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Mensch und Müll – das ist eine lange und innige Beziehung. Bereits die Neandertaler haben Dinge für nutzlos befunden, aussortiert und weggeworfen. Das alte Rom kämpfte ebenso mit Müllproblemen wie die Metropolen des 19. Jahrhunderts. Doch alles verblasst hinter den Abfallbergen der Gegenwart. Anhand der Produktion von und dem Umgang mit Müll schreibt Roman Köster eine erhellende Geschichte unserer Spezies. Sein Buch bietet die erste durchgehend schmutzige Geschichte der Menschheit. In der Vormoderne waren Abfälle vor allem ein praktisches Problem. Sie lagen herum, rochen schlecht und…mehr

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Produktbeschreibung
Mensch und Müll – das ist eine lange und innige Beziehung. Bereits die Neandertaler haben Dinge für nutzlos befunden, aussortiert und weggeworfen. Das alte Rom kämpfte ebenso mit Müllproblemen wie die Metropolen des 19. Jahrhunderts. Doch alles verblasst hinter den Abfallbergen der Gegenwart. Anhand der Produktion von und dem Umgang mit Müll schreibt Roman Köster eine erhellende Geschichte unserer Spezies. Sein Buch bietet die erste durchgehend schmutzige Geschichte der Menschheit. In der Vormoderne waren Abfälle vor allem ein praktisches Problem. Sie lagen herum, rochen schlecht und behinderten den Verkehr. Im Zuge des starken und weltweiten Städtewachstums seit dem späten 18. Jahrhundert stieg die Aufmerksamkeit für durch Abfälle erzeugte hygienische Probleme, die die Ausbreitung von Typhus oder Cholera begünstigten. Heute hingegen ist der Müll von einer Frage städtischer Sauberkeit zu einem globalen Umweltproblem geworden. In seiner Globalgeschichte des Mülls von der Frühgeschichte bis heute geht Roman Köster den Ursachen dieser Entwicklungen nach und zeigt, wie sich das Wegwerfen, Entsorgen und Wiederverwerten im Lauf der Geschichte verändert hat.
Autorenporträt
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2023

Die Menschheit und ihr Müll
Geschichte des Abfalls von der Steinzeit bis heute

Wo Menschen sind, da ist auch Müll. Sie produzieren ihn seit Ewigkeiten: "Mensch und Müll führen eine lange und intime Beziehung", sagt Roman Köster. Schon die Neandertaler hätten Dinge für nutzlos befunden, aussortiert und weggeworfen. Und schon das alte Rom habe wie später London und Paris im 17. und 18. Jahrhundert mit hartnäckigen Müllproblemen gekämpft. Seitdem seien die Abfallberge immer höher geworden. Die Schwierigkeiten hätten zugenommen, den wachsenden Unrat der Zivilisation aus der Welt zu schaffen. Den Ursachen dieser Entwicklung geht Köster jetzt in seinem Buch nach, das sich allerdings ausdrücklich nicht als Ratgeber zur Müllreduzierung oder Verbrauchererziehung versteht.

Der Wirtschafts- und Sozialhistoriker, der an der Münchner Universität der Bundeswehr Geschichte der Frühen Neuzeit lehrt, wurde 2015 mit einer Arbeit zu "Hausmüll. Abfall und Gesellschaft in Westdeutschland 1945 -1990" habilitiert. Seine aktuelle Darstellung holt zeitlich und geographisch weiter aus. Sie reicht von der Frühzeit bis heute und handelt davon, was Menschen im Laufe der Zeit für schmutzig, gefährlich, störend oder funktionslos erklärt haben. Und was sie taten, um sich davon zu befreien. Vor allem aber, wie es dazu kam, dass wir heute vor einem globalen Müllproblem stehen.

Laut einer Studie der Weltbank produziert die Menschheit allein an Plastikmüll heute jeden Tag das Gewicht von etwa 100 Eiffeltürmen. Ohne rigide Gegenmaßnahmen fallen 2050 weltweit etwa 3,4 Milliarden Tonnen Hausmüll an, also noch einmal etwa 75 Prozent mehr als gegenwärtig. Diesen Müll umweltgerecht zu sammeln, zu entsorgen und zu recyceln gehört zweifellos "zu den großen Menschheitsaufgaben".

Grabungen von Archäologen aus den Müllgruben der Frühgeschichte, des Mittelalters und der Frühen Neuzeit liefern Historikern Erkenntnisse über den Alltag vergangener Epochen. Sie informieren auch über den sozioökonomischen Wandel und die veränderte Wahrnehmung von Schmutz, Sauberkeit und Gefahren im Umgang mit Müll. Offenbar wurden Abfälle und Unrat in der Vormoderne zunehmend zum lästigen praktischen Problem, als sie anfingen, die Wege zu versperren und die Luft zu verpesten. Mit dem weltweiten Städtewachstum und immer mehr Müll im späten 18. Jahrhundert registriert Köster steigendes Bewusstsein für die durch mangelnde öffentliche Hygiene begünstigten Gesundheitsgefahren wie Typhus und Cholera. In der Gegenwart verortet der Autor Müll nur noch am Rande als Frage städtischer Sauberkeit. Die heutige Diskussion sieht er beherrscht von der Sorge über die globale Verschmutzung der Umwelt und die mit Plastikabfällen verstopften Weltmeere, denen er am Schluss einen Epilog widmet.

Köster gliedert seinen Text in die drei großen Abschnitte "Vormoderne", "Industriezeitalter" und "Massenkonsum". Ein Schaubild gleich am Anfang stellt Wiedernutzung, Wahrnehmung und Maßnahmen für die drei Hauptkapitel im Zeitvergleich nebeneinander. Kösters Müllgeschichte hat dabei vor allem im Blick, unter welchen Bedingungen Weggeworfenes hergestellt und wie mit vorhandenen Ressourcen umgegangen wurde.

Hauptsächlich die reichen westlichen Länder unserer Tage gelten als Verschwender von Ressourcen und Müllverursacher. Denn dort landen große Mengen von Lebensmitteln ungegessen in der Tonne, kaum getragene Kleider in der Altkleidersammlung und funktionierende Handys für das nächste Modell in der Schublade. Offenbar produzierten vorindustrielle Gesellschaften, die erst über geringe Arbeitsproduktivität verfügten, sehr wenig Abfälle, während aktuelle Gesellschaften mit hoher Arbeitsproduktivität im Müll geradezu ersticken. Deren Können, Waren extrem effizient zu fertigen, dafür aber enorme Ressourcen zu verbrauchen, brandmarkt Köster als merkwürdig paradox: "Müll ist eine Nebenfolge davon, warum moderne Gesellschaften wohlhabend sind", sagt er und verweist auf ihre Fähigkeit, Lebensmittel, Gebrauchsgüter, Elektrogeräte global, arbeitsteilig, in großen Mengen und mit wachsender Arbeitsproduktivität herzustellen, zu transportieren und zu verteilen: "Erst das Zusammenspiel von Massenproduktion und Logistik ermöglicht Verschwendung in großem Stil, und aus diesem Zusammenspiel entsteht am Ende der meiste Müll. So gesehen ist Abfall vor allem anderen eine Sache der Effizienz."

Die ökonomischen Mechanismen, die dazu führen, dass so große Mengen an Abfällen entstehen, funktionieren allerdings viel weniger effizient, wenn es um die Sammlung und Entsorgung von Unrat geht. Kapitalistische Gesellschaften seien zwar virtuos darin, immer mehr Güter zu immer geringeren Kosten zu produzieren. Aber sie seien weitaus weniger kompetent, die daraus resultierenden Reste des Konsums zu sammeln, zu entsorgen und in den Produktionsprozess zurückzuführen, kritisiert Köster, räumt aber zugleich ein: Der moderne Müll sei mit Inhalten wie Kunststoffen und Chemikalien im Umgang viel diverser, langlebiger und schwieriger geworden als früher. Die neue Materialität des Mülls stelle jedoch nicht einfach "eine kapitalistische Bösartigkeit" dar, sondern sei eng verbunden mit der Massenproduktion: "Bequemer Konsum macht heutige Menschen zu Komplizen der großen, globalen Müllindustrie." Am Ende warnt er nachdrücklich vor der Illusion, die Vergangenheit halte Rezepte bereit, unsere heutigen Müllberge dauerhaft zu reduzieren. ULLA FÖLSING

Roman Köster: Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit. C. H. Beck Verlag, München 2023, Verlag 422 Seiten, 29 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Helmut Stalder geht ziemlich desillusioniert hervor aus der Lektüre von Roman Kösters Buch über die Geschichte des Abfalls. Was der Wirtschaftshistoriker an Fakten zum Müll zusammenträgt, anekdotisch vermittelt und in drei Entwicklungsstufen einteilt, Vormoderne, Industriezeitalter neuere und neueste Gegenwart, lässt Stalder die Nase rümpfen. Es stank und stinkt buchstäblich zum Himmel, im alten Rom genauso wie im späten 18. Jahrhundert. Und wie viel wir heute so an Abfall produzieren, verschlägt Stalder den Atem und stimmt ihn trübsinnig. Denn: Lösungen für das Müllproblem findet Köster nicht. Es bräuchte wohl ein grundsätzliches Umdenken und bessere Strukturen, ahnt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Roman Kösters Buch trifft den Nerv der Zeit."
Süddeutsche Zeitung, Lea Hampel

"Exzellentes Buch"
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Kai Spanke

"[Köster] beschreibt in seinem Buch die lange und innige Beziehung zwischen Mensch und Müll. Er zeigt auf, wie bereits die Neandertaler Sachen weggeworfen haben. Er beschreibt, warum die meisten archäologischen Funde Abfall sind. Und er erklärt, weshalb all das verblasst hinter den Abfallbergen der Gegenwart."
NZZ, Florian Schoop

"Ein erhellendes Buch, das drastisch vor Augen führt, wie sehr unser Alltag und unsere Lebensweise untrennbar mit Abfall verbunden sind."
Der Standard, Klaus Taschwer

"Allerhand Wissenswertes ... Liest sich mit Gewinn ... Dass es dabei ohne übertriebenen Appellcharakter zugeht, zeugt von einem Problembewusstsein, das Handlungsbedarf nicht mit Aktionismus verwechselt."
Der Tagesspiegel, Maximilian Mengeringhaus

"Köster erzählt so locker, dass man ihm gern folgt. Er hat nichts unter den Tisch fallen lassen. Speiserückstände, das Meer als Deponie und der Massenkonsum der Wegwerfgesellschaft kommen vor. Dabei gelingt es ihm immer wieder, die Sache anschaulich zu machen."
Redaktionsnetzwerk Deutschland, Ronald Meyer-Arlt

"Eine kluge schmutzige Geschichte der Menschheit."

Die Presse, Anne-Catherine Simon

"Eine riesige und bewundernswerte Arbeit ... diese Globalgeschichte des Mülls liefert nicht nur ein umfassendes Bild historischer Entwicklungen, sondern zugleich Handreichungen für die einschlägige Systemanalyse unserer Gegenwart."
SWR2 Buchkritik, Eberhard Falcke

"Wir reden gern vom 'Müllhaufen der Geschichte', auf den Überkommenes, Veraltetes geworfen gehört. Dass der Müllhaufen selbst eine Geschichte hat, eine weit zurückreichende und oft übelriechende zumal, davon berichtet der Historiker Roman Köster in seinem Buch."
Bayern2 Kulturwelt, Knut Cordsen

"Köster möchte die Wurzeln unserer gegenwärtigen Müllprobleme, die dramatischer kaum sein könnten, freilegen."
börsenblatt, Matthias Glatthor

"Müll ist unsere einzige wachsende Ressource."
Hollis Dole, Unterstaatssekretär des US-Innenministeriums, 1969

"Wie umfassend der Blick des Forschers ist, zeigt sich bei der Lektüre ... Immer wieder räumt Köster mit Stereotypen auf."
Neue Zürcher Zeitung, Valeria Heintges

"Ein toller Text über unsere Beziehung zu allen Formen des Abfalls und über den Wert und das nicht so werte dessen, was wir unaufhörlich produzieren und wegwerfen."
BR Jazz & Politik, Lukas Hammerstein

"Müll ist nach wie vor ein hochkomplexes Problem, das immer wieder neuer Ideen bedarf. Apokalyptisch ist es nicht, wie dieses sehr lesenswerte Buch eindrücklich vermittelt."
spektrum.de, Hans-Martin Schönherr-Mann

"Wer die Geschichte der Menschheit wirklich verstehen will, muss auch durch den von ihr produzierten Unrat durch. ... Ein erhellender Überblick."
Kleine Zeitung, Martin Gasser

"Wer wir sind, zeigt sich besonders daran, was und wie wir wegwerfen. Der Blick in die Tonne verrät eben mehr über uns, als uns manchmal lieb ist."
ZEIT ONLINE, Claas Oberstadt

"Die Stärke dieser überaus fundierten Globalgeschichte des Mülls ist dabei nicht thesenhafte Zuspitzung, sondern die differenzierte Problematisierung von vermeintlich Naheliegendem."
Philosophie Magazin, Ronald Düker
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