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Die Liebe zur Kunst - die Kunst des Liebens
Im Zentrum des Romans steht ein Bild, kaum größer als ein Bogen Papier: Pieter Bruegels "Zwei Affen", gemalt 1562. Martin Holm, ein Geschäftsmann aus Amsterdam, fliegt 1976 nach Berlin, um das Gemälde zu sehen. Im Museumssaal trifft der Mittvierziger auf die Malerin Lore. Sie kopiert die "Zwei Affen" einmal im Jahr, befragt das Bild wie ein Orakel. Auch für Martin Holm wurde das Gemälde einst zum Spiegel seines Lebens, als es 1945 seinen Fluchtinstinkt schärfte. Sechzehnjährig leistete er im Thüringer Salzbergwerk Kaiseroda seinen Dienst fürs…mehr

Produktbeschreibung
Die Liebe zur Kunst - die Kunst des Liebens

Im Zentrum des Romans steht ein Bild, kaum größer als ein Bogen Papier: Pieter Bruegels "Zwei Affen", gemalt 1562. Martin Holm, ein Geschäftsmann aus Amsterdam, fliegt 1976 nach Berlin, um das Gemälde zu sehen. Im Museumssaal trifft der Mittvierziger auf die Malerin Lore. Sie kopiert die "Zwei Affen" einmal im Jahr, befragt das Bild wie ein Orakel. Auch für Martin Holm wurde das Gemälde einst zum Spiegel seines Lebens, als es 1945 seinen Fluchtinstinkt schärfte. Sechzehnjährig leistete er im Thüringer Salzbergwerk Kaiseroda seinen Dienst fürs Vaterland und bunkerte von der SS aus Berlin angekarrte Kisten voll Goldbarren, Platin, Silber und Gemälden im bombensicheren Schacht ein. Ein halbes Leben später hat er nur noch einen Wunsch: Die "Zwei Affen" zu besitzen. Und als Lore ihn in Amsterdam besucht, bahnt sich nicht nur eine rätselhafte Liebesaffäre an, sondern auch eine vertrackte Kriminalgeschichte, die in Zürich, Edinburgh und Amsterdam spielt und deren Irrungen und Wirrungen 2006 in Berlin, wo alles begonnen hat, ein überraschendes Ende finden.
In einer wunderbar sinnlichen, genauen Sprache erzählt Silvio Blatter ebenso eindringlich vom Wesen der Malerei wie von dem der Liebe. Ein großer Roman um Tausch und Täuschung, um Freiheit und beklemmende Enge, um Leidenschaft und Verbrechen.
Autorenporträt
Silvio Blatter, geboren 1946, ist Schriftsteller, Maler und Kolumnist. Er veröffentlichte zahlreiche Romane. Für seine Bücher erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Der Autor lebt heute in Zürich und München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2009

Die große Liebe und kleine Tiere in Ketten gelegt

Verwechslungsspiel: In Silvio Blatters Satire auf die Kunstwelt ringen ein Sicherheitsexperte und eine Kopistin so verzweifelt um zwei Äffchen wie um die Leidenschaft.

Ein Mann, eine Frau, zwei Affen und viel unerfüllte Liebe - das sind die Zutaten, aus denen Silvio Blatter seinen Roman zusammensetzt. Martin und Lene, die eine komplizierte Geschichte verbindet, sind Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts; die beiden Affen hingegen, denen ihr heftiges Begehren gilt, stammen aus dem Jahr 1562, und zwar aus einem kleinen Gemälde von Pieter Brueghel. Es zeigt, wie auf dem hinteren Vorsatzblatt des Buches zu sehen, zwei kleine, traurige Meerkatzen, nebeneinander angekettet in einer Fensternische. Im Hintergrund ahnt man Stadt, Fluss und Meer; die beiden Äffchen aber scheinen in ihrer Gefangenschaft resigniert zu haben. Stellen die Tiere die sündenverfallenen Seelen der Menschen dar, spiegeln sie die existentielle Gefangenschaft des Individuums, verkörpern sie womöglich das Bild einer Ehehölle? Deutungen gibt es viele, und Silvio Blatter wird nicht müde, seine Romanfiguren über das Bild sinnieren zu lassen.

Denn Martin wie Lene sind Brueghels Bild jeweils früh begegnet, und beide sind ihr Leben lang von den beiden Affen nicht mehr losgekommen. Martin war sechzehn, als er im Mai 1945 in einem thüringischen Bergwerk unter lauter versteckten Kunstwerken aus Berliner Museen auf Brueghels Äffchen stieß. Blatter hat seinen literarischen Phantasien über dieses frühe Kunsterlebnis offenkundig gewissenhafte Recherchen zugrunde gelegt, denn die äußeren Koordinaten des Geschehens stimmen mit den Vorgängen um die reale Grube Merkers in der Nähe Eisenachs überein, in der in den letzten Kriegstagen deutsche Kunstschätze versteckt wurden. Dennoch wird man Blatters Roman kaum als zeithistorischen Kommentar lesen, viel zu groß ist seine Freude an abenteuerlichen Zuspitzungen.

Blatters junger Held Martin widersteht nicht nur heldenmütig der Versuchung, Brueghels Gemälde zu stehlen, er rettet dazu auch noch einem belgischen Zwangsarbeiter das Leben, der ein Verhältnis mit seiner Mutter hat - erotische Verwicklungen geben, wie wir spätestens seit Bernhard Schlink wissen, Romanen mit NS-Hintergrund offenbar die nötige Pikanterie. Martins Mutter war nämlich nicht nur treue Ehefrau, sondern auch ebenso treue Parteigenossin, bis die belgischen Umarmungen sie zur doppelten Untreue an Staat und Ehemann verführt haben. Dass der gerettete Belgier später Martins Geschäftspartner wird und dem jungen Mann in Amsterdam zu einer Karriere als Schlüssel- und Sicherheitsexperte verhilft, fügt sich in die Kolportagelogik des Buches.

Nun aber kommt Lene ins Spiel, eine ehrgeizige Malerin aus der Schweiz. Sie ist siebzehn Jahre jünger als der deutsch-niederländische Schlüsselfachmann, und auch sie hat früh Brueghels Affen kennengelernt, allerdings unter viel undramatischeren Umständen, auf den Steinen eines Puzzles nämlich. Aber auch das frühe Geduldsspiel hat nachhaltige Wirkungen gezeitigt, denn als erwachsene Frau hat Lene nur den einen Wunsch, Brueghels Affen so perfekt wie möglich zu kopieren.

Die künstlerische Affenliebe führt die beiden so unterschiedlichen Menschen zusammen. Und da Lene nicht nur eine begabte, sondern auch fleißige Kopistin ist, stellt sie gleich zwei Repliken des Bildes her. Die erste ist eine eher spielerische Talentprobe, die zweite der ehrgeizige Versuch, das alte Bild so perfekt wie möglich nachzuahmen, mit originalen Farben auf einem jahrhundertealten Holzbrett gemalt.

Silvio Blatter hat sich in den vergangenen Jahren intensiv der Malerei gewidmet, und so schildert er nun ausführlich unterschiedliche Malweisen, Pinselstriche und Farbwirkungen. Dieses Expertenwissen bildet freilich nur die gelehrte Grundierung für den bunten Bilderbogen, der sich auf der Handlungsebene entfaltet. Denn neben der unausweichlichen Liebesgeschichte zwischen Martin und Lene entspinnt sich zugleich ein vielschichtiges Verwechslungsspiel um Brueghels Bild. Nicht zufällig ist Martin ein Experte für Schließsysteme, und so gelingt es ihm tatsächlich, das Original unbemerkt gegen eine von Lenes Kopien auszutauschen.

Ein perfekter Kunstraub, wie es scheint, den niemand außer der Kopistin aufdecken kann. Das bietet ausreichend Stoff für eine hübsche Satire auf die Kunstwelt und ihre Urteile, und doch vermag die Gesamtkomposition des Romans nicht zu überzeugen. Zu sehr konzentriert sich Blatter auf die unwahrscheinlichen Verwicklungen des mehrfachen Gemäldetauschs und versucht zugleich, Martin und Lene als komplexe Charaktere erstehen zu lassen. Das gelingt ihm nur zum Teil, gerade Martin agiert oft so schablonenhaft, dass man einen Beispielfall aus dem Psychologielehrbuch vor sich zu haben glaubt. Vor allem aber fällt es Blatter schwer, eine angemessene Sprache für seine Geschichte zu finden. Mitunter schreckt der Erzähler nicht vor sentimentalen Phrasen zurück - beim Anblick von Lenes leerer Staffelei befällt Martin tatsächlich "unsägliche Wehmut", so als gehöre er zu den Anhängern der frühromantischen Kunstreligion, wie sie im frühen neunzehnten Jahrhundert auf literarische Wanderschaft geschickt wurden. Dann wieder liebt Blatter den derben Jargon, etwa wenn es von Lores Mutter heißt, die alte Dame sei "vormals eine taube Nuss" gewesen, Lore selbst aber noch immer "ein ganz schön harter Knochen".

Die Stilbrüche sind leider Symptom, schwankt der gesamte Roman doch zwischen Sentimentalität, überzogener Symbolik und derbem Alltagsrealismus. Das zeigt sich besonders deutlich am forcierten Schluss des Romans, als Brueghels Bild in die Hände von kriminellen Teenagern unserer Tage gelangt, bevor es abermals in die Erde versenkt wird, eingeschlossen in eine "Zeitkapsel" als mahnende Erinnerung an die Verletzlichkeit unserer Umwelt. So werden die zwei Äffchen am Ende sogar zu Propheten im Dienste des Klimaschutzes. Brueghels Meisterstück wird auch diese Aneignung überdauern.

SABINE DOERING

Silvio Blatter: "Zwei Affen". Roman. Du Mont Buchverlag, Köln 2008. 352 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz schön strapaziert erscheint unsere Rezensent nach der Lektüre von Silvio Blatters Liebesroman um zwei Menschen und zwei Äffchen und ein Bild von Pieter Brueghel. Trotz aller Recherchegenauigkeit gelingt es dem Text nicht, Sabine Doering in seinen Bann zu ziehen. Was für Doering schon nicht als zeithistorischer Kommentar taugt, gerät nach ihrer Meinung dank seiner "Kolportagelogik" zu einem bunten Bilderbogen. Blatters Verwechslungsspiel um das Brueghel-Bild bietet Doering zwar satirisches Minutenglück. Insgesamt jedoch überzeugt sie der Roman nicht. Den "unwahrscheinlichen" Verwicklungen der Geschichte, bedauert Doering, begegnet der Autor auf sprachlicher Ebene ohne Konsequenz und kann sich "zwischen Sentimentalität, überzogener Symbolik und derbem Alltagsrealismus" nicht entscheiden.

© Perlentaucher Medien GmbH