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Im Januar 1970 unterschrieb der Republikaner Richard Nixon den National Environmental Policy Act und institutionalisierte damit die moderne Umweltpolitik in den USA. In den beiden darauffolgenden Jahrzehnten setzten Bundes- und Landesregierungen umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der Natur um. Gleichzeitig entstand eine gesellschaftliche Gegenbewegung: Anti-Environmentalism. Proteste gegen Parks, Trinkwasserstandards und erneuerbare Energien sind heute ein fester Bestandteil der konservativen Agenda. Ella Müller zeichnet die historische Genese dieses Phänomens nach. Sie zeigt, wie aus dem…mehr

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Produktbeschreibung
Im Januar 1970 unterschrieb der Republikaner Richard Nixon den National Environmental Policy Act und institutionalisierte damit die moderne Umweltpolitik in den USA. In den beiden darauffolgenden Jahrzehnten setzten Bundes- und Landesregierungen umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der Natur um. Gleichzeitig entstand eine gesellschaftliche Gegenbewegung: Anti-Environmentalism. Proteste gegen Parks, Trinkwasserstandards und erneuerbare Energien sind heute ein fester Bestandteil der konservativen Agenda. Ella Müller zeichnet die historische Genese dieses Phänomens nach. Sie zeigt, wie aus dem Widerstand gegen einzelne Maßnahmen ein reaktionäres politisches Projekt werden konnte, dessen treibender Motor der Kampf gegen das liberale Amerika wurde. Auf breiter Quellengrundlage und mit großer erzählerischer Kraft rekonstruiert sie die Geschichte einer Radikalisierung: von den 1960er Jahren über die Reagan-Revolution bis zu den Kulturkämpfen der Gegenwart. So gewährt dieses Buch nicht zuletzt bedeutende Einblicke in die Entwicklungsgeschichte der amerikanischen Rechten.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Ella Müller ist Historikerin und wurde an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg promoviert. Sie leitet das Programm »Transatlantic Democracy« der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington, D. C.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.01.2024

Der Kulturkampf um die Natur

Widerstand hat nie lange auf sich warten lassen: Ella Müller zeigt, wie der Umweltschutz in den Vereinigten Staaten zu einem wichtigen Feld politischer Auseinandersetzung geworden ist.

Das Wahljahr 2016 war gerade einmal zwei Tage alt, da machten sich Journalisten aus ganz Amerika auf nach Harney County in Oregon, für die erste große Geschichte des Jahres: Ammon Bundy, ein rechter Aktivist, hatte ein paar Hundert Menschen so weit aufgestachelt, dass einige von ihnen das Hauptquartier eines Naturschutzgebietes besetzten. Erst vierzig Tage später gaben die letzten bewaffneten Störer auf, unter den selbst ernannten "Milizen" waren Rechtsradikale ebenso wie Menschen, die jegliche Naturschutzauflagen als staatlichen Eingriff in ihre Freiheit als Jäger oder Farmer ansahen. Die Historikerin Ella Müller erinnert in einem neuen Buch, das auf ihrer Dissertation basiert, an diesen "standoff", weil er für die Entwicklung steht, die sie beschreibt: die Radikalisierung der Republikaner auch im Kampf gegen den Natur- und Klimaschutz.

Ein Jahr nach dem Krawall in Oregon war Donald Trump Präsident, und am 1. Juni 2017 verkündete er den Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Seine Regierung nahm so viele Umwelt- und Naturschutzverordnungen der Vorgänger zurück, dass der "Anti-Environmentalism" Staatsdoktrin im Weißen Haus geworden sei, so Müller. Amerikanische Historiker und Politikwissenschaftler wie Julian E. Zelizer oder Heather Cox Richardson haben in den vergangenen Jahren die Entwicklung der Republikaner als Radikalisierungsgeschichte erzählt und so mit dem Eindruck aufgeräumt, Trumps Präsidentschaft sei ein Bruch mit den Traditionen der Partei gewesen.

Rassismus, Religion und Lobbyismus nehmen in der Forschung breiten Raum ein. Der Widerstand gegen den Umweltschutz ist für Müller aber bislang eher zu kurz gekommen, dabei aber ein zentrales Feld der Auseinandersetzung. Sie beschreibt die Entwicklung der amerikanischen Umweltschutzpolitik als Wandel von einem relativ konfliktarmen Feld hin zu einer Arena des viel zitierten "Kulturkampfes", bei dem es stets um gesellschaftliche und politische Macht geht.

Dabei liefert die Historikerin auch eine Geschichte der Radikalisierung der Republikaner, die den bekannten Blickwinkeln neue hinzufügt. Wie die Partei seit den Sechzigerjahren zur neuen politischen Heimat all jener wurde, die den Demokraten den Rücken kehrten, ist oft beschrieben worden. Nachdem die Regierung des Demokraten Lyndon B. Johnson sich mit dem Civil Rights Act von 1964 zur Bürgerrechtsbewegung bekannt hatte, gewannen die Republikaner nicht nur bei den rassistischen Demokraten des Südens, den "Dixiecrats", Stimmen und Mandate. Die Logik der Umweltpolitik bewegte sich allerdings noch bis zur Präsidentschaft Richard Nixons in den vertrauten Bahnen des "environmental management state", wie Müller schreibt: eines Staates, der mit den Mitteln der Verwaltung zunächst vor allem die Landnutzung, zunehmend aber auch den Schutz der Natur organisierte und sich dabei auf breiten gesellschaftlichen Rückhalt stützen konnte.

Ein Beispiel ist etwa der Water Quality Act von 1965. Richard Nixon unterzeichnete dann 1970 als Präsident den weitreichenden National Environmental Policy Act (NEPA), mit dem das mächtige Instrument der Umweltverträglichkeitsprüfung etabliert war. Er konnte auf breite Unterstützung zählen, insbesondere nach der Ölpest im kalifornischen Santa Barbara im Vorjahr. Die Katastrophe ereignete sich, weil an einer Plattform im Meer unkontrolliert Öl ausfloss. An insgesamt zehn Tagen gelangten etwa 80.000 bis 100.000 Barrel Rohöl in den Santa-Barbara-Kanal und auf die örtlichen Strände. Rund 3500 Seevögel und zahlreiche Säugetiere starben.

Müller legt überzeugend dar, dass Nixon kein leidenschaftlicher Umweltschützer gewesen sei, sondern erkannt habe, dass die von ihm beschworene "schweigende Mehrheit" der weißen Amerikaner von ihm eine Mischung aus einem starken Staat, wirtschaftlicher Freiheit und weißer Identitätspolitik erhoffte.

Die Umweltpolitik, bei der der Staat sich als handlungsfähig erweisen konnte, sei somit ein Gewinnerthema und ein "Glücksfall" für ihn gewesen. Gleichzeitig gewann die Umweltschutzbewegung mit den neuen sozialen Bewegungen Zulauf - kulturell war sie zunehmend mit dem Teil der Bevölkerung assoziiert, der die Bürgerrechtsbewegung unterstützte. Die Umweltpolitik wurde so immer mehr zu einem Feindbild rechter Republikaner, die auf der Suche nach neuen strategischen Allianzen waren. Im Kampf gegen staatliche Umweltschutzeingriffe fanden sie eine Art strategisches Scharnier.

Die große Stärke des Buches von Müller sind die Fallstudien, die diese historische Erzählung ergänzen. Die Autorin stützt sich auf Originalquellen, die zum Teil noch nie wissenschaftlich ausgewertet wurden, reiste für ihr Projekt zu zahlreichen amerikanischen Archiven und Schauplätzen des Kampfes um den Umweltschutz. Anhand des politischen Werdegangs von Dixy Lee Ray zeigt sie etwa, dass die politischen Fronten nicht immer so klar waren wie heute. Ray war 1977 die erste Frau, die Gouverneurin des Westküstenstaates Washington wurde, einer Region, in der manche Menschen intensiv für den Schutz der Wälder kämpften, während andere vor allem die Rechte von Holzfällern, Jägern und Holzunternehmern zu schützen versuchten.

Die Biologin Ray trat für die Demokraten an, hatte jedoch bereits in der Atomenergiekommission von Nixons Regierung gesessen und war eine leidenschaftliche Befürworterin der Kernenergie. Ray wurde zu einer bekannten Gegnerin der Umweltbewegung, schrieb mehrere Bücher, darunter "Environmental Overkill", machte 1984 Wahlkampf für die Republikaner und wurde von Greenpeace einmal als gefährlichste Gegnerin bezeichnet. In Rays Engagement macht Müller viele Argumentationen aus, die typisch für die Rechte seien: Staatliches Handeln sah sie als Gängelung an, und das "Nicht-Gehört-werden" nach dem Scheitern der Wiederwahl zur Gouverneurin sei Ray zu einer politischen Handlungsmotivation geworden.

Einen großen Teil der Studie von Müller nimmt auch der Widerstand gegen den Klimaschutz ein. Ähnlich wie das Thema Schwangerschaftsabbrüche war die Erderwärmung nicht immer zentral für die amerikanische Rechte, sondern erwies sich erst im Laufe der Zeit als besonders geeignet zur Wählermobilisierung. Müller zeigt, wie gut finanzierte Lobbyorganisationen etwa der Kohleindustrie es schafften, wissenschaftliche Erkenntnisse in Zweifel und die Republikaner im Kongress auf ihre Seite zu ziehen. Nicht nur rechte Medien wie Fox News hätten dafür gesorgt, dass Klimawandelleugner eine immer breitere Lobby bekamen - auch die seriösen bürgerlichen Medien hätten dazu beigetragen, dass viele Bürger glaubten, es gäbe über die Existenz des Klimawandels einen seriösen wissenschaftlichen Konflikt.

Es gelingt nicht immer, aus einer historischen Dissertation ein spannendes Buch zu machen. Müller erzählt ihren Stoff lebendig und mit vielen Bezügen zur Gegenwart. Wie es beim Umweltschutz weitergeht, hängt wieder einmal vom Wahlausgang ab: Präsident Joe Biden bekommt bislang gemischte Kritiken für seine Umwelt- und Klimapolitik, Donald Trump würde vermutlich dort weitermachen, wo er 2021 aufgehört hat. FRAUKE STEFFENS

Ella Müller: "Die amerikanische Rechte und der Umweltschutz". Geschichte einer Radikalisierung.

Hamburger Edition, Hamburg 2023. 368 S., geb., 40,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gut informiert über die Radikalisierung der Republikanischen Partei in Umweltschutzfragen fühlt sich Rezensent Matthias Kolb nach der Lektüre von Ella Müllers Buch. Die von der Heinrich-Böll-Stiftung angestellte Historikerin zeichnet darin nach, erfahren wir, wie die Partei, die einst Umweltbehörden gründete, und Umweltschutz als Teil konservativer Identitätspolitik verstand, sich mehr und mehr gegen den wissenschaftlichen Konsens zum Thema wendete. Einzelne Akteure, die dabei mithalfen, werden laut Kolb vorgestellt, wie etwa Dixy Lee Ray, die von einer umweltschützenden Demokratin zu einer Vorkämpferin gegen Klimaaktivismus wurde. Auch Ronald Reagans Hinwendung zur Fossilindustrie wird beschrieben, lernen wir, sowie Episoden, die nachzeichnen, wie das Thema zu einem von mehreren Feldern eines Kulturkampfes wurde. Außerdem stellt Müller, so Kolb, dar, wie in den letzten Jahrzehnten die Berichterstattung von Medien wie Fox News, aber auch der New York Times, den Klimawandelleugnern Auftrieb verschaffte. Besserung ist auf republikanischer Seite derzeit nicht in Sicht, bilanziert Kolb mit Müller.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Die große Stärke des Buches von Müller sind die Fallstudien, die diese historische Erzählung ergänzen. [...] Müller erzählt ihren Stoff lebendig und mit vielen Bezügen zur Gegenwart.« FAZ

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.03.2024

Kulturkampf
mit Klimawandel
Ella Müller erklärt eindrucksvoll, wie die Republikaner
über die Jahrzehnte von pragmatischen Anhängern
des Umweltschutzes zu radikalen Gegnern wurden.
VON MATTHIAS KOLB
Der Vorwahlkampf läuft noch, doch in Washington arbeiten konservative Expertinnen und Angehörige der ersten Trump-Regierung schon am Programm für die zweite Amtszeit des Republikaners. „Project 2025“ heißt das Vorhaben. In der Klimapolitik wollen die Trumpisten nicht nur Dutzende Auflagen für Industrien lockern, sondern auch Behörden und wissenschaftliche Einrichtungen abschaffen.
Laut Politico könnte etwa die Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA und der Nationale Wetterdienst aufgelöst werden. Der Grund: Die NOAA sei ein wichtiger Treiber der „climate change alarm industry“. Mit der Unterstellung, Warnungen vor den Folgen des Klimawandels seien ein Geschäftsmodell, steht Trump keineswegs allein da. Dies zeigte sich im August 2023 in der ersten TV-Debatte der Präsidentschaftsbewerber der Republikaner bei Fox News. Als die Moderatoren fragten, wer daran glaube, dass die Menschen für die Klimakrise verantwortlich seien, ging keine Hand nach oben.
Folgerichtig konstatiert Ella Müller in ihrem hervorragenden Sachbuch „Die amerikanische Rechte und der Umweltschutz“, dass die USA die einzige westliche Demokratie ist, „in der weite Teile der konservativen Volkspartei den Klimawandel leugnen“. Basierend auf ihrer Doktorarbeit schildert die Historikerin, die in Washington für die Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet, die „Geschichte einer Radikalisierung“ und zeigt, dass diese Entwicklung mit potenziell dramatischen Folgen für den Rest der Welt kein Selbstläufer war.
So war es mit Richard Nixon, ein Republikaner, der 1970 im Weißen Haus jenes Gesetz unterschrieb, das die mächtige Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) ins Leben rief und durch das Umweltverträglichkeitsprüfungen verpflichtend wurden. Damals galt Umweltschutz als „Thema der Stunde“ und „Glücksfall“, mit dem Nixon seine Handlungsfähigkeit beweisen wollte. Eine Ölpest im kalifornischen Santa Barbara wühlte damals das Land auf, 3500 Seevögel verendeten und Strände wurden verschmutzt.
Souverän beschreibt Müller, wie sich in den Sechzigerjahren die Umweltbewegung infolge der Bürgerrechtsbewegung neu formierte. Nixon und seine Berater glaubten, die „schweigende Mehrheit“ der weißen Amerikaner wünsche sich „einen schützenden Staat, der die Dynamiken der kapitalistischen Marktwirtschaft“ einhegt, und eine konservative Identitätspolitik – und dazu passte damals Umweltschutz. Spannend wird das Buch durch Fallbeispiele und Porträts, etwa von Dixy Lee Ray. Sie besuchte 1992 die erste UN-Umweltkonferenz in Brasilien und warnte danach die Abonnenten eines konservativen Newsletters ( noch per Post versandt), dass die Sorge um die Ökologie nur „ein trojanisches Pferd sei, mit dessen Hilfe eine sozialistische Agenda umgesetzt“ werden sollte.
Dabei hatte die Naturwissenschaftlerin noch Ende der Sechzigerjahre das Ende der fossilen Energiegewinnung gefordert. Weil sie sich jahrelang für Atomenergie einsetzte, da diese kaum Emissionen verursache, wurde sie aber von Umweltaktivisten angegriffen. Dennoch wurde die Demokratin 1977 als erste Frau Gouverneurin des Westküstenstaats Washington. Dort tobte ein Kampf zwischen Holzfällern und Umweltschützern, die den Urwald retten wollten. Ray wollte vor allem die Jobs bewahren, was weitere persönliche Attacken nach sich zog. Weil sie sich von der Umweltbewegung ignoriert, belehrt und nicht gehört fühlte, griff sie diese bis zu ihrem Tod an und wurde zur Kronzeugin des anti-environmentalism.
Diese Anti-Umweltbewegung setzte alles daran, Ökologie als Lebensstil von reichen Städtern, die mit dem echten Amerika nichts zu tun haben, darzustellen. Unterstützt wurde sie auch von Ronald Reagan, der seine Regierung mit Leuten aus der Fossilwirtschaft füllte und 1981 nach seinem Einzug ins Weiße Haus von dessen Dach die Solaranlagen entfernte, die Jimmy Carter hatte anbringen lassen. Trotz allem unterschrieb Reagan 1987 das Montreal-Protokoll zum Verbot von FCKW und dem Kampf gegen das Ozonloch.
Aufschlussreich ist die Auseinandersetzung um den Schutz des Fleckenkauzes, der northern spotted owl, an der US-Westküste. Die großen Firmen der Holzindustrie, big timber genannt, stilisieren die Frage zum Konflikt „zwischen weißer Landbevölkerung und umweltbewussten Stadtmenschen“. Der Streit wurde 1991 sogar in einer Folge der „Simpsons“ verewigt: Ein „Big-timber-Lobbyist“ übergibt im Morgengrauen dem Chef der Forstverwaltung einen Geldkoffer. Müller belegt den Einsatz der heute gut bekannten Tricks: Mit Auftragsstudien wurden der wissenschaftliche Konsens angezweifelt und die ökonomischen Folgen dramatisiert. Zugleich war von einem „War on the West“ die Rede: Bürokraten wollten den Lebensstil der Menschen in Oregon und Washington zerstören. Der Kulturkampf um Klima und Natur, er hat hier seine Anfänge.
Die „Ökoschlacht“ endete Anfang der Neunzigerjahre mit einem Kompromiss. Im Weißen Haus saßen nun mit Bill Clinton und Al Gore new democrats. Sie warben für Pragmatismus, zeigten Verständnis für beide Seiten und wurden als Vermittler akzeptiert. Dies wäre heutzutage undenkbar, doch damals polarisierte das Thema weniger: 1990 forderten in Umfragen 70 Prozent der US-Bürgerinnen und Bürger mehr Umweltschutz.
Gekonnt erklärt Ella Müller die allumfassende Radikalisierung der Republikaner am Beispiel der Umweltpolitik. Sie analysiert den Einfluss von Politikern wie Newt Gingrich oder Aktivistinnen wie Phyllis Schlafly. Die Juristin kämpfte schon in den Siebzigern gegen weitgehende Rechte der Bundesregierung: Die Staaten sollten mehr entscheiden dürfen. Die Radikalchristin war überzeugt, dass Frauen im patriarchalischen System privilegiert seien, und bekämpfte vor allem das Recht auf Abtreibung – was vor 50 Jahren viele Priester und Gläubige befürworteten. Bei der Dämonisierung der Umweltbewegung machte Schlafly trotzdem gern mit, weshalb Müller schlussfolgert: „Die Pro-Life-Kampagne, die heute als Markenkern der Christian Right gilt, ist ein jüngeres Phänomen, das sich die konservative Bewegung in den USA ähnlich wie den Widerstand gegen Umweltschutz erst aneignen musste.“
Präzise beschreibt die Autorin die Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre. Jahrelang wurden in Leitmedien wie New York Times oder Washington Post von der Industrie bezahlte Forscher zitiert, die den wissenschaftlichen Konsens über die Klimakrise anzweifelten. Müller referiert Studien, wonach in der Berichterstattung von Fox News zum Klimawandel lange „Verleumdung, Hohn und Ignoranz“ dominierten. Der Aufstieg der Tea Party, die Dämonisierung von Obama und die Weigerung der Republikaner, mit dem ersten schwarzen Präsidenten zusammenzuarbeiten, führten dazu, dass Umweltpolitik als reines Demokraten-Thema gesehen wurde.
Joe Bidens Klimaschutzprogramm „Inflation Reduction Act“ lobt Müller: Die transformative Wirkung sei groß und die Dekarbonisierung der Industrie finde vor allem im konservativen Süden statt. Nüchtern referiert sie viele Umfragen, die zeigen, dass die Anti-Umweltschutz-Position der Republikaner ein absolutes Minderheitenprojekt ist. Doch leider traut die konservative Elite weiter nicht wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern glaubt an eine „linke Übermacht“, deren Opfer sie sei. Die Konsequenzen dieses Kulturkampfs bekommen schon jetzt alle zu spüren.
Nach und nach gelang es,
das Thema „weltfremden“
Städtern zuzuordnen
Umweltschutz nach Washingtoner Art: Rauch eines Kohlekraftwerkes vor der Kulisse des Kapitols; Foto von 2014.
Foto: Jim Lo Scalzo / dpa
Ella Müller:
Die amerikanische Rechte und der Umweltschutz.
Geschichte einer Radikalisierung. Hamburger
Edition, Hamburg 2023.
368 Seiten, 40 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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