Der 1929 erstmals erschienene Roman zielt auf die gnadenlose Entzauberung der Monarchie ab und will dabei die tiefer liegenden Ursachen ihrer Auflösung rekonstruieren. Auf raffinierte Weise dekuvriert er die moralische Doppelbödigkeit der herrschenden Schichten zur Zeit der ausgehenden Habsburgermonarchie: Der wohlhabende Wiener Baron Erwein ...
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.01.2016NEUE TASCHENBÜCHER
Müllhaufen
der Monarchie
Marta Karlweis ist nach Maria
Lazar die zweite Autorin, die man dank des Verlags „Das vergessene Buch“ wiederentdecken kann. Beide waren in den Zwanzigerjahren renommiert, Karlweis (1889 – 1965) war zudem die zweite Frau von Jakob Wassermann. Von den Nazis ins Exil getrieben, wurde ihr nach dem Krieg keine Beachtung mehr zuteil. Ihre letzten Jahrzehnte verbrachte sie als Psychoanalytikerin, und wer will, kann den 1929 erschienenen Roman „Ein österreichischer Don Juan“ psychoanalytisch lesen – der Frauenheld heißt hier Erwein von Raidt und ist ein ausgeprägter Schuhfetischist. Den acht Kapiteln ist eine röntgenscharfe Charakterstudie Erwein von Raidts vorgeschaltet, die ihn als kalten Sonderling ausweist. Der bitterböse Roman handelt dann davon, wie „das Judenmädl“ Cecile ins Verderben gestürzt wird. Er spielt vor dem Ersten Weltkrieg, ebenso wie
Joseph Roth gilt Karlweis’ eigentliches Interesse dem Untergang der k.-u.-k.-Monarchie. Doch liegt ihr jede Nostalgie fern. Entlarvt wird eine bigotte, misogyne Operettengesellschaft: „Ich habe nie begriffen, wie du auf diesem Müllhaufen deiner verdammten Monarchie hast leben können.“ FLORIAN WELLE
Marta Karlweis: Ein österreichischer Don Juan. Roman. DVB-Verlag, Wien 2015. 272 Seiten,
17,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Müllhaufen
der Monarchie
Marta Karlweis ist nach Maria
Lazar die zweite Autorin, die man dank des Verlags „Das vergessene Buch“ wiederentdecken kann. Beide waren in den Zwanzigerjahren renommiert, Karlweis (1889 – 1965) war zudem die zweite Frau von Jakob Wassermann. Von den Nazis ins Exil getrieben, wurde ihr nach dem Krieg keine Beachtung mehr zuteil. Ihre letzten Jahrzehnte verbrachte sie als Psychoanalytikerin, und wer will, kann den 1929 erschienenen Roman „Ein österreichischer Don Juan“ psychoanalytisch lesen – der Frauenheld heißt hier Erwein von Raidt und ist ein ausgeprägter Schuhfetischist. Den acht Kapiteln ist eine röntgenscharfe Charakterstudie Erwein von Raidts vorgeschaltet, die ihn als kalten Sonderling ausweist. Der bitterböse Roman handelt dann davon, wie „das Judenmädl“ Cecile ins Verderben gestürzt wird. Er spielt vor dem Ersten Weltkrieg, ebenso wie
Joseph Roth gilt Karlweis’ eigentliches Interesse dem Untergang der k.-u.-k.-Monarchie. Doch liegt ihr jede Nostalgie fern. Entlarvt wird eine bigotte, misogyne Operettengesellschaft: „Ich habe nie begriffen, wie du auf diesem Müllhaufen deiner verdammten Monarchie hast leben können.“ FLORIAN WELLE
Marta Karlweis: Ein österreichischer Don Juan. Roman. DVB-Verlag, Wien 2015. 272 Seiten,
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