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»Was war der Vielvölkerstaat Sowjetunion, der immerhin sieben Jahrzehnte lang das Leben von über zweihundert Millionen Menschen bestimmte? Wie funktionierte das Miteinander der multiethnischen Gemeinschaften, die in einer Vielzahl von sowjetischen Städten über Jahrzehnte bestanden? Anders gefragt, wie gelang es den Menschen, nach den Exzessen der Gewalt - Revolution, Bürgerkrieg, Terror, Zweiter Weltkrieg - einander wieder in die Augen zu schauen und neues Vertrauen zu fassen? Oder waren die gemeinsam verlebten Jahrzehnte nach Stalins Tod nichts weiter als ein Ausharren, ein Warten auf das >Ende der Geschichte …mehr

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Produktbeschreibung
»Was war der Vielvölkerstaat Sowjetunion, der immerhin sieben Jahrzehnte lang das Leben von über zweihundert Millionen Menschen bestimmte? Wie funktionierte das Miteinander der multiethnischen Gemeinschaften, die in einer Vielzahl von sowjetischen Städten über Jahrzehnte bestanden? Anders gefragt, wie gelang es den Menschen, nach den Exzessen der Gewalt - Revolution, Bürgerkrieg, Terror, Zweiter Weltkrieg - einander wieder in die Augen zu schauen und neues Vertrauen zu fassen? Oder waren die gemeinsam verlebten Jahrzehnte nach Stalins Tod nichts weiter als ein Ausharren, ein Warten auf das >Ende der Geschichte

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Autorenporträt
Walter Sperling, 1975 in Karaganda geboren, emigrierte in seiner Kindheit aus der UdSSR in die Bundesrepublik Deutschland. Nach einem Studium der Geschichtswissenschaft, der Osteuropäischen Geschichte und der Slawistik an der Universität Bielefeld, mit Auslandsaufenthalten in Jaroslawl' und St. Petersburg, promovierte er 2010 und wurde Akademischer Rat an der Fakultät fu¿r Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. 2016 hatte er eine Vertretungsprofessur fu¿r die Geschichte Ost- und Ostmitteleuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. 2018 war er Stipendiat am Deutschen Historischen Institut Moskau und arbeitete dort ab Juni 2019 im DFG-Projekt zur Geschichte der deutschen Beuteakten in sowjetischen und russischen Archiven. Er ist Fellow der Max Weber Stiftung.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Ulrich Schmid ist gerührt angesichts von Walter Sperlings Geschichte der Stadt Grosny. Wie der Autor die wechselvollen Entwicklungen von der Stadtgründung 1818 über die Tschetschenienkriege bis heute nachzeichnet, mittels eigener Erfahrungen als Spross einer russlanddeutschen Familie, historischer Quellen und mündlicher Interviews, scheint Schmid lesenswert. Nur Sperlings Nostalgie in Sachen sowjetischer Völkerfreundschaft findet Schmid etwas zu blauäugig. Wenn der Autor sowjetische Kultiviertheit preist, geht er einer "stalinistischen Disziplinierungstechnik" auf den Leim, glaubt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2023

Schlechte Voraussetzungen für ein friedliches Miteinander

Boomtown, Kriegsschauplatz und künstliche Metropole unter der Knute eines Diktators: Walter Sperling erzählt die Geschichte der tschetschenischen Hauptstadt Grosny.

Für seine Geschichte der Stadt Grosny hat Walter Sperling einen doppeldeutigen Haupttitel und einen programmatischen Untertitel gewählt. Die Präposition "vor" im Titel "Vor den Ruinen von Grosny" kann sowohl räumlich als auch zeitlich gedeutet werden. Sperling steht fassungslos "vor" einer zerstörten Stadt, die für ihn aus mehr als nur Gebäuden und Straßenzügen bestand. Das zeitliche "Vor" steckt den Untersuchungszeitraum ab: von der Gründung der russischen Festung "Grosnaja" im Jahr 1818 bis zum Ausbomben der Stadt in den beiden Tschetschenienkriegen. Die verspiegelten Wolkenkratzer von "Grosny-City" und die gigantische Achmat-Kadyrow-Moschee würdigt Sperling mit kaum einem Wort.

Heute erscheint ihm die tschetschenische Hauptstadt nur noch als künstliche Metropole unter der Knute eines neostalinistischen Diktators, die keiner kulturwissenschaftlichen Beschreibung wert ist. Sperling versteht sich als Chronist eines urbanen Modells, das in der Sowjetzeit zumindest dem Anspruch nach die Gegensätze zwischen Nationen und Religionen überbrücken sollte. Dem "multiethnischen Kaukasus" aus dem Untertitel begegnet er als einem untergegangenen Sehnsuchtsort, dem er sich in seiner Stadtgeschichte nähern will.

Sperling weiß, wovon er schreibt. Er stammt aus einer russlanddeutschen Familie, die während des Zweiten Weltkriegs in die kasachische Steppe deportiert wurde. Eine wichtige Motivation für seine historischen Forschungen ist die Kluft, die sich in der Sowjetzeit zwischen privater Erinnerung und dem offiziellen Propagandanarrativ auftat. Gerade am Beispiel Grosnys kann Sperling wichtige Aspekte der sowjetischen Gewaltgeschichte mit ihrer oft paradoxen Gendenkkultur aufzeigen.

Die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben der Russen, Tschetschenen und Inguschen waren denkbar schlecht. Während der Südexpansion des russischen Imperiums zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts wurden zahlreiche militärische Vorposten errichtet, darunter auch Grosny. Anders als in Georgien konnten die russischen Eroberer allerdings nicht die lokalen Eliten kooptieren, weil sich die Tschetschenen und Inguschen in Clans organisierten und keinen Erbadel kannten.

Die russischen Soldaten steckten immer wieder Dörfer in Brand und zerstörten Felder, weil sich die lokale Bevölkerung dem aufständischen Imam Schamil angeschlossen hatte. Man setzte enorme Mittel zur Niederwerfung der Tschetschenen ein: Den etwa 20.000 Rebellen stand 1855 ein Heer von 270.000 Mann gegenüber. Nach und nach wurden die Wälder der Ebene gerodet, um den Aufständischen ihre Rückzugsräume zu rauben. Außerdem wurden Freundschaften zwischen Kosaken und Tschetschenen argwöhnisch beäugt. Ende des neunzehnten Jahrhunderts kam es sogar zu einem zeitweiligen Ansiedlungsverbot für Tschetschenen und Inguschen in den russischen Städten des Terek-Gebiets.

Die Entdeckung von Erdöl führte zu einem Aufschwung des Nordkaukasus. Handelsfirmen schossen aus dem Boden, Grosny wurde zur Boomtown. Damit nahmen aber auch die sozialen Spannungen zu. Die Revolution von 1905 schwappte von der Hauptstadt St. Petersburg in den Kaukasus über. Die Wut der russischen Arbeiter entlud sich nicht nur auf die reichen Unternehmer, sondern auch gegen die lokale Bevölkerung. Nach einem Pogrom zählte man 25 tschetschenische Todesopfer. Die Gründe für diesen Gewaltausbruch waren vielschichtig - ethnische, soziale und religiöse Gegensätze brachen sich hier blutig Bahn.

Nach der Oktoberrevolution schlachteten die Bolschewiki solche Katastrophen aus und präsentierten sich als Retter. Stalin sicherte den kaukasischen Bergvölkern 1920 einen Autonomiestatus zu und versprach, ihre Sitten und Gebräuche zu achten. Allerdings blieben die Spannungen zwischen den Russen und Tschetschenen bestehen. Es kam zu Provokationen: So warfen Kosaken Schweineschmalz in den Tee, um ihn für die kaukasischen Muslime ungenießbar zu machen. Allerdings hatte auch die Toleranz der Parteiführung Grenzen. Ein Antrag der lokalen Parteiführung, die Stadt "Grosny" ("Furchterregend") in "Nochtschti" ("Unser Volk") umzubenennen, scheiterte 1930 am Moskauer Veto. Damals hatte man bereits begonnen, einzelne Hauptorte mit Stalins Namen auszuzeichnen - eine regionale Initiative stand quer zum grassierenden Personenkult.

Während des Zweiten Weltkriegs kam es zur Katastrophe. 1942 erlitt ein Rekrutierungsversuch der Roten Armee im Nordkaukasus eine krachende Niederlage. Ein Großteil der Aufgebotenen floh in die Berge. Unter den Eingezogenen beging mehr als die Hälfte Fahnenflucht und schloss sich den deutschen Besatzern an. Dadurch gerieten alle Tschetschenen und Inguschen unter Generalverdacht. Stalins Rache war furchtbar. Das Politbüro beschloss, die autonome tschetschenische Republik aufzulösen und die Tschetschenen und Inguschen nach Zentralasien zu deportieren. Innerhalb kürzester Zeit verlud die sowjetische Geheimpolizei eine halbe Million Menschen in Eisenbahnwaggons. Verzweifelte Mütter gaben ihre Kinder in Kinderheimen ab. Jeder vierte starb in der Deportation.

Erst im Zuge des Tauwetters konnte das begangene Unrecht benannt werden. Der Armenier Mikojan, ein prominentes Mitglied der Führungsriege der Partei, empfing 1956 eine tschetschenische und inguschische Delegation. Er gestand den Emissären zu, dass die Deportation eine "Tragödie" gewesen sei, für die Stalin die Schuld trage. Allerdings weigerte sich die Parteiführung, konfiszierten Besitz zurückzugeben und den Vertriebenen die Rückkehr zu gestatten. Trotzdem machten sich zahlreiche Tschetschenen auf eigene Faust auf den Weg in die Heimat und forderten ihre Häuser zurück. Dabei kam es zu Drohungen, Erpressungen und auch offener Gewalt. Bald verließen etliche Russen "aus eigenem Antrieb", wie ein offizieller Bericht aus Moskau festhielt, ihren aktuellen Wohnsitz.

1973 strömten Inguschen in Grosny auf die Straße und forderten die Anerkennung als Nation. Allerdings stießen sie in Moskau auf taube Ohren. Ein Emissär der Sowjetregierung beschied den Demonstranten, dass die Völker des Nordkaukasus von der Partei "nicht rehabilitiert, sondern lediglich begnadigt" worden seien. Die lokale Parteiführung reagierte mit Symbolpolitik: Im Eiltempo wurde auf dem "Platz der Völkerfreundschaft" ein Denkmal für die Helden des Bürgerkriegs errichtet, das die "unbesiegbare Freundschaft" der Russen, Tschetschenen und Inguschen verkörpern sollte.

Die Unterdrückung der Tschetschenen setzte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fort. Der exzentrische sowjetische Luftwaffengeneral Dschochar Dudajew betrieb nach 1990 energisch eine Abspaltung Tschetscheniens von der Russischen Föderation. Boris Jelzin entschied sich 1994 für einen Waffengang, dem allein in den ersten Kriegsmonaten in Grosny 27.000 Zivilisten zum Opfer fielen. 1999 erneuerte Wladimir Putin die russische Vernichtungsstrategie.

Sperling gelingt in seinem Buch ein anrührendes Porträt der Stadt Grosny mit ihren Menschen, ihren Konflikten und Begegnungen. Geschickt verbindet er historische Quellen und mündliche Interviews. Aus diesem Material webt er eine ebenso spannende wie tragische Geschichte. Allerdings ist Sperlings Darstellung manchmal zu sehr von seiner persönlichen Nostalgie nach der sowjetischen Völkerfreundschaft getragen. Er glaubt, dass sich in der Sowjetunion ein eigener Begriff von "Kultiviertheit" entwickelt habe, eine "sowjetische und sozialistische Interpretation der Bürgerlichkeit", die nach Norbert Elias die modernen Gesellschaften Europas zusammenhalte.

Sperling zitiert zwar den Soziologen Vadim Volkov, aber er übergeht Volkovs These, dass die "Kultiviertheit" eine stalinistische Disziplinierungstechnik darstellte. "Kultiviertheit" bedeutete, dass sich die Proletarier bürgerliche Praktiken vom Huttragen bis zum Museumsbesuch aneignen mussten und damit zu Agenten einer umfassenden Sozialkontrolle werden sollten. Letztlich führt Sperling in seiner beeindruckenden Studie all jene Argumente an, die ihn eigentlich zum Schluss führen müssten, dass die utopische Nationalitätenpolitik des Kremls nur ein dünner Firnis über dem tiefen Unbehagen in der Sowjetkultur war. ULRICH SCHMID

Walter Sperling: "Vor den Ruinen von Grosny". Leben und Überleben im multiethnischen Kaukasus.

Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2023.

675 S., geb., 38,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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