit ausmalen können. Aber Schlöndorff und seine Drehbuchautoren Eberhard Görner und Andreas Pflüger haben sich für die ärmere Variante entschieden. Sie zeichnen den Alltag im Konzentrationslager so, wie er der getrübten Wahrnehmung der Opfer erschienen sein muß, als filmisches Pasticcio aus Geräuschen, Schreien, Schlägen, hastigen Bewegungen, dann wieder lähmender Stille. Den Rest überlassen sie der Phantasie des Zuschauers. Und dem Gesicht von Ulrich Matthes. Es spricht nicht Bände, denn das, was es erzählt, läßt sich ja gerade nicht aufschreiben. Aber es spricht.

In den fünfundzwanzig Jahren, seit er mit der "Blechtrommel" den Oscar gewann, hat Volker Schlöndorff neun Spielfilme gedreht. Die meisten waren teure Flops. Das Minimalbudget des "Neunten Tags" hätte Schlöndorff als Zumutung empfinden können. Statt dessen hat er es genutzt, um sich von den falschen ästhetischen Leitbildern seiner Literaturverfilmungen zu befreien. Früher hat es Schlöndorff gewurmt, wenn man ihn als "Regisseur ohne Stil" bezeichnete. Heute empfindet er das Fehlen einer erkennbaren Handschrift als Chance. Im "Neunten Tag" sieht man, warum.

ANDREAS KILB

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