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Beständig steht der Mensch vor Alternativen, trifft Entscheidungen und nimmt Risiken auf sich. Anleger Kaufen Aktien, Ärzte führen Operationen durch, Glücksspieler verlassen sich auf Zahlen, Raumschiffe schweben durch das All, und Geschäftsleute bringen neue Produkte auf den Markt. Ohne die Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung wäre Kinderlähmung noch immer eine schlimme Gefahr, und es könnte kein Flugzeug vom Boden abheben. Ohne Krankenversicherung müßten weit mehr Menschen vorzeitig sterben. Und ohne Feuerversicherung könnten sich nur die Allerreichsten eigene Häuser leisten. Ohne die…mehr

Produktbeschreibung
Beständig steht der Mensch vor Alternativen, trifft Entscheidungen und nimmt Risiken auf sich. Anleger Kaufen Aktien, Ärzte führen Operationen durch, Glücksspieler verlassen sich auf Zahlen, Raumschiffe schweben durch das All, und Geschäftsleute bringen neue Produkte auf den Markt. Ohne die Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung wäre Kinderlähmung noch immer eine schlimme Gefahr, und es könnte kein Flugzeug vom Boden abheben. Ohne Krankenversicherung müßten weit mehr Menschen vorzeitig sterben. Und ohne Feuerversicherung könnten sich nur die Allerreichsten eigene Häuser leisten. Ohne die Möglichkeit, ihre Produkte schon vor der Ernte zu Festpreisen zu verkaufen, würden uns die Bauern mit weniger Nahrungsmitteln versorgen. Gäbe es keine ergiebigen Kapitalmärkte, die Sparern eine Streuung ihrer Risiken ermöglichen, wäre der Unternehmungsgeist auch der Wagemutigsten gelähmt. Wider die Götter fügt biographische, historische und wissenschaftliche Elemente ineinander. Das Buch führt dem Leser auf die anschaulichste Weise vor Augen, wie beispielsweise Pascal, Bernoulli, Bayes, Keynes, Markowitz, Arrow und von Neumann den Weg geebnet haben für das moderne Riskmanagement. Das Buch klärt in sehr verständlicher Weise Begriffe wie Wahrscheinlichkeit und Ungewißheit und macht den Unterschied zwischen Spiel und Investition, Schicksal und Geschicklichkeit, rationalen und irrationalen Entscheidungsmustern deutlich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.1997

Die letzte Nacht des Elefanten
Peter L. Bernstein über das Risiko / Von Heinz Bude

Wir Modernen halten uns einiges darauf zugute, daß wir die Zukunft als Teil der Gegenwart begreifen. Die Geschlossenheit des Kosmos haben wir ebenso hinter uns gelassen wie die Festgelegtheit der Geschichte auf ein Ziel. Der Risikobegriff signalisiert unsere Bereitschaft, die Zukunft zum Spielfeld unserer Projekte und Spekulationen zu machen. Aber auf welcher Grundlage tun wir das eigentlich?

Peter L. Bernstein, Inhaber einer Beratungsfirma und Lehrer an der New School for Social Research in New York, hat jetzt unsere moderne Selbstverherrlichung durch eine ziemlich groß angelegte Geschichte des Risikos und des Risikomanagements von der Antike bis heute bereichert. Weil die Griechen zu viel von der Wahrheit und zu wenig von der Wahrscheinlichkeit gehalten haben und weil die frühen Christen bei ihrem Blick in die Zukunft sich aufs Jenseits beschränkt haben, konnte erst mit Renaissance und Reformation unsere doppelgesichtige Heilsgeschichte aus Buchhaltertum und Abenteuerlust beginnen.

Die denktechnische Voraussetzung dafür stellte das indisch-arabische Zahlensystem zur Verfügung, das mit der Null unser Vorstellungsvermögen und unser Fortschrittsverlangen entgrenzte. Zwar stieß die Einführung der neuen Zahlen bis ins frühe sechzehnte Jahrhundert auf erbitterten Widerstand, doch die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern führte allen die Lächerlichkeit des Hantierens mit den römischen Buchstabenzahlen vor Augen. Dieser Durchbruch löste einen gewaltigen Schub geschäftlicher Transaktionen aus, der den Typ des Geschäftsmanns als vorausschauenden Planer hervorbrachte, der aufgrund von Prognosen Güter erwirbt, herstellt und vermarktet, Preise festsetzt und Abläufe organisiert.

Die Möglichkeit, sich Risiken mit Zahlen zu veranschaulichen, geht auf die lange Geschichte der Wahrscheinlichkeitstheorie zurück. Die erzählt Bernstein von ihren Anfängen bei Fibonacci im frühen dreizehnten bis zu Francis Galton im späten neunzehnten Jahrhundert als eine erstaunliche Evolution kognitiver Kombinatorik vor dem Hintergrund eines wachsenden kulturellen Futurismus. Uns begegnen eine Reihe merkwürdiger Gestalten und eine Ansammlung komischer Objekte: das schwermütige Junggenie Pascal mit seinem magischen Zahlendreieck, Jacob Bernoulli, Sproß eines traditionellen Schweizer Geistesclans, mit seinem Krug mit 3000 weißen und 2000 schwarzen Kugeln, der nonkonformistische Geistliche Thomas Bayes mit seinen Untersuchungen am Billardtisch, der verschlossene und wenig freundliche Carl Friedrich Gauß aus Göttingen mit seiner Glockenkurve und schließlich der englische Snob Francis Galton, ein Vetter ersten Grades von Charles Darwin, der mit Hilfe eines von ihm als Quincux (Fünferding) bezeichneten Apparats die Normalverteilung von Einflußfaktoren anschaulich demonstrierte.

Das ist alles in eingängiger Wissenschaftsprosa mit bemerkenswertem didaktischen Bemühen erzählt, aber leider nur wenig rätselhaft. Der unkundige Leser mag sich über die Bedeutung des Glücksspiels für diesen Teil der Wissenschaftsentwicklung und die erstaunlichen Denkbemühungen unausgelasteter Rechtsanwälte und findiger Kurzwarenhändler wundern, aber die ganze Geschichte läuft doch auf die Entfaltung jenes wahrscheinlichkeitstheoretischen Instrumentariums hinaus, das uns heute die wunderbare Regelung des Versicherungswesens, der Flugzeugsteuerung und der Kapitalmärkte ermöglicht. So haben uns Eitelkeit und Glücksvertrauen zuverlässige Mittel zur Meisterung einer prinzipiell ungewissen Zukunft beschert. Um dieser Einsicht willen braucht man dieses Buch nicht zur Hand zu nehmen.

Was man allerdings mit einiger Spannung und manchem Gewinn liest, ist die Selbstrechtfertigung eines jener Ingenieure der Kapitalmärkte, der auf hohem Niveau über Sinn und Unsinn seiner Tätigkeit Auskunft gibt. Bernstein dringt dabei zu einem Zentralthema unserer modernen, kapitalistischen Weltauffassung vor: dem der Rationalität unserer Entscheidungen angesichts einer offenen Zukunft. Dafür steht der etwas technologisch anmutende Begriff des Risikomanagements. Wonach richten sich eigentlich Militärstrategen, Nuklearmediziner und Investmentfondsverwalter, wenn sie ihre in der Regel irreversiblen Entscheidungen auf einer im Prinzip unvollständigen Informationsbasis treffen?

Da stehen sich von Anfang an zwei Positionen gegenüber: diejenigen, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten gewisser erwünschter und für das Ausbleiben gewisser unerwünschter Ereignisse berechnen wollen, und diejenigen, die auf die intuitive Nutzung von nichtprognostizierbaren Motivationsresten setzen. Für die erste Variante votieren Leute wie John von Neumann und Oskar Morgenstern oder Harry Markowitz, für die zweite nicht weniger bedeutende wie Frank Knight oder John Maynard Keynes.

Die Risikoberechner stehen vor dem Problem, wie man aus Daten aus der Vergangenheit Daten für die Zukunft ableiten soll, wenn man nicht die Realzeit des Ungewissen der abstrakten Zeit einer ewigen Wiederholung identischer Muster opfern will. Die intuitiven Risikonehmer dagegen müssen sich mit den Vorschlägen von Risikostreuung und der Tatsache von Langzeittrends auseinandersetzen, wollen sie nicht als narzißtisch bedürftige Hasardeure dastehen.

F ür beide Seiten läßt Bernstein gewichtige Argumente sprechen. So haben von Neumann und Morgenstern, die Erfinder der Spieltheorie, die statistischen Elemente von Interaktionsspiralen zwischen Spielern mit jeweils füreinander ungewissen Absichten herausgearbeitet. Sicher jedenfalls ist nach deren Rekonstruktion, daß jede Strategie, die eher auf Sieg als auf Vermeiden einer Niederlage setzt, mit der sicheren Niederlage endet.

Harry Markowitz, von dem die Idee der Risikostreuung innerhalb eines gesamten Anlagevermögens als Waffe gegen die Unbeständigkeit des Marktes stammt, hat präzise Berechnungen dafür geliefert, wie man aus einer schlechten Situation das Beste machen kann. Wichtig für solche statistischen Operationen ist das Gesetz der großen Zahl, wonach mögliche Ausschläge nach unten und oben nach einer bestimmten Frist sich wieder einpendeln und die optimistische Erwartung eines stetigen Wachstums rechtfertigen.

Frank Knight, der 1921 unter dem Titel "Risk, Uncertainly, and Profit" das erste maßgebliche Werk zum Problem der Entscheidungsfindung unter der Bedingung von Ungewißheit vorgelegt hat, hätte für derartig ängstliche Strategien des Risikomanagements sicherlich nur Hohn und Spott übrig gehabt. Ungewißheit ist nicht unbekannte Wahrscheinlichkeit. Knight zufolge extrapolieren Manager typischerweise von der Vergangenheit auf die Zukunft, weil ihnen das Vorstellungsvermögen für Entwicklungsdynamiken, Wendepunkte und Überraschungen abgeht.

Man kann die gesamte Argumentation Bernsteins als ein unentschlossenes Schwanken zwischen einer Managertheorie und eine Unternehmertheorie ökonomischer Rationalität verstehen. Einerseits sucht er in der neueren ökonomischen Literatur nach beweisbaren Gründen für gerechtfertigtes Risikomanagement, andererseits muß er mit Kenneth Arrow eingestehen, daß die meisten ökonomischen Akteure die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen überschätzen. Risikomanagement ist weder eine anonyme Technik noch verdankt sie sich bloß persönlichem Genie - es ist eine Kunst vom Umgang mit relevanten Daten und möglichen Strategien.

Wie das im einzelnen geht, vergegenwärtigt eine von Bernstein erzählte Anekdote aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei einem der zahlreichen deutschen Luftangriffe auf Moskau tauchte ein berühmter russischer Professor für Statistik im Bezirksluftschutzkeller auf. Man hatte ihn bisher nie dort gesehen. "Moskau hat sieben Millionen Einwohner", pflegte er zu erklären, "warum sollte ich damit rechnen, daß es mich trifft." Um so erstaunter waren seine Freunde, ihn nun doch zu sehen. "Schauen Sie", gab er auf ihre Nachfrage zur Antwort, "in Moskau leben sieben Millionen Menschen und ein Elefant. Letzte Nacht hat es den Elefanten erwischt."

Peter L. Bernstein: "Wider die Götter". Die Geschichte von Risiko und Riskmanagement von der Antike bis heute. Aus dem Amerikanischen von Gerhard Beckmann. Gerling Akademie Verlag, München 1997. 475 S., geb., 58,- DM.

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"Für alle, die mehr interessiert als das rein Handwerkliche der modernen Risikosteuerung." managermagazin

"Wie man gewinnbringend an der Börse spekuliert, verrät der Autor zwar nicht, dies würde auch nicht zum Stil dieses Geschichtsbuches passen. Welche Fehler aber an den Börsen heutzutage gemacht werden, darüber gibt Bernstein beredt Auskunft." Stuttgarter Zeitung

"Bernsteins Buch ist erfrischend zu lesen." Blick durch die Wirtschaft

"Bernstein dringt zu einem Zentralthema unserer modernen, kapitalistischen Weltauffassung vor: dem der Rationalität in unseren Entscheidungen angesichts der offenen Zukunft." Frankfurter Allgemeine Zeitung