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Was bleibt, wenn die Geliebten fort sind? Zwei Schicksalsschläge erschüttern das Leben des norwegischen Autors Tomas Espedal: Zuerst verstirbt seine Mutter, kurz darauf auch seine Frau Agneta. Die Verluste verlangen ihm eine neue Art zu leben ab, denn er bleibt mit seiner jüngsten Tochter allein zurück. Trost kann er dem Mädchen nicht spenden, der verzweifelte Versuch, die Mutter zu ersetzen, beraubt das Kind des Vaters. Espedal beginnt Halt zu suchen in der Erkundung seiner Familiengeschichte. Woraus, fragt er, erwächst eine Familie, was bedeuten Liebe und Verrat, was Mutterschaft und…mehr

Produktbeschreibung
Was bleibt, wenn die Geliebten fort sind? Zwei Schicksalsschläge erschüttern das Leben des norwegischen Autors Tomas Espedal: Zuerst verstirbt seine Mutter, kurz darauf auch seine Frau Agneta. Die Verluste verlangen ihm eine neue Art zu leben ab, denn er bleibt mit seiner jüngsten Tochter allein zurück. Trost kann er dem Mädchen nicht spenden, der verzweifelte Versuch, die Mutter zu ersetzen, beraubt das Kind des Vaters. Espedal beginnt Halt zu suchen in der Erkundung seiner Familiengeschichte. Woraus, fragt er, erwächst eine Familie, was bedeuten Liebe und Verrat, was Mutterschaft und Vatersein. Seine Kunst, das Schreiben, stellt sich somit in den Dienst des Lebens. Selten verweben sich in der Literatur Schreiben und Leben derat eng und unausweichlich wie in den Büchern Espedals. Der Kosmos seines Lebens, den er vor dem Leser ohne Schonung entfaltet, entwickelt ungeheure Sogkraft. Unbedingt und mit Haut und Haar möchte man eintauchen in die Welt dieses berührenden Mannes, sich erfrischen an der Klarheit und Aufrichtigkeit seiner Sprache.

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Autorenporträt
Tomas Espedal, geboren 1961 in Bergen, gab sein literarisches Debut 1988 mit dem Roman ›En vill flukt av parfymer‹ (Eine wilde Flucht vor dem Parfüm). Seither veröffentlichte er zahlreiche in Norwegen preisgekrönte Romane und gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller Norwegens. Zuletzt erschien: Wider die Natur (2014).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nico Bleutge scheint fasziniert vom neuen Buch von Tomas Espedal. Ob der nun eher Knausgard, Petterson oder Handke gleicht, mag er nicht entscheiden. Doch steht für ihn fest, dass der Autor Sätze schreiben kann, die leuchten, weil sie auf die blinden Flecke der Erinnerung zielen. Wenn diese Widersprüchlichkeiten des Erinnerns auf das Schreiben selbst bezogen werden, findet Bleutge im Text eine seltene reflexive und atmosphärische Kraft. Leben und Fiktion werden darin ununterscheidbar, die Chronologie löst sich auf, meint Bleutge, und nur der Rhythmus der Sätze schafft Zusammenhalt. Dabei ist es nicht die Dunkelheit, die den Rezensenten am meisten begeistert, sondern der Moment, wenn das lückenhafte Erzählen und die Brüchigkeit von Beziehungen miteinander reagieren.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2015

Warten aufs Verlassenwerden

Zusammen mit Karl-Ove Knausgård steht er für die neue norwegische Literatur: Tomas Espedal setzt mit "Wider die Kunst" sein hochkonzentriertes autobiographisches Romanprojekt fort.

Von Julia Encke

Es gibt in einem der Romane des norwegischen Schriftstellers Tomas Espedal eine Szene, in der er beschreibt, wie er mit seiner Freundin im Bett liegt und beide jeweils ein Exemplar eines Knausgård-Romans in den Händen halten: "Hast du das schon gelesen? Das ist ja ganz unglaublich, dass er sich das traut", sagt die Freundin und spricht damit nicht über irgendeinen Autor, sondern über einen Freund. Denn der vierundfünfzigjährige Espedal und sein sieben Jahre jüngerer Schriftstellerkollege Karl-Ove Knausgård kennen sich gut. Früher haben sie zusammen in Bergen an der Akademie für Schreibkunst studiert, haben sich angefreundet und werden jetzt immer wieder in einem Atemzug genannt: Knausgård und Espedal stehen für die neue norwegische Literatur, die im Moment überall gefeiert wird, eine autobiographische Art des Schreibens, wie sie radikaler nicht sein könnte. Erklärtermaßen und unverhohlen schreiben beide über ihr eigenes Leben.

Doch so ähnlich ihr Zugang auf den ersten Blick erscheint - ihre Bücher sind grundverschieden. Knausgård, dessen fünfter Band seines autobiographischen Großkampfprojekts "Min Kamp", "Träumen", gerade in der deutschen Übersetzung erschienen ist (F.A.Z. vom 21. September) und der bis vor wenigen Tagen im deutschsprachigen Raum auch auf großer Lesereise war, erzählt so detailliert und so ausführlich wie möglich aus seinem Leben. Jede Geste, jede noch so nebensächliche Einzelheit buchstabiert er aus, worin man die Absicht sehen kann, das Banale ins Extreme zu führen, so sehr, dass es sich in sein Gegenteil verkehren kann. Tomas Espedal dagegen verfährt umgekehrt. Er verdichtet und konzentriert Ereignisse, Reflexionen, Wahrnehmungen und Erinnerungen. Was ihn interessiert, ist die Essenz.

Für all jene, die Knausgård mit Faszination und Interesse begegnen, aber dann doch irgendwann abspringen, weil sie glauben, begriffen zu haben, was der Punkt ist, oder weil sie einfach nicht durchhalten, ist Tomas Espedal deshalb der richtige Kandidat. Seine Sprache ist eine Art beiläufige Poesie, die einen verzaubert beim Lesen, weil sie so unaufgeregt und selbstverständlich daherkommt und doch imstande ist, alles zu sagen. "Gehen oder die Kunst, ein wildes und poetisches Leben zu führen" und "Wider die Natur" hießen die Bücher, die der Verlag Matthes & Seitz bisher auf Deutsch herausgebracht hat. Jetzt ist der neue Band, "Wider die Kunst", erschienen, in welchem es um die Erfahrung von gleich zwei Todesfällen geht: Erst stirbt Espedals Mutter, kurz darauf seine Frau Agnete, von der er getrennt lebt. Zwei gemeinsame Töchter haben sie, die eine ist bereits aus dem Haus. Der jüngeren, fünfzehnjährigen zuliebe zieht er in das einsame Haus der Exfrau auf einer Insel vor Bergen.

Es ist manchmal schwierig, den Bewegungen dieser Erzählung zu folgen, weil sie niemals chronologisch verfährt, sondern zwischen Familiengeschichte, Erinnerungen an die Kindheit und Gegenwart hin und her springt. Das Meditative der Sprachmelodie ist es, die den Zusammenhang herstellt. Und es sind einzelne Beschreibungen, die einen von Beginn an für dieses Buch einnehmen, insbesondere all jene, die die Beziehung von Vater und Tochter betreffen: Espedal erzählt, wie er, nachdem seine Tochter die Mutter verloren hat, versucht, ihr ein guter Vater zu sein, und wie er zugleich auch noch versucht, ihr eine Art Mutter zu sein - und wie sich dies als ein großer Fehler herausstellt, den er "mit aller Kraft und unbeugsamem Willen" begeht. Er erzählt, wie er mit dem Schreiben aufhört, einige Freundschaften beendet und sich in dem neuen Zuhause einrichtet. Wie er zu Hause bleibt, aufräumt und unermüdlich die Zimmer putzt und kocht. Bis das Kind, das nicht nur seine Mutter, sondern jetzt auch noch den Vater vermisst, irgendwann zu ihm sagt: "Warum bist zu immer zu Hause? Warum kannst du mich nicht in Ruhe lassen, einen Tag alleine lassen, für mich, wann gehst du endlich mal raus?"

Espedal beschreibt, wie die Tochter zur Schule geht und er dasitzt und darauf wartet, dass sie nach Hause kommt - und gleichzeitig weiß, dass sie eines Tages anrufen und sagen wird, dass sie bei einer Freundin übernachtet oder bei einem Freund und später in die Stadt ziehen und dann wieder in eine andere Stadt ziehen wird. "Ich warte darauf, verlassen zu werden", heißt die mit diesen Gedanken einhergehende Erkenntnis, die so unaufgeregt daherkommt und zugleich alles erschüttert. Denn das ist die Kunst, in welche Tomas Espedal das Leben verwandelt: "Ich mache mich darauf gefasst, allein zu sein. Die Morgensonne wärmt die Holzwände des Hauses. Das weiße Haus. Das weiße Bett. Ich warte auf den ersten Satz: ,Dann strömt das Licht plötzlich herein und verbirgt uns ganz.'"

Wenn es - mittendrin und beiläufig - in "Wider die Kunst" an einer Stelle heißt: "Lange Zeit hindurch hatte ich keinen anderen Wunsch als früh ins Bett zu gehen und lange liegen zu bleiben", dann kann man darin natürlich eine augenzwinkernde Anspielung auf den berühmten ersten Satz von Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" sehen: "Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen." Doch vielleicht es ist nicht einmal augenzwinkernd gemeint. Denn so sehr bei Proust die durch den Geschmack von Lindenblütentee und Madeleine-Keks ausgelöste unwillkürliche Erinnerung eine Verdichtung anstrebt, so desaströs gerät in der "Suche nach der verlorenen Zeit" das Erzählen als ein Schreiben ohne Ende mit der Zeit völlig aus den Fugen. Marcel Proust ist damit beides, ausufernd und um Konzentration bemüht. Er ist Tomas Espedal und Karl-Ove Knausgård in einem.

Tomas Espedal: "Wider die Kunst (Die Notizbücher)".

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel.

Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2015. 195 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2015

Schwarze Zeichen, unlesbar und schön
Auf der Schreibmaschine seiner verstorbenen Mutter tippt dieser Erzähler seine ersten Zeilen:
Der norwegische Autor Tomas Espedal bringt in seinem Buch „Wider die Kunst“ die Wörter zum Leuchten
VON NICO BLEUTGE
Wenn der Erzähler einschlafen will, gehen ihm Wörter und Sätze durch den Kopf. Dann kommt es ihm so vor, als wäre das Innere seiner Augenlider ein umgedrehtes Blatt Papier, auf dem jemand schreibt. Nicht vorsichtig gesetzte Buchstaben, sondern Wörter, die „mit voller Kraft einschlagen“, sodass sie leuchten, sodass der Erzähler sie im Notizbuch festhalten muss. Dieses Einschlagen von Wörtern hält ihn wach, ja, es scheint der Kern seiner Vorstellung vom Schreiben zu sein: „Sie leuchteten auf, wie wenn man eine Lampe an- und gleich wieder ausmacht, sie schlugen ein und leuchteten auf, als wären sie voller Bedeutung, von einem tieferen Sinn erfüllt, als enthielten sie ein ganzes Buch.“
  Sätze, die so dicht gefügt sind, dass sie leuchten, sind die Spezialität des norwegischen Schriftstellers Tomas Espedal. Dabei geht es ihm immer auch um die Lücken und Brüche der Erinnerung, um den blinden Fleck, in dem Vergangenheit und Gegenwart, das Sprechen und die Stille, Erfindung und die Erforschung der eigenen Geschichte ununterscheidbar werden. In seinem großen Buch über das Gehen, auf Deutsch 2011 erschienen, ist es die Bewegung, die den Sätzen ihren leuchtenden Untergrund einzieht. In „Wider die Natur“, das im letzten Jahr bei uns herauskam, einem Erzählgeflecht über die Verrückungen und Paradoxien der Liebe, bleibt das Denken an den immer gleichen Erinnerungsmarken haften, „wie wenn die Schlange der Schlange in den Schwanz beißt und von der Schlange in den Schwanz gebissen wird“.
  Seine atmosphärische und reflexive Kraft gewinnt Espedals Schreiben daraus, dass nicht nur die Emotionen und Gedanken durch all ihre widersprüchlichen Impulse gejagt werden, sondern auch das Schreiben selbst. Eben noch gleicht es einem energetischen Apparat zur Erzeugung von Leuchtspuren, schon kippen die Ideen, und die Sätze sollen „weich sein wie Wachs“ oder an natürliche Formen erinnern: „organische Buchstaben, kleine Auswüchse auf dem Papier, wie erstarrter Schleim oder gepresste Blumen, Weizen oder anderes Getreide, aber in schwarzen Zeichen, unlesbar und schön“.
  Unlesbar indes sind Espedals schwarze Zeichen keineswegs. Wie die Rede von den organischen Lettern andeutet, sind in diesem Schreiben das vermeintliche Leben und die Fiktion eng verwachsen. „Wider die Kunst“ beginnt mit einem Schock: „Uns ist gemeinsam, meiner Tochter und mir, dass wir beide unsere Mütter verloren haben. Ich habe meine Mutter im April verloren, sie ihre im September“. Der doppelte Tod, ein Pendant zum Verlust der Geliebten in „Wider die Natur“ (eigentlich ist das Verhältnis umgekehrt, im Original ist „Wider die Kunst“ früher erschienen als „Wider die Natur“), setzt eine Erinnerungsbewegung frei. Ausgehend vom eigenen Namen, „mein erster Name wurde in einer Fabrik hergestellt“, der ebenso wie die Lebensgeschichte nah am Autor Tomas Espedal angesiedelt ist, beginnt der Erzähler Fotos und Briefe, Berichte und Notizen, Erinnerungs- und Wahrnehmungsfetzen zu sondieren.
  Dabei ist ihm die Idee einer klaren Chronologie fremd. „Sie sprang in der Zeit vor und zurück (. . .), es gab keine Zeit für sie, alles, was sie erzählte, vermischte sich zu einer einzigen, hier und jetzt“, heißt es einmal über die Großmutter. Und so ähnlich verfährt der Erzähler selbst. Ins Hier und Jetzt des Schreibens schleust er die unterschiedlichsten Gedächtnisbilder ein, vermischt sie mit den Momenten seiner Gegenwart. Wir folgen der Geschichte seiner Großeltern, der Beziehung zum Vater und zur Mutter, der Liebe zu seiner Tochter, nur um bald schon mit dem Erzähler hellwach auf dem Bett zu liegen, die Wolken, den Himmel und das Haus zu sehen, mit den Augen über die Wände des Zimmers zu wandern, hin zu den Büchern auf dem Nachttisch und den Notizheften „in Umschlägen von derselben Farbe wie das Haus“. Oft sind die Szenen so eng geschnitten und im Präsens verschränkt, dass sich im ersten Moment gar nicht entscheiden lässt, wer hier eigentlich spricht.
  Nicht von ungefähr ist Espedal, 1961 in Bergen geboren, immer wieder mit dem anderen norwegischen Selbst-Erzähler verglichen worden, mit Karl Ove Knausgård. Doch wo Knausgård schreibend in die Fläche geht und bisweilen fast listenartig die Einzelheiten skizziert, schleift Espedal seine Sätze zu, mal „hart wie Stahl“, mal in der Art von erstarrtem Schleim, immer aber mit einem Hang zur atmosphärischen Vergegenwärtigung. So erinnert er eher an den dritten großen norwegischen Autor, dessen Bücher regelmäßig ins Deutsche übersetzt werden: an Per Petterson. Zwar tragen Pettersons Ich-Erzähler meist erfundene Namen, aber die Liebe zur Gleichzeitigkeit, das Umkreisen der Stille, die Suche nach dem Ich und nach Sätzen, die etwas von der winterdunklen Landschaft einholen, finden sich auch bei ihm.
  Der Erzähler selbst allerdings vergleicht sich lieber mit Peter Handke. „Wunschloses Unglück“ heißt das berühmte Buch, das Handke kurz nach dem Selbstmord seiner Mutter schrieb. Damals notierte Handke, „höchstens im Traumleben“ werde die Geschichte der Mutter für kurze Zeit fassbar. Doch gerade da fielen äußerstes Mitteilungsbedürfnis und äußerste Sprachlosigkeit zusammen. „Deswegen fingiert man die Ordentlichkeit eines üblichen Lebenslaufschemas“, so Handke, „indem man schreibt: ,Damals-später’, ,Weil-Obwohl’, ,war-wurde-wurde nichts’“.
  Tomas Espedal tut nichts dergleichen. Ja, vielleicht geht es im tiefsten Inneren des Buches nicht einmal um ein Porträt der verstorbenen Mutter, sondern um den Weg des Erzählers zum Schreiben. Immerhin, es ist die Schreibmaschine der Mutter, auf der er seine ersten Zeilen tippt. Auch als er zum Studium nach Kopenhagen zieht, hat er die Maschine dabei. In einem kleinen Zimmer im Studentenwohnheim haust er mit einer Frau namens Linda, lässt sich auf eine Amour fou ein, die aber ganz dem Schreiben dient. Während Linda außer Haus ist, arbeitet der Erzähler an seinem ersten richtigen Roman – und beide erleben auf ihre eigene Weise die verändernde Kraft der Fiktion.
  Nirgends wird so zusammenhängend erzählt wie auf diesen knapp 30 Seiten. Sie sind das retardierende Moment in einem Buch, das als Ganzes von Widersprüchen und Vermutungen, Selbstbeschwörungen des Erzählers und aufgebrochenen, bisweilen fast aphoristischen Passagen lebt. Einen Rest von Zusammenhalt verspricht nur der Rhythmus von Espedals Sätzen, den der Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel sehr schön im Deutschen nachgeformt hat. Für den Leser entsteht durch diese dauernden Wechsel ein Raum des Vorläufigen und Brüchigen, in dem die vertrauten Zuschreibungen außer Kraft gesetzt sind. Umso mehr fallen jene Sätze auf, in denen Espedal seine Bilder noch einmal eigens deutet oder über Kommentare herausstellt, was er vorher schon in die Struktur der Kapitel eingelagert hat. An solchen Stellen beißt die Schlange der Schlange erzählerisch in den Schwanz.
  Espedal inszeniert einen Erzähler, der sich von seinen Verletzungen freizuschreiben versucht, tatsächlich aber auf seine Existenz als Autor zuschreibt. Am überzeugendsten ist er dort, wo er die Einsamkeit und Leere seiner Figuren nicht in den dunkelsten Tönen ausmalt (sogar die Kellner tragen hier manchmal nur „schwarze Hosen, ein schwarzes Hemd“), sondern die lückenhafte Art seines Erzählens mit der Brüchigkeit menschlicher Beziehungen kurzschließt. Im Auffalten des Alltags etwa, den der Erzähler auf einer kleinen Insel vor Bergen mit seiner Tochter zu leben beginnt. Hier fangen die Wörter an zu leuchten – und die Wahrnehmung verändert sich schon bald: „Ein neues Ohr, es wächst aus dem alten heraus. Als wäre die Haut Wachs und würde zu neuen Formen gefaltet. Als würde der Schlaf die Haut dehnen“.
Tomas Espedal: Wider die Kunst (Die Notizbücher). Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2015. 194 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Die Wörter schlagen ein bei
diesem Erzähler, und dieses
Einschlagen hält ihn wach
Ins Hier und Jetzt des
Schreibens schleust Espedal
seine Gedächtnisbilder ein
Das eigene Leben fest im Blick: Tomas Espedal.
Foto: imago stock&people
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»Ein Buch darüber, wie der Trauer doch wieder das Gefühl von Glück folgen kann, wenn man heim kommt und spürt, dass man froh ist, zu Hause zu sein.« - Syme Sigmund, Danteperlen II, März/Mai 2016 Syme Sigmund Danteperlenbroschüre 20160301