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Die Neue Sachlichkeit ist eine Kunstrichtung, die im Deutschland der Weimarer Republik alle Bereiche der Kunst erfasste und prägte. Der Krieg war vorbei und die Utopie des Neuen Menschen hatte man auf den Schlachtfeldern niedergemetzelt. Auf millionenfachen Tod folgten tief greifende politische und soziale Erschütterungen und es blieb weder Raum für expressionistische Nabelschau noch für einen Konstruktivismus, der dem Traum der Bauhäusler vom Miteinander von Kunst und Leben folgen konnte. Otto Dix, einer der bedeutendsten Künstler dieser Epoche, bemerkt: „Kunst machten die Expressionisten…mehr

Produktbeschreibung
Die Neue Sachlichkeit ist eine Kunstrichtung, die im Deutschland der Weimarer Republik alle Bereiche der Kunst erfasste und prägte. Der Krieg war vorbei und die Utopie des Neuen Menschen hatte man auf den Schlachtfeldern niedergemetzelt. Auf millionenfachen Tod folgten tief greifende politische und soziale Erschütterungen und es blieb weder Raum für expressionistische Nabelschau noch für einen Konstruktivismus, der dem Traum der Bauhäusler vom Miteinander von Kunst und Leben folgen konnte. Otto Dix, einer der bedeutendsten Künstler dieser Epoche, bemerkt: „Kunst machten die Expressionisten genug. Wir wollten die Dinge ganz nackt, klar sehen, beinahe ohne Kunst.“ Es brodelte überall, wechselnde Ideen hatten Konjunktur und viele Künstler durchforschten die Misere mit kühlem Blick und fanden eine Wirklichkeit, die allen Erwartungen widersprach und das Zeug zu einer Komödie hatte. Dix war deren Zeremonienmeister, keiner sonst malte Gier und Lust so deutlich und bunt. Der neue Realismus, den Gustav Friedrich Hartlaub 1925 erstmals in einer Ausstellung vorstellt, sucht nach Halt, nach einer neuen Statik, die „wirklicher als das Leben ist“ (Max Beckmann) und die divergierenden Kräfte einer unüberschaubar gewordenen Welt zu fassen versuchte. Viele der Bilder waren provokant und zeugen noch heute von einer geistigen Verfasstheit, die, mit dem Rücken zur Wand, aggressiv auf die Gesellschaft zielte. „Ich zeichnete und malte […] und versuchte durch meine Arbeiten diese Welt davon zu überzeugen, dass sie hässlich, krank und verlogen ist“ schreibt beispielsweise George Grosz im Jahre 1925. Auf seinen Bildern tummelt sich denn auch eine schillernde Gemeinde: Fabrikanten, Kriegsgewinnler, Huren und Verbrecher. Grosz und Dix, mehr noch Otto Griebel, Curt Querner oder Otto Nagel entdecken die Hässlichkeit der Herrschenden und neigen zur Idealisierung der Gegenseite. Neben einer politisch orientierten veristischen Fraktion, gab es innerhalb dessen, was wir heute als Neue Sachlichkeit zusammenfassen, die Klassizisten und die Magischen Realisten, deren bekanntester Vertreter Franz Radziwill ist. Die Klassizisten waren deutlich weniger an politischen Inhalten interessiert und malten an einer akademisch geprägten Idylle. Die wichtigsten Vertreter waren Georg Schrimpf und Alexander Kanoldt. Es war bereits Hartlaub, der die Künstler der Neuen Sachlichkeit in Veristen und Klassizisten unterschied. Der Begriff des Magischen Realismus wurde erst später von Franz Roh eingeführt. Die Neue Sachlichkeit wird gemeinhin mit der Weimarer Republik identifiziert: 1918 bis 1933. Die Epoche begann unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg mit der Hinwendung vieler Künstler zu sozialkritischen Bildthemen und endete 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der nachfolgenden Gleichschaltung der Medien. Die Liste der zugehörigen Künstler schwankt schon deshalb erheblich, da sich die Werke vieler Künstler antizyklisch entwickeln und stilistischen wie inhaltlichen Veränderungen unterworfen sind. Das betrifft nicht nur Otto Dix, sondern auch Künstler wie Hans und Lea Grundig, Wilhelm Lachnit, Hainz Hamisch oder die weniger bekannte Gussy Hippold-Ahnert, die sich später im Osten Deutschlands gegen die Vormundschaft des sozialistischen Realismus behaupten mussten. Als der Jenaer Kunstverein vom 16. Mai bis 13. Juni 1926 die Ausstellung „Die neue Sachlichkeit“ im Prinzessinenschlößchen zeigt, liegt die von Hartlaub in Mannheim organisierte Ausstellung erst wenige Monate zurück. Dass es überhaupt gelang, eine der bedeutendsten Ausstellungen der Weimarer Republik kurz darauf in Jena zeigen zu können, spricht für den früheren Jenaer Kunstvereins und den Weitblick Walter Dexels, der zu dieser Zeit das Programm organisierte. Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung war in der Jenaischen Zeitung vom 22. Mai 1926 die treffende Bemerkung zu lesen: „Die Neue Sachlichkeit ist in jeder Hinsicht eine Reaktionserscheinung des sich selbst überlebten Expressionismus, aber wie jede Reaktion enger mit dem Bekämpften verknüpft, als sie selber ahnt.“ Ein anderer Rezensent schrieb: „Sicherlich ist das sehende Auge überrascht […] hier wieder fest umrissene Konturen, sichtlich Greifbares zu erblicken. Alle Bilder dieser Richtung besitzen einen ungemein sympathisch herben Zug, der aber ebenso wie die Form und bis in den letzten Farbton hinein eine starke Abhängigkeit von den frühen Quatrocentisten verrät.“ Die aktuelle Ausstellung fügt sich thematisch der 1926 in Jena gezeigten Ausstellung an, unternimmt jedoch nicht den Versuch einer Rekonstruktion. Ausgestellt sind 150 Werke von 50 Künstlern, die uns aus mehr als 20 öffentlichen und privaten Sammlungen zur Verfügung gestellt werden. Neben singulären Werken international bekannter Künstler, über deren Arbeit Inhalt und Form der Neuen Sachlichkeit definiert werden, widmet sich die Ausstellung bewusst auch jenen Künstlern, die in Mitteldeutschland arbeiteten oder künstlerisch geprägt wurden. Der Katalog zur Ausstellung enthält Abbildungen aller ausgestellten Werke.