Sofort per Download lieferbar
Statt: 20,00 €**
**Preis der gedruckten Ausgabe (Gebundenes Buch)
Alle Infos zum eBook verschenkenWeitere Ausgaben:
PAYBACK Punkte
0 °P sammeln!
**Preis der gedruckten Ausgabe (Gebundenes Buch)
Ein unkonventioneller Zauberhybride aus Bildungs-, Schelmen- und Campusroman - faszinierende Erzählkunst. Seit er Angelika bei einem dionysischen Neptunfest über den Strand tanzen sah, bedrängen ihren aufgewühlten Bewunderer völlig ungeahnte Regungen. Nicht nur wirkt sich die Begegnung bewusstseinserweiternd auf seine Wahrnehmung aus, ihn erfasst darüber hinaus ein schwerwiegendes und allumfassendes Verlangen nach Wahrheit, Schönheit und Selbsterkenntnis, das weder das elterliche Pfarrhaus noch die zeitgenössischen Bildungsinstitutionen stillen können. Seine Suche führt aus der Mitte...
Ein unkonventioneller Zauberhybride aus Bildungs-, Schelmen- und Campusroman - faszinierende Erzählkunst. Seit er Angelika bei einem dionysischen Neptunfest über den Strand tanzen sah, bedrängen ihren aufgewühlten Bewunderer völlig ungeahnte Regungen. Nicht nur wirkt sich die Begegnung bewusstseinserweiternd auf seine Wahrnehmung aus, ihn erfasst darüber hinaus ein schwerwiegendes und allumfassendes Verlangen nach Wahrheit, Schönheit und Selbsterkenntnis, das weder das elterliche Pfarrhaus noch die zeitgenössischen Bildungsinstitutionen stillen können. Seine Suche führt aus der Mitte der Welt, Urspring an der Werra, einer tief in der Vergangenheit liegengebliebenen Provinzidylle im Schatten des Eisernen Vorhangs, in Brückenorte des Wissens und Weltstädte der Weisheit. Götter, Geister und Dämonen melden sich zu Wort, als der postmoderne Studienbetrieb entscheidende Fragen offenlässt. Kommen sie zu spät? Am Ende bleiben nur die Liebe, der Sprung und die Gelenke des Lichts. Emanuel Maeß hat einen sprachmächtigen Roman geschrieben, der in seiner spielerischen Leichtigkeit und Tiefe in der neuen Literatur seinesgleichen sucht.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
- Geräte: eReader
- ohne Kopierschutz
- eBook Hilfe
- Größe: 2.21MB
- FamilySharing(5)
- Text-to-Speech
- Keine oder unzureichende Informationen zur Barrierefreiheit
Emanuel Maeß, geb. 1977 in Jena, Studium der Politologie und Literaturwissenschaft in Heidelberg, Wien und Oxford. "Gelenke des Lichts" ist sein literarisches Debüt. Ein Auszug wurde vorveröffentlicht in "Sinn und Form".
Produktdetails
- Verlag: Wallstein Verlag
- Seitenzahl: 254
- Erscheinungstermin: 18. Februar 2019
- Deutsch
- ISBN-13: 9783835343474
- Artikelnr.: 55025545
Die richtige romantische Drehzahl
Emanuel Maeß entwickelt in "Gelenke des Lichts" eine souverän erzählte Lebensliebesgeschichte
Die Geschichte ist weder verschlungen noch verschachtelt. Noch da, wo die Handlung auf der Hälfte des Buches in einer berühmten englischen Universitätsstadt anlangt, geschieht nichts Furchtbares, wird nichts enthüllt oder aufgedeckt, sondern Cambridges herrliche Fassaden stellen das Bühnenbild für ein Stück namens Bildung. Dessen Figuren sind künftige Pastoren, Akademikerinnen, Schriftsteller und Investmentbanker. Ein Junge sieht im letzten Sommer der DDR ein Mädchen am Strand. Ihr Bild lässt ihn von da an nicht mehr los. Erzählt wird, wie sich ihre Wege von der frühen Jugend bis zum Ende
Emanuel Maeß entwickelt in "Gelenke des Lichts" eine souverän erzählte Lebensliebesgeschichte
Die Geschichte ist weder verschlungen noch verschachtelt. Noch da, wo die Handlung auf der Hälfte des Buches in einer berühmten englischen Universitätsstadt anlangt, geschieht nichts Furchtbares, wird nichts enthüllt oder aufgedeckt, sondern Cambridges herrliche Fassaden stellen das Bühnenbild für ein Stück namens Bildung. Dessen Figuren sind künftige Pastoren, Akademikerinnen, Schriftsteller und Investmentbanker. Ein Junge sieht im letzten Sommer der DDR ein Mädchen am Strand. Ihr Bild lässt ihn von da an nicht mehr los. Erzählt wird, wie sich ihre Wege von der frühen Jugend bis zum Ende
Mehr anzeigen
seines Studiums selten, aber doch kreuzen. Wie er sein Leben aus der Distanz, aber durch die Heftigkeit der ersten Liebe mit ihrem verbunden fühlt, und mit welchen Lektüren, Studien, Begegnungen und Beobachtungen er die Lücken ihres Fernseins füllt. Erzählt wird ihre nur für ihn zu fühlende innere Anwesenheit, wie er lebt, als wäre es der Auftrag dieser Liebe an ihn, zu dem zu werden, der er ist. Davon handelt "Gelenke des Lichts".
Es handelt vom Abenteuer der Innerlichkeit im 21. Jahrhundert, davon, wie unsere Liebe Projektion, Phantasie ist, wie wir damit so umgehen, dass die Unerfülltheit uns nicht elend, schwer, träge und bitter macht, sondern lehrt, die Intensität selbst zu lieben und aus ihr Lebens- und Weisheitskapital zu schlagen - und dieses Gefühl als Brücke in die Literatur der Vergangenheit zu benutzen.
Das Buch ist mit 250 Seiten nicht lang, aber es leistet vieles. Es beschreibt die Atmosphäre eines Landpfarrerhaushalts mit der als Ärztin arbeitenden Mutter am Ende der DDR. Wir sehen Meiningen aus den Augen eines Gymnasiasten, Heidelberg aus der Sicht eines in der DDR regimefern und mit Religionsphilosophie aufgewachsenen Erstsemesters. Und wir betrachten Cambridge durch die Brille der Gelehrsamkeit desjenigen, der weiß, dass die von Hausarbeiten unterbrochene Party irgendwann zu Ende geht und die ganzen Intelligenz-PS dann auf die Straße der Karriere gebracht werden müssen.
Sofern es also um die Chronologie und den Handlungsverlauf geht, macht es Emanuel Maeß in seinem Erstlingsroman keinem Leser sonderlich schwer. Aber was heißen schon Chronologie und Handlungsverlauf in einem Buch, das so oft das Gefühl auslöst, nicht auf der Welle der Erzählung bis zum Ende des Buchs durchgleiten zu wollen, sondern innehalten zu sollen, zurückblättern zu müssen. Denn das Zurücktauchen in die Vergangenheit, das Verweilen an Orten, die einen Verlust des Zeitgefühls herbeiführen, wie er leicht und sorglos nur in der Kindheit eintritt, das verlangsamt die Lesegeschwindigkeit, als wäre diese Prosa Poesie. Und so liest man Sätze noch einmal und noch einmal, wunderbare Sätze wie diesen, gleich auf der ersten Seite, wenn die anthropomorphe Rede ist vom Mond: "Gelassen und ein wenig selbstgefällig ging er über meiner wachsenden Ungeduld und einer Reihenhaussiedlung auf der gegenüberliegenden Talseite auf und zog seine ewigen Bahnen." Den Mond in der Absicht, ihn zu kritisieren, zum Menschlichen herabzuholen, als wäre es nichts, im selben Satz das ihn anschauende Subjekt als ein unkonzentriertes, zur reinen Anschauung unfähiges zu skizzieren und dann den trotz allem erhabenen Mond mit dem Profanen zu kontrastieren, der Reihenhaussiedlung, das hat Witz und bleibt hängen.
Diese unaufdringliche Ironie ist es, die im Spiel mit Vorbildern großer Erzählkunst sofort für das Buch einnimmt. Seine Prosa ist freundlich, spöttisch, ohne zu kränken, romantisch, ohne rückwärtsgewandt zu sein. Sie entwirft das Porträt eines Ich-Erzählers, der sein Licht eher unter den Scheffel stellt, der die Geschichte eines Erwachsenwerdens durchlebt, bei dem es nicht auf den Intellekt allein ankommt, sondern sich die emotionalen und nervösen Anteile der Persönlichkeit mit dem Verstand vereint wissen. Die Stimme des Erzählers ist poetisch, analytisch und überhaupt nicht sentimental. Manchmal klingt sie etwas bieder oder altklug, aber das ist sehr selten. Durchgängig spürt man eine Bescheidenheit und Zurückhaltung im Ton, die mehr als einnehmend ist. Der Mond, die Werra, das Pfarrhaus, die Wiesen, Felder und Bäume, die DDR, das Meer, die Sterne, Urspring, Meiningen, Heidelberg, Cambridge, die Uckermark nicht zu vergessen: All diese Bilder, diese Orte und Zeiten, Goethe-Reminiszenzen und Gainsborough-Erwähnungen beschwören in den Schilderungen von Emanuel Maeß eine Innigkeit der Weltbeziehung herauf, von der Kindheit des Erzählers an, die sogleich gefangennimmt.
Das Wundervolle ist, dass es Maeß darauf anzulegen scheint, romantische Traditionen im 21. Jahrhundert erneuern zu wollen, und alle Schilderungen von Landschaften mit den Empfindungen des Protagonisten verbindet. Das Du, das er im Text häufig adressiert, hat einen Namen, Angelika, und als er sich in diese Angelika schockverliebt, ist sie neun Jahre alt und er elf. Sie sind Kinder, aber der Ich-Erzähler ist eigentlich schon der, der er zu werden sich das ganze Buch hindurch anschickt - ein Phantasierender, ein Schreibender, ein von der Erde Abhebender, ein Wachträumender. Er schildert denn auch diese erste Begegnung wie eine Vision. Am Strand veranstalten die Erwachsenen ein ausschweifendes Fest, als wären sie Nixen und Meeresgötter. Zwischen den Kostümierten tanzen die verkleideten Kinder herum. Ein DDR-Idyll. Selbstvergessen tanzt da das glückliche Kind Angelika und wird zur Begehrten des Buches.
Schon in der Mitte des Buches ist diese Reflexion des unerwidert - oder nur freundschaftlich - geliebten Erzählers zu finden, Äonen von den Gefühlen des Elfjährigen entfernt und doch genährt aus diesen: "Es leidet ja nicht nur der, der leidenschaftlich, verzweifelt und unerwidert liebt, sondern auch der andere, dem diese Liebe gilt, der jedoch beim besten Willen nicht an die Kraft, Höhe oder Metaphysik dieser Gewalten herankommt und deshalb auch nicht anders als mit Misstrauen, Angst oder einer Distanz aus übermäßigem Respekt reagieren kann. Es muss gar nicht immer bedeuten, dass man den anderen nicht auch liebenswert findet. Vielleicht könnte man ihn sogar lieben, aber nicht in dieser romantischen Drehzahl, mit diesen dramatischen Anbetungsgesten und der verdammten Intellektualität. Es wäre auch eine Niederlage für einen selbst, wenn man nicht auf Augenhöhe mitspielen kann."
Und darum steht am Ende des Romans der endgültige Aufbruch ins Erwachsendasein, ins Allein-fliegen-Können: "Dann holten mir die warmen Winde, die durch die Kastanien fuhren, wieder Dich zurück, Daimonion und Daseinsführer, Genius, Dschinn, angelical consultant oder wie auch immer man dieses weitblickende Neben-Ich sonst noch nennen mag, das mir hin und wieder zuraunte: ,Jetzt aber los!'" Dieses "los!" bezieht sich auf eine Laufbahn - oder soll man sagen: Flugbahn? - als Schriftsteller, nicht als Akademiker.
So wird der Ich-Erzähler auf wissenschaftlichen Konferenzen, von denen eine sehr witzig geschildert ist, wohl künftig nicht in der Rolle des Forschers auftreten, sondern als Autor von Gegenständen solcher Studien vorkommen, nicht die leichtere unbedingt, aber die passende Seite der Medaille.
WIEBKE HÜSTER
Emanuel Maeß:
"Gelenke des Lichts".
Roman.
Wallstein Verlag, Göttingen 2019. 254 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es handelt vom Abenteuer der Innerlichkeit im 21. Jahrhundert, davon, wie unsere Liebe Projektion, Phantasie ist, wie wir damit so umgehen, dass die Unerfülltheit uns nicht elend, schwer, träge und bitter macht, sondern lehrt, die Intensität selbst zu lieben und aus ihr Lebens- und Weisheitskapital zu schlagen - und dieses Gefühl als Brücke in die Literatur der Vergangenheit zu benutzen.
Das Buch ist mit 250 Seiten nicht lang, aber es leistet vieles. Es beschreibt die Atmosphäre eines Landpfarrerhaushalts mit der als Ärztin arbeitenden Mutter am Ende der DDR. Wir sehen Meiningen aus den Augen eines Gymnasiasten, Heidelberg aus der Sicht eines in der DDR regimefern und mit Religionsphilosophie aufgewachsenen Erstsemesters. Und wir betrachten Cambridge durch die Brille der Gelehrsamkeit desjenigen, der weiß, dass die von Hausarbeiten unterbrochene Party irgendwann zu Ende geht und die ganzen Intelligenz-PS dann auf die Straße der Karriere gebracht werden müssen.
Sofern es also um die Chronologie und den Handlungsverlauf geht, macht es Emanuel Maeß in seinem Erstlingsroman keinem Leser sonderlich schwer. Aber was heißen schon Chronologie und Handlungsverlauf in einem Buch, das so oft das Gefühl auslöst, nicht auf der Welle der Erzählung bis zum Ende des Buchs durchgleiten zu wollen, sondern innehalten zu sollen, zurückblättern zu müssen. Denn das Zurücktauchen in die Vergangenheit, das Verweilen an Orten, die einen Verlust des Zeitgefühls herbeiführen, wie er leicht und sorglos nur in der Kindheit eintritt, das verlangsamt die Lesegeschwindigkeit, als wäre diese Prosa Poesie. Und so liest man Sätze noch einmal und noch einmal, wunderbare Sätze wie diesen, gleich auf der ersten Seite, wenn die anthropomorphe Rede ist vom Mond: "Gelassen und ein wenig selbstgefällig ging er über meiner wachsenden Ungeduld und einer Reihenhaussiedlung auf der gegenüberliegenden Talseite auf und zog seine ewigen Bahnen." Den Mond in der Absicht, ihn zu kritisieren, zum Menschlichen herabzuholen, als wäre es nichts, im selben Satz das ihn anschauende Subjekt als ein unkonzentriertes, zur reinen Anschauung unfähiges zu skizzieren und dann den trotz allem erhabenen Mond mit dem Profanen zu kontrastieren, der Reihenhaussiedlung, das hat Witz und bleibt hängen.
Diese unaufdringliche Ironie ist es, die im Spiel mit Vorbildern großer Erzählkunst sofort für das Buch einnimmt. Seine Prosa ist freundlich, spöttisch, ohne zu kränken, romantisch, ohne rückwärtsgewandt zu sein. Sie entwirft das Porträt eines Ich-Erzählers, der sein Licht eher unter den Scheffel stellt, der die Geschichte eines Erwachsenwerdens durchlebt, bei dem es nicht auf den Intellekt allein ankommt, sondern sich die emotionalen und nervösen Anteile der Persönlichkeit mit dem Verstand vereint wissen. Die Stimme des Erzählers ist poetisch, analytisch und überhaupt nicht sentimental. Manchmal klingt sie etwas bieder oder altklug, aber das ist sehr selten. Durchgängig spürt man eine Bescheidenheit und Zurückhaltung im Ton, die mehr als einnehmend ist. Der Mond, die Werra, das Pfarrhaus, die Wiesen, Felder und Bäume, die DDR, das Meer, die Sterne, Urspring, Meiningen, Heidelberg, Cambridge, die Uckermark nicht zu vergessen: All diese Bilder, diese Orte und Zeiten, Goethe-Reminiszenzen und Gainsborough-Erwähnungen beschwören in den Schilderungen von Emanuel Maeß eine Innigkeit der Weltbeziehung herauf, von der Kindheit des Erzählers an, die sogleich gefangennimmt.
Das Wundervolle ist, dass es Maeß darauf anzulegen scheint, romantische Traditionen im 21. Jahrhundert erneuern zu wollen, und alle Schilderungen von Landschaften mit den Empfindungen des Protagonisten verbindet. Das Du, das er im Text häufig adressiert, hat einen Namen, Angelika, und als er sich in diese Angelika schockverliebt, ist sie neun Jahre alt und er elf. Sie sind Kinder, aber der Ich-Erzähler ist eigentlich schon der, der er zu werden sich das ganze Buch hindurch anschickt - ein Phantasierender, ein Schreibender, ein von der Erde Abhebender, ein Wachträumender. Er schildert denn auch diese erste Begegnung wie eine Vision. Am Strand veranstalten die Erwachsenen ein ausschweifendes Fest, als wären sie Nixen und Meeresgötter. Zwischen den Kostümierten tanzen die verkleideten Kinder herum. Ein DDR-Idyll. Selbstvergessen tanzt da das glückliche Kind Angelika und wird zur Begehrten des Buches.
Schon in der Mitte des Buches ist diese Reflexion des unerwidert - oder nur freundschaftlich - geliebten Erzählers zu finden, Äonen von den Gefühlen des Elfjährigen entfernt und doch genährt aus diesen: "Es leidet ja nicht nur der, der leidenschaftlich, verzweifelt und unerwidert liebt, sondern auch der andere, dem diese Liebe gilt, der jedoch beim besten Willen nicht an die Kraft, Höhe oder Metaphysik dieser Gewalten herankommt und deshalb auch nicht anders als mit Misstrauen, Angst oder einer Distanz aus übermäßigem Respekt reagieren kann. Es muss gar nicht immer bedeuten, dass man den anderen nicht auch liebenswert findet. Vielleicht könnte man ihn sogar lieben, aber nicht in dieser romantischen Drehzahl, mit diesen dramatischen Anbetungsgesten und der verdammten Intellektualität. Es wäre auch eine Niederlage für einen selbst, wenn man nicht auf Augenhöhe mitspielen kann."
Und darum steht am Ende des Romans der endgültige Aufbruch ins Erwachsendasein, ins Allein-fliegen-Können: "Dann holten mir die warmen Winde, die durch die Kastanien fuhren, wieder Dich zurück, Daimonion und Daseinsführer, Genius, Dschinn, angelical consultant oder wie auch immer man dieses weitblickende Neben-Ich sonst noch nennen mag, das mir hin und wieder zuraunte: ,Jetzt aber los!'" Dieses "los!" bezieht sich auf eine Laufbahn - oder soll man sagen: Flugbahn? - als Schriftsteller, nicht als Akademiker.
So wird der Ich-Erzähler auf wissenschaftlichen Konferenzen, von denen eine sehr witzig geschildert ist, wohl künftig nicht in der Rolle des Forschers auftreten, sondern als Autor von Gegenständen solcher Studien vorkommen, nicht die leichtere unbedingt, aber die passende Seite der Medaille.
WIEBKE HÜSTER
Emanuel Maeß:
"Gelenke des Lichts".
Roman.
Wallstein Verlag, Göttingen 2019. 254 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
»Seine Prosa ist freundlich, spöttisch, ohne zu kränken, romantisch, ohne rückwärts gewandt zu sein.« (Wiebke Hüster, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.08.2019) »Unwahrscheinlich schön schreibt Emanuel Maeß in seinem Erstlingsroman 'Gelenke des Lichts'.« (Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung, 05.03.2019) »ein überragender Erstling« (Björn Hayer, »Bücher am Sonntag« NZZ am Sonntag, 24.02.2019) »'Gelenke des Lichts' ist eine Messfeier der Literatur und ein Hohelied der Liebe zum Leben (...). Schön, dass es dieses Buch gibt.« (Michael Wolf, neues deutschland, 14.11.2019) »ein ungewöhnliches Debüt (...), ein großer Genuss, das zu lesen.« (Manuela Reichart, rbbKulturradio, 04.03.2019) »Sehr wacker und fast schon beängstigend klug stemmt er (der
Mehr anzeigen
Autor) sich gegen jeden Form von Zeitgeist in seiner famosen Melange aus Campus-, Liebes- und Bildungsroman.« (Ulrich Steinmetzger, Sächsische Zeitung, 23./24.03.2019) »Ein Liebes-, Bildungs- und Schelmenroman, wie es ihn auf Deutsch sehr lange nicht gab.« (Uli Hufen, WDR 3, 08.06.2019) »Das Aufregende an diesem Debüt ist nicht zuletzt die literarische Tradition, in der sich der Autor bewegt« (Manuela Reichart, rbb Kultur, Bücher für den Sommer 2019) »Die von Maeß verwendete Sprache ist stets gewaltig und tiefgründig sowie zugleich von Leichtigkeit und Eleganz.« (Christian Straub, ekz.bibliotheksservice, 11.02.2019) »Eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Literatur« (Marius Müller, www.buch-haltung, 04.03.2019) »Lässt man sich auf das Buch ein, dann hat es die Kraft, einen in den Bann zu ziehen.« (Sebastian Engelmann, literaturkritik.de, 19.09.2019)
Schließen
Gebundenes Buch
L’art pour l’art
Immer wieder gibt es ja Romane, die polarisierend auf die Leserschaft wirken, so auch das Romandebüt mit dem kryptischen Titel «Gelenke des Lichts» von Emanuel Maeß. Ein Hybrid, was die Gattung anbelangt, aus «Bildungs-, Schelmen- und …
Mehr
L’art pour l’art
Immer wieder gibt es ja Romane, die polarisierend auf die Leserschaft wirken, so auch das Romandebüt mit dem kryptischen Titel «Gelenke des Lichts» von Emanuel Maeß. Ein Hybrid, was die Gattung anbelangt, aus «Bildungs-, Schelmen- und Campusroman», wie die Jury für den Deutschen Buchpreis 2018 schrieb, die ihn immerhin auf die Longlist gesetzt hatte. Mit Anklängen an Goethes «Wilhelm Meister» wird hier, mit vielen eingeschobenen Reflexionen angereichert, die Entwicklung eines jungen Mannes von der Adoleszenz bis zum Studienabschluss in Cambridge anschaulich beschrieben, allerdings an keiner Stelle «schelmisch»! Andererseits ist man auch an Petrarcas Minne-Dichtung «Conzoniere» erinnert, dessen Laura heißt hier Angelica und ist ebenfalls die ferne, idealisierte Angebetete, die aber als eine Art Leitmotiv sehr lose in den Plot eingewoben ist, ohne dass man deshalb gleich von einem Liebesroman sprechen könnte.
Der Ich-Erzähler ist Sohn eines Pfarrers und einer Ärztin in Urspring an der Werra, dem fiktiven geografischen Mittelpunkt Deutschlands, die Erzählzeit reicht von 1980 bis zum Beginn des neuen Jahrtausends. Zu DDR-Zeiten besucht der 11Jährige in dem kleinen Ort die Schule und sieht bei einem feuchtfröhlichen Neptunfest fasziniert ein neunjähriges Mädchen selbstvergessen am Strand tanzen. Sie begegnet ihm später zufällig noch einige Male, ein loser Kontakt entsteht und bleibt über viele Jahre hinweg erhalten, schließlich besucht sie ihn sogar einmal während seines Studiums in Cambridge. Es kommt zum One-Night-Stand, ihre Wege trennen sich aber sofort wieder, bis sie sich schließlich völlig aus den Augen verlieren und Angelika nur noch gelegentlich leitmotivisch als idealisiertes, das Bewusstsein erweiternde Sinnbild in seinen Gedanken herumspukt.
Die in der angedeuteten Form eines Briefromans an die Angebetete verfasste Erzählung hat die Suche des sich unverstandenen fühlenden, sensiblen Ich-Erzählers nach Selbsterkenntnis zum Inhalt. Er studiert breitgefächert Geisteswissenschaften, zunächst in Heidelberg und später, mittels Stipendium, in Cambridge. Mit dem Studienabschluss endet dieser Roman der Innerlichkeit. Dessen Thematik, die geistige Entwicklung seines wissbegierigen Helden, - hier eingebettet in eine überbordende, an Bildungshuberei grenzende Gelehrsamkeit -, wird in wohlgesetzten Worten erzählt. Diese grandiose Erzählkunst aber ist Stärke und Schwäche des Romans zugleich. Positiv zu nennen sind überaus poetische Landschaftsbeschreibungen, interessante Schilderungen des Studienbetriebs in beiden Ländern, stimmig hervorgerufene Assoziationen, tiefschürfende Reflexionen über Musik, Literatur, Religion, Philosophie, - und immer wieder dient ihm die Natur als Phänomen und Kulisse zugleich. Lästig, irgendwann sogar nervig aber wird die gestelzte, hochgestochene Sprache mit sehr speziellem Fachvokabular, abseitigen Fremdwörtern und vielen, nur akademischen Insidern verständlichen Anspielungen und Verweisen, die zum vollen Verständnis einen humanistischen Bildungshintergrund bedingen. Diese unzähligen, selbstgefälligen Belege für die sichtlich vorhandene Gelehrsamkeit und umfassende philologische Bildung des Autors stören erheblich, weil sie so feierlich, so penetrant aufgesetzt wirken. Denn für die Fachwelt dürfte dieses Buch ja nun wirklich nicht geschrieben sein, der «Normalleser» aber, und eine solche Spezies scheint es zu geben, wird heillos überfordert!
Je nachdem also, ob man die überschäumende Formulierungsseligkeit von Emanuel Maeß goutiert oder nicht, ist dieser Roman, in dem so gut wie nichts geschieht, literarisch als heutzutage selten anzutreffendes Sprachkunstwerk anzusehen - oder aber als altkluges, aus der Zeit gefallenes, pseudowissenschaftlich aufgemotztes Geschwafel um seiner selbst willen. Sprachliche Perfektion als Selbstzweck mithin, L’art pour l’art! Ob das aber reicht als Anreiz zur Lektüre, muss jeder potentielle Leser ganz individuell für sich selbst entscheiden.
Weniger
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für