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Technische Angaben: Bildformat: 1.66:1 (Letterbox) Sprache / Tonformat: Deutsch, O-Ton (Dolby Digital Stereo/Mono) Untertitel: Deutsch Ländercode: 2 Extras: Interviews u. a.
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl

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Produktbeschreibung
Technische Angaben:
Bildformat: 1.66:1 (Letterbox)
Sprache / Tonformat: Deutsch, O-Ton (Dolby Digital Stereo/Mono)
Untertitel: Deutsch
Ländercode: 2
Extras: Interviews u. a.

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Autorenporträt
Franz Reichle ist freischaffender Filmemacher und Lehrbeauftragter für Film in Zürich. Während fünf Jahren lebte er in Burjatien nördlich der Mongolei, wo er die Tibetische Medizin kennenlernte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.1997

Am Puls des Dalai Lama
"Das Wissen vom Heilen": Franz Reichles Dokumentarfilm zeigt die Künste der tibetischen Medizin

Mit der gleichförmigen Regelmäßigkeit tibetischer Gebetsmühlen wiederholt sich in den westlichen Gesellschaften das Geraune von der Krise der Medizin. Die akademische Heilkunde sieht sich permanenter Kritik ausgesetzt, kranke Menschen wenden sich scharenweise sogenannten "alternativen" oder "komplementären" Heilverfahren zu. Die Schulmedizin versucht ihre institutionalisierte Vorreiterrolle in der Patientenbehandlung unterdessen durch deklamatorische Beschwörung der eigenen Wissenschaftlichkeit zu behaupten. Die Vertreter anderer Heilmethoden berufen sich indes auf ihre patientenorientierte Vorgehensweise, die ihnen im Verein mit dem Einsatz vermeintlich "natürlicher" Therapeutika das nichtssagende Gütesiegel einer "sanften" Medizin eingebracht hat. Das schlichte, aber überzeugende Erfolgsrezept, dem Anhänger aller Behandlungsverfahren huldigen, lautet jedoch: Wer heilt, hat recht.

Franz Reichles Film über die tibetische Medizin, "Das Wissen vom Heilen", benötigt derlei etikettierende Attribute nicht. Der Schweizer Dokumentarfilmer zeigt ohne esoterische Mystifizierung die Möglichkeiten und Grenzen der tibetischen Medizin. Weder Weichzeichner noch Kunstlicht versuchen eine exotische Aura des Fremdartigen zu erzeugen. Schnörkellos und unaufdringlich begleitet der Film über einen längeren Zeitraum das Schicksal einzelner Patienten und den Alltag der Ärzte. Als Glücksgriff für den Zuschauer erweist sich dabei der Verzicht auf jedweden Kommentar. Die Äußerungen der Mitwirkenden sprechen leise und dennoch eindringlich für sich. Lediglich zu Beginn verstreichen ein paar Minuten, bis die ungewohnte Geräuschkulisse und der behutsame Duktus des filmischen Erzählganges vertraut werden.

Doch alsbald erzählt sich die Geschichte von selbst, unabhängig davon, ob Patienten im nordindischen Dharamsala, sibirische Ärzte in Ulan-Ude oder Wissenschaftler aus Wien und Jerusalem porträtiert werden. Nur im tibetischen Stammland dieser Heilkunde wurde nicht gedreht. Nach der Besetzung Tibets durch die Chinesen wurde die tibetische Medizin zunehmend von den neuen Machthabern unterdrückt. Im Rahmen der blutigen Niederschlagung des Aufstandes in Lhasa 1959 wurde auch die zentrale Medizinschule Tibets in Chagpori zerstört und die Mehrzahl der Ärzte verschleppt oder ermordet.

Ein Überlebender der ethnischen Verfolgungen ist Tenzin Choedrak, persönlicher Leibarzt des Dalai Lama. Er behandelt Nonnen aus dem nahe gelegenen Kloster ebenso wie die in einen Unfall verwickelte alte Frau von der Straße und eben "Seine Heiligkeit", der gerade mit einer fiebrigen Bronchitis zu kämpfen hat. Jede Diagnose beginnt mit der Anamnese und einer sorgsamen Pulsmessung. Es folgt die weitere körperliche Untersuchung. Die theoretischen Grundlagen für Pulsdiagnostik und andere feinsinnige Untersuchungsmethoden, für die Zubereitung von Arzneien und die Erfahrungen mit Rezepturen finden sich in der grundlegenden Textsammlung "Gyüschi" ("Das Wissen vom Heilen"), dem schon im zwölften Jahrhundert zusammengestellten und kontinuierlich weiterbearbeiteten Standardlehrbuch der tibetischen Medizin.

Dabei erweist sich, daß die tibetische Medizin mit Magie gar nichts, mit Erfahrung und Erkenntnis hingegen eine Menge zu tun hat. Die Arzneien bestehen aus zahlreichen, hauptsächlich pflanzlichen Bestandteilen wie Kräutern, Früchten und Wurzeln. Zumeist ist der Arzt selbst auch für die Zubereitung seiner Rezepturen sowie das Sammeln, Trennen, Zermahlen und Verpacken der Phytomedikamente zuständig, die er dann in einzelnen Papiertütchen - einer Tagesration entsprechend - an die Patienten verteilt. Mit Prognosen und großartigen Genesungsversprechen halten sich die Heilkundigen auffallend zurück. Bescheiden nehmen die tibetischen Ärzte Heilerfolge zur Kenntnis, die den seiner (medizin-)technischen Überlegenheit selbstgewissen westlichen Betrachter oftmals überrascht zurücklassen, etwa wenn ein langjährig von der russischen "Schulmedizin" behandelter und für inoperabel erklärter Patient mit Nierenkrebs nach neunmonatiger Therapie mit tibetischen Pflanzenmedikamenten doch noch operiert werden kann, da sich sein Tumor und die Lymphknotenmetastasen inzwischen deutlich verkleinert haben.

Der Dalai Lama weiß, daß "das medizinische System der Tibeter in vielerlei Hinsicht auf einem ganz wissenschaftlichen Vorgehen basiert". Diese Annahme haben sich auch einige westliche Forscher zu eigen gemacht und die Wirkmechanismen tibetischer Rezepturen untersucht. Erstaunt waren sie dabei insbesondere über die Effekte, die sich bis auf molekularer Ebene im Abwehrsystem nachweisen ließen, wie ein israelischer Laborleiter genauer ausführt. Spezifisch konnten etwa mit bestimmten Pflanzenmixturen die zellulären Vorgänge wieder ausgelöst werden, die bei manchen chronischen Erkrankungen dauerhaft gestört waren. Der ehedem skeptische Forscher ist mittlerweile von den naturwissenschaftlich begründbaren Prinzipien der tibetischen Heilkunde überzeugt und sich mit dem Dalai Lama einig, daß die komplementäre Anwendung tibetischer und westlicher Medizin der erfolgversprechendste Weg zur Heilung wäre.

So weit wird es in absehbarer Zeit kaum kommen. Dennoch sollte ausgebildeten Kranken, eingebildeten Hypochondern und anderen Mitwirkenden unseres Gesundheitssystems der Film wärmstens ans Herz gelegt werden. Nicht, um von einer vermeintlich verlorengegangenen Natürlichkeit zu schwärmen, sondern als Beispiel für eine Heilkunde, die nüchtern und unspektakulär sowohl Körper als auch Seele behandelt. WERNER BARTENS

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