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Leben und Erfolg des großen Modeschöpfers Yves Saint Laurent, dessen Karriere sehr früh, im Hause Dior begann und immer neue Höhen erklomm. Wie er zusammen mit seinem Partner und Geliebten Pierre Berge das Kürzel YSL zum Synonym für Mode, Luxus und Erfolg machte, schildert diese Biographie.

Produktbeschreibung
Leben und Erfolg des großen Modeschöpfers Yves Saint Laurent, dessen Karriere sehr früh, im Hause Dior begann und immer neue Höhen erklomm. Wie er zusammen mit seinem Partner und Geliebten Pierre Berge das Kürzel YSL zum Synonym für Mode, Luxus und Erfolg machte, schildert diese Biographie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.1998

Die süße Haut
Yves Saint Laurent in seiner Zeit / Von Rose-Maria Gropp

Es herrschte wieder Frieden im Februar 1947, als Carmel Snow, die allmächtige Chefin von Harper's Bazaar, befand, daß Christian Dior mit seiner ersten eigenen Couture-Schau eine Offenbarung zustande gebracht habe, einen new look. New Look war gut, weil überhaupt an allen Ecken und Enden Neues auftauchte: Pollock und De Kooning malten, Charles und Ray Eames entwarfen. New Look war aber auch gut, weil er dem Nachkriegsbedarf an Fraulichkeit entgegenkam: tadellos, elegant, unaggressiv, alterslos.

Acht Jahre später wurde Yves Mathieu Saint Laurent, geboren 1936 in Oran, Kronprinz im Hause Dior. Man könnte ihn von diesem Anfang an kennen: Das weiße Abendkleid, das in die Geschichte der Modefotografie eingehen sollte, weil Richard Avedon das Mannequin (so hieß das damals) Dovima mit Elefanten darin im Medrano Circus in Paris fotografierte, war einer der ersten Entwürfe des Neunzehnjährigen im Jahr 1955.

Als Christian Dior 1957 unerwartet starb, wurde Saint Laurent Chefdesigner des Hauses. Die französische Presse, auch die amerikanische sprach vom geretteten Frankreich, vom kleinen Prinzen. Da schrieb der Amerikaner Paul Gallico wohl gerade an seinem schrecklichen Roman "Flowers for Miss Harris", zu deutsch "Ein Kleid von Dior" und in Deutschland später verfilmt mit Inge Meysel als der Raumpflegerin (so hieß das damals), die ein Kleid des Meisters ersehnt. Knapp dreißig Jahre später sahen eine Million Menschen die Saint Laurent-Retrospektive im Palast der Schönen Künste in Peking. In einem Kaufhaus in China erkannte ihn, Saint Laurent Superstar, ein fetter Texaner. Begeistert hielt er ihm seine Gürtelschnalle entgegen, auf der keine Kuh, sondern das unverkennbare YSL abgebildet war. Längst ist Saint Laurent die Inkarnation eines Markennamens für ein Mode-Imperium, das allein mit dem Verkauf von Lizenzrechten für Sonnenbrillen, Halstücher, Gürtel, Krawatten, selbst Zigaretten (abgelehnt wurden Autoreifen) zig Millionen Dollar umsetzt. Die Geschäfte führt sein Gefährte Pierre Bergé.

Es hatten sich da 1958 die Richtigen gefunden: Der versierte, soziable, ehrgeizige Pierre Bergé wechselte für den schüchternen jungen Mann den Geliebten - zuvor war es Bernard Buffet, der sehr schicke Maler (der derzeit gerade wieder schick wird). Gemeinsam hörte man Maria Callas in der Oper, und man sah gemeinsam Françoise Sagan in den Bars der Rive Gauche. Man ließ sich zwar in die Salons der Stadtaristokratie bitten, hielt aber schon in der café society hof. Saint Laurent schöpfte seine ersten Couture-Kollektionen "Trapèze" und "Arc" noch ganz aus dem Formenfundus des Diktators Dior. Aber da war dann Amerika, der Rock'n'Roll, James Dean und Marlon Brando - und Saint Laurent gibt es sich und den konservativen Dior-Damen so richtig mit dem beat look, seiner letzten Kollektion für Dior. Der Prinz wurde zickig: Schwanengesang auf die Haute Couture, mutwillige Selbstabschaffung in der Hommage an die Straße.

Im Januar 1966 stellte Saint Laurent seinen ersten Smoking für Frauen vor, wodurch ihm die Befreiung der feinen Dame zur Hose gelang. Im September eröffnete er dann seine erste Rive-Gauche-Boutique, womit er das System des Prêt-à-porter, der teuren, aber bezahlbaren Designermode von der Stange gegen die sterbende Praxis der Haute Couture setzte. Damals schrieb Roland Barthes gerade am "Système de la Mode", seinem Methodenbuch, das 1967 erschien. Barthes vermißt die weibliche Kleidung mit der Elle der Semiologie. Der modischen Neuheit, schreibt der Modedenker, komme in unserer Gesellschaft eine "anthropologische Funktion" zu, bei aller Zweideutigkeit wohldefiniert: "indem sie unvorhersehbar und systematisch, regelmäßig und unbekannt, zufällig und strukturiert zugleich ist, verbindet sie auf phantastische Weise das Intelligible, ohne das die Menschen nicht leben könnten, mit der Unvorhersehbarkeit, die man dem Mythos des Lebens beilegt." Das läßt sich, in aller Sinnlichkeit, an Saint Laurents Schaffen belegen: Er hat den vergangenen vier Jahrzehnten einige ihrer signifikanten Kleidungsstücke gemacht, die in unendlichen Kopien in den Alltag diffundierten, längst abgelöst von ihrem Erfinder, als Epochensignets. Wer die Ikone darunter sucht, nimmt Catherine Deneuves schwarzen Lackmantel in Buñuels "Belle de Jour" von 1965.

Yves Saint Laurent hat die Riten der Haute Couture düpiert. Er mag das gekonnt haben, weil der schöpferische Scharfsinn des Künstlers, der in ihm zu ersticken drohte, so ein Ventil fand. Er mag das getan haben aus Unterforderung und Langeweile und auch, um die Aggressivität zu kanalisieren, die er nicht zuletzt gegen sich selbst richtet in einem Selbstzerstörungsprozeß, der andauert. Er betrieb gesellschaftliche Mimikry und Vorreitertum in einem. Er setzte den Pariser Studenten im Mai 1968 ein Denkmal mit dem, was dann Safari Look hieß: street fighting man deluxe auf dem catwalk. Und er ist sensibel genug gewesen, selbst in den Sog des Eskapismus zu kommen, der ihn in die Acid-Kultur, zu ihren Predigern und Opfern zog - Alkohol, Kokain, Depressionen.

Die Geschichte des Yves Saint Laurent ist die sehr melancholische eines nicht ganz Zeitgemäßen, bei dem an die Stelle des Grand Ennui des vergangenen Jahrhunderts die Depressionen eines Zartfühlenden unseres Zeitalters getreten sind. Es ist auch die Story eines wohl beispiellosen Mode-Imperiums, ein Lehrstück über Ökonomie und Politik. Endlich handelt sie von der Presse, ihren Spielen und Abhängigkeiten. So heiß, wie die Kleider für die Defilees genäht waren, wurden sie einst von den großen Blättern diskutiert; heute ist das Interesse weg. Einzig die Modefotografie kann sich noch am Gegenstand profilieren; die mächtigen Journalisten sind verschwunden. Alice Rawsthorn hat die Biographie des größten lebenden Modeschöpfers geschrieben, einen Bildungsroman über die Illusion der Selbstherrschaft. Es ist ein ausgezeichnetes Buch über einen einzelnen und die Vielen, einen ungeheuer Begabten und sein Elend.

Am 21. Januar 1998 hat dieser in die Jahre gekommene "Byron aux lunettes de notaire", wie "Le Monde" Saint Laurent gerade nannte, seine neueste Kollektion vorgeführt. 1958 bis 1998: Im Juli werden dreihundert Mannequins seine Erfindungen aus vierzig Jahren im Stade de France in Paris Revue passieren lassen, vor 80000 Zuschauern und geschätzten zwei Milliarden an den Fernsehern - zum Finale der Fußballweltmeisterschaft. Dahin ist es gekommen.

Alice Rawsthorn: "Yves Saint Laurent. Die Biographie". Aus dem Englischen von Frank Böhmert. Engelhorn Verlag, Stuttgart 1998. 447 S., 76 Abb., geb., 58,- DM.

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