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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Hase & Koehler
  • 6. Aufl.
  • Seitenzahl: 100
  • Abmessung: 195mm
  • Gewicht: 132g
  • ISBN-13: 9783775813518
  • ISBN-10: 3775813519
  • Artikelnr.: 24120432
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.1996

Recht verstandene Tradition
Eine Streitschrift gegen die Herabsetzung der Wehrmacht

Rüdiger Proske: Wider den Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten zu politischen Zwecken. Eine Streitschrift. v. Hase & Koehler Verlag, Mainz 1996. 106 Seiten, 19,80 Mark.

Fünfzig Jahre mußten vergehen, ehe die deutsche Öffentlichkeit sich der Frage von Schuld und Verantwortung der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zuwandte. Hatte man das Problem vorher nicht erkannt? Mehr spricht dafür, daß es beiseite geschoben wurde, solange die Zahl der einstigen Wehrmachtsoldaten noch von Bedeutung für die politische Willensbildung war. Nun, da das kleine Häuflein der Überlebenden zu einer Quantité negligeable zusammengeschrumpft ist, blasen die frustrierten Achtundsechziger zum Sturm gegen die "Legende vom reinen Schild der Wehrmacht". Die wohl gehässigste Kampagne startete ein Institut für Sozialforschung in Hamburg mit seiner berüchtigten Wanderausstellung, die der Wehrmacht einen "Vernichtungskrieg" anzulasten versucht. Und das Establishment der Bundesrepublik duckt sich. Zu den wenigen, die dagegen aufbegehren, gehört Rüdiger Proske. Mit einer nur hundert Seiten umfassenden "Streitschrift" will er wachrütteln. Folglich konzentriert Proske sich auf zwei Angriffsziele: das Hamburger Institut und das Militärgeschichtliche Forschungsamt (MGFA).

Gelingt ihm beim ersten eine recht überzeugende Anklage, so schießt er beim zweiten etwas über das Ziel hinaus. Unbestreitbar haben Mitarbeiter (aber eben nur "einige", wie Proske selbst einräumt) des MGFA das Hamburger Projekt unterstützt. Leider vermittelt diese Streitschrift den Eindruck, das ganze MGFA sei hier beteiligt. Zu Recht kritisiert der Autor die äußerst mangelhafte Organisationsstruktur des MGFA - und eindrucksvoll schildert er dessen Skandal- und Leidensgeschichte. Der mit diesem Kapitel wohl im allgemeinen überforderte Leser (wer weiß denn schon, was eine "B2-Stelle" ist?) dürfte sich um so mehr fragen: Wen treffen hier eigentlich Schuld und Verantwortung? Geht es dabei letztlich doch um die Frage der Grenzen wissenschaftlicher Freiheit - die nicht von der Treue zur Verfassung entbindet - in einem dem Verteidigungsministerium nachgeordneten Institut.

Proske gelangt zu vier konkreten Forderungen. Daß er selbst an deren Realisierbarkeit Zweifel hegt, verwundert kaum. Schließlich mußte er schon leidvoll erfahren, daß die Reaktion von hochrangigen Persönlichkeiten auf seine Streitschrift sich im allgemeinen darauf beschränkte, "Interesse" zu bekunden. Bliebe da nur: zu vergessen, was bisher schiefgelaufen ist? Dann könnten weiterhin "deutsche Soldaten Mörder genannt werden - außer, wenn sie zufällig in der Bundeswehr dienen".

Möge uns solche Alternative erspart bleiben! Wollen wir Recht und Freiheit des deutschen Volkes wahren, so müssen wir dem Soldaten der Bundeswehr Gewißheit geben, daß sein Einsatz zur Verteidigung dieser Werte anerkannt und nicht etwa in Zweifel gezogen, gar diskriminiert wird. Das erfordert auch, die Generation seiner Großväter nicht pauschal zu Verbrechern zu stempeln. Wir können und dürfen uns von der Wehrmacht nicht lossagen, allerdings müssen wir uns mit ihr auseinandersetzen. Denn recht verstandene Tradition verlangt, das Schlechte zu verwerfen und das Gute zu bewahren. GÜNTER KIESSLING

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