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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.1998

Die Welt ist am Ende, aber wir nicht
Hessisch ist lässig: Romuald Karmakars Film "Das Frankfurter Kreuz" auf der Berlinale

BERLIN. "Das Frankfurter Kreuz", ein Wasserhäuschen irgendwo im Frankfurter Stadtteil Bornheim, ist eine jener Trostbuden, nach der sich Exilhessen, stehen sie an einem Münchner Würstelstand, so sehr sehnen. Romuald Karmakar ist ein solcher Exilhesse mit offensichtlichem Hang zur Wehmut. Geboren in Wiesbaden, lebt der 32 Jahre alte Filmregisseur seit einigen Jahren in München. Nach seinem vielfach ausgezeichneten Spielfilmdebüt "Der Totmacher" von 1995 hat er sich jetzt in erprobter Kammerspielfilmmanier den heimatlichen Gefilden zugewandt. Schauplatz seines jüngsten Films, der bei der diesjährigen Berlinale uraufgeführt wurde und auf ein Hörspiel von Jörg Fauser zurückgeht, ist jener Kiosk-Laden mit Ausschanklizenz und Mikrowellenkost am Silvesterabend des ausgehenden Milleniums. Für Walter und seine Gäste ein Tag wie jeder andere: Die Probleme der großen und der kleineren Welt bestimmen die Gespräche, bleierne Schwere liegt gleich dem Zigarettendunst über dem Raum. Die Welt ist schlecht, die Regierung korrupt, die Eintracht verliert, und der Türke trinkt Henninger Bier.

Gerade noch haben sich bleichgesichtige Cineasten aus aller Welt durch einen japanischen Film mit englischen Untertiteln gequält, da folgen sie Mannies trübsinnigen Gedanken im fernen Frankfurt, der, wieder mal ohne Job, auch bei Roswitha kein Glück hat. Im Trubel der Berlinale und im Gewirr der Sprachen klingen die vertrauten Töne aus Hessen seltsam exotisch. Das liegt indes nicht allein an Berlin. Denn die Schauspieler, den Film ziert mit Manfred Zapatka und Michael Degen in den Hauptrollen eine hochrangige Besetzung, haben große Mühe und retten sich in ein Phantasiehessisch. Da haben auch die "Badesalz"-Kassetten, die ihnen der Regisseur vorlegte, nur wenig geholfen. Das Berlinale-Publikum hat es nicht bemerkt, einige Frankfurter blickten indes krampfhaft auf die englischen Untertitel. Daß die Sache mit dem Hessischen nicht einfach würde, hatte der Regisseur wohl selbst befürchtet. Aber die Überlegung, die Handlung des Films in eine andere Stadt zu verlegen, habe er bald verworfen: "Dann hätte die Qualität des Textes gelitten." Nach einer Pause fügt er hinzu: "Ich mag Hessisch. Hessisch ist lässig."

So gern sich Karmakar über seine Heimat äußert, so beharrlich weigert sich der als "schwierig" geltende Regisseur über seinen Film zu sprechen: "Der spricht für sich selbst." Auf die Frage, warum er etwa wiederholt auf die Form des Kammerspielfilms zurückgreife - in "Der Totmacher" waren es gute neun Quadratmeter, diesmal hat er den Schauplatz auf immerhin 16 ausgedehnt - antwortete er trocken: "In jedem Film sitzen Leute herum und reden. Ob das in einem kleinen Raum oder auf einem Fußballfeld stattfindet, ist letztlich egal."

Mit einer jungen blonden Frau, einem Wesen aus anderen Sphären und einzige Figur, die Karmaker dem Drehbuch hinzugefügt hat, bricht dann doch noch das Prinzip Hoffnung in die düstere Milieustudie ein. Die Fremde tanzt mit einem Gast, und das Büdchen wird im Nu zum Wunderstübchen. Zwei Gesichter, die Wangen eng aneinander, bewegen sich dem neuen Jahrtausend entgegen. Da konnte auch Karmaker nicht umhin, seine Vision zu erläutern: "Die Welt ist am Ende, aber wir nicht." Diesen Satz im Film beschreibt er als seine Hoffnung. Der letzte Tanz - für den Wiesbadener zwar ein Heimspiel, aber lange kein Endspiel. Schließlich traf sich am Ende dieses langen Tages Reise in die Welt des schönen Scheins - wie zufällig - die Frankfurter Fraktion an einem Berliner Würstchenstand. Nicht nur in München kann einen das Heimweh ergreifen. SANDRA KEGEL

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