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Nach der Premiere am 1. Juni 2001 an der Berliner Staatsoper Unter den Linden war man sich weitestgehend einig: Die prominente Münchener Filmregisseurin Doris Dörrie hatte die Herausforderungen ihrer ersten Opernregie mit Bravour gemeistert. Immerhin hatte sich der - nach eigener Aussage - bekennende "Operntrottel" Dörrie an eine der "heiligen Kühe" des Opernrepertoires gewagt. Anders sollte es werden, "modern und sehr komisch". Und so inszenierte sie Cosi fan tutte als "Hippie-Musical" unter dem Motto: "Fremdgehen oder nicht, das ist hier die Frage." Diese Cosi spielt irgendwann in den 1970…mehr

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Produktbeschreibung
Nach der Premiere am 1. Juni 2001 an der Berliner Staatsoper Unter den Linden war man sich weitestgehend einig: Die prominente Münchener Filmregisseurin Doris Dörrie hatte die Herausforderungen ihrer ersten Opernregie mit Bravour gemeistert. Immerhin hatte sich der - nach eigener Aussage - bekennende "Operntrottel" Dörrie an eine der "heiligen Kühe" des Opernrepertoires gewagt. Anders sollte es werden, "modern und sehr komisch". Und so inszenierte sie Cosi fan tutte als "Hippie-Musical" unter dem Motto: "Fremdgehen oder nicht, das ist hier die Frage." Diese Cosi spielt irgendwann in den 1970 er Jahren, als die Flower-Power in vollem Schwange und Hippies die Trendsetter waren - ein köstlicher Spaß!

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.1996

Triumph unter Pannen
"Cosi" von Mark Joffe: Theaterspielen als Therapie auf lebenssprühend australische Kinoart

Besser in andere Rollen schlüpfen als aus der Haut fahren: Theaterspielen bewährt sich als Therapie. In Sydney wird der junge Glückssucher Lewis (Ben Mendelsohn) als Regisseur für Psychiatriepatienten engagiert. Nach sprunghaften Studien hofft er auf den beruflichen Durchbruch. Doch erst einmal sieht er sich lauter gebrochenen Existenzen gegenüber. Allmählich nimmt er ihre Erwartungen als eigene Herausforderung an. Erstmals im Leben will er etwas zu Ende führen.

Der australische Regisseur Mark Joffe macht aus einem spröden Stoff einen lebenssprühenden Film. Fern von betulichem Klinikreport ist "Cosi" junges australisches Kino, glänzend besetzt mit prominenten Schauspielern des Landes. Für den Film hat Joffe Louis Nowras gleichnamiges Theaterstück, das authentische Erfahrungen verarbeitet, in vorwärtsdrängende Montagen umgesetzt. Joffe zeigt eine Gesellschaft in Bewegung, wenn alle Beteiligten, auch Lewis' Freundin Lucy (Rachel Griffiths) und sein Schauspielerfreund Nick, ständig auf der Suche nach Rollen, Posten oder/und Positionen sind.

Beim ersten Gang durch das weitläufige Klinikareal, das die Kamera von allen Seiten erkundet, wirkt Lewis wie ein Pionier, der fremde Sitten und befremdliche Bewohner kennenlernt. Lewis betritt Neuland. Er hat ein wenig Theatererfahrung, doch keine Kenntnis psychisch Kranker. Aus diesem Manko gewinnt er Stärke. Die Kamera macht sich seinen unvoreingenommenen Blick zu eigen, der sich auch auf den Zuschauer überträgt. Erst einmal hört und sieht der Regisseur seinen künftigen Akteuren in ihrem Alltag zu. Der Enthusiasmus des manisch-depressiven Mozartkenners Roy (Barry Otto) weckt auch Lewis' Energien. Er ist unerfahren genug, auf Roys Wunsch einzugehen, nicht die vom Gesundheitsministerium vorgeschlagene Nummernrevue, sondern "Così fan tutte" einzustudieren. Aber wie? Lewis läßt die Patienten zu Musik vom Band agieren und Lorenzo Da Pontes Libretto sprechen.

Eigene Turbulenzen der Akteure sprengen bei den Proben oft die Symmetrie der Beziehungskomödie mit ihren Treueexperimenten. Der massige Henry verkörpert anfangs den Philosophen Don Alfonso weniger als Prüfstein denn als Hemmklotz. Die schizophrene Cherry agiert als kupplerische Zofe auch die eigene schweifende Erotik aus. Der aggressive Aufschneider Doug und der vibrierende Roy, als jugendliche Liebhaber ein auseinanderdriftendes Gespann, finden unbeständige Partnerinnen in der phobischen Ruth und der rätselhaften Julie, die gerade mit ihrem Drogenentzug kämpft. Julies komplexer Part ist eine Hauptrolle des Films, in der Toni Collette, der Star von "Muriel's Wedding", ihre irritierenden und irisierenden Talente ausspielen kann.

Kein Wunder, daß Lewis von der geheimnisvollen Julie fasziniert ist. Mit leichter Hand überträgt Joffe den Treuetest des Librettos auf Lewis' Alltag. Sein Freund Nick überredet Lewis zu einer Wette über die Treue Lucys. Willigt Lewis ein, um seine eigene Anfälligkeit für die Untreue auf Lucy abzuwälzen? Schlägt Nick die Wette vor, weil er selbst Lucys neuer Partner sein will? Was ist Schein, was ist Sein?

Jeder spielt hier manchmal verrückt, aber nicht alle sind es. So gewitzt "Cosi" oft mehrere Ebenen in der Schwebe hält, so pragmatisch ist der Film in diesem Punkt. Manche Patienten sind nicht nur gefährdet, sondern auch gefährlich. So sorgt der gewalttätige Doug mehrfach für drastische Krisen und Zitterpartien. Als chronischer Pyromane steckt er schließlich das Bühnengebäude in Brand. Lewis wird entlassen. Aber er arbeitet weiter mit seiner Truppe im Waschhaus der Anstalt. Längst sieht er die Proben auch als Bewährungsprobe für sich selbst.

Schlüssig entwickelt der Film, daß die Patienten, die unter ihren zerrissenen, angestückten Biographien leiden, nicht auch noch Stückwerk spielen wollen. Sie brauchen ein Werk aus einem Guß. In ihrer Labilität stützt sie der Rückhalt einer Rolle. Aus ihrer Einsamkeit erlöst sie für Momente das Ensemble. In den emotionalen Stürmen, die sie umtreiben, suchen sie das rettende Ufer der Fiktion. Am Ende wird die Aufführung ein Triumph unter Pannen. Ihre Probleme können die Akteure nicht lösen. Aber sie wachsen über sich hinaus im Fest. Auch Joffe hat Mozarts Leichtigkeit viel zu danken. EVA-MARIA LENZ

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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