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Solange sie streng nach seinen Regeln lebten, so versprach Gott den Israeliten am Berg Sinai, werde er sie schützen. Nicht nur durch ihren Glauben sollten sie sich von anderen unterscheiden; auch ihre Feiertage und ihre Rechtsordnung, ihre Kleidung und ihre Speisegesetze sollten aller Welt kundtun, dass Gott sie zu seinem »heiligen Volk« auserwählt hatte. Dennoch wurden die Juden vor 2000 Jahren aus ihrem »Heiligen Land« vertrieben und mussten in alle Welt zerstreut in der Fremde leben. Viele ließen sich in deutschen Fürstentümern nieder. Die Dienste der weltgewandten unter ihnen wussten…mehr

Produktbeschreibung
Solange sie streng nach seinen Regeln lebten, so versprach Gott den Israeliten am Berg Sinai, werde er sie schützen. Nicht nur durch ihren Glauben sollten sie sich von anderen unterscheiden; auch ihre Feiertage und ihre Rechtsordnung, ihre Kleidung und ihre Speisegesetze sollten aller Welt kundtun, dass Gott sie zu seinem »heiligen Volk« auserwählt hatte. Dennoch wurden die Juden vor 2000 Jahren aus ihrem »Heiligen Land« vertrieben und mussten in alle Welt zerstreut in der Fremde leben. Viele ließen sich in deutschen Fürstentümern nieder. Die Dienste der weltgewandten unter ihnen wussten Könige und Fürsten zu nutzen, ihre »Hofjuden« schützten sie. Alle anderen aber waren rechtlos und galten als andersartige »Fremde«. Sie selbst wollten gläubige Juden und gleichberechtigte Deutsche sein, und doch erwies sich dies als ein Spagat, so der Dichter Heinrich Heine, durch den das eigene Herz »mitten entzweigerissen« wird.
Autorenporträt
Ingke Brodersen hat viele Jahre für den Rowohlt Verlag gearbeitet und den Verlag Rowohlt Berlin geleitet. Heute arbeitet sie frei, betreut aber immer noch Autoren und Buchprojekte für verschiedene Verlage und arbeitet für die Zeitschrift Kafka. Ihr Sohn Paul ist 1987 geboren, ihre Tochter Hannah 1989.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.03.2007

Bevor alles vergessen wird
Eine informative Geschichte des deutschen Judentums
Kinder- und Jugenbücher wie „Moses Pipenbrinks Abenteuer” oder „Die goldene Menorah” gehörten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in jeden guten jüdischen Haushalt. Sie sollten den Heranwachsenden ihre eigene Geschichte, Religion und Kultur vermitteln, von der ihre Eltern sich oft schon weit entfernt hatten. Es waren zumeist jüdische Verlage, die ihre zukünftigen Leser wieder mit jüdischer Identität, sei sie orthodox, liberal oder zionistisch, auszustatten versuchten.
Am Anfang des 21. Jahrhunderts erscheint in der Sparte Jugendbuch wieder eine ganze Reihe von Titeln zum Judentum. Diese richten sich nicht an Leser aus der mittlerweile wieder etwas angewachsenen jüdischen Gemeinschaft, die es leider seit 1945 nicht geschafft hat, auch nur halbwegs taugliches Lehrmaterial für die heranwachsenden Generationen zu erzeugen. Vielmehr haben heute in der Regel weder Autoren noch Leser dieser Bücher einen jüdischen Hintergrund. Es geht also um die Vermittlung einer Geschichte, die das Zielpublikum zumeist nur mit den Stichworten Holocaust und Israel in Verbindung bringt.
Der Titel „Zerrissene Herzen” wie auch das Umschlagbild mit einer zerstörten Synagoge lassen zwar die tragische Dimension der deutsch-jüdischen Geschichte in den Vordergrund rücken, doch gelingt es dem Buch, zu dem gängigen Schlagwortwissen über jüdische Geschichte spannende und oftmals überraschende Kontrapunkte zu setzen. Nach einer kurzen Einführung in die Anfänge des Judentums ziehen die Autoren einen weiten Bogen, der von der Blüte jüdischer Gemeinden im mittelalterlichen Rheinland über die Aufklärungszeit und ihre Emanzipationsdebatten bis hin zur Rückkehr jüdischen Lebens ins heutige Deutschland reicht.
Die Charakterisierung jüdischer Gelehrsamkeit im Mittelalter wird dabei ebenso wenig ausgeklammert wie die Problematik der Hofjuden oder der Beginn des Zionismus. Die Leser erfahren etwas über Moses Mendelssohn, Theodor Herzl und Albert Einstein. Wichtiger noch sind die gelungenen Ausflüge in entlegenere Gefilde, wenn etwa erklärt wird, was die „Viehverstellung” war, mit der jüdischen Viehhändlern und christlichen Bauern die Existenz erleichtert wurde oder wie sich unterschiedliche religiöse Strömungen im deutschen Judentum des 19. Jahrhunderts herausbildeten.
Die Texte sind anspruchsvoll, aber wer sich auf ihre Lektüre einlässt, wird mit einem umfassenden Einblick in die Welt des deutschen Judentums belohnt. Man merkt den Autoren solcher Bücher wie „Der Kanzler wohnt im Swimmingpool” oder „Ein Land, genannt die DDR” die Erfahrung im Umgang mit schwierigen historischen und politischen Themen an. Klaus Ensikats Illustrationen sind nicht nur künstlerisch wertvolle Beigaben, sondern lassen jede Originalvorlage vergessen, wenngleich man sich bei manchen Porträts fragt, aus welchen Vorbildern die übermächtigen Nasen stammen. Wer diese Lektüre gemeistert hat, weiß mehr als die Leser manch üblicher Einführungen ins Judentum.
Zukunft der Bildung
Gerade deshalb ist es schade, dass zahlreiche kleine Fehler nicht durch eine fachmännische Durchsicht verhindert wurden. Ob nun der Cheder zum Chedar wird, Maimon zu Maiman, Jecheskel Landau zu Jescheskel, Samson Raphael Hirsch zu Samuel Raphael Hirsch oder der Breslauer Rabbiner Tiktin zu Titkin, mag den meisten Lesern nicht auffallen, da eben jenes Publikum ausgestorben ist, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts diese Art von Literatur verschlang. Bedauernswert ist es trotzdem, und zu vermeiden allemal.
Den Zentralrat der Juden in Deutschland sollte man nicht mit der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden verwechseln, den Adressaten der Balfour-Deklaration nicht mit dem „Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Großbritannien”, und ein Hinweis darauf, dass der „deutsche Jude” Karl Marx schon als Kind christlich getauft wurde, hätte auch nicht geschadet. Manche hebräische Begriffe und historische Einordnungen wären zu korrigieren. Auch haben sich jüdische Kritiker von Hannah Arendts „Eichmann in Jerusalem” weniger an deren Theorie von der „Banalität des Bösen” gestoßen als an ihrer Kritik angeblicher Kollaboration führender jüdischer Repräsentanten.
Es wäre der lesenswerten Schrift zu wünschen, dass sie eine zweite Auflage erlebt, in der auch junge Leser bis ins Detail hinein mit korrekten Informationen versorgt werden. Noch schöner wäre es, wenn die zunehmende Literatur zum Judentum in deutscher Sprache in bescheidenem Maße auch jene versorgen würde, die heute selbst die Zukunft der jüdischen Gemeinden bilden und mit den Wurzeln ihrer eigenen Geschichte oftmals genau so wenig vertraut sind wie ihre nichtjüdischen Altersgenossen. Es obliegt den für ihre Erziehung Verantwortlichen in den jüdischen Gemeinden, eine Brücke zu schlagen zu jener reichen jüdischen Kinder- und Jugendbuchliteratur des vorigen Jahrhunderts, die auch den Weg in die Zukunft jüdischer Bildung weisen könnten. Ansonsten wird man in Büchern zu den Juden in Deutschland bald nur noch über die Vergangenheit sprechen können. MICHAEL BRENNER
INGKE BRODERSEN, RÜDIGER DAMMANN: Zerrissene Herzen. Die Geschichte der Juden in Deutschland. Fischer Verlag, Frankfurt am Main. 231 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erfreut zeigt sich Michael Brenner über diese Geschichte des deutschen Judentums, die Ingke Brodersen und Rüdiger Damman vorgelegt haben. Er bescheinigt den Autoren, "spannende und oftmals überraschende Kontrapunkte" zum "gängigen Schlagwortwissen über jüdische Geschichte" zu setzen. Die Texte des Bands lobt er als "anspruchsvoll". Sie gewähren seines Erachtens einen instruktiven Einblick in das jüdische Leben in Deutschland - von der Blüte jüdischer Gemeinden im mittelalterlichen Rheinland über die Aufklärungszeit und ihre Emanzipationsdebatten bis hin zur Rückkehr jüdischen Lebens ins heutige Deutschland. Zu seinem Bedauern enthält das Buch zahlreiche kleinere Fehler, so dass er dem Band eine zweite Auflage wünscht, die jungen Lesern bis ins Detail korrekte Informationen liefert.

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