Polit-Groteske, Krimi-Satire und herzzerreißende Liebesgeschichte: Bei den Dreharbeiten zu einem Horrorfilm am Rottensee mischt sich ein lesbisches Vampirpärchen unter die Statisten, während im Flüchtlingsheim der Innenministerin eine Suppe serviert wird, die ihr nicht bekommt. Am nächsten Tag werden im Strandbad der Fuß einer Frau und das Hinterbein eines Hundes angeschwemmt. Als dann auch noch ein Fischer verschwindet, ist klar, dass in den Tiefen des Sees ein Monster sein Unwesen treiben muss. Der Polizist Alfons Stallinger versucht vergeblich, die Absage eines auf der Seebühne geplanten Konzerts zu erreichen. Kurt Palm ist nicht nur die lang erwartete Fortsetzung des Bestsellers "Bad Fucking" gelungen - er legt noch eins drauf.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.06.2019Monster jagen am Rottensee
Unabhängig von seiner Herkunft, seiner sozialen Zugehörigkeit oder seiner Generation - die monströseste Kreatur auf dem Planeten ist der Mensch. Was uns Kurt Palm erzählt, ist keine neue Erkenntnis. Wie er es verpackt, ist entscheidend. Der 1955 im österreichischen Vöcklabruck geborene Palm, der in den neunziger Jahren unter anderem Regisseur der "Phettbergs nette Leit Show" war, hat seinen neuen Roman "Monster" ganz im Geiste des vorherigen Erfolgskrimis "Bad Fucking" in einem kleinen fiktiven Örtchen angesiedelt, dem österreichischen Schwarzbach am Rottensee.
Zu den ungewöhnlichsten Stellen des Buchs gehört eine kursiv gedruckte Passage, in welcher der Autor schildert, wie ihm ein Teil des Manuskripts abhandengekommen ist, der über das Schicksal einer seiner Figuren entschieden hätte. Erzählstränge zu einem runden Ende zu führen, zählt nicht zu Palms Stärken; die meisten Episoden enden in lose herabhängenden Fäden. Und so ist man geneigt sich zu fragen, ob sein Einschub der Wahrheit entspricht - allerdings nur als die Lektüre anreicherndes Gedankenspiel.
Ob es einen Unterschied gibt zwischen Grausamkeiten in der Realität und jenen in der Fiktion? Kurt Palm bemüht den Horror-Regisseur George A. Romero, der am Rottensee in seinem neuen Film Zombies und Vampire in einer ultimativen Schlacht aufeinanderjagen will. Er erfindet übernatürliche Wesen und lässt seine Figuren die drastischsten Szenen aus Exploitation-Klassikern zitieren. Dann wiederum bezieht er sich auf realhistorische Grausamkeiten. Auf Verbrechen im "Dritten Reich" und während der Zeit der Segregation, aber auch auf Gegenwärtige: Wie "Monster" den Filz aus österreichischer Politik und wirtschaftlichen Interessen, den sich hinter Trachten tragender Heimeligkeit und Schlagergeschunkel immer schlechter verbergenden Nationalismus karikiert, macht aus ihm das Buch zur Stunde.
All diese in der Realität wurzelnden Abscheulichkeiten wandelt Palm um in popkulturellen Text - wie in Romeros Film "Zombie" (1976), wie in Ruggero Deodatos "Cannibal Holocaust" (1980). Das Genre selbst wird so zum Ausdruck einer tieferen Wahrheit, selbst wenn seine Spitzen Erfindung sind. Weil es, so der allerletzte Gedankengang einer besonders unliebsamen Figur, Monster ja in Wirklichkeit gar nicht gibt.
KD.
Kurt Palm: "Monster". Roman.
Deuticke Verlag, Wien 2019.
302 S., geb., 21.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Unabhängig von seiner Herkunft, seiner sozialen Zugehörigkeit oder seiner Generation - die monströseste Kreatur auf dem Planeten ist der Mensch. Was uns Kurt Palm erzählt, ist keine neue Erkenntnis. Wie er es verpackt, ist entscheidend. Der 1955 im österreichischen Vöcklabruck geborene Palm, der in den neunziger Jahren unter anderem Regisseur der "Phettbergs nette Leit Show" war, hat seinen neuen Roman "Monster" ganz im Geiste des vorherigen Erfolgskrimis "Bad Fucking" in einem kleinen fiktiven Örtchen angesiedelt, dem österreichischen Schwarzbach am Rottensee.
Zu den ungewöhnlichsten Stellen des Buchs gehört eine kursiv gedruckte Passage, in welcher der Autor schildert, wie ihm ein Teil des Manuskripts abhandengekommen ist, der über das Schicksal einer seiner Figuren entschieden hätte. Erzählstränge zu einem runden Ende zu führen, zählt nicht zu Palms Stärken; die meisten Episoden enden in lose herabhängenden Fäden. Und so ist man geneigt sich zu fragen, ob sein Einschub der Wahrheit entspricht - allerdings nur als die Lektüre anreicherndes Gedankenspiel.
Ob es einen Unterschied gibt zwischen Grausamkeiten in der Realität und jenen in der Fiktion? Kurt Palm bemüht den Horror-Regisseur George A. Romero, der am Rottensee in seinem neuen Film Zombies und Vampire in einer ultimativen Schlacht aufeinanderjagen will. Er erfindet übernatürliche Wesen und lässt seine Figuren die drastischsten Szenen aus Exploitation-Klassikern zitieren. Dann wiederum bezieht er sich auf realhistorische Grausamkeiten. Auf Verbrechen im "Dritten Reich" und während der Zeit der Segregation, aber auch auf Gegenwärtige: Wie "Monster" den Filz aus österreichischer Politik und wirtschaftlichen Interessen, den sich hinter Trachten tragender Heimeligkeit und Schlagergeschunkel immer schlechter verbergenden Nationalismus karikiert, macht aus ihm das Buch zur Stunde.
All diese in der Realität wurzelnden Abscheulichkeiten wandelt Palm um in popkulturellen Text - wie in Romeros Film "Zombie" (1976), wie in Ruggero Deodatos "Cannibal Holocaust" (1980). Das Genre selbst wird so zum Ausdruck einer tieferen Wahrheit, selbst wenn seine Spitzen Erfindung sind. Weil es, so der allerletzte Gedankengang einer besonders unliebsamen Figur, Monster ja in Wirklichkeit gar nicht gibt.
KD.
Kurt Palm: "Monster". Roman.
Deuticke Verlag, Wien 2019.
302 S., geb., 21.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Wo Palm draufsteht, sind schwarzer Humor und beißende Gesellschaftskritik drin." Servus TV, 13.06.19
"Wie 'Monster' den Filz aus österreichischer Politik und wirtschaftlichen Interessen, den sich hinter Trachten tragender Heimeligkeit und Schlagergeschunkel immer schlechter verbergenden Nationalismus karikiert, macht aus ihm das Buch zur Stunde." Katrin Doerksen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.06.19
"Ein "amüsantes Stück Trash-Literatur, in dem Hemmungen und Hüllen gleichermaßen fallen." Doris Kraus, Die Presse am Sonntag, 19.05.19
"Der Österreicher Kurt Palm ist ein vielseitiger Künstler und eine Ikone des Wiener Kulturlebens. (...) Bekannt wurde er vor allem durch den Besteller 'Bad Fucking'. Nun ist sein Nachfolgewerk erschienen: 'Monster' - eine Mischung aus Kriminalroman, Horror und Politgroteske." Adalbert Siniawski, Deutschlandfunk, 14.05.19
"Absurde, unerhört witzige, bittersüße Trash-Lektüre, durch deren 300 Seiten der Leser hindurchgleitet wie ein heißes Messer durch die Malakofftorte." Peter Grubmüller, Oberösterreichische Nachrichten, 13.05.19
"Die Geschichte von der Welt und von der Welt unter der Welt hat mehrere Erzählfäden. Sie zerfransen nicht. Man denkt, was hat das eine mit dem anderen zu tun - aber fürchtet euch nicht, sie ist gut gebaut und nicht nur deppert, mit Verlaub." Peter Pisa, Kurier, 11.05.19
"Wie 'Monster' den Filz aus österreichischer Politik und wirtschaftlichen Interessen, den sich hinter Trachten tragender Heimeligkeit und Schlagergeschunkel immer schlechter verbergenden Nationalismus karikiert, macht aus ihm das Buch zur Stunde." Katrin Doerksen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.06.19
"Ein "amüsantes Stück Trash-Literatur, in dem Hemmungen und Hüllen gleichermaßen fallen." Doris Kraus, Die Presse am Sonntag, 19.05.19
"Der Österreicher Kurt Palm ist ein vielseitiger Künstler und eine Ikone des Wiener Kulturlebens. (...) Bekannt wurde er vor allem durch den Besteller 'Bad Fucking'. Nun ist sein Nachfolgewerk erschienen: 'Monster' - eine Mischung aus Kriminalroman, Horror und Politgroteske." Adalbert Siniawski, Deutschlandfunk, 14.05.19
"Absurde, unerhört witzige, bittersüße Trash-Lektüre, durch deren 300 Seiten der Leser hindurchgleitet wie ein heißes Messer durch die Malakofftorte." Peter Grubmüller, Oberösterreichische Nachrichten, 13.05.19
"Die Geschichte von der Welt und von der Welt unter der Welt hat mehrere Erzählfäden. Sie zerfransen nicht. Man denkt, was hat das eine mit dem anderen zu tun - aber fürchtet euch nicht, sie ist gut gebaut und nicht nur deppert, mit Verlaub." Peter Pisa, Kurier, 11.05.19