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Falls City, Nebraska, Ende 1993. In einem Farmhaus werden drei Personen erschossen aufgefunden. Unter den Toten befindet sich auch der 21-jährige Brandon Teena (HILARY SWANK), ein verspielter Rebell, ein loyaler Freund und ein unwiderstehlicher Herzensbrecher.
Die Polizei nimmt ihre Ermittlungen auf und macht dabei eine ebenso überraschende wie schockierende Entdeckung - Brandon Teena, Schwarm aller Mädchen, war kein Mann, sondern eine Frau namens Teena Brandon ...
Bonusmaterial
Audiokommentar von Kimberly Pierce (Regie) Featurerette Trailer Kinotrailer 3 TV- Spots

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Produktbeschreibung
Falls City, Nebraska, Ende 1993. In einem Farmhaus werden drei Personen erschossen aufgefunden. Unter den Toten befindet sich auch der 21-jährige Brandon Teena (HILARY SWANK), ein verspielter Rebell, ein loyaler Freund und ein unwiderstehlicher Herzensbrecher.

Die Polizei nimmt ihre Ermittlungen auf und macht dabei eine ebenso überraschende wie schockierende Entdeckung - Brandon Teena, Schwarm aller Mädchen, war kein Mann, sondern eine Frau namens Teena Brandon ...

Bonusmaterial

Audiokommentar von Kimberly Pierce (Regie) Featurerette Trailer Kinotrailer 3 TV- Spots
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.1999

Wo du nicht bist, dort ist das Glück
Filmfestival Venedig: Jüngere Regisseure wie Joe Johnston, Kimberly Peirce und Barbara Albert wollen überall nur raus

VENEDIG, 3. September

Was haben Coalwood (West Virginia), Falls City (Nebraska) und Wien gemeinsam? Alle drei sind Orte, an denen die Bewohner mehr als Gründe genug für die weit verbreitete Erkenntnis haben, überall sei es besser, wo sie nicht sind. Ob die Zeit einen Film lang Ende der fünfziger Jahre, Mitte der neunziger oder unmittelbar in unserer Gegenwart Halt macht, spielt dabei kaum eine Rolle. Nur der Grad der Gewalt, der die Enttäuschung sich entladen lässt, nimmt mit den Jahren unablässig zu.

Zwei der drei von gut einem Dutzend Filmen, die der Programmzufall in den zweiten Festivaltag von Venedig packte, gehen auf authentische Geschichten zurück. Nur die Österreicherin Barbara Albert, Jahrgang 1970, kann nicht mit dem Etikett "Nach einer wahren Geschichte" glänzen. Sie hat ihre Momentaufnahmen für den Wettbewerbsbeitrag "Nordrand" aber so aus dem Leben gegriffen, dass sie den amerikanischen Kollegen in nichts nachzustehen braucht. Es sind rohe Weihnachten, die sie beschreibt, vereist die Wege, klamm die Seelen, und in Jugoslawien, wie es früher hieß, tobt 1995 noch der Bruderkrieg.

So ist das nicht allzu ferne Wien ein Auffanglager all derer, die den Absprung suchen ins große individuelle Glück, aber nicht wissen, wo und wie sie Anlauf nehmen sollen. Die Serbin Tamara zum Beispiel, die in Österreich schon zur Schule gegangen ist, sich jetzt als Krankenschwester ausbilden lässt, aber ihre Heimat immer noch dort glaubt, wohin nicht einmal mehr die Telefonverbindungen klappen wollen. Oder Roman, dem der Wehrdienst beim Bundesheer so die Freizeit kappt, dass sein Verhältnis mit Tamara systematisch zerrieben wird. Oder Valentin und Senad, einsam und fremd in der Anonymität, wo sie schon von Glück sagen können, wenn man sie als Ausländer nicht unentwegt anrempelt. Oder Jasmin, hörbar die einzige richtige Wienerin, die verheerenden Familienverhältnissen zu entkommen trachtet und nur eine Ausflucht kennt: ihren kokelnd ordinären Charme in wilder Sexualität auflodern zu lassen, woher auch immer der anfachende Wind weht.

Den Männern fehlt vor allem die Sprache, um verständlich zu machen, was sie quält. Blicke allein genügen nicht. Die jungen Frauen sind Freiwild für die rüden Balzriten der Wiener Burschen, mit beharrlicher Gegenwehr allerdings die apart dunkle Tamara (Edita Malovcic) und vollkommen ungebärdig Jasmin (Nina Proll), deren blonde Haarfülle sich so wenig bändigen lässt wie ihr Triebleben.

Der einundzwanzigste Bezirk jenseits der Donau, vornehmlich ein Arbeiterviertel, das nichts übrig hat für wohlfeile Wien-Klischees, wird zum Mikrokosmos, wo noch so impulsives Hin und Her über den allfälligen Stillstand nicht hinwegtäuschen kann. Das Quintett junger Menschen in Barbara Alberts Film "Nordrand" hat eigentlich nichts miteinander zu schaffen und ist doch von kundiger Geberhand in ein Spiel gemischt worden, das von ihnen fordert, sich zu ändern und zugleich sie selbst zu bleiben. Sorgsame, in vielschichtigen Episoden aufgeblätterte Beobachtungen sind das, die in der Verlorenheit die Sehnsucht nach Nähe aufspüren und im abweisenden Gebaren ein trotz allem verzweifeltes Hoffen.

Nicht weniger genau als Dokument der Verzweiflung, nur sehr viel härter und schmerzlicher, ist der in der Festivalreihe "Cinema del presente" vorgestellte Film "Boys Don't Cry" von Kimberly Peirce, Jahrgang 1967. Die Regisseurin, die gemeinsam mit Andy Bienen auch das Drehbuch schrieb, folgt den Spuren einer jungen Frau namens Teena Brandon, die um alles in der Welt lieber Brandon Teena wäre, ein Mann. Ihre Suche nach geschlechtlicher Identität, wie die Schauspielerin Hilary Swank sie in allen Stadien der Entäußerung vorlebt, wirkt herrisch und gnadenlos egoistisch, ist zugleich aber von solchem Zärtlichkeitsbegehren in den Armen einer Frau namens Lana, dass diese, schwanger und selber voller Ausbruchsverlangen, sich willig täuschen lässt. Lanas einstiger Liebhaber jedoch läuft Amok.

Auch Nebraska erscheint als so rau und unwirtlich, dass schon die leisesten menschlichen Regungen ein Gefühl von Wärme verbreiten, aber immerhin gibt es die schnurgeraden Highways, die aus Falls City hinausführen könnten. Coalwood in West Virginia hat nicht einmal die, nur seine Kohlengruben, und wer als Heranwachsender mangels Talent nicht für ein Sportstipendium taugt, landet unweigerlich unter Tage wie sein Vater und dessen Vater. Es sei denn, er wird, weil die Sowjetunion 1957 gerade den Sputnik in den Himmel geschossen hat, von einer fixen Idee gepackt wie der Highschool-Zögling Homer, der partout seine eigene Rakete bauen und ins Weltall befördern will. Nicht von ungefähr eröffnete der Film "October Sky" von Joe Johnston, Jahrgang 1950, die Festivalreihe "Sogni e visioni", ein emotional bewegendes Zeugnis jener Bravour, die allein im Ziel den Weg vorgezeichnet weiß.

Fehlschläge gleich im Dutzend, die ihn einmal sogar für eine Nacht ins Gefängnis bringen, können Homer und seine drei Freunde nicht abhalten, bis eines Tages, der ganze Ort ist mittlerweile Zeuge, die mühselig in Heimarbeit gebastelte Rakete in die Wolken taucht, höher und höher, bis sie den Blicken entschwunden ist. Selbst eine Art nationalen Jugend-forscht-Wettbewerb gewinnt Homer, worauf ihm ein Universitätsstipendium sicher ist. Heute, belehrt uns der Nachspann, arbeitet er als Ingenieur bei der Nasa.

Dieses Hohelied auf Beharrlichkeit und Treue zu sich selbst und den als richtig erkannten Idealen kann nur aus Amerika kommen, zielt aber keinesfalls auf dieses Land allein. Überall ist es besser, wo wir nicht sind? Wer gleich das Weltall für seine kleinen Fluchten erkoren hat, greift unverschämt nach den Sternen. Doch um sein Fortkommen, so der schöne Kinotrost, braucht ihm nicht bange zu sein.

HANS-DIETER SEIDEL

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